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Wiedereinsetzung Strafbefehl – Fristablauf im Rahmen eines fristgebundenen Rechtsbehelfs

AG Löbau – Az.: 1 Cs 400 Js 14165/10 – Beschluss vom 11.08.2011

1. Der Einspruch des Angeklagten gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Löbau vom 14.12.2010 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 22.03.2011 wird als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

Im Strafbefehl des Amtsgerichts Löbau vom 14.12.2010 wird dem Angeklagten fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen in zwei tateinheitlichen Fällen gemäß §§ 229, 13, 52 StGB vorgeworfen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Strafbefehl verwiesen (auf dem Grundstück des Angeklagten befindet sich ein Affengehege; wegen einer nicht ordnungsgemäß verschlossenen Gehegetüre am 17.9.2010 soll ein Affe das Gehege verlassen und am 18.9. gegen 9 Uhr eine in der Nähe befindliche Person verletzt haben).

Der Strafbefehl wurde an den Angeklagten ausweislich der Zustellungsurkunde durch Einwurf des Schriftstücks in den zur Wohnung/zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten am 12.01.2011 zugestellt.

Hiergegen legte der Angeklagte Einspruch ein, und zwar am 27.01.2011 vor der Rechtspflegerin zu Protokoll der Geschäftsstelle. Darin ist vom Angeklagten vorgetragen, dass er im Beisein eines Zeugen den Käfig am 17.09.2010 zwischen 16.30 Uhr und 17.00 Uhr mit einem Vorhängeschloss und oben und unten zusätzlich mit einem Stecker ordnungsgemäß verschlossen gehabt habe. Ihm sei es unerklärlich, wie es einem der beiden Affen gelungen sei, den Käfig dennoch zu öffnen. Ihn treffe kein Verschulden.

Mit Schreiben des Gerichts vom 14.03.2011 wurde der Angeklagte darauf hingewiesen, dass der Einspruch verspätet eingegangen sei (notwendig wäre ein Eingang spätestens am 26.01.2011, 24.00 Uhr im Gerichtsbriefkasten gewesen). Zudem wurde der Angeklagte darauf hingewiesen, dass er gemäß §§ 44 f. StPO ein Wiedereinsetzungsgesuch in den vorigen Stand stellen könne. Hierzu müsse er konkret die Gründe vortragen und diese auf geeignete Weise, zumindest durch eine sogenannte eidesstattliche Versicherung, belegen. Dieser Antrag sei binnen einer Woche nach Zustellung dieser Verfügung beim Amtsgericht Löbau zu stellen (§ 45 Abs. 1 StPO), und zwar entweder schriftlich oder – wie der Einspruch – zu Protokoll der Geschäftsstelle.

Dieses Hinweisschreiben an den Angeklagten wurde ihm ausweislich der Zustellungsurkunde am 16.03.2011, wiederum durch Einwurf des Schriftstücks in den zur Wohnung/zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten zugestellt.

Zu Protokoll der Geschäftsstelle beantragte sodann der Angeklagte am 22.03.2011 vor der Rechtspflegerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er erklärte, er sei „vor dem 27.01.2011 schon einmal auf dem Gericht, um den Einspruch fristgemäß einzulegen“, gewesen. Dabei habe er aus Unkenntnis des zuständigen Bearbeiters bei Frau J. in der Rechtsantragsstelle vorgesprochen. Sie habe ihm gesagt, die Frau, die für die Aufnahme des Einspruchs zuständig wäre, sei nicht da und er solle „ein andermal wiederkommen“. Nach dieser Auskunft habe er unverrichteter Dinge wieder das Gerichtsgebäude verlassen. Nach Belehrung gemäß § 156 StGB versicherte der Angeklagte die vorgemachten Angaben an Eides statt.

Die vorgenannte Rechtspflegerin gab hierzu am 07.04.2011 folgende Stellungnahme ab: Der Angeklagte sei nach ihrem Dafürhalten am Freitag, 21.01.2011, in der Rechtsantragsstelle erschienen und habe erklärt, Einspruch gegen einen Strafbefehl einlegen zu wollen. Da sie selbst einen Termin zur Klageaufnahme in Zivilsachen vereinbart hatte, habe sie ihn gebeten, am 24.01.2011 vorstellig zu werden, um den Einspruch von der zuständigen Bearbeiterin für Strafsachen aufnehmen zu lassen. Die Einspruchsfrist sei von ihr geprüft worden, da der Angeklagte den Strafbefehl im Postzustellungsumschlag in seinen Unterlagen dabei gehabt habe. Warum Herr F… am 24.01.2011 nicht erschienen sei, sei ihr nicht bekannt. Die Rechtspflegerin schränkte allerdings zu den Zeitangaben ein, dass sie diese Angaben „nur nach ihrer Erinnerung“ vornehmen könne, da keine Notizen erfolgt seien. Sie könne sich somit nicht „100 %ig“ dafür verbürgen.

In seiner Stellungnahme hierauf – ebenfalls zu Protokoll der Geschäftsstelle (Bl.46 dA.) – bestätigte der Angeklagte die Richtigkeit der Angaben von Frau Rechtspflegerin J. vom 7.4.2011. Weiter führte er aus, er habe am 24.1.2011 telefonisch versucht, mit der für die Einspruchsaufnahme zuständigen Kollegin zu sprechen. Leider habe er sie nicht erreicht und ihm sei telefonisch mitgeteilt worden, dass diese erst am 27.1.2011 anwesend wäre. Damit er „nicht erneut unnötig im Amt“ vorspreche, habe er diesen Termin für sich „als verbindlich angesehen“. Am 27.1. 2011 sei er dann zur Aufnahme des Einspruchs in der zuständigen Rechtsantragstelle erschienen. Da er sich mehrmals innerhalb der Einspruchsfrist beim Amtsgericht gemeldet habe, es aber leider zur Einspruchsaufnahme nicht gekommen sei, beantrage er nochmals von den Folgen der Fristversäumnis befreit zu werden.

Ausweislich eines Aktenvermerks der Geschäftsleiterin des Amtsgerichts Löbau (Bl. 46 RS d. A.) war die zuständige Rechtspflegerin für das Wiedereinsetzungsgesuch am Montag, den 24.01.2011 von 07.20 Uhr bis 13.48 Uhr anwesend.

Mit Verfügung vom 04.07.2011 wurde dem Angeklagten mitgeteilt, dass nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage beabsichtigt ist, das Wiedereinsetzungsgesuch zu verwerfen. Da der Angeklagte in der Belehrung zum Strafbefehl über das Fristende für einen Einspruch informiert war, sei es für ihn nicht möglich gewesen, davon auszugehen, dass eine tatsächliche Einspruchseinlegung erst am 27.01.2011 (statt bis spätestens 26.01.) genügen würde. Notfalls hätte der Angeklagte bei einer persönlichen (oder telefonischen) Vorsprache am 24., 25. oder am 26.01.2011 nachdrücklich auf den drohenden Fristablauf hinweisen müssen.

II.

Da der Einspruch des Angeklagten gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Löbau vom 14.12.2010 verspätet eingelegt ist, ist dieser Einspruch als unbegründet zu verwerfen, § 411 Abs. 1 Hs. 1 StPO. Der Antrag des Angeklagten vom 22.03.2011 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist jedenfalls als unbegründet (vgl. § 46 Abs. 1 StPO) zu verwerfen.

1. Der Strafbefehl des Amtsgerichts Löbau wurde an den Angeklagten am Mittwoch, den 12.01.2011 zugestellt. Daher hätte der Einspruch wegen § 410 Abs. 1 StPO spätestens bis Mittwoch, 26.01.2011, 24.00 Uhr (durch Einwurf in den Nachtbriefkasten) bei Gericht eingehen müssen.

Ausweislich der Niederschrift zu Protokoll der Geschäftsstelle ging der Einspruch des Angeklagten jedoch erst am Donnerstag, den 27.01.2011 ein.

Über die Frist der Einspruchseinlegung von zwei Wochen nach Zustellung des Strafbefehls war der Angeklagte in der dem Strafbefehl beigefügten Belehrung genügend informiert.

2. Zwar hat der Angeklagte das Wiedereinsetzungsgesuch (nach Zustellung des gerichtlichen Hinweises am 16.03.2011) rechtzeitig zu Protokoll der Geschäftsstelle innerhalb einer Woche, nämlich am 22.03.2011, gestellt.

Dabei kann die Frage, ob er selbst zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung, wie im Protokoll geschehen, abgeben kann, dahingestellt bleiben (nach Meyer/Goßner, StPO, 53. Auflage, § 45 Rn. 8 und 9 sind eidesstattliche Versicherungen des Beschuldigten nicht zugelassen, sie haben nur den Wert einer eigenen schlichten Erklärung, was keine Glaubhaftmachung ist).

Es kann aber dennoch von der Glaubhaftmachung, und damit von der Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrages (vgl. Meyer/Goßner aaO, § 45 Rn. 6) ausgegangen werden, weil die Begründungstatsachen des Gesuchs zwar nicht gerichtsbekannt sind, aber „innergerichtliche“ Vorgänge betreffen, die durch die (beigeholte) Stellungnahmen aufgeklärt werden können.

Das Wiedereinsetzungsgesuch des Angeklagten ist jedoch in der Sache unbegründet.

Soweit der Antragssteller vorträgt, er sei vor dem Donnerstag, 27.01.2011, schon einmal auf dem Gericht gewesen, um den Einspruch fristgemäß einzulegen, ist das ausweislich der Angaben von Frau Rechtspflegerin J. zutreffend. Der Angeklagte war „nach ihrem Dafürhalten“ (weil ihr keine schriftlichen Notizen vorlagen) bereits am 21.01.2011 in der Rechtsantragsstelle. Sie bat ihn daraufhin am Montag, den 24.01.2011 erneut zu kommen, um den Einspruch von der zuständigen Bearbeiterin für Strafsachen aufnehmen zu lassen. Ganz wichtig ist dabei, dass Frau Rechtspflegerin J. die Einspruchsfrist geprüft hatte, da – und daran erinnert sie sich noch – der Angeklagte den Strafbefehl im Postzustellungsumschlag in seinen Unterlagen dabei hatte.

Soweit nun der Antragsteller hierauf erwidert, er habe am 24.01.2011 telefonisch vergeblich versucht, die zuständige Rechtspflegerin zu erreichen und ihm sei daraufhin mitgeteilt worden, dass diese erst am Donnerstag, den 27.01.2011 wieder anwesend wäre, und er habe deshalb diesen Termin – um nicht erneut unnötig im Amt vorzusprechen – „für sich als verbindlich“ angesehen, hat er damit keinen Erfolg.

Der Angeklagte wusste ausweislich der Belehrung zum Strafbefehl, dass letzter Tag der Frist für den Einspruch gegen den Strafbefehl verbindlich Mittwoch, der 26.01.2011 war. Daraus ergibt sich hinsichtlich seines vorgenannten Telefonates vom Montag, den 24.01.2011, dass die (von ihm vorgetragene) telefonische Auskunft des Amtsgerichts, er könne die zuständige Rechtspflegerin erst am Donnerstag, den 27.01.2011 erreichen, von ihm nicht hätte akzeptiert werden dürfen. Stattdessen hätte der Angeklagte deutlich auf den letzten Tag der Frist am 26.01. hinweisen und auf klare Art einen Termin spätestens an diesem Tage oder am Vortag (25.01.) verlangen müssen.

Bei einem derartigen Vorgehen des Angeklagten, das er nicht darlegt, hätte der Angeklagte einen rechtzeitigen Termin für den Einspruch zu Protokoll der Geschäftsstelle erhalten, notfalls bei einem Vertreter des zuständigen Rechtspflegers. Davon ist auszugehen. Andererseits konnte der Angeklagte jedoch keinesfalls, wie er es aber getan hat, den Nichterhalt eines Termins bis spätestens zum 26.1. als einverständliche Fristverlängerung für die Einspruchsaufnahme (bzw. später als Grund für fehlendes eigenes Verschulden an der Fristversäumnis) auffassen.

Da aber insoweit, wie ausgeführt, gar kein Vortrag des Angeklagten zu einem solchen „Bestehen“ auf einem rechtzeitigen Termin in dem (von ihm angesprochenen) Telefonat vom 24.1. vorliegt (ein solches Bestehen kann von jedermann in höflicher, aber bestimmter Form erfolgen), ist es auch nicht erforderlich, die Richtigkeit solcher Angaben zu überprüfen.

Im Übrigen wäre es dem Angeklagten – der ja das Fristende genau kannte – auch ohne weiteres selbst zumutbar gewesen, einen einfachen schriftlichen Einspruch eigenhändig zu fertigen und diesen bei Gericht bis spätestens 26.01. abzugeben (gegebenenfalls durch Einwurf in den Nachtbriefkasten).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (der Einspruch gegen einen Strafbefehl ist kein Rechtsmittel im Sinne des § 473 StPO; bei Verwerfung des Antrags auf Wiedereinsetzung gehören die hierdurch entstandenen Kosten zu den Verfahrenskosten, Meyer/Goßner, aaO, § 473 Rn. 38).

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