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Wiederaufnahme – neues Beweismittel

Ein ehemaliger Geschäftsführer muss seine Haftstrafe wegen Sozialversicherungsbetrugs antreten. Der Versuch, das Urteil durch den teilweisen Widerruf eines Geständnisses seines Komplizen zu kippen, scheiterte vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken. Die Richter zweifelten die Glaubwürdigkeit des Zeugen an, der sich mittlerweile in der Türkei aufhält und nicht vor Gericht erscheinen will.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
  • Datum: 23.09.2024
  • Aktenzeichen: 1 Ws 274/23
  • Verfahrensart: Beschwerde im Wiederaufnahmeverfahren
  • Rechtsbereiche: Strafprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Verurteilter T.: Betroffener des Wiederaufnahmeverfahrens, verurteilt wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie Steuerhinterziehung. Argumentierte, dass Mitverurteilter C. seine belastende Aussage widerrufen und neue entlastende Angaben gemacht habe.
  • Mitverurteilter C.: Ursprünglich ebenfalls verurteilt und zwischenzeitlich seine Aussagen widerrufen. Lebt nun in der Türkei und ist nicht bereit, persönlich vor einem deutschen Gericht auszusagen.
  • Staatsanwaltschaft Kaiserslautern: Beantragte die Verwerfung des Wiederaufnahmeantrages als unzulässig, da die geänderte Aussage des C. kein neues geeignetes Beweismittel darstellt.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: T. wurde verurteilt wegen umfassender Steuerdelikte und Kontenmanipulationen mit Schwarzlohnzahlungen über die T.-GmbH. Der Mitangeklagte C. hatte diese Praxis zuvor durch seine Aussagen bestätigt. C. widerrief seine Aussagen teilweise und gab an, erst ab 2017 Scheinrechnungen erstellt zu haben.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Eignung der neuen Aussage des C. als Beweismittel für ein Wiederaufnahmeverfahren. Insbesondere, ob eine Videokonferenzvernehmung von C. ausreichend ist und ob seine neuen Angaben einen signifikanten Einfluss auf das Urteil haben könnten.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das OLG Zweibrücken verwarf die sofortige Beschwerde von T. als unbegründet, da die Aussage des Mitverurteilten C. nicht als geeignete neue Tatsache für eine Wiederaufnahme des Verfahrens anerkannt wurde.
  • Begründung: Die Aussageänderung des Mitverurteilten C. wurde durch zahlreiche Indizien als unplausibel eingeschätzt. Zudem wird einer Kommissarischen Vernehmung oder der Vernehmung durch Videokonferenz ein geringerer Beweiswert beigemessen, wodurch sie in diesem Kontext als ungeeignet betrachtet wurde, die Urteilsgrundlage zu erschüttern.
  • Folgen: Der Verurteilte T. bleibt weiterhin in Haft; seine Gesamtfreiheitsstrafe ist unverändert. Das Urteil stärkt die bisherigen Prozesspraktiken im Umgang mit geänderten Zeugenaussagen im Strafrecht, insbesondere im Kontext der Verwertbarkeit neuer Beweismittel durch Zeugenaussagen aus dem Ausland.

Wiederaufnahmeverfahren: Neue Beweismittel und ihre Auswirkungen auf Urteile

Im deutschen Rechtssystem gibt es Verfahren, die es ermöglichen, ein rechtskräftiges Urteil erneut zu überprüfen. Dieses Verfahren, bekannt als Wiederaufnahme des Verfahrens, wird oft in Erwägung gezogen, wenn neue Beweismittel auftauchen, die die Aussagekraft voriger Beweise in Frage stellen. Gemäß der Strafprozessordnung kann ein Wiederaufnahmeverfahren eine entscheidende Rolle spielen, insbesondere in strafrechtlichen Angelegenheiten, in denen die Beweislage von zentraler Bedeutung ist.

Die rechtlichen Schritte zur Anfechtung eines Urteils sind komplex und erfordern oft eine umfassende anwaltliche Überprüfung. Die Beweislast liegt dabei beim Antragsteller, der die Evidenz des neuen Beweismaterials darlegen muss. In der Folge wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und Möglichkeiten eines Wiederaufnahmeverfahrens anhand eines aktuellen Gerichtsurteils beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Beschwerde gegen Ablehnung des Wiederaufnahmeantrags im Sozialversicherungsbetrug scheitert

Schwarzarbeiterzahlung in der Lagerhalle: Geschäftsführer übergibt Umschlag an Arbeiter in Lagerhalle
Ablehnung des Wiederaufnahmeantrags wegen Glaubwürdigkeitszweifel (Symbolfoto: Flux gen.)

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat die sofortige Beschwerde eines Verurteilten gegen die Ablehnung seines Wiederaufnahmeantrags zurückgewiesen. Der Mann war im Juni 2020 vom Landgericht Koblenz wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt und Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 10 Monaten verurteilt worden.

Hintergrund des ursprünglichen Urteils

Als Geschäftsführer einer GmbH hatte der Verurteilte Vegetationsarbeiten an Bahngleisen durchführen lassen. Dabei beschäftigte er überwiegend rumänische Arbeiter, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht waren. Ein Großteil der Arbeitnehmer erhielt Schwarzlohnzahlungen und war nicht zur Sozialversicherung angemeldet.

Um die Schwarzlöhne auszahlen zu können, hatte der Geschäftsführer mit einem Mitverurteilten eine Vereinbarung getroffen: Dieser stellte der GmbH zwischen Juni 2014 und August 2018 monatlich Scheinrechnungen. Nach Begleichung der Rechnungen zahlte der Mitverurteilte die Beträge abzüglich einer Provision in bar an den Geschäftsführer zurück.

Begründung des Wiederaufnahmeantrags

Der Verurteilte beantragte die Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Ziel eines Teilfreispruchs. Er stützte sich dabei auf eine neue Aussage des Mitverurteilten, der sein früheres Geständnis teilweise widerrufen hatte. Demnach habe er erst ab Juni 2017 Scheinrechnungen geschrieben. Davor seien die Rechnungen für tatsächlich erbrachte Arbeiten gestellt worden.

Gründe für die Zurückweisung

Das OLG Zweibrücken sah den Mitverurteilten als Ungeeignetes Beweismittel an. Dieser hält sich in der Türkei auf und ist nicht bereit, vor einem deutschen Gericht auszusagen. Eine audiovisuelle oder kommissarische Vernehmung würde nach Auffassung des Gerichts keinen belastbaren Erkenntnisgewinn bringen.

Zudem sprechen zahlreiche Indizien gegen die neue Version des Mitverurteilten: In über 40 Prozent der Rechnungen standen die Beträge in keinem Verhältnis zu den angeblich erbrachten Leistungen. Auch enthielten 73 Prozent der Rechnungen auffällige Fehler wie falsche Ortsangaben oder unvollständige Leistungsbeschreibungen. Frühere Mitarbeiter der GmbH hatten ausgesagt, dass keine Subunternehmer eingesetzt wurden.

Der Zeitpunkt des Sinneswandels – etwa eineinhalb Jahre nach der Verurteilung und kurz vor dem Strafantritt des Geschäftsführers – ließ das Gericht ebenfalls an der Glaubwürdigkeit des Mitverurteilten zweifeln. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Wiederaufnahmeantrags wurde daher als unbegründet verworfen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil zeigt, dass ein Widerruf oder eine Änderung einer früheren Aussage allein nicht ausreicht, um ein rechtskräftiges Urteil aufzuheben. Ein Wiederaufnahmeantrag braucht starke neue Beweismittel, die das ursprüngliche Urteil erschüttern können. Besonders wichtig ist dabei die persönliche Vernehmung von Zeugen vor Gericht – eine Video- oder Fernvernehmung reicht bei wichtigen Zeugen meist nicht aus, da das Gericht den Zeugen und seine Glaubwürdigkeit unmittelbar einschätzen können muss.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie oder Ihre Angehörigen ein rechtskräftiges Urteil anfechten wollen, müssen Sie mehr vorlegen als nur eine geänderte Zeugenaussage. Neue Beweise müssen konkret belegen können, dass das ursprüngliche Urteil falsch war. Bei wichtigen Zeugen ist es zudem entscheidend, dass diese persönlich vor Gericht erscheinen – eine Aussage per Video aus dem Ausland wird vom Gericht meist nicht als ausreichend angesehen. Beachten Sie auch: Wenn ein Zeuge seine frühere Aussage ändert, muss plausibel erklärt werden, warum die erste Aussage falsch und die neue richtig sein soll. Lassen Sie sich daher frühzeitig von einem Anwalt beraten, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme in Ihrem Fall vorliegen.


Benötigen Sie Hilfe?

Bei der Anfechtung eines rechtskräftigen Urteils kommt es auf die sorgfältige Prüfung und Vorbereitung neuer Beweismittel an. Unsere Anwälte verfügen über langjährige Erfahrung in der Bewertung von Wiederaufnahmegründen und begleiten Sie durch diesen komplexen Prozess. Lassen Sie uns gemeinsam die Erfolgsaussichten in Ihrem individuellen Fall analysieren und die bestmögliche Strategie entwickeln. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind die formalen Voraussetzungen für einen Wiederaufnahmeantrag?

Ein Wiederaufnahmeantrag muss zwingend von einem Rechtsanwalt schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim zuständigen Gericht erklärt werden. Der Rechtsanwalt muss für das Wiederaufnahmeverfahren bevollmächtigt sein und den Antrag eigenhändig unterschreiben.

Formale Anforderungen an den Antrag

Die eigenhändige Unterschrift des Rechtsanwalts ist unerlässlich, da sie die Verantwortungsübernahme für den Antragsinhalt dokumentiert. Ein vom Antragsteller selbst verfasster und vom Anwalt lediglich unterschriebener Antrag ist grundsätzlich nicht ausreichend – es sei denn, der Antragsteller verfügt über eigene juristische Fähigkeiten.

Zeitliche Aspekte

Für die Antragstellung zugunsten des Verurteilten existiert keine gesetzliche Frist. Sie können den Antrag zu jedem Zeitpunkt nach Rechtskraft des Urteils einreichen. Selbst eine bereits vollstreckte Strafe oder der Tod des Verurteilten schließen einen Wiederaufnahmeantrag nicht aus.

Inhaltliche Erfordernisse

Der Antrag muss neue Tatsachen oder Beweismittel enthalten. Als neu gelten dabei alle Tatsachen und Beweismittel, die das erkennende Gericht beim Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt hat. Tatsachen sind dabei alle dem Beweis zugänglichen vergangenen oder gegenwärtigen Vorgänge oder Zustände.

Besondere Darlegungspflichten

Bei verfahrensinternen Widersprüchlichkeiten, wie etwa einem Geständniswiderruf, müssen Sie eine erweiterte Darlegungslast erfüllen. In solchen Fällen ist eine ausführliche und nachvollziehbare Erklärung erforderlich, warum sich beispielsweise das Aussageverhalten geändert hat.

Die vorgebrachten Tatsachen oder Beweismittel müssen geeignet sein, den Wiederaufnahmeantrag zu begründen. Die häufigste Ursache für das Scheitern eines Antrags liegt nicht im fehlenden Tatsachenvortrag, sondern in der mangelnden Eignung der vorgebrachten Tatsachen oder Beweismittel.


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Welche Arten von Beweismitteln werden bei einem Wiederaufnahmeantrag anerkannt?

Bei einem Wiederaufnahmeantrag werden ausschließlich förmliche Beweismittel im Sinne der Strafprozessordnung anerkannt. Diese umfassen:

Zulässige Beweismittel

Zeugenaussagen sind ein zentrales Beweismittel. Wenn Sie einen neuen Zeugen benennen, muss dieser über bisher unbekannte Tatsachen aussagen können. Die bloße Wiederholung bereits bekannter Aussagen reicht nicht aus.

Sachverständigengutachten können als Beweismittel dienen. Ein neuer Sachverständiger gilt jedoch nur dann als zulässiges Beweismittel, wenn er aufgrund spezifischen Fachwissens oder neuer Anknüpfungspunkte zu einer anderen Bewertung kommt.

Urkunden müssen im Wiederaufnahmeverfahren handschriftlich unterzeichnete, schriftliche Gedankenerklärungen sein. Der Urkundenbegriff wird dabei sehr eng ausgelegt.

Augenscheinsobjekte können als Beweismittel herangezogen werden, wenn sie bisher nicht untersucht wurden oder ihre Wahrnehmung fehlerhaft war.

Anforderungen an neue Beweismittel

Die Beweismittel müssen zwei zentrale Voraussetzungen erfüllen:

Die Neuheit der Beweismittel bedeutet, dass diese dem Gericht bei der ursprünglichen Entscheidung nicht bekannt waren oder nicht berücksichtigt wurden. Ein Beweismittel gilt auch dann als neu, wenn es zwar in den Akten vorhanden war, aber vom Gericht nicht wahrgenommen oder fehlerhaft beurteilt wurde.

Die Geeignetheit der Beweismittel ist erforderlich. Sie müssen das Potenzial haben, eine Freisprechung, eine mildere Bestrafung oder eine andere wesentliche Änderung der ursprünglichen Entscheidung zu bewirken.

Besonderheiten bei der Beweisführung

Bei der Vorlage der Beweismittel müssen Sie diese so präzise zum Gegenstand des Antrags machen, dass das Gericht sie ohne weiteren Aufwand heranziehen kann. Ein einfacher Verweis auf Anlagen oder Schreiben genügt nicht.

Bei einem Geständniswiderruf oder geändertem Aussageverhalten ist eine ausführliche Erklärung für die Änderung erforderlich. In solchen Fällen reicht eine detaillierte Begründung für die Zulässigkeit des Antrags.

Die Beweismittel werden einer kritischen Würdigung unterzogen. Dabei prüft das Gericht die Glaubwürdigkeit und Beweiskraft im Kontext aller vorhandenen Beweise.


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Wie beurteilt das Gericht die Glaubwürdigkeit neuer Zeugenaussagen?

Bei der Beurteilung neuer Zeugenaussagen wendet das Gericht strenge Maßstäbe an. Die Glaubwürdigkeit einer Zeugenaussage wird anhand mehrerer objektiver Kriterien geprüft.

Zentrale Prüfungskriterien

Die Konstanz der Aussage spielt eine wesentliche Rolle. Eine glaubwürdige Aussage zeichnet sich durch Beständigkeit in den wesentlichen Punkten aus. Kleinere Abweichungen in nebensächlichen Details sind dabei normal und beeinträchtigen die Glaubwürdigkeit nicht zwangsläufig.

Das Gericht prüft die Detailgenauigkeit und Anschaulichkeit der Schilderung. Eine wahre Aussage enthält typischerweise konkrete Details, beschreibt nachvollziehbare Handlungsabläufe und beinhaltet auch das Eingestehen von Erinnerungslücken.

Motivprüfung und Entstehungsgeschichte

Die Entstehung der Aussage wird genau untersucht. Wenn Sie als Zeuge aussagen, prüft das Gericht, ob die Aussage möglicherweise durch äußere Einflüsse oder Suggestionen verfälscht wurde.

Das Gericht analysiert auch mögliche Motive für eine Falschaussage. Dabei wird geprüft, ob persönliche Interessen, Rache oder andere Beweggründe die Aussage beeinflussen könnten.

Bewertung im Gesamtkontext

Die neue Zeugenaussage wird im Gesamtzusammenhang aller Beweise bewertet. Dabei prüft das Gericht, ob die Aussage mit anderen Beweismitteln übereinstimmt und ob sie geeignet ist, das ursprüngliche Urteil in Frage zu stellen.

Wenn Sie eine neue Zeugenaussage einbringen möchten, muss diese substantiell neue Erkenntnisse liefern. Die bloße Wiederholung bereits bekannter Tatsachen oder das einfache Bestreiten festgestellter Sachverhalte reicht nicht aus.


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Welche Rechtsmittel sind nach Ablehnung eines Wiederaufnahmeantrags möglich?

Wenn Ihr Wiederaufnahmeantrag abgelehnt wurde, steht Ihnen als primäres Rechtsmittel die sofortige Beschwerde zur Verfügung. Diese müssen Sie innerhalb einer Woche nach Bekanntmachung der ablehnenden Entscheidung einlegen.

Beschwerdeverfahren

Die sofortige Beschwerde können Sie schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einreichen. Eine Begründung ist zunächst nicht erforderlich. Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist das dem Wiederaufnahmegericht übergeordnete Gericht.

Wenn beispielsweise das Amtsgericht den Wiederaufnahmeantrag abgelehnt hat, entscheidet das Landgericht über die Beschwerde. Bei einer Ablehnung durch das Landgericht ist das Oberlandesgericht zuständig.

Beschränkungen und Besonderheiten

In dieser Phase des Verfahrens können Sie keine neuen Tatsachen oder Beweise nachreichen. Diese müssten Sie in einem neuen Wiederaufnahmeantrag geltend machen.

Der Rechtszug im Wiederaufnahmeverfahren ist grundsätzlich zweigliedrig. Das bedeutet, nach der Beschwerdeentscheidung sind keine weiteren regulären Rechtsmittel mehr möglich.

Verfassungsbeschwerde

Als außerordentliches Rechtsmittel kommt nach Ausschöpfung des Rechtswegs eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Betracht. Hierbei muss eine konkrete Grundrechtsverletzung dargelegt werden. Eine bloße Kritik an der Richtigkeit der Entscheidung reicht nicht aus.


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Wann ist eine erneute Antragstellung nach abgelehntem Wiederaufnahmeantrag zulässig?

Eine erneute Antragstellung nach einem abgelehnten Wiederaufnahmeantrag ist grundsätzlich möglich, wenn neue, bisher nicht vorgebrachte Wiederaufnahmegründe vorliegen.

Voraussetzungen für einen erneuten Antrag

Der erneute Wiederaufnahmeantrag muss sich auf andere Tatsachen oder Beweismittel stützen als der vorherige Antrag. Diese müssen:

  • im ursprünglichen Verfahren noch nicht bekannt gewesen sein
  • für die Entscheidungsfindung erheblich sein
  • geeignet sein, ein anderes Urteil herbeizuführen

Inhaltliche Anforderungen

Der neue Antrag muss konkret darlegen, warum die jetzt vorgebrachten Tatsachen oder Beweismittel zu einer anderen Entscheidung führen könnten. Dabei ist es unerheblich, ob das ursprüngliche Verfahren durch ein Urteil oder einen Strafbefehl abgeschlossen wurde.

Formelle Aspekte

Der erneute Antrag muss:

  • schriftlich eingereicht werden
  • den gesetzlichen Wiederaufnahmegrund nennen
  • die neuen Beweismittel konkret bezeichnen

Die Wiederaufnahmegründe müssen sich dabei an den gesetzlichen Vorgaben der §§ 359-373a StPO orientieren. Bloße Zweifel an der Richtigkeit des ursprünglichen Urteils oder eine andere rechtliche Bewertung des Sachverhalts reichen nicht aus.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Wiederaufnahme des Verfahrens

Ein besonderes Rechtsmittel im Strafprozessrecht, das die erneute Überprüfung eines rechtskräftigen Urteils ermöglicht. Dies ist nur unter bestimmten, gesetzlich festgelegten Voraussetzungen möglich, insbesondere wenn neue Beweismittel oder Tatsachen auftauchen. Geregelt in §§ 359-373a StPO. Beispiel: Ein neuer Zeuge taucht auf, der ein glaubhaftes Alibi für den Verurteilten bestätigen kann. Die Anforderungen sind sehr hoch, da die Rechtskraft eines Urteils nur in Ausnahmefällen durchbrochen werden soll.


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Schwarzlohnzahlungen

Illegale Lohnzahlungen, die dem Finanzamt und den Sozialversicherungsträgern nicht gemeldet werden, um Steuern und Sozialabgaben zu vermeiden. Verstößt gegen diverse Vorschriften, u.a. § 266a StGB (Vorenthalten von Arbeitsentgelt). Beispiel: Ein Arbeitgeber zahlt seinen Mitarbeitern einen Teil des Lohns „unter der Hand“ in bar aus und meldet nur einen geringeren offiziellen Lohn an. Dies ist eine Straftat, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann.


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Scheinrechnungen

Rechnungen über nicht tatsächlich erbrachte Leistungen, die nur zum Schein ausgestellt werden, um illegale Zahlungsflüsse zu verschleiern. Verstoß gegen § 267 StGB (Urkundenfälschung) und häufig auch gegen Steuergesetze. Beispiel: Eine Firma stellt Rechnungen für angebliche Beratungsleistungen aus, die nie erbracht wurden, um Schwarzgeldzahlungen zu ermöglichen. Die Rechnungsbeträge werden später in bar zurückgezahlt.


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Ungeeignetes Beweismittel

Ein Beweismittel, das aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht geeignet ist, eine behauptete Tatsache zu beweisen oder das Gericht von ihrer Richtigkeit zu überzeugen. Geregelt in §§ 244, 245 StPO. Beispiel: Ein Zeuge, der nicht persönlich vor Gericht erscheinen will und dessen schriftliche Aussage nicht überprüft werden kann. Die Beurteilung der Eignung liegt im Ermessen des Gerichts.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 359 Nr. 5 StPO: Dieser Paragraph regelt die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens, wenn neue Beweise oder Indizien vorgelegt werden, die zu einem anderen Urteil führen könnten. Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass die neu vorgebrachten Beweise, hier durch den Mitangeklagten C., die bisherigen Erkenntnisse erheblich in Frage stellen. Im vorliegenden Fall wird die Eignung der Zeugenaussage durch Videokonferenz hinterfragt, was die Glaubwürdigkeit der neuen Aussage beeinflussen kann.
  • § 257c StPO: Dieser Paragraph erlaubt eine Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, woraufhin eine Einlassung des Mitverurteilten C. zustande kam, die zur Verurteilung des Beschwerdeführers beitrug. Der Verweis auf eine solche Verständigung zeigt die Relevanz der damaligen Aussage, die nun durch den Widerruf des Mitverurteilten angefochten wird. Der Zusammenhang zur Wiederaufnahme des Verfahrens ergibt sich daraus, dass die neue Erklärungen von C. die Grundlagen für die einstige Verurteilung des Beschwerdeführers infrage stellen.
  • § 140 StPO: Dieser Paragraph behandelt die Mitwirkung von Zeugen, Wer sich in einem Verfahren als Zeuge zur Verfügung stellt, muss zur rechtlichen und tatsächlichen Klärung beitragen. Der Beschwerdeführer beruft sich auf die Aussagen des Mitverurteilten C., dessen gegenläufiger Widerruf nun die Frage aufwirft, inwiefern dieser als verlässlicher Zeuge in der Wiederaufnahme auftreten kann. Die Möglichkeit, ihn per Videokonferenz vernehmen zu können, stellt eine Herausforderung hinsichtlich der Glaubwürdigkeit und der Beweisaufnahme dar.
  • § 166 StPO: Hierbei handelt es sich um die Regelungen zu den Beweiserhebungsverfahren im Strafprozess. Diese Vorschrift erklärt, dass die Beweisaufnahme gegenwärtig hier die Hauptverhandlung beeinflussen kann; dies unterstreicht die Wichtigkeit der zeugenschaftlichen Aussage für das Verfahren. Im konkreten Fall könnte die unterschiedliche Beweiswürdigung der Videozeugenaussage oder der schriftlichen Erklärung von C. ausschlaggebend sein, um die rechtlichen Konsequenzen für den Beschwerdeführer zu klären.
  • § 33 StPO: Dieser Paragraph beschäftigt sich mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in das Vorbringen von Beweismitteln. Im Kontext eines Wiederaufnahmeantrags ist erheblich, ob die neuen Beweise auch tatsächlich eine substanzielle Veränderung der Sachlage bewirken können. Die Frage in diesem Fall ist, ob die neue Zeugenaussage von C. aus der Türkei durch Videokonferenz oder telefonisch die Verhandlungsführung beeinflussen kann und ob die vorgelegten Beweise als entscheidungsrelevant angesehen werden.

Weitere Beiträge zum Thema

  • Wiederaufnahmeverfahren – Anforderungen an die Begründung des Wiederaufnahmeantrags
    Das Landgericht Berlin verwarf einen Wiederaufnahmeantrag als unzulässig, da der Verurteilte die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllte. Insbesondere fehlte die Angabe des gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes gemäß § 366 Abs. 1 StPO. Zudem wurde betont, dass bei Berufung auf § 79 Abs. 1 BVerfGG die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen der Strafprozessordnung erfüllt sein müssen. → → Gesetzliche Grundlagen für Wiederaufnahmeanträge
  • Wiederaufnahme in Strafverfahren – Widerruf einer belastenden Zeugenaussage
    Das Landgericht Berlin hob einen Beschluss auf, der einen Wiederaufnahmeantrag als unzulässig verworfen hatte. Der Antragsteller hatte den Widerruf einer belastenden Zeugenaussage geltend gemacht. Das Gericht stellte fest, dass bei einem solchen Widerruf keine strengen Anforderungen an die Darlegungslast gestellt werden können, da der Antragsteller auf die Mitwirkung des Zeugen angewiesen ist. → → Widerruf von Zeugenaussagen in Wiederaufnahmeanträgen
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    Das Oberlandesgericht Oldenburg bestätigte die Verwerfung eines Wiederaufnahmeantrags als unzulässig. Der Verurteilte hatte einen Zeugen benannt, dessen Aussage ihm bereits in der Hauptverhandlung bekannt war, jedoch nicht genutzt wurde. Das Gericht betonte, dass in solchen Fällen eine erweiterte Darlegungspflicht besteht, insbesondere hinsichtlich der Gründe für die Nichtbenennung des Zeugen im ursprünglichen Verfahren. → → Erweiterte Darlegungspflicht bei Wiederaufnahmeanträgen
  • Wiederaufnahmegrund in Strafsachen – neues Beweismittel
    Das Landgericht Stuttgart hob einen Beschluss auf, der einen Wiederaufnahmeantrag als unzulässig verworfen hatte. Der Beschwerdeführer hatte ein neues Gutachten vorgelegt, das seine Schuldfähigkeit in Frage stellte. Das Gericht entschied, dass ein erstmals herangezogener Sachverständiger ein neues Beweismittel darstellt und der Wiederaufnahmeantrag daher zulässig ist. → → Neue Beweise als Grund für Wiederaufnahmen

Das vorliegende Urteil

OLG Zweibrücken – Az.: 1 Ws 274/23 – Beschluss vom 23.09.2024


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