Ein Autofahrer in Berlin verursachte mit nur 0,46 Promille einen Auffahrunfall, woraufhin die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis folgte. Trotz des Wertes unterhalb der üblichen Grenzen sah das Amtsgericht den konkreten Fahrfehler als deutliche alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist der Unterschied zwischen einem Führerscheinentzug und einem Fahrverbot?
- Kann ich gegen die vorläufige Entziehung meines Führerscheins vorgehen?
- Wie läuft das Hauptverfahren nach dem vorläufigen Führerscheinentzug ab?
- Wie lange bin ich meinen Führerschein nach einer Trunkenheitsfahrt los?
- Wann muss ich nach einem Führerscheinentzug eine MPU machen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 303 Gs 1116/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Tiergarten
- Datum: 18.11.2024
- Aktenzeichen: 303 Gs 1116/24
- Verfahren: Verfahren zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis
- Rechtsbereiche: Strafrecht, Strafprozessrecht
- Das Problem: Ein Autofahrer verursachte einen Unfall unter Alkoholeinfluss. Das Gericht musste entscheiden, ob ihm vorläufig der Führerschein entzogen wird.
- Die Rechtsfrage: Darf einem Autofahrer sofort der Führerschein weggenommen werden, weil er unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursachte und das Gericht ihn für ungeeignet zum Fahren hält?
- Die Antwort: Ja. Dem Autofahrer wurde der Führerschein vorläufig entzogen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er fahruntauglich war und eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.
- Die Bedeutung: Das Urteil zeigt, dass bei Fahrfehlern und Alkoholeinfluss – auch bei einer scheinbar niedrigen Promillezahl – der Führerschein sofort entzogen werden kann. Dies dient dem schnellen Schutz der Öffentlichkeit vor weiteren Gefährdungen im Straßenverkehr.
Der Fall vor Gericht
Kann man den Führerschein schon bei 0,46 Promille verlieren?
Ein Abstand von 1,5 Metern ist im Alltag eine überschaubare Distanz. Für einen Autofahrer in Berlin wurde diese Entfernung zu einer unüberwindbaren Hürde.
Er saß am Steuer seines Wagens, vor sich eine rote Ampel, hinter sich ein anderes Auto. Als er zurücksetzte, krachte es. Eine Blutprobe offenbarte später 0,46 Promille Alkohol. Doch das Amtsgericht Tiergarten interessierte sich weniger für die nackte Zahl als für die physikalische Unfähigkeit des Mannes, einen simplen Abstand korrekt einzuschätzen – mit drastischen Folgen für seinen Führerschein.
Warum wurde der Führerschein sofort entzogen und nicht erst nach einem Urteil?
Das Gericht ordnete die Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis an. Diese Maßnahme ist kein endgültiges Urteil. Sie ist ein Sicherungsinstrument des Staates. Die Strafprozessordnung erlaubt diesen schnellen Eingriff in § 111a StPO, wenn dringende Gründe für eine Annahme vorliegen: Der Fahrer ist zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet und wird seine Fahrerlaubnis im späteren Hauptverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit verlieren.
Im Klartext bedeutet das: Das Gericht wartet nicht ab. Es handelt sofort, um die Allgemeinheit vor einem potenziell gefährlichen Fahrer zu schützen. Die Beschlagnahme des Führerscheins durch die Polizei wird durch diesen richterlichen Beschluss bestätigt und rechtlich zementiert. Der Fahrer ist seinen Führerschein los – auf unbestimmte Zeit.
Wieso reichte ein so niedriger Alkoholwert für eine solche Entscheidung?
Der Wert von 0,46 Promille liegt unter der Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille. Er liegt auch knapp unter der Schwelle von 0,5 Promille, die eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Der Promillewert allein hätte den Führerscheinentzug nicht ausgelöst. Der entscheidende Punkt war die Kombination aus dem Alkoholpegel und einem konkreten Fahrfehler.
Der Fahrer konnte den Abstand zum hinter ihm stehenden Fahrzeug nicht mehr richtig einschätzen. Er stieß beim Zurücksetzen dagegen. Dieser Fehler war für das Gericht der sichtbare Beweis für eine Alkoholbedingte Ausfallerscheinung. Die Fähigkeit zur räumlichen Wahrnehmung und zur präzisen Fahrzeugkontrolle war bereits beeinträchtigt. Der Unfall war nicht einfach Pech – er war ein Symptom der Fahruntüchtigkeit. Der Blutalkoholwert lieferte die plausible Ursache für dieses Symptom.
Welcher Argumentationskette folgte das Gericht genau?
Das Amtsgericht baute seine Entscheidung auf einer klaren logischen Kette auf. Jeder Schritt stützte den nächsten.
Zuerst stellte das Gericht den objektiven Sachverhalt fest: Ein Fahrer führt ein Auto und verursacht beim Zurücksetzen einen Unfall. Dieser Fahrfehler – das falsche Einschätzen der Distanz – belegt eine mangelnde Fahrsicherheit.
Dann verknüpfte das Gericht diesen Fehler mit dem Ergebnis der Blutprobe. Die 0,46 Promille Alkohol im Blut des Fahrers boten die Erklärung für die Ausfallerscheinung. Das Gericht wertete dieses Gesamtbild als Gefährdung des Straßenverkehrs, eine Straftat nach § 315c des Strafgesetzbuches (StGB). Ein Fahrer, der trinkt und anschließend solche Fehler macht, ist fahruntüchtig.
Aus dieser Fahruntüchtigkeit leitete das Gericht die Ungeeignetheit des Fahrers zum Führen von Kraftfahrzeugen ab. Wer sich so verhält, stellt eine Gefahr dar. Die Richter prognostizierten, dass dem Mann in einem späteren Hauptverfahren die Fahrerlaubnis deswegen endgültig entzogen wird, wie es § 69 StGB bei Ungeeignetheit vorsieht.
Dieser letzte Punkt – die hohe Wahrscheinlichkeit des endgültigen Entzugs – rechtfertigte den sofortigen, vorläufigen Entzug. Das Gericht sah es als seine Pflicht an, die öffentliche Sicherheit nicht bis zu einem fernen Gerichtstermin aufs Spiel zu setzen.
Die Urteilslogik
Gerichte entziehen die Fahrerlaubnis unverzüglich, wenn das Verhalten unter Alkoholeinfluss eine sofortige Gefahr für den Straßenverkehr darstellt.
- Sofortiger Schutz: Der Staat entzieht Fahrern sofort die Fahrerlaubnis, sobald dringende Anhaltspunkte für ihre Ungeeignetheit vorliegen, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten.
- Kombinierte Fahruntüchtigkeit: Geringe Alkoholwerte führen zum Entzug der Fahrerlaubnis, wenn sie zusammen mit einem konkreten Fahrfehler eine offensichtliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit beweisen.
- Indiz der Ungeeignetheit: Ein konkreter Fahrfehler unter Alkoholeinfluss beweist die generelle Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen und rechtfertigt die Prognose eines endgültigen Entzugs.
Letztlich verdeutlicht diese Entscheidung, wie konsequent die Justiz handelt, um die Allgemeinheit vor alkoholbedingten Gefahren im Straßenverkehr zu bewahren.
Benötigen Sie Hilfe?
Stehen Sie nach einem Alkoholunfall ebenfalls vor dem vorläufigen Führerscheinentzug? Erhalten Sie eine unverbindliche Ersteinschätzung zu Ihrem Fall.
Experten Kommentar
Manche glauben, unter 0,5 Promille sei man auf der sicheren Seite. Dieses Urteil zeigt klar: Schon ein scheinbar geringer Alkoholwert kann den Führerschein kosten, wenn er zu einem konkreten Fahrfehler führt. Das Gericht legt den Fokus nicht auf die reine Promille-Zahl, sondern auf die tatsächliche Fahreignung in diesem Moment. Ein einfacher Unfall unter Alkoholeinfluss ist damit ein klarer Fall für den sofortigen Entzug, ganz unabhängig von starren Grenzen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Unterschied zwischen einem Führerscheinentzug und einem Fahrverbot?
Ein Fahrverbot ist eine zeitlich begrenzte Maßnahme, bei der Ihr Führerschein lediglich in amtliche Verwahrung genommen und nach Ablauf der Frist automatisch zurückgegeben wird. Im Gegensatz dazu bedeutet ein Führerscheinentzug, wie im Fall des Berliners, dass Ihre Fahrerlaubnis vollständig erlischt und Sie diese nach einer Sperrfrist sowie weiteren Auflagen komplett neu beantragen müssen, oft inklusive einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU).
Der grundlegende Unterschied liegt in der rechtlichen Qualität: Bei einem Fahrverbot bleibt Ihre grundsätzliche Fahrerlaubnis formal bestehen. Ihr Führerschein wird lediglich für einen festgesetzten Zeitraum von einem bis sechs Monaten vom Staat verwahrt. Nach dieser Frist erhalten Sie Ihr Dokument ohne weitere Bedingungen zurück, Ihre Berechtigung zum Fahren war nie wirklich weg.
Ganz anders verhält es sich beim Führerscheinentzug. Hier erlischt die Fahrerlaubnis komplett; sie wird Ihnen endgültig aberkannt. Juristen sprechen dann von der „Entziehung der Fahrerlaubnis“. Der im Artikel erwähnte „vorläufige Entzug“ ist ein Sicherungsinstrument des Staates, das fast immer in einen endgültigen Entzug mündet, da das Gericht Sie zum Führen von Kraftfahrzeugen als „ungeeignet“ einstuft. Nach einem solchen Entzug müssen Sie die Fahrerlaubnis nach einer oft mehrjährigen Sperrfrist komplett neu beantragen. Es ist ein aufwendiger Prozess, bei dem Sie beweisen müssen, dass Sie wieder geeignet sind, am Straßenverkehr teilzunehmen, was häufig eine MPU beinhaltet.
Denken Sie an den Unterschied zwischen einer geliehenen Bohrmaschine und einer kaputten: Beim Fahrverbot ist der Führerschein nur ausgeliehen, Sie bekommen ihn nach einer Weile zurück. Beim Führerscheinentzug ist die Bohrmaschine kaputt – Sie müssen eine komplett neue kaufen und dafür erst noch beweisen, dass Sie sicher damit umgehen können.
Prüfen Sie unbedingt das gerichtliche Dokument oder den Polizeibericht, den Sie erhalten haben. Suchen Sie dort explizit nach den Begriffen „Fahrverbot“ oder „Entziehung der Fahrerlaubnis“. Nur so erkennen Sie die genaue rechtliche Qualität der Maßnahme und die Dringlichkeit Ihrer Situation, um passende Schritte einzuleiten.
Kann ich gegen die vorläufige Entziehung meines Führerscheins vorgehen?
Ja, Sie können gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis vorgehen, primär durch eine Beschwerde beim Landgericht gemäß § 111a StPO oder Einspruch gegen den Beschluss. Erfolgsaussichten sind jedoch oft gering, wenn „dringende Gründe“ für Ihre Ungeeignetheit vorliegen, wie die Kombination aus Alkohol und Fahrfehler im Berliner Fall. Das Gericht sichert damit die öffentliche Sicherheit.
Juristen nennen das eine Sicherungsmaßnahme. Sie haben grundsätzlich die Möglichkeit, gegen den Beschluss zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis Beschwerde beim Landgericht einzulegen. Ihr Ziel dabei ist es, die vom Amtsgericht festgestellten „dringenden Gründe“ für Ihre mangelnde Fahreignung zu widerlegen. Das Gericht hat Ihren Führerschein nicht ohne triftigen Grund entzogen, sondern weil es Ihre Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen als hochwahrscheinlich ansieht.
Allerdings liegt die Hürde für einen Erfolg sehr hoch. Das Gesetz, speziell § 111a der Strafprozessordnung, erlaubt dem Gericht den sofortigen Eingriff, wenn diese „dringenden Gründe“ vorliegen und eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ für den späteren endgültigen Entzug besteht. Eine erfolgreiche Beschwerde erfordert daher in den meisten Fällen, dass Sie nachweisen können, dass die richterliche Einschätzung fehlerhaft war oder die Beweislage nicht ausreicht. Sie müssen sich darauf konzentrieren, die Annahme Ihrer „Ungeeignetheit“ zu entkräften.
Denken Sie an die Situation eines Notarztes, der bei akuter Gefahr sofort handelt, bevor alle Laborergebnisse vorliegen. Das Gericht agiert ähnlich: Droht eine Gefahr für die Allgemeinheit durch einen ungeeigneten Fahrer, wird die Fahrerlaubnis schnell entzogen, um Schlimmeres zu verhindern.
Kontaktieren Sie unverzüglich einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt. Übergeben Sie ihm sämtliche Unterlagen – den richterlichen Beschluss, den Polizeibericht und gegebenenfalls Blutprobe-Ergebnisse. Ein Experte kann die „dringenden Gründe“ des Gerichts prüfen, eine realistische Einschätzung Ihrer Situation geben und eine mögliche Verteidigungsstrategie erarbeiten, statt blindlings vorzugehen.
Wie läuft das Hauptverfahren nach dem vorläufigen Führerscheinentzug ab?
Das Hauptverfahren nach einem vorläufigen Führerscheinentzug mündet in ein endgültiges Urteil über die strafrechtliche Schuld und die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB. Hierbei prüft das Gericht akribisch, ob die anfänglich prognostizierte „Ungeeignetheit“ des Fahrers zum Führen von Kraftfahrzeugen tatsächlich Bestand hat. Es ist eine entscheidende Phase, die Ihre Fahreignung umfassend beleuchtet.
Nun, was erwartet Sie konkret in diesem Verfahren? Die Hauptverhandlung ist eine strafrechtliche Auseinandersetzung, bei der alle relevanten Beweise auf den Tisch kommen. Dazu gehören detaillierte Informationen zum Unfallhergang, Zeugenaussagen, die genauen Ergebnisse Ihrer Blutprobe und die entscheidende Verknüpfung etwaiger Fahrfehler mit Ihrem Alkoholpegel – eben als sogenannte „Ausfallerscheinung“, wie es beim Berliner Fall war. Das Gericht wird genau analysieren, ob die anfängliche Einschätzung Ihrer Fahruntüchtigkeit standhält.
Denken Sie an die Situation, als würde ein Gebäude nach einem ersten Statikgutachten, das massive Risse festgestellt hat, noch einmal von Grund auf überprüft. Man geht nicht davon aus, dass die Risse verschwunden sind. Vielmehr werden alle Indizien und Gutachten im Detail beleuchtet, um ein finales, tragfähiges Urteil über die Standsicherheit – oder in Ihrem Fall die Fahreignung – zu fällen. Es ist keine neue, unbeschriebene Seite, sondern eine vertiefende Prüfung dessen, was bereits ermittelt wurde.
Deshalb mein Rat an Sie: Zögern Sie nicht. Erarbeiten Sie gemeinsam mit Ihrem auf Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt eine akribische Verteidigungsstrategie. Diese sollte sich darauf konzentrieren, die konkreten Anklagepunkte und die Annahme Ihrer „Ungeeignetheit“ präzise zu widerlegen. Überprüfen Sie unbedingt alle Messmethoden und die Interpretation der Ihnen vorgeworfenen Ausfallerscheinungen. Jedes Detail zählt.
Wie lange bin ich meinen Führerschein nach einer Trunkenheitsfahrt los?
Nach einer Trunkenheitsfahrt, die wie im Fall des Berliners zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führt, sind Sie den Führerschein nicht für eine feste Zeit, sondern ‚auf unbestimmte Zeit‚ los. Das Gericht setzt dabei eine Sperrfrist von mindestens sechs Monaten bis zu fünf Jahren fest. Nach deren Ablauf müssen Sie die Wiedererteilung beantragen und Ihre Fahreignung erneut beweisen.
Im Gegensatz zu einem zeitlich befristeten Fahrverbot, bei dem Ihr Führerschein lediglich verwahrt wird, bedeutet die Entziehung der Fahrerlaubnis einen kompletten Verlust. Ihr Führerschein ist dann zunächst ‚auf unbestimmte Zeit‘ weg. Das zuständige Gericht legt hierbei im Urteil eine sogenannte Sperrfrist fest. Innerhalb dieser Frist, die in der Regel zwischen sechs Monaten und fünf Jahren liegt, dürfen Sie keinen neuen Führerschein beantragen. Bei Wiederholungstätern oder besonders schweren Fällen kann diese Sperrfrist auch länger ausfallen.
Die konkrete Dauer dieser Sperrfrist hängt von mehreren Faktoren ab. Gerichte berücksichtigen dabei die Schwere Ihrer Tat, Ihren gemessenen Promillewert, eventuelle Unfallfolgen sowie vorhandene Vorstrafen. Im Berliner Fall war der eigentlich niedrige Promillewert von 0,46 erst in Kombination mit einer konkreten Ausfallerscheinung – dem Auffahrunfall – ausschlaggebend für den Entzug, was die Sperrfrist entsprechend beeinflussen kann.
Denken Sie an den Unterschied zwischen einem ausgeliehenen Buch und einem verlorenen Buch. Ein Fahrverbot ist wie ein ausgeliehenes Buch: Sie geben es ab und bekommen es nach der Frist automatisch zurück. Ein Führerscheinentzug ist wie ein verlorenes Buch: Sie müssen es neu kaufen und dabei beweisen, dass Sie diesmal besser darauf achten werden. Das erfordert eigenen Einsatz.
Beginnen Sie sofort nach Erhalt der gerichtlichen Entscheidung, sich umfassend über die konkret festgelegte Sperrfrist zu informieren. Wenn Ihr Fall alkoholbedingt ist, sollten Sie ohne Verzögerung klären, ob Abstinenznachweise für eine möglicherweise anstehende Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) erforderlich sind. Diese frühzeitige Vorbereitung kann entscheidend sein, um die Wartezeit nicht unnötig zu verlängern und den Weg zur Wiedererteilung zu ebnen.
Wann muss ich nach einem Führerscheinentzug eine MPU machen?
Eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) ist nach einem alkoholbedingten Führerscheinentzug fast immer erforderlich. Die feste Grenze liegt oft bei 1,6 Promille, doch schon ab 1,1 Promille wird Ihre Fahrerlaubnis entzogen und eine MPU obligatorisch. Entscheidend ist aber auch das Verhalten: Bereits ab 0,3 Promille kann eine MPU angeordnet werden, wenn Ausfallerscheinungen oder wiederholte Alkoholauffälligkeiten Ihre Fahrungeeignetheit beweisen.
Die Notwendigkeit einer MPU hängt von mehreren Faktoren ab. Die Regel lautet: Ab 1,6 Promille Blutalkohol ist eine MPU für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis grundsätzlich vorgeschrieben. Zudem wird Ihnen die Fahrerlaubnis bereits ab einem Wert von 1,1 Promille entzogen; in diesem Fall ist eine MPU zur Wiedererlangung ebenfalls obligatorisch.
Interessanterweise kann eine MPU sogar bei geringeren Alkoholwerten unter 1,1 Promille fällig werden. Das ist der Fall, wenn alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vorlagen, die eine Straftat nach § 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) begründen. Der Berliner Fall ist ein Paradebeispiel: Trotz „nur“ 0,46 Promille führte die fehlende Abstandseinschätzung zu einer MPU-Anordnung. Wiederholte Alkoholauffälligkeiten, selbst ab 0,3 Promille, oder generelle Zweifel an Ihrer Fahreignung können ebenfalls zur Anordnung führen.
Denken Sie an die Situation eines wackligen Baugerüsts: Einzelne, scheinbar kleine Mängel (wie ein niedriger Promillewert) mögen für sich harmlos erscheinen. Doch kombiniert mit einem deutlichen „Wackeln“ (eine Ausfallerscheinung wie ein Fahrfehler), wird das gesamte Gerüst – Ihre Fahreignung – als instabil und gefährlich eingestuft.
Klären Sie nach Erhalt des rechtskräftigen Urteils oder Strafbefehls umgehend bei Ihrer Fahrerlaubnisbehörde, ob eine MPU angeordnet wird. Beginnen Sie, falls ja, sofort mit der Vorbereitung und sammeln Sie frühzeitig eventuell erforderliche Abstinenznachweise für einen längeren Zeitraum. Nur so vermeiden Sie unnötige Verzögerungen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Alkoholbedingte Ausfallerscheinung
Eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung bezeichnet ein unnatürliches Verhalten oder einen Fahrfehler, der direkt auf Alkoholeinfluss zurückzuführen ist und die Fahrsicherheit beeinträchtigt. Das Gesetz bewertet solche Auffälligkeiten als klaren Beweis dafür, dass jemand nicht mehr in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen, selbst wenn der Promillewert noch unter den Grenzen für absolute Fahruntüchtigkeit liegt. Es schützt die Allgemeinheit vor unzurechnungsfähigen Fahrern.
Beispiel: Im Berliner Fall war die Unfähigkeit des Fahrers, einen simplen Abstand beim Zurücksetzen korrekt einzuschätzen, die entscheidende alkoholbedingte Ausfallerscheinung.
Entziehung der Fahrerlaubnis
Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist die endgültige Aberkennung der Berechtigung, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr zu führen, und unterscheidet sich grundlegend von einem bloßen Fahrverbot. Das Gericht entzieht die Fahrerlaubnis, wenn es davon überzeugt ist, dass ein Fahrer ungeeignet ist, am Straßenverkehr teilzunehmen, um somit die Verkehrssicherheit nachhaltig zu gewährleisten und gefährliche Personen von der Straße zu halten.
Beispiel: Dem Berliner Fahrer drohte nach der vorläufigen Entziehung im Hauptverfahren die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB, weil er als ungeeignet eingestuft wurde.
Fahrverbot
Ein Fahrverbot ist eine zeitlich begrenzte Maßnahme, bei der der Führerschein für einen bestimmten Zeitraum in amtliche Verwahrung genommen wird, ohne die grundsätzliche Fahrerlaubnis zu löschen. Diese Regelung dient dazu, Verkehrssünder für eine bestimmte Zeit von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen und sie so zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, ohne ihnen die Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeugs dauerhaft abzusprechen. Nach Ablauf der Frist bekommt der Betroffene das Dokument automatisch zurück.
Beispiel: Im Gegensatz zur Entziehung der Fahrerlaubnis des Berliners, der seinen Führerschein komplett verlor, hätte ein Fahrverbot nur bedeutet, dass er sein Dokument nach wenigen Monaten zurückerhalten hätte.
Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB)
Die Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c des Strafgesetzbuches ist eine Straftat, die vorliegt, wenn jemand im Straßenverkehr grob verkehrswidrig und rücksichtslos handelt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. Dieses Gesetz schützt wichtige Rechtsgüter wie Gesundheit, Leben und Eigentum vor rücksichtslosen Fahrern und stellt sicher, dass schwerwiegende Verstöße, die zu einer konkreten Gefahr führen, strafrechtlich verfolgt werden können. Es dient der präventiven Sicherheit.
Beispiel: Der Berliner Fahrer, der unter Alkoholeinfluss einen Abstand falsch einschätzte und einen Unfall verursachte, wurde durch das Gericht wegen Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c StGB zur Rechenschaft gezogen.
Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU)
Eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung, kurz MPU, ist eine anspruchsvolle Begutachtung der Fahreignung einer Person, die nach schwerwiegenden Verkehrsverstößen, oft unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, angeordnet wird, um die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zu prüfen. Mit dieser Untersuchung soll festgestellt werden, ob die Gründe für die damalige Entziehung der Fahrerlaubnis behoben sind und keine Gefahr mehr von der betreffenden Person im Straßenverkehr ausgeht, wodurch die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer erhöht wird.
Beispiel: Obwohl der Berliner Fahrer „nur“ 0,46 Promille Alkohol hatte, konnte ihm aufgrund seiner Ausfallerscheinungen eine MPU auferlegt werden, um seine Fahreignung erneut zu überprüfen.
Sperrfrist
Eine Sperrfrist ist ein gerichtlich festgelegter Zeitraum, innerhalb dessen eine Person nach der Entziehung der Fahrerlaubnis keinen neuen Führerschein beantragen darf. Diese Frist dient dazu, dem Betroffenen eine Zeit der Besinnung zu geben und die Ernsthaftigkeit der Tat zu verdeutlichen; sie soll sicherstellen, dass vor einer möglichen Wiedererteilung der Fahrerlaubnis eine ausreichende Reflexion und gegebenenfalls Verhaltensänderung stattgefunden hat.
Beispiel: Nach der Entziehung der Fahrerlaubnis für den Berliner Fahrer würde das Gericht eine Sperrfrist von mindestens sechs Monaten bis zu fünf Jahren festlegen, bevor er überhaupt einen Antrag auf Neuerteilung stellen könnte.
Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist eine sofortige Sicherungsmaßnahme des Gerichts gemäß § 111a StPO, die den Führerschein umgehend einzieht, wenn dringende Gründe für die Ungeeignetheit des Fahrers vorliegen und ein endgültiger Entzug wahrscheinlich ist. Diese Eilmaßnahme schützt die Allgemeinheit umgehend vor potenziell gefährlichen Fahrern, indem sie deren Teilnahme am Straßenverkehr sofort unterbindet, ohne das langwierige Hauptverfahren abwarten zu müssen.
Beispiel: Das Amtsgericht Tiergarten ordnete für den Berliner Fahrer die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis an, um die Öffentlichkeit sofort vor einem Fahrer mit alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zu schützen.
Das vorliegende Urteil
AG Tiergarten – Az.: 303 Gs 1116/24 – Beschluss vom 18.11.2024
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