LG Neuruppin – Az.: 12 KLs 7/18 – Urteil vom 25.09.2018
Der Angeklagte ist des Diebstahls mit Waffen in zwei Fällen, des gemeinschaftlichen Diebstahls in drei Fällen, der Unterschlagung in zwei Fällen, der gefährlichen Körperverletzung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, der Bedrohung sowie der Sachbeschädigung schuldig.
Er wird zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.
Angewendete Vorschriften: §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, 241, 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Nr. 1, 244 Abs. 1 Nr. 1a), 246 Abs. 1, 303 Abs. 1, 25 Abs. 2, 52, 53 StGB; §§ 1, 105 JGG.
Gründe
I.
Feststellungen zur Person
Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 19 Jahre und acht bzw. neun Monate alte Angeklagte wurde in Belzig als viertältestes Kind in einer achtköpfigen Geschwisterrolle geboren, wobei es sich bei fünf Geschwistern um Halbgeschwister mütterlicherseits handelt. Die leiblichen Eltern des Angeklagten ließen sich scheiden, als dieser vier Jahre alt war. Der Vater, zu dem er seit einigen Jahren keinen Kontakt mehr hat, verzog nach Erfurt. Der Angeklagte verblieb bei seiner Mutter, die jedoch mit seiner Erziehung überfordert war. Er wurde zwar noch altersgerecht in die Grundschule in Belzig eingeschult. Jedoch wurden bei dem Angeklagten bereits zu Beginn seiner Grundschulzeit eine Lese-Rechtschreibschwäche und eine Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert. Daraufhin wechselte er schon bald auf eine Förderschule in Lübbenau, nachdem er wegen der häuslichen Probleme in eine stationäre Jugendhilfeeinrichtung in Vetschau aufgenommen worden war. Wegen ADHS nahm der Angeklagte fortan Risperidon und Concerta ein. Zudem wurde er dreimal stationär in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Lübben behandelt. Etwa im Alter von 11/12 Jahren wechselte er in die Jugendhilfeeinrichtung nach Spiegelhagen in der Prignitz und besuchte fortan eine Förderschule in Perleberg. In diesem Zeitraum war er an das Sozialpädiatrische Zentrum Schwerin psychologisch angebunden. Etwa mit 14 Jahren kam der Angeklagte erstmalig mit Drogen und Alkohol in Kontakt und konsumierte diese Rauschmittel seither regelmäßig. Nach insgesamt elf Schuljahren verließ er mit dem Abschluss der zehnten Klasse die Förderschule. Ein anschließendes berufsvorbereitendes Jahr mit dem Ziel einer Lehre zum Koch brach er bereits nach einigen Monaten Anfang des Jahres 2017 ab. Weitere Anstrengungen für eine berufliche Ausbildung unternahm der Angeklagte bislang nicht, weshalb er seinen Lebensunterhalt seitdem mit Grundsicherung für Erwerbssuchende sowie mit Eigentums- und Vermögensstraftaten finanzierte. Nach Erlangung der Volljährigkeit bezog er im Frühjahr 2017 eine eigene Wohnung in Wittenberge. Jedoch war er kaum in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu besorgen oder Behördengänge zu erledigen. Das Amtsgericht Perleberg bestellte ihm daher im April 2017 einen Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge. Etwa in diesem Zeitraum setzte der Angeklagte auch seine Medikamente ohne ärztlichen Rat ab; gleichzeitig intensivierte er seinen Alkohol- und insbesondere Betäubungsmittelkonsum (im Wesentlichen Amphetamin) und betrieb einen missbräuchlichen Umgang mit den vorgenannten Substanzen im Tatzeitraum, ohne indes bis zu seiner Festnahme im vorliegenden Verfahren (11.01.2018) eine krankhafte Suchtmittelabhängigkeit zu entwickeln.
Bei dem Angeklagten handelt es sich um eine stark redebedürftige, unruhige Persönlichkeit, die in keiner Hinsicht ein altersgerechtes Verhalten aufzeigt und auch gegenüber sämtlichen Prozessbeteiligten im Rahmen der Hauptverhandlung oftmals zu kindlich-übermütigem, fast schon albernem und nicht situationsgerechtem Auftreten neigte. Zu seiner Mutter, von der er sich nie angenommen fühlte, unterhielt er stets nur eine lose Verbindung, die sich in den letzten Jahren auf eine Kommunikation über soziale Netzwerke beschränkte. Zu seinen Geschwistern besteht kein Kontakt. Stattdessen pflegte er bis zu seiner Inhaftierung einen täglichen Umgang mit anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus ebenfalls prekären Verhältnissen.
Der Angeklagte ist bislang wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
Mit Strafbefehl vom 05.12.2017, rechtskräftig seit dem 03.01.2018, verhängte das Amtsgericht Perleberg gegen ihn wegen Unterschlagung und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 10,00 €. Zur Tilgung der Geldstrafe zahlte er regelmäßige Raten, sodass diese zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bis auf einen Restbetrag von circa 140,00 € erledigt war (Stand Ende September 2018).
Dem Erkenntnis liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Am 20.07.2017 wurde dem Angeklagten in Wittenberge vom Postboden der DHL ein Paket für den T. übergeben, weil er selbst sich gerade in der Wohnung der S. aufhielt, die ebenfalls Mieterin in dem Haus in der … Straße 30 – wie auch der Geschädigte – war. Statt das Paket an den Empfänger auszuhändigen, entnahm er der Warensendung eine Überwachungskamera der Marke Samsung im Wert von 170,– € und verkaufte diese im An- und Verkaufsgeschäft der Familie … in Perleberg am Hohen Ende für 40,– €. Gegenüber dem bei ihm nachfragenden Geschädigten behauptete er, es sei bei ihm kein Paket abgegeben worden.
Am 15.02.2017 verwahrte er in seiner Nebenwohnung in der …straße 8 in 19348 Perleberg in der Schublade seines Wohnzimmerschrankes ein Tütchen mit 0,9 g (brutto) Amphetamine, als die Zeugin M. in ihrer Funktion als Mitarbeiterin der Jugendeinrichtung „Haus Hoffnung“ eine Kontrolle seiner Wohnräume vornahm.
Am 04.08.2017 verwahrte er in einer Bauchtasche 0,9 g (brutto) Marihuana in einer Cliptüte, als er gegen 14.35 Uhr durch die Beamten PK W. und PK W. in Wittenberge auf dem Schulplatz in Höhe der Bürgerstraße einer polizeilichen Personenkontrolle unterzogen wurde.
Er verfügte nicht über die Befugnis zum Umgang mit Betäubungsmitteln, was ihm auch bewusst war.
Der Angeklagte wurde aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Perleberg vom 11.01.2018 – 15 Gs 4/18 – am selben Tage festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen – seit dem 06.02.2018 aufgrund des geänderten, erweiterten und neu gefassten Haftbefehls des Amtsgerichts Perleberg vom selben Tage – in dieser Sache in Untersuchungshaft. Mit Verkündung des vorliegenden Urteils hob die Kammer den vorgenannten Haftbefehl in seiner aktuellen Fassung auf und ordnete seine Entlassung aus der Untersuchungshaft an.
II.
Feststellungen zur Sache
1. Diebstahl in der „… in … am 23.10.2017 (Anklagevorwurf zu Ziffer 5. der Anklage vom 27.04.2018)
Der Angeklagte betrat am Abend des 23.10.2017 die Filiale der Einzelhandelskette „…“ in der …, um zu stehlen. Er entnahm entsprechend seines Tatentschlusses den Regalen Spielzeug und Lebensmittel im Gesamtwert von 35,– bis 40,– € und steckte die Artikel im Bereich der Getränkeabteilung in seinen mitgeführten Rucksack, um die Waren ohne zu bezahlen durch die Kasse zu schleusen und sie anschließend für sich selbst zu verbrauchen bzw. weiter zu veräußern. Dabei führte er in dem vorerwähnten Rucksack ein etwa 30 cm großes, massives und mit seinem Vornamen beschriftetes Beil mit einer Schneidelänge von circa 10 cm mit, wie er wusste. Zudem trug er eine circa 50 cm lange, offene Kette aus circa vier Zentimeter langen und ein Zentimeter breiten massiven Metallgliedern um seinen Hals und eine schwarze Wollmütze mit einem weißen Totenkopf auf dem Kopf. Während der Tatausführung beobachtete ihn die Ladendetektivin, die Zeugin C., über die installierten Überwachungskameras. Nachdem der Angeklagte seinem Tatplan folgend die Kasse passiert hatte, wurde er im Bereich des Informationsschalters von der Ladendetektivin und einem von ihr hinzugezogenen Mitarbeiter des Marktes, dem Zeugen M., auf den Diebstahl angesprochen. Die Zeugin H. gab sich als Ladendetektivin zu erkennen, forderte den Angeklagten auf, ihr zu folgen und hinderte ihn daran weiterzugehen, indem sie ihn an dessen Rucksack packte. Der wegen vorangegangenen Betäubungsmittelkonsums allenfalls enthemmte, jedoch in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht erheblich eingeschränkte Angeklagte schrie die H. daraufhin in einem sehr aggressiven Ton an, dass sie ihn loslassen solle. Sodann streifte er den noch immer von der Ladendetektivin festgehaltenen Rucksack von seiner Schulter ab und ließ ihn los. Nahezu gleichzeitig zog er die Gliederkette vom seinem Hals und deutete mit der in der erhobenen Hand gehaltenen Kette einen Schlag in Richtung der H. und des T. an, ohne jedoch zuzuschlagen. H. ließ gleichwohl – schon von dieser Geste beeindruckt – von dem Angeklagten ab. Dieser flüchtete daraufhin aus dem Markt, wobei er den Rucksack mit den entwendeten Waren und dem Beil sowie seine Wollmütze zurückließ.
2. Diebstahl in der „… am 28.10.2017 (Anklagevorwurf zu Ziffer 3. der Anklage vom 27.04.2018)
Der Angeklagte begab sich am 28.10.2017 in Begleitung des Zeugen M. in die Filiale der Einzelhandelskette „…, um dort zu stehlen. Er entnahm in Umsetzung des gemeinsamen Tatentschlusses den Regalen verschiedene Lebensmittel (mehrere Tafeln Schokolade, Pistazien, Energy-Getränke) und packte diese in den von ihm mitgeführten Rucksack. Auch H. verstaute dem gemeinsamen Tatplan folgend Waren, namentlich Hundefutter, in den Rucksack des Angeklagten. Die Artikel hatten einen Gesamtwert von etwa 30,– €. Der Angeklagte beabsichtigte, die eingesteckten Waren ohne zu bezahlen durch die Kasse zu schleusen, um sie anschließend für sich selbst zu verbrauchen, teilweise dem H. zu überlassen oder weiter zu veräußern. Er führte, wie ihm bewusst war, auch wieder eine etwa 50 cm lange Gliederkette aus Metall (baugleich wie im Fall 1. oder sogar dieselbe) bei sich. Der Angeklagte und sein Begleiter wurden jedoch durch einen Mitarbeiter des Marktes, den Zeugen T., bei der Tatausführung beobachtet, der daraufhin die Zeugin B., die zu diesem Zeitpunkt die Marktleitung vertretungsweise innehatte, verständigte. Als die beiden Marktmitarbeiter den Angeklagten und dessen Begleiter noch innerhalb der Geschäftsräume ansprachen, flüchtete der Begleiter augenblicklich, während der Angeklagte der Zeugen N. und K. gemäß deren Aufforderung in das Marktleiterbüro folgte.
3. Anschließende Bedrohung der Geschädigten N. und K. (Anklagevorwurf zu Ziffer 4. der Anklage vom 27.04.2018)
In dem Büro schüttete die Zeugin N. den Rucksack des Angeklagten vor dessen Augen auf dem Schreibtisch aus und begann damit, am Computer eine Strafanzeige zu fertigen, während sich der Zeuge K. mit einer längeren, mit einem Haken versehenen Metallstange, die er zufällig aufgrund seiner Arbeit in der Getränkeabteilung dabei hatte und lose in der Hand hielt, an der Tür platzierte. Der Angeklagte äußerte, dass er sich wegen der Metallstange unwohl fühle und holte nunmehr demonstrativ die Gliederkette hervor. Die Situation konnte zunächst beruhigt werden, indem der Angeklagte und der K. darin übereinkamen, die Kette und die Metallstange jeweils beiseite zu legen. Wenige Augenblicke später ergriff der zunehmend nervöser werdende Angeklagte jedoch die Kette erneut, wickelte sie langsam und deutlich erkennbar um seine Hand und äußerte sinngemäß, dass er schon einmal jemanden umgebracht habe und er auch die Zeugen töten könnte. Der von dieser Äußerung beeindruckte T. öffnete daraufhin spontan die Tür. Auf Intervention der N. zog er die Tür jedoch sogleich wieder heran. In diesem Augenblick holte der Angeklagte allerdings mit seiner Hand, die nach wie vor mit der Kette umwickelt war, zum Schlag aus, ohne tatsächlich zuzuschlagen. Erneut öffnete der infolge des Gebarens des Angeklagten eingeschüchterte Zeuge K. daraufhin die Bürotür. Daraufhin verließ der betäubungsmittelbedingt allenfalls enthemmte, jedoch in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht erheblich eingeschränkte Angeklagte von den Zeugen ungehindert mit seinem Rucksack, jedoch ohne die entwendeten Sachen, das Büro und entfernte sich mit einem von ihm vor dem Markt abgestellten Fahrrad. Die anlässlich des Tatgeschehens von den beiden Marktmitarbeitern alarmierten Polizeibeamten konnten den Angeklagten im Rahmen einer sofort eingeleiteten Nahbereichsfahndung aufgrund der detaillierten Personenbeschreibung noch in der Lenzener Straße in Wittenberge stellen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Angeklagte bereits der mitgeführten Gliederkette entledigt. Da er sichtlich nervös schien, veranlassten die Beamten mit Einverständnis des Angeklagten einen Betäubungsmittelschnelltest, der zunächst – solange der Angeklagte noch zugegen war – negativ ausfiel. Erst nach Abschluss seiner Identitätsfeststellung zeigte der Test in Abwesenheit des Angeklagten eine positive Reaktion auf Kokain/Amphetamin/Metamphetamin.
4. Sachbeschädigung am Busbahnhof Wittenberge am 29.10.2017 (Anklagevorwurf zu Ziffer 6. der Anklage vom 27.04.2018)
In den frühen Morgenstunden des 29.10.2017 saßen der Angeklagte und seine Bekannten P., D. und P. auf einer Bank an dem Busbahnhof in Wittenberge und hörten zunächst so laut Musik, dass die Anwohner die Polizei verständigten. Nachdem die eintreffenden Beamten die Gruppe aufgefordert hatte, die Musik leiser zu machen und die Gruppe dem auch nachkam, entfernten sie sich wieder. Gegen 01.30 Uhr begab sich der Angeklagte sodann von seinem Platz zu einem nahe gelegenen Toilettenhäuschen am Busbahnhof und riss vor seinen Bekannten einen metallischen Mülleimer aus der Verankerung. Mit der sinngemäßen Äußerung, wie stark er sei, warf der Angeklagte den Mülleimer zumindest einmal gegen die Eingangstür des Toilettenhäuschens, die hierdurch mittig eine deutlich erkennbare Eindellung erlitt. Dies hatte der Angeklagte vorausgesehen und billigend in Kauf genommen. Die daraufhin (offensichtlich von Anwohnern) erneut herbeigerufenen Polizeibeamten dokumentierten den Schaden und erteilten der Gruppe nun einen Platzverweis. Eine Beeinträchtigung des öffentlichen Nutzens sowohl des Toilettenhäuschens als auch des auch ohne Halterung standsicheren Mülleimers durch die Beschädigungen hat die Hauptverhandlung nicht ergeben.
5. Einbruchsdiebstahl im … Wittenberge am 29.10.2017 (Anklagevorwurf zu Ziffer 1. der Anklage vom 27.04.2018)
Ebenfalls in den Morgenstunden des 29.10.2017, etwa gegen 03.00 Uhr und mithin kurze Zeit nach dem Aufenthalt an dem Busbahnhof, begaben sich der Angeklagte, P., D. und der P. zu dem nahegelegenen …gebäude der …AG in Wittenberge. Nachdem D. sich bereits in der Nacht zuvor in dem Gebäude aufgehalten, eine der beiden Türen zum Aufgang in das erste Obergeschoss aufgebrochen und dort – im Obergeschoss – bemerkt hatte, dass sich dort Büroräumlichkeiten mit EDV-Ausstattung befanden, hatte sich die W. mit dem Angeklagten und der K. gezielt für einen erneuten Einbruch in dieser Nacht verabredet, um stehlenswerte und nicht nur geringwertige Sachen zu entwenden. Mit einem circa 70 cm langen Sturmhaken aus einer Türverankerung brach die W. in der öffentlich zugänglichen Bahnhofsvorhalle zunächst die zweite, bisher unbeschädigte und verschlossene Tür zum Treppenaufgang in das Obergeschoss auf. Die tags zuvor beschädigte andere Tür zum Aufgang in das Obergeschoss war inzwischen von Mitarbeitern der … notdürftig mit einer Spanplatte repariert worden. Im ersten Obergeschoss befanden sich zu diesem Zeitpunkt unter anderem die Büroräume des Betriebsarztes für die …mitarbeiter, unterhalten von der … AG. Der Angeklagte trat sodann mit seinem beschuhten Fuß mehrere – von dem Mittelgang des Obergeschosses links und rechts abgehende und verschlossene – Türen zu den Räumlichkeiten des Betriebsarztes auf. Zu dritt durchsuchten der Angeklagte, die K. und die W. in den Räumen mehrere Schränke, Rollcontainer und Schubladen und beschädigten hierbei teilweise das Inventar. Sie entwendeten medizinisches Zubehör, im Wesentlichen Impfdosen, Drogen- und Urintests, Desinfektionsmittel, Spiretten, Notfallkits und Medikamente und packten diese in Plastiktüten, um sie später weiter zu veräußern. Der W. verließ unterdessen die Örtlichkeit, ohne sich an den Beschädigungen oder den Entwendungen zu beteiligen, nachdem er das Auftreten der Bürotüren durch den Angeklagten beobachtet hatte und ihm die Angelegenheit zu heikel geworden war. Das entwendete Zubehör hatte einen Gesamtwert von etwa 600,00 €. Die W. entnahm einem der Schränke darüber hinaus einen Arztkittel, beschriftete diesen mit ihrem Szenenamen „Alice D“ und zog ihn an. Darüber hinaus entnahm sie dem Mobiliar einen Hammer, den ihr der Angeklagte wenige Augenblicke später abnahm. Dieser begab sich wieder in das Erdgeschoss und beschädigte mit dem Hammer an einem geschlossenen Fahrkartenschalter die herabgelassene Jalousie sowie die dahinter liegende Scheibe, um auch aus diesem dahinter liegenden Schalterraum Gegenstände oder Bargeld zu entwenden. Dabei riss er ein zwischen der Jalousie und der Scheibe befindliches Kartenlesegerät heraus und legte es auf eine der Sitzbänke im Wartebereich des …gebäudes ab. Da durch die Beschädigungen jedoch Alarm ausgelöst wurde, wie der Angeklagte bemerkte, ließ er von der weiteren Tatausführung ab. Durch die Beschädigungen in dem …gebäude entstand der … AG ein Sachschaden von insgesamt 4.400,– €.
Anschließend wollten der Angeklagte, die K. und die W. die Tüten mit dem entwendeten, medizinischen Zubehör in Sicherheit bringen. Vor dem Bahnhofsgebäude traf die Gruppe um den Angeklagten auf den damaligen Freund der D., den C., der sich aus Sorge um seine Freundin zu dem Bahnhof begeben hatte. Er begleitete die Gruppe bis zu dem nur wenige hundert Meter entfernten Gesundheitszentrum, wo der W. plötzlich auffiel, dass sie ihr Mobiltelefon im Obergeschoss des Gebäudes vergessen hatte. Hier trennte sich die Gruppe. Während die W. gemeinsam mit dem K. noch einmal zurück zum Bahnhof ging, machten sich der Angeklagte und die K. schon auf den Heimweg. Die alarmierten Polizeibeamten trafen den K. wenig später auf einer Bank in dem Aufenthaltsbereich des Bahnhofgebäudes sitzend und auf seine Freundin wartend an. Die D. – die noch immer den Arztkittel trug – konnten die Beamten daraufhin im Obergeschoss stellen.
Der Angeklagte und die K. deponierten die Tatbeute in der Folgezeit teilweise in der Wohnung des M., dem damaligen Lebensgefährten der K., in der Dr.-Salvador-Allende-Straße X in … und teilweise in der Wohnung des J. in der …straße 13 in …. Am 12.12.2017 wurde die Beute im Rahmen zweier polizeilicher Durchsuchungsmaßnahmen in den Wohnungen des R. und des H. aufgefunden.
6. Diebstahl zum Nachteil des E. in … am 08.11.2017
(Anklagevorwurf zu Ziffer 9. der Anklage vom 27.04.2018)
In den frühen Morgenstunden des 08.11.2017, gegen 02.00 Uhr, begab sich der Angeklagte gemeinsam mit seinen Bekannten T., P. und J. zu der Wohnung des zum damaligen Zeitpunkt 17-jährigen E. in der … Straße 18b in …. Der E. war der Gruppe um den Angeklagten bekannt, eine freundschaftliche Verbindung bestand allerdings nicht. E., der bereits geschlafen hatte und hinter dem nächtlichen Klingeln einen Freund vermutete, öffnete der Gruppe nichtsahnend die Tür, sodass diese in die Wohnung gelangen konnte. Während die K. und der kräftig gebaute R., der auch gelegentlich als Personenschützer des Angeklagten fungiert haben soll, auf dem Sofa Platz nahmen, verlangten der Angeklagte und der K. von dem E. unter dem Vorwand, dass sich eine Bauchtasche des K. in der Wohnung befinde, deren Herausgabe. Der K. kündigte in einem aggressiven Ton an, dass er für jede verstrichene Minute, in der er seine Bauchtasche nicht zurück erhält, einen Gegenstand aus der Wohnung des E. mitnehmen werde. Tatsächlich konnte der E. die Bauchtasche des K. überhaupt gar nicht in seiner Wohnung finden, da sie in der Wohnung des R. lag. Gleichwohl gab der E. aus Angst vor dem K. und dem Angeklagten vor, die ihm als gewaltbereit bekannt waren, die Tasche zu suchen. Währenddessen steckte der K. gegen den Willen des E. entsprechend dem gemeinsamen Tatplan mit dem Angeklagten eine neuwertige Lautsprecherbox JBL eines Freundes des E. im Wert von 300,00 €, einen Lautsprecher Twiek im Wert von 20,00 € und zwei gebrauchte HDMI-Kabel in eine vorsorglich mitgebrachte Tasche ein, um sie für sich zu behalten bzw. weiter zu veräußern. Der Angeklagte packte unterdessen eine Spielekonsole Playstation 3 im Wert von 100,00 € in dieselbe Tasche ein, um sie für sich zu behalten. Darüber hinaus steckte der K. einen auf dem Fensterbrett vorgefundenen 5-Euro-Schein ein, um ihn für sich zu verwenden. Der Angeklagte machte bezüglich der Spielekonsole noch die nicht ernst gemeinte Aussage, dass er sich die PS3 nur für einen Tag ausleihen und am nächsten Abend zurückgeben werde. Hierzu kam es jedoch – wie von Anfang beabsichtigt – weder am Folgetag noch wenige Tage später, als der Angeklagte sich mit dem E. nochmals wegen einer anderen Angelegenheit verabredete. Keiner der entwendeten Gegenstände gelangte bislang an den E. zurück. Der Geschädigte sah sich unter anderem durch das Vorkommnis am 08.11.2017 in seiner Wohnung veranlasst, binnen einer Woche seinen Wohnsitz in … aufzugeben und zu seiner Mutter nach Stralsund zu ziehen.
7. Diebstahl in der „… am 22.11.2017 (Anklagevorwurf zu Ziffer 2. der Anklage vom 27.04.2018)
Am 22.11.2017 begab sich der Angeklagte in Begleitung mit seinem Freund J. in die Filiale der Einzelhandelskette „… in …. Nach dem gemeinsamen Plan wollten beide – zumindest der Angeklagte wie schon mehrfach zuvor in dieser Filiale – Lebensmittel entwenden, um diese für sich zu verbrauchen, indem sie zunächst Waren aus dem Regal entnehmen, unter ihrer Kleidung oder Taschen verstauten und sich dann einer von beiden an die Kasse begibt, während der andere das Drehkreuz im Eingangsbereich ansteuert. Da dem Angeklagten und seinem Begleiter bekannt war, dass gewöhnlich nur eine Verkäuferin in dem Geschäft tätig war, die durch einen der beiden Mittäter abgelenkt sein würde, sollte der jeweils andere den Markt mit der von ihm entnommenen Ware ohne zu bezahlen verlassen. Die entwendeten Artikel sollten dem Eigenverbrauch des Angeklagten und seines Begleiters dienen. Bereits als der Angeklagte und sein Begleiter den Markt an jenem Tag betraten, erkannte die an diesem Tag als einzige Mitarbeiterin der Filiale anwesende I. den Angeklagten als Täter vorangegangener Diebstähle und beobachtete das Duo. Unbeeindruckt hiervon und auch der Bemerkung der I., dass der Angeklagte hier bereits Hausverbot habe, trennten sich der Angeklagte und sein Begleiter in dem Markt. Während der Angeklagte in der Süßwarenabteilung den Regalen eine größere Menge Schokolade im Gesamtwert von etwa 10,– € entnahm, holte dessen Begleiter mehrere Packungen Grillfleisch im Wert von circa 7,- bis 10,– € aus der Kühltheke. Daraufhin lief der Angeklagte, der die Schokolade offen in seiner Hand trug, in Richtung des Drehkreuzes im Eingangsbereich, während sich sein Begleiter zur Kasse begab. Die Zeugin F., die den Plan durchschaute, eilte dieses Mal nicht zur Kasse, sondern passte den Angeklagten noch vor dessen Verlassen des Geschäfts vor dem Drehkreuz ab und nahm ihm die Waren ab. Dies nutzte sein Begleiter, wie von Anfang mit dem Angeklagten abgestimmt, und verließ die Filiale ungehindert an der unbesetzten Kasse vorbei, ohne das mitgeführte Grillfleisch zu bezahlen. Sodann flüchtete auch der Angeklagte.
8. Unterschlagung einer Musikbox zum Nachteil des J. am Platz vor dem Rathaus … am 24.11.2017 (Anklagevorwurf zu Ziffer 8. der Anklage vom 27.04.2018)
Am 24.11.2017 befanden sich der Angeklagte, der damals 15 Jahre alte J. und die damals 14-jährige D. innerhalb einer Gruppe weiterer Jugendlicher auf dem Platz vor dem Rathaus in …. Der J. führte seine schwarze Musikbox JBL Charge 3, die er erst im Juni 2017 für 150,00 € von seinem Konfirmationsgeld erworben hatte, bei sich. Auf Bitten der D. lieh er ihr die Box an diesem Abend der Absprache nach für einen Tag aus. Als der S. die Örtlichkeiten in Richtung nach Hause verlassen hatte, wollte sich auch der Angeklagte auf den Heimweg machen. Er fragte sodann die D., ob er die Box für seinen Heimweg haben könne, was diese bejahte. Der Angeklagte hatte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht vor, die Box, von der er wusste, dass sie dem S. gehörte, an diesen oder die W. zurück zu geben, was auch der D. bewusst war. Sodann übergab D. dem Angeklagten die Box, mit welcher der Angeklagte die Gruppe anschließend verließ. Dem J. erklärte D. am nächsten Tag auf dem Weg zur Schule wider besseres Wissen, dass die Box am Abend „auf einmal weg gewesen sei“. Über Dritte erfuhr der S. jedoch einige Tage später gerüchteweise, dass der Angeklagte die Musikbox an dem Abend an sich genommen haben soll. Er sprach den Angeklagten hierauf an, der ihm wahrheitswidrig entgegnete, dass er – der Angeklagte – die Box nicht habe und auch nicht wisse, wo sie sei. Am 07.12.2017 erstattete J. schließlich Strafanzeige.
9. Unterschlagung einer Musikbox zum Nachteil des L. vor dem Busbahnhof … am 26.11.2017 (Anklagevorwurf zu Ziffer 7. der Anklage vom 27.04.2018)
Am 26.11.2017 befanden sich der Angeklagte, D. und der damals 15 Jahre alte L. innerhalb einer Gruppe weiterer Jugendlicher an dem Busbahnhof in Wittenberge. Der L. führte zu Unterhaltungszwecken seine blaue Musikbox JBL Extreme, die er maximal zwei Wochen zuvor zu einem Angebotspreis von 200,00 € von seinem Jugendweihegeld erworben hatte, bei sich. Als der L. ein paar Freunde nach Hause bringen wollte, bat ihn D., die Box noch kurze Zeit vor Ort zu lassen. Beide kamen daher dahingehend überein, dass der S. zunächst seine Freunde nach Hause bringt, die Box solange bei der W. verbleiben könne und er erst auf dem Rückweg die Box wieder an sich nehme. Als L. den Busbahnhof verließ, trat der Angeklagte, der wusste, dass die Box dem S. gehörte, an die D. heran und bat sie darum, ihm die Box zu übergeben. Wie die D. wusste, hatte der Angeklagte auch in diesem Fall nicht vor, die Box wieder zurück an sie oder den S. gelangen zu lassen, sondern wollte diese für sich selbst verwenden und dann zu Geld machen. Nachdem ihm die D. die Box überlassen hatte, verließ der Angeklagte zusammen mit seiner damaligen Freundin L. und der Box den Busbahnhof. Als der L. kurze Zeit später zurückkehrte, erklärte ihm die D. unter Tränen und im Zusammenwirken mit den übrigen Jugendlichen vor Ort wahrheitswidrig, dass ein vermummter Unbekannter sie unter Vorhalten eines Messers gezwungen habe, die Box herauszugeben. Hierdurch wollten die W. und die übrigen vor Ort anwesenden Jugendlichen den Angeklagten schützen. Der S. alarmierte daraufhin sofort die Polizei. Auch gegenüber den Polizeibeamten wiederholten die Jugendlichen, D. war bereits vor Eintreffen der Polizei nach Hause gegangen, ihre Aussage. Der Angeklagte veräußerte die Musikbox indes in der Folgezeit, um den Erlös für sich zu verwenden, nachdem er zunächst versucht hatte, sie an den J. zu verschenken.
Erst als die D. und die ebenfalls damals anwesende, jetzt 13 Jahre alte A. als Zeuginnen zur hiesigen Hauptverhandlung geladen worden waren, kamen den beiden Mädchen Bedenken, sodass sie dem L. einige Wochen vor der Hauptverhandlung die Wahrheit erzählten. Gleichwohl stellten die W. und die G. erst im Rahmen ihrer gerichtlichen Zeugenvernehmung ihre früheren Aussagen klar.
Sichere Feststellungen, dass sich derzeit noch Taterträge im Vermögen des Angeklagten aus den zuvor festgestellten verfahrensgegenständlichen Straftaten befinden, konnte die Kammer nicht treffen.
10. Körperliche Auseinandersetzung zum Nachteil von zwei syrischen Jugendlichen am Paul-Lincke-Platz in … am 25.12.2017 (Anklage der Staatsanwaltschaft Neuruppin vom 07.06.2018)
Tatvorgeschehen
Am späten Nachmittag des 25.12.2017 saßen die wegen dieses inkriminierten Geschehens gesondert Verfolgten M. und P., letzter trug eine Bandage im Bereich der Hand bis zum Unterarm, deren genaue Ausgestaltung, insbesondere hinsichtlich des verwendetes Materials, offen geblieben ist, auf einer Bank in der Nähe des Kulturhauses in … und tranken Bier. Als der zu diesem Zeitpunkt noch 16-jährige syrische Staatsangehörige A. an den beiden Männern vorbeilief, beleidigten ihn diese fremdenfeindlich. Hieraus entwickelte sich zunächst eine verbale Auseinandersetzung, die dann in eine kurze körperliche Rangelei mündete, im Rahmen derer der B. dem S. mit der bandagierten Hand auf den Hinterkopf schlug. Der S. konnte sich letztlich aus dieser Situation befreien und sodann der Besatzung eines zufällig vorbei fahrenden Funkstreifenwagens der Polizei den Vorfall schildern. Währenddessen flüchteten der H. und der B. in die Wohnung des J. in der fußläufig drei bis fünf Minuten entfernten Turmstraße. Die Polizeibeamten führten auf Grundlage der Personenbeschreibung des S. eine sofortige Nahbereichsfahndung durch und forderten ihn auf, in der Nähe zu bleiben. In dieser Zeit traf er auf seinen Landsmann, den 17-jährigen S., der – ebenfalls zufällig – mit seinem Fahrrad vorbeifuhr. Nachdem er dem M. von dem Vorfall mit dem B. und dem H. erzählt hatte, entfernte sich der M. zunächst weiter.
Tatgeschehen
H. und B. trafen unterdessen in der Wohnung des J. auf den Angeklagten, J., P. und L.. Sie berichteten ihnen, dass sie vor dem Kulturhaus von einem Syrer „angepöbelt“ worden seien. Daraufhin beschloss die Gruppe, den Syrer gemeinsam für den Vorfall abzustrafen. In Erwartung einer körperlichen Auseinandersetzung, bei der die im bewussten und gewollten Zusammenwirken agierende Gruppe auch Verletzungen des syrischen Staatsangehörigen einkalkulierte, stattete sich der Angeklagte mit einem Baseballschläger und der R. mit Quarzsandhandschuhen aus. Als die Gruppe um den Angeklagten auf den S. traf, der nach wie vor auf dem Paul-Lincke-Platz in der Nähe des Kulturhauses auf die Polizeibeamten wartete, kam es sodann zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten, H. und B. mit dem S., während dessen K., W. und R. abseits standen. Im Rahmen der Auseinandersetzung offenbarte der Angeklagte gegenüber dem S. bedrohlich den Baseballschläger. Der B. versetzte ihm mit seiner Hand, an dem sich bis zum Unterarm die Bandage befand, mindestens zwei Schläge gegen den Kopf. Dagegen wehrte sich der S., indem er seinen Gürtel aus der Hose zog und peitschenhiebartig in Richtung der Angreifer schlug. Hierbei trat er den Angeklagten mit dem Gürtel am Zeigefinger der rechten Hand, wodurch er am Finger eine kleine, leicht blutende Platzwunde erlitt. Letztlich gelang es den drei Angreifern, den S. zu Boden zu bringen und ihm den Ledergürtel abzunehmen. Sodann eilte der sich nun auf dem Rückweg befindende M., der das Geschehen bereits während seiner Annäherung mit dem Fahrrad beobachtet hatte, dem am Boden liegenden S. zu Hilfe. Der H. und der Angeklagte wandten sich daraufhin von dem S. ab und in tatsituativem Einverständnis dem M. zu. Der Angeklagte schwang nun den Baseballschläger in Richtung M. und traf ihn dabei einmal leicht und ohne Verletzungsfolgen an der rechten Schulter, wobei nicht festgestellt werden konnte, ob er sich bei der Art der Benutzung darüber bewusst war, hierdurch auch erhebliche Verletzungen verursachen zu können. Der M. wehrte sich seinerseits, indem er mit einer metallischen, stoffummantelten Gliederkette, die er als Schloss an seinem Fahrrad mit sich führte, nach den Angreifern schlug, ohne diese allerdings zu treffen. Auch diese Kette bekamen entweder der H. oder der Angeklagte zu fassen und nahmen sie dem M. ab. Im Verlaufe dieses Geschehens warf H. spontan eine Bierflasche aus Glas in Richtung M., ohne diesen zu treffen, die daraufhin am Boden zerschellte, wobei sichere Feststellungen zur Art und Weise des Wurfes, insbesondere zu Entfernung und Zielgerichtetheit, nicht getroffen werden konnten. Sodann griff auch der B., der bis dahin noch mit dem S. befasst war, im Einvernehmen mit dem Angeklagten und H. den M. an, indem er ihm mit seiner bandagierten Hand einmal ins Gesicht schlug, dass dessen Nase anfing zu bluten. Währenddessen gelang dem S. die Flucht. Aus einiger Entfernung machte er sodann mit seinem Mobiltelefon Videoaufnahmen von dem Geschehen, das sich letztlich dadurch auflöste, als die Gruppe um den Angeklagten flüchtete, weil sie in der Ferne „Blaulicht“ wahrnahm. Bei dieser Gelegenheit nahm der P. eigeninitiativ und ohne Absprache mit dem Angeklagten das Fahrrad des M. an sich und fuhr davon.
Kurze Zeit später stellte die Polizei den Angeklagten, auf den die Beschreibung der Geschädigten weitgehend zutraf, in der Turmstraße direkt vor dem Wohnhaus des J.. An der Hauswand lehnten der Baseballschläger und das Fahrrad des M.. Ferner hatte der Angeklagte den Ledergürtel des S. und das Fahrradschloss des M. bei sich. In der Wohnung des R. trafen die Polizeibeamten darüber hinaus den H. an. Wenig später trafen auch die beiden Geschädigten M. und S., welche die Täter in Richtung Elbe hatten flüchten sehen, in der Turmstraße ein und konnten den Angeklagten als einen der Angreifer identifizieren. Die Polizeibeamten gaben dem M. noch vor Ort das entwendete Fahrrad zurück. Die übrigen Gegenstände wurden durch die Polizei sichergestellt.
III.
Beweiswürdigung
1. Zu den Feststellungen zur Person
Da der Angeklagte in der Hauptverhandlung die Darstellung seiner Person durch die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, Frau P., präferiert hat, beruhen die Feststellungen zur Person überwiegend auf ihren Ausführungen in der Hauptverhandlung, welche sich maßgeblich auf ihren Bericht vom 02.02.2018 stützten und die der Angeklagte als zutreffend bestätigt und noch geringfügig ergänzt hat. Die Kammer hatte keinen Anlass an den Angaben zu zweifeln, weil die den Feststellungen zugrunde liegenden persönlichen Lebensverhältnisse des Angeklagten in Teilen im Laufe der übrigen Beweisaufnahme verifiziert wurden, etwa soweit es seinen Rauschmittelkonsum betrifft. Insbesondere hat die Kammer aus dem verlesenen Bericht des Leiters der Justizvollzugsanstalt Wriezen vom 10.09.2018 über den bisherigen Verlauf der Untersuchungshaft die Erkenntnis gewonnen, dass der Angeklagte trotz mehrjährigem missbräuchlichen Umgang und steigernder Konsummenge ab Frühjahr 2017 bis zum Beginn seiner Untersuchungshaft noch kein Abhängigkeitssyndrom von Rauschmitteln entwickelt hatte. Ausweislich des vorerwähnten Berichts, dem der Angeklagte nicht entgegengetreten ist, wurden bei ihm vom medizinischen Dienst der Anstalt keine Entzugserscheinungen trotz seiner dortigen regelmäßigen Vorstellung dokumentiert, weswegen auch keine medikamentöse Einstellung erfolgte. Für diese Einschätzung spricht auch der vergleichsweise kurze Zeitraum des gesteigerten Rauschmittelkonsums von deutlich unter einem Jahr. Dass der Angeklagte bislang einmal außerhalb des hiesigen Verfahrens strafrechtlich sanktioniert wurde, hat sie dem diesbezüglich verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 25.09.2018 sowie dem hierzu verlesenen Strafbefehl des Amtsgerichts Perleberg vom 05.12.2017 entnommen. In der Hauptverhandlung wurden darüber hinaus mit dem Angeklagten der festgestellte aktuelle Sachstand hinsichtlich der Vollstreckung aus dem Strafbefehl vom 05.12.2017 – wie er sich auch aus dem Bericht der Vollzugsanstalt Wriezen vom 10.09.2018 ergeben hat – erörtert.
2. Zu den Feststellungen zur Sache
Die Feststellungen zur Sache ergeben sich zum einen aus der teilweise geständigen Einlassung des Angeklagten und zum anderen aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Beweismitteln und ihrer Würdigung.
2.1. Zum Tatgeschehen in der „…“-Filiale am 23.10.2017
2.1.1. Einlassung des Angeklagten
Der Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass er die Tat zwar zugebe, sich aber an diesen Vorfall nicht erinnern könne. Auch wenn er es ernsthaft versuche, „komme gar nichts wieder“, weil er an jenem Tag so große Mengen unterschiedlicher Drogen – Speed, Crystal Meth, MDMA, Kokain, LSD und weitere – zu sich genommen habe, dass er einen kompletten „Filmriss“ habe.
2.1.2. Überzeugungsbildung der Kammer
Die Kammer ist nach der Beweisaufnahme von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt und sieht die Einlassung des Angeklagten, wonach er hierbei unter dem Einfluss so großer Mengen Betäubungsmittel gestanden habe, dass er sich daran nicht erinnern könne, insbesondere aufgrund der Aussagen der Zeugen C. und M., als widerlegt an.
Die Zeugin H. hat bekundet, dass sie damals in der …-Filiale in … als Ladendetektivin tätig gewesen sei und am Tattag mithilfe der Überwachungskameras zunächst beobachtet habe, wie ein verhältnismäßig großer, dunkel gekleideter junger Mann mit auffälliger Wollmütze auf dem Kopf – schwarze Mütze mit weißem Totenkopf auf der Hinterseite – mehrere Waren, auch Spielwaren, aus den Regalen genommen und in der Getränkeabteilung im Wert zwischen 35,– bis 40,– € in seinen Rucksack verstaut habe. Sie – so die Zeugin weiter – habe daraufhin vorsorglich einen Mitarbeiter des Marktes, den Zeugen T., hinzugezogen und den Täter, der – wie sie gesehen habe – inzwischen keine Mütze mehr, sondern nur noch eine Kapuze aufgehabt habe, nach Passieren der Kasse im Bereich des dort befindlichen Infoschalters zur Rede gestellt. Hierzu habe sie ihn am Rucksack festgehalten, woraufhin der Täter sofort sehr laut und außergewöhnlich aggressiv gefordert habe, ihn loszulassen. Als er dann den Rucksack langsam von seiner Schulter abgestreift habe, habe er eine Gliederkette von seinem Hals gezogen und zum Schlag ausgeholt, ohne jedoch zuzuschlagen. Daraufhin habe sie ihn aufgrund der von ihr als bedrohlich empfundenen Situation losgelassen, sodass er ohne den Rucksack habe verschwinden können. Den Zeugen T. habe sie noch von einer Verfolgung abgehalten, weil sie die Gefahr zu hoch eingeschätzt habe. In ihrem Büro habe sie dann den zurückgelassenen Rucksack geleert und neben den entwendeten Waren auch ein kleineres, massives Beil sowie die Wollmütze mit Totenkopfsymbol gefunden. Gegenüber der herbeigerufenen Polizei habe sie eine Personenbeschreibung des Täters, den sie zuvor noch nie gesehen habe, gemacht und die vom Täter zurückgelassenen Sachen übergeben. Ihr sei noch in Erinnerung geblieben, dass der Täter jedenfalls im rechten Ohr auffälligen Schmuck, einen sogenannten „Tunnel“ getragen habe. Bei ihrer Vernehmung auf dem Polizeirevier wenige Tage später habe ein Kollege des eigentlichen Vernehmungsbeamten im selben Raum gearbeitet, an dem die Vernehmung habe erfolgen sollen. In der von diesem Beamten an dessen Arbeitsplatz gerade bearbeiteten und aufgeschlagenen Akte habe sie ein Foto gesehen, auf dem sie den Täter sofort wiedererkannt habe und dies dem Beamten sogleich mitgeteilt.
Die Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin bewusst oder unbewusst eine Falschaussage tätigt, hat die Hauptverhandlung nicht erbracht. Darüber hinaus fügen sich die Angaben der Zeugin in die ebenfalls als glaubhaft bewertete Schilderung des Zeugen T., der bekundet hat, damals wegen einer verdächtigen Person zum Informationsstand gerufen worden zu sein. Die von der Zeugin H. beschriebene Festhaltesituation und die anschließende Flucht des Täters hat er im Kern mit eigenen Formulierungen bestätigt. Er hat darüber hinaus ergänzende Detailangaben gemacht, etwa dass die Zeugin H. dem Täter zunächst ihren Ausweis vorgezeigt habe. Die Schilderung der Zeugin H. wird ebenfalls gestützt durch die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Videoaufnahmen der Überwachungskameras (Bl. 31 FA 4), die eine dunkel gekleidete Person mit Rucksack, Kapuzenpullover und schwarzer Wollmütze mit weißem Zeichen auf dem Hinterkopf zeigen, die sich mit mehreren Waren in der Hand der Getränkeabteilung nähert und dort die Waren in einen Rucksack packt. Die Kammer hatte daher keinen Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Aussagen der Zeugen H. und T..
Dem in der Hauptverhandlung verlesenen polizeilichen Sicherstellungsprotokoll vom 23.10.2017 hat die Kammer die Kenntnis entnommen, dass am 23.10.2017 um 19.10 Uhr im „Büro Ladendetektiv“ des Supermarktes Kaufland ein schwarzer Rucksack, eine schwarze Mütze mit „Totenkopf-Muster“ und ein „Angelbeil“ sichergestellt wurden. Die von der Polizei hierzu gefertigten Abbildungen dieser drei Gegenstände sind in der Hauptverhandlung jeweils mit den Zeugen H. und T. in Augenschein genommen worden. Beide Zeugen haben das Beil mit schwarzem Griff und metallischer, gelber Wange sicher als jenes identifizieren können, das sich in dem von dem Täter zurückgelassenen Rucksack befunden habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Abbildungen, Blatt 9, 10 der FA 4, gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bezug genommen, die Rucksack, Mütze und Beil, angelegt an ein Lineal auf weißem Untergrund, in Übersicht und das Beil als Detailaufnahme zeigen. Die beiden Zeugen haben zudem bezüglich der Gliederkette, die unter der Nummer 345/18 asserviert wurde, und ebenfalls in der Hauptverhandlung jeweils mit ihnen in Augenschein genommen wurde, bestätigen können, dass es sich hinsichtlich der bei dem in Rede stehenden Vorfall verwendeten Kette um eine in Aussehen und Länge etwa baugleiche Gliederkette gehandelt habe. Auch die schwarze Wollmütze mit Totenkopf hat die Zeugin H. nach Augenscheinseinnahme von Abbildungen hiervon (Bl. 10, 34 der FA 4) als diejenige identifiziert, die der Täter zunächst getragen und dann zurückgelassen habe. Die unter der Asservatennummer 345/18 in Verwahrung genommene Gliederkette war ausweislich des hierzu im Selbstleseverfahren eingeführten Sicherstellungsprotokolls vom 11.01.2018 im Zuge der Festnahme des Angeklagten nach Durchsuchung seiner Person aufgefunden worden.
Im Rahmen der Hauptverhandlung wurde sodann von den Prozessbeteiligten der Verbleib des Rucksacks und des Beils erörtert. Hierzu hat der Angeklagte spontan und ohne Rücksprache mit seinem Verteidiger geäußert, dass es sich um seine Sachen handeln würde. Im Weiteren wurde von der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft am 04.09.2018 ein Plastikbeutel mit einem Rucksack und darin befindlichem Beil zur Akte gereicht, den diese nach eigenen Angaben von dem Betreuer des Angeklagten übergeben bekommen habe. Der entsprechende Aktenvermerk wurde am vierten Verhandlungstag verlesen und der Inhalt der übergebenen Plastiktüte (Rucksack und Beil) allseits in Augenschein genommen. Bei dem überreichten Rucksack und dem darin befindlichen Beil, wie in den Feststellungen beschrieben, handelt es sich augenscheinlich um die auf den Abbildungen, Bl. 9 und 10 FA 4, ersichtlichen Gegenstände.
Die Feststellung zur Tätereigenschaft des Angeklagten stützt die Kammer maßgeblich auf das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung der am Tatort sichergestellten Mütze mit dem Totenkopfsymbol durch das Landeskriminalamt. Ausweislich des im Selbstleseverfahren eingeführten Berichts des Landeskriminalamtes Brandenburg über biologische Untersuchungen vom 07.09.2018 sowie dem hierzu verlesenen Meldebogen der DNA-Analyse-Datei des Bundeskriminalamtes Wiesbaden für das dort für den Angeklagten hinterlegte DNA-Profil hat die Kammer die Erkenntnis gewonnen, dass sich im Ergebnis der DNA-Vergleichsanalyse nach Untersuchung von jeweils 16 PCR-Systemen in den beiden von der Wollmütze entnommenen Spuren (Spur 2.1 und 2.2) die DNA-Merkmale bzw. intensivsten DNA-Merkmale befanden, hinsichtlich derer der Angeklagte als Verursacher in Betracht komme. Gemäß dem kriminaltechnischen Gutachten komme nach einer biostatischen Berechnung die aufgefundene Merkmalskombination seltener als einmal unter 41 Quadrillionen nicht verwandter Personen in der europäischen Bevölkerung vor. Mithin bestünde die mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass die isolierten zellulären Anhaftungen an der Mütze von der aus dem Meldebogen ersichtlichen Person JV1998 stammen, bei welcher es sich ausweislich des verlesenen Meldebogens um den Angeklagten handelt.
Im Ergebnis der diesen Fall betreffenden Beweiserhebungen hat die Kammer mit Blick auf das klare biologische Untersuchungsergebnis, betreffend die Zuordnung der vom Täter am Tatort zurückgelassenen Mütze zu seiner Person, angesichts der auf ihn zutreffenden Personenbeschreibung der Zeugen H. und T. – insbesondere weißt der Angeklagte beidseitig den von der Zeugin H. beschriebenen markanten Ohrschmuck auf – , sowie wegen des bemerkenswerten Umstandes, dass das in Augenschein genommene Beil mittels Permanentmarker mit dem Vornamen des Angeklagten auf dem Stiel beschriftet ist und schließlich wegen seiner Spontanäußerung in der Hauptverhandlung, dass es sich um seine Sachen handeln würde, die sichere Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gewonnen.
Die Feststellungen zum Vorsatz und der Absicht des Angeklagten, die Waren entweder für sich selbst zu verbrauchen oder weiter zu veräußern, hat die Kammer aus den festgestellten äußeren Tatumständen geschlussfolgert.
Die Erkenntnis, dass der Angeklagte bei der Tat jedenfalls nicht erheblich in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit eingeschränkt war, stützt die Kammer auf die Aussagen der Zeugen H. und T. sowie auf das in Augenschein genommenen Überwachungsvideo. Bei dem auf dem Video erkennbaren Täter treten bis auf eine „schlacksige“ Gangart keine motorischen Auffälligkeiten zu Tage. Die Zeugen haben bekundet, dass der Täter ihnen gegenüber zwar sehr aggressiv aufgetreten sei, ihnen aber keine Ausfallerscheinungen oder verlangsamten Reaktionen aufgefallen seien. Im Ergebnis war zwar die Einlassung des Angeklagten bezüglich des vorangegangenen Betäubungsmittelkonsums nicht gänzlich zu widerlegen und zu seinen Gunsten eine hierdurch erzeugte Enthemmung zugrunde zu legen. Gegen eine akute Intoxikation einer schuldrelevanten Menge eines Betäubungsmittelgemisches zur Tatzeit sprechen aber die augenscheinliche koordinierte Motorik und die Fähigkeit zu einem schnellen situationsangepassten Verhalten. Darüber hinaus sind dem Angeklagten Diebstahlshandlungen nicht wesensfremd. Und schließlich hat der Zeuge KHK B. bekundet, dass er den Angeklagten im Ermittlungsverfahren zu verschiedenen Diebstahlsvorwürfen vernommen habe und jener sich damals im Groben noch an den Vorfall im Kaufland habe erinnern können und sich hierzu geäußert habe. Die Kammer sieht die Einlassung des Angeklagten daher als widerlegt an, soweit er nunmehr behauptet hat, sich betäubungsmittelbedingt an den Vorfall überhaupt nicht mehr erinnern zu können.
2.2. Zum Tatgeschehen in der „…“-Filiale am 28.10.2017
2.2.1. Einlassung des Angeklagten
Hierzu hat der Angeklagte sich dahin eingelassen, dass er die Sache zugebe. Er habe zusammen mit dem H. den Diebstahl begehen wollen. Er sei zu faul gewesen, zu seinem Betreuer zu fahren und Geld zu holen. Der H. habe den Rucksack des Angeklagten mit Hundefutter vollgepackt. Er selbst habe zudem für seine damalige Freundin „Energy“-Getränke und weitere Lebensmittel entwenden wollen. Dann seien er und der H. angesprochen und in ein Büro geführt worden, wobei H. „stiften“ gegangen sei. In dem Büroraum sei er dann mit einem Mann und einer Frau allein gewesen, wobei der Mann im Eingang stehend eine Eisenstange in der Hand gehalten habe. Hierdurch habe er sich bedroht gefühlt. Daher habe er seine um den Hals hängende Gliederkette abgenommen und langsam um seine Hand gewickelt, während er den Mann bedroht habe.
Zu dem in diesem Zusammenhang in Augenschein genommenen Asservat mit der Nummer 345/18 (Gliederkette) hat der Angeklagte ausgeführt, dass es sich um eine baugleiche Kette gehandelt habe. Hiervon habe er damals zehn Stück gehabt. Die Kette habe er als Fahrradschloss verwendet. Die damals mitgeführte Kette habe er aber anschließend in der Elbe versenkt. Die Sachen aus der Anklage (u.a. „Ich habe schon einmal einen abgestochen“ und „Ich könnte auch euch umbringen!“) habe er schon ausgesprochen, gemeint habe er aber nur den Mann, weil er keine Frauen bedrohe, allerdings habe er es nicht ernst gemeint. An diesem Tag habe er zwar nicht unter dem Einfluss von Drogen, aber von starken Schmerzmitteln gestanden. Wegen seiner Knieschmerzen habe er drei Mal täglich vier Tabletten Ibuprofen 500 genommen. Den Mann habe er dann mit seiner Hand, die noch immer mit der Kette umwickelt gewesen sei, schlagen wollen wegen dessen Eisenstange, als dieser plötzlich die Tür geöffnet habe. Als dieser zur Seite getreten sei, habe die Frau noch zu dem Mann gesagt, dass er ihn gehen lassen solle, da die Polizei schon Bescheid wisse. Er – der Angeklagte – habe sich daraufhin seinen Rucksack genommen und sei durch die Tür verschwunden. Später sei er nicht weit entfernt von Polizeibeamten aufgegriffen worden, die vor Ort auch einen negativ verlaufenen Drogentest veranlasst hätten.
2.2.2. Überzeugungsbildung der Kammer
Die geständige Einlassung des Angeklagten zum Diebstahl ist durch die hiermit korrespondierenden Aussagen der Zeugen N. und K. bestätigt worden, sodass die Kammer keine Veranlassung hatte, hieran zu zweifeln. Der gesondert Verfolgte und hiesige Zeuge H. hat insoweit von seinem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StGB Gebrauch gemacht, was ebenfalls für die Version des Angeklagten eines gemeinschaftlichen Diebstahls mit H. spricht.
Die Feststellungen zum Geschehnis in dem Marktleiterbüro beruhen auf der Einlassung des Angeklagten und den Aussagen der Zeugen N. und K.. Soweit der Angeklagte das Geschehen als für ihn bedrohlich und mit Blick auf eigenes Verhalten bagatellisierend dargestellt hat, ist die Kammer den hierzu übereinstimmenden und nachvollziehbaren Darstellungen der Zeugin N. und K. gefolgt und hat diese ihren Feststellungen zugrunde gelegt. Die Hauptverhandlung hat keinerlei Anhalt dafür erbracht, dass die Zeugen den Angeklagten im kollusiven Zusammenwirken zu Unrecht belastet oder zumindest den Ablauf im Büro dramatisierend dargestellt haben. Schließlich hatte der Angeklagte bereits wenige Tage zuvor nach seiner Ergreifung mit derselben oder zumindest baugleichen Kette den Zeugen H. und T. im Einkaufsmarkt „…“ in ähnlicher Weise gedroht.
Die Feststellungen zu dem weiteren Geschehen, nachdem der Angeklagte den Markt verlassen hatte, beruhen auf den glaubhaften Angaben des Zeugen PM z.A. R., welche die Einlassung des Angeklagten hierzu bestätigen. Der Zeuge R. hat mit beachtlichem Erinnerungsvermögen bekundet, dass er mit seinen beiden Kollegen B. und L. aus Perleberg am Tattag den Auftrag erhalten habe, sich wegen eines Diebstahls und anschließender Bedrohung, bei der der Täter auch mit einer Gliederkette und einem Tötungsverbrechen gedroht haben soll, nach Wittenberge zu begeben. Auf Grundlage einer Personenbeschreibung hätten er und seine Kollegen wenig später und nur einige hundert Meter von der Filiale entfernt eine Person angetroffen, auf welche die Beschreibung zugetroffen habe. Die Person habe keine Ausweisdokumente bei sich geführt, so dass sie erst die Wohnanschrift dessen Freundin hätten anfahren müssen, die dessen Ausweis übergeben habe.
Die Feststellungen zur Beschaffenheit der Kette stützt die Kammer, wie auch zum Tatgeschehen im „…“ am 23.10.2018 (Fall 1), bei welchen dieselbe oder eine baugleiche Kette verwendet wurde, auf eine Inaugenscheinnahme der unter der Asservatennummer 345/18 verwahrten Gliederkette. Insoweit wird auf die Beschreibung unter Ziffer 2.1.2. verwiesen. Sowohl der Angeklagte als auch der Zeuge K. haben nach Inaugenscheinnahme bestätigt, dass bei dem hier in Rede stehenden Vorfall eine in Aussehen und Länge etwa baugleiche Gliederkette verwendet worden sei.
Die vom Angeklagten offenbarte Verwendungsabsicht der Gliederkette als Fahrradschloss sieht die Kammer als widerlegt an. Hiergegen spricht bereits ihr Gebrauch als Drohmittel gegenüber den Zeugen H. und T. nach seinem Festhalten hinter dem Kassenbereich im „Kaufland“ am 23.10.2017, mithin wenige Tage zuvor. Darüber hinaus hat die Kammer aus der Aussage des Zeugen K. erfahren, dass die beiden von ihm später beim Diebstahl beobachteten Personen bereits vor Betreten des Einkaufsmarktes ihre Fahrräder jeweils unangeschlossen und mit dem Hinterrad im Fahrradständer, mithin nach seiner Einschätzung „fluchtbereit“, abgestellt hätten, was seine Aufmerksamkeit hervorgerufen und ihn veranlasst habe, deren Verhalten im Markt genau zu verfolgen. Eine aktuelle Verwendung als Fahrradschloss schied danach aus. Darüber hinaus hat weder der Zeuge K. noch die Zeugin N. davon berichtet, dass die Kette mit irgendeinem Schließmechanismus versehen gewesen sei, sondern es sich vielmehr um einen einzelnen Kettenstrang gehandelt habe.
Die Feststellungen zur inneren Tatseite hat die Kammer der insoweit glaubhaften Einlassung des Angeklagten entnommen, dass er für einen ordnungsgemäßen Einkauf schlicht zu „faul“ gewesen sei, sich die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel von seinem Betreuer abzuholen.
Die Erkenntnis, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt nicht erheblich in seiner Einsichts- oder/und Steuerungsfähigkeit eingeschränkt war, stützt die Kammer auf eine Gesamtschau der Aussagen der Zeugen N., K. und R.. Keiner dieser Zeugen hat von erkennbaren Einschränkungen, verlangsamten Reaktionen oder ähnlichen Ausfallerscheinungen berichtet, sondern diese haben im Gegenteil geschildert, dass der Angeklagte durchaus koordiniert und situationsangepasst reagiert habe. Für seine geistesgegenwärtige Verfassung spricht im Übrigen schon seine eigene Einlassung, soweit er die Gliederkette nach dem Vorfall und vor dem Eintreffen der Polizei, deren Rufen er mitbekommen hatte, in der Elbe versenkt hatte. Tatsächlich ist bei dem Angeklagten ausweislich der Aussage des Zeugen R. bei seiner Ergreifung keine derartige Gliederkette festgestellt worden. Soweit der Angeklagte nunmehr in der Hauptverhandlung behauptet hat, am Tattag unter dem erheblichen Einfluss von Schmerzmitteln gestanden zu haben, sieht die Kammer seine Einlassung als widerlegt an. Aus der glaubhaften Schilderung des Zeugen R. zieht die Kammer den Schluss, dass der Angeklagte bis zur Abgabe seiner gerichtlichen Einlassung davon ausging, dass ihm bezüglich dieses Tatgeschehens nachgewiesen werden könne, dass er nicht unter dem aktuellen Einfluss von Betäubungsmitteln stand und er deshalb nunmehr den Konsum erheblicher Mengen Schmerzmittel behauptet hat. Hierzu hat der Zeuge R. ausgeführt, dass ihm der Name des Angeklagten bereits aus anderen Betäubungsmittelverfahren bekannt und der Angeklagte zudem sichtlich nervös gewesen sei, weswegen er einen freiwilligen Drogentest veranlasst habe, der zunächst negativ ausgefallen sei. Hierzu habe der Angeklagte damals geäußert, dass er auch schon lange keine Drogen mehr genommen habe und gern wüsste, ob das Zeug noch nachweisbar wäre. Hingegen habe der Angeklagte ihm gegenüber die Einnahme von Schmerzmitteln nicht erwähnt. Erst nachdem der Angeklagte schließlich entlassen worden sei, habe der Schnelltest auf der Wache doch noch ein positives Ergebnis in Bezug auf Kokain/Amphetamin/Metamphetamin gezeigt.
Im Ergebnis hat die Kammer trotz des positiven Ergebnisses des Drogenschnelltests mit Blick auf das festgestellte kognitive und motorische Leistungsvermögen des Angeklagten zur Tatzeit eine erhebliche Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten ausgeschlossen.
Die Erkenntnisse zum Umfang und Wert der entwendeten und letztlich im Markt zurückgelassenen Waren stützt die Kammer ebenfalls auf die glaubhaften Ausführungen der Zeugen N. und K., die sich auf Vorhalt noch an Hundefutter und Pistazien (Zeugin N.), sowie an eine größere Menge Schokolade und Energy-Drinks (Zeuge K.) in einem Gesamtwert von geschätzt 30,00 € haben erinnern können. Dies hat zudem der insoweit groben Erinnerung des Zeugen R. entsprochen.
2.3. Zu den Tatgeschehnissen in den frühen Morgenstunden des 29.10.2017 zunächst am Busbahnhof und sodann im …gebäude der … in …
2.3.1. Einlassung des Angeklagten
Der Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass er am Abend des 28.10.2017 in der Wohnung des H. eine Flasche Wodka getrunken habe und dann eingeschlafen sei. Gegen 23.20 Uhr habe ihn die K. aufgefordert, mit zum Busbahnhof zu kommen. Dort seien sie auf die D. und den P. getroffen. Der Angeklagte habe vor Ort drei bis vier „Kurze“ getrunken und sich mit der W. einen „Dübel“ geteilt. Irgendwann habe er einen Mülleimer, der lose und unbefestigt herumgestanden habe, genommen und gegen das Toilettenhäuschen geschleudert. In der Tür sei daraufhin, etwa mittig, eine große Delle zu sehen gewesen. Er habe den Mülleimer jedoch nur ein einziges Mal geworfen, sodass auch nur die große Delle „auf sein Konto“ gehe. Die übrigen Eindellungen in der Toilettentür seien bereits vorhanden gewesen. Dann sei auch schnell die Polizei gekommen. Offensichtlich habe sich jemand über die Lautstärke beschwert. Die Polizeibeamten hätten den vier Jugendlichen sodann einen Platzverweis erteilt, sodass sie dann zum Bahnhof weitergezogen seien. In der Bahnhofshalle habe er mit der W. dann noch einen kleinen Likör zu sich genommen und habe dann „pullern“ müssen. Als er danach wieder in das Gebäude zurückgekehrt sei, habe er gesehen, dass die Scheiben in den Türen zum Aufgang in das Obergeschoss bereits eingeschlagen gewesen seien. Hierüber wisse er, dass die D., der T., der E. und der P. bereits am Vortag dort randaliert hätten. Da er die K. und die W. schon im Obergeschoss vermutet habe, seien er und der W. hinterher gegangen, um sich das „Spektakel“ anzuschauen. Abweichend hiervon hat er sich im Weiteren eingelassen, dass entweder er oder die W. bei der unbeschädigten der beiden Türen mit einem Sturmhaken die Scheibe eingeschlagen habe. So genau wisse er das nicht mehr, weil er zu „besoffen“ gewesen sei. Wer die Türen im Obergeschoss eingetreten habe, könne er nicht sagen. Er selbst sei wegen seines „kaputten Knies“ hierzu jedenfalls schon körperlich nicht in der Lage gewesen. Später sei auch der Arztraum offen gewesen, dort habe er sich mit hineingesetzt. Es könne auch sein, dass er einen Schrank angefasst habe, obwohl er sich nicht vorstellen könne, dabei Spuren hinterlassen zu haben, da er Handschuhe getragen habe. Ob er weitere Gegenstände angefasst oder den Mädchen beim Packen der Tüten geholfen habe, könne er nicht sagen, da er einen „Filmriss“ habe. Er wisse noch, dass er D. einen Hammer, den diese im Obergeschoss des Gebäudes gefunden habe, abgenommen und er damit im Eingangsbereich die Jalousie und die Scheibe des Fahrkartenschalters eingeschlagen habe. Er habe damit den Alarm auslösen wollen, damit die W., die an diesem Tag „voll auf LSD“ gewesen sei, nicht ewig weiter mache. Ein Kartenlesegerät habe er jedoch nicht herausgerissen; hiervon wisse er gar nichts. Sodann habe ihm die K. unten zwei der Einkaufstüten in die Hand gedrückt; anschließend seien sie beide losgegangen. Hinter dem „Netto“ hätten er und die K. die Tüten dann weggeworfen. (Zum Verbleib von W. und W. machte der Angeklagte keine Angaben.) Am nächsten Tag seien ihm und der K. Bedenken gekommen; schließlich sei es sehr gefährlich, derartiges Material dort so offen herumliegen zu lassen. Daher hätten er und die K. die Tüten wieder abgeholt und dann vorsorglich teils in die Wohnung des J. und teils in die Wohnung des M. gebracht. In der Folgezeit hätten beide vergessen, das Material – wie beabsichtigt – zu entsorgen.
2.3.2. Überzeugungsbildung der Kammer
Soweit der Angeklagte die Beschädigungen des Toilettenhäuschens am Busbahnhof in Wittenberge eingeräumt hat, wurde seine Einlassung durch die Zeugen W. und K. bestätigt – die Zeugin W. hat angegeben, sich nicht zu erinnern -, sodass die Kammer keine Veranlassung hatte, an den Angaben des Angeklagten zu zweifeln. Der Zeuge W. hat darüber hinaus anhand der vom Zeugen PM L. gefertigten und in Augenschein genommenen Fotodokumentation von dem Tatort, Bl. 6 ff. FA 5, auf die Abbildungen wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO wegen der Einzelheiten verwiesen, präzisieren können, dass der Abfalleimer an der von der Straße aus gesehen linken Seite des Toilettenhäuschens, wie auf den Abbildungen zu sehen, befestigt war, von dem Angeklagten aus der Verankerung gerissen wurde und mit den Worten „Guckt mal, wie stark ich bin“ gegen die Metalltür geschleudert wurde. Soweit der Angeklagte auch hier angegeben hat, vor der Tat berauschende Mittel zu sich genommen zu haben, sieht die Kammer die Einlassung des Angeklagten allerdings als widerlegt an. Weder die K., die nach seiner Einlassung schon mit ihm zusammen gewesen sei, bevor sich die Gruppe an dem Busbahnhof getroffen habe, noch der W. haben bestätigen können, dass der Angeklagte zu irgendeinem Zeitpunkt Betäubungsmittel oder Alkohol zu sich genommen oder Ausfallerscheinungen gezeigt habe. Die Aussagen sind glaubhaft. Der W. hat im Rahmen seiner Vernehmung keinerlei Belastungstendenzen gezeigt und ist in der Lage gewesen, bezüglich des von ihm plausibel geschilderten Geschehens ausführliche und detaillierte Antworten zu geben. Die Angaben der K. hält die Kammer schon deshalb für glaubhaft, weil sich die Zeugin ihrem gesamten Aussageverhalten nach ohnehin um eine den Angeklagten möglichst wenig belastende Aussage bemüht hat.
Die Feststellungen zu dem vorangegangenen Polizeieinsatz wegen Ruhestörung und dem erneuten Einsatz wegen der Beschädigung des Toilettenhäuschens beruhen auf den glaubhaften, sich ergänzenden Angaben aller vor Ort befindlichen Zeugen sowie des Zeugen PM L., nach dessen Schilderung er an beiden Einsätzen in jener Nacht teilgenommen hatte.
Die Feststellungen zum Ablauf des Tatgeschehens im Bahnhofsgebäude – soweit sie von der Einlassung des Angeklagten abweichen – stützt die Kammer maßgeblich auf die Untersuchungsergebnisse der von der Kriminaltechnik am Tatort gesicherten Spuren und den Aussagen der Zeugin D., P. und C.. Die bereits nach der Einlassung des Angeklagten als Täterin in Erwägung zu ziehende Zeugin K. hat sich auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht berufen. Demgegenüber hat die ebenfalls schon nach der Einlassung des Angeklagten als Täterin in Betracht kommende Zeugin D. ausgesagt und bekundet, dass sie bereits an dem Vortag in dem Gebäude gewesen sei, dort die Scheibe einer der beiden Türen zum Obergeschoss mit einem vor Ort vorgefundenen Sturmhaken eingeschlagen und sich in das Obergeschoss begeben habe. Daraufhin habe sie die K. und den Angeklagten animiert, am nächsten Tag noch einmal dort einzubrechen, um diesmal bis in den Arztbereich vorzudringen. Am Tattag habe sie dann in Gegenwart des Angeklagten und der K. – an die Gegenwart des W. konnte sie sich nicht mehr erinnern – die Scheibe der bisher unbeschädigten, zweiten Tür zum Aufgang in des Obergeschosses eingeschlagen und die Tür geöffnet. Daraufhin seien sie in das Obergeschoss. Irgendjemand – sie wisse heute nicht mehr wer, jedenfalls nicht sie – habe dann die Türen zu den Arzträumen eingetreten. In insgesamt drei Plastiktüten hätten sie zu dritt das medizinische Zubehör – Kanülen, Verbandsmaterial, Medikamente usw. – eingepackt und sich dann Richtung Ausgang begeben. Sie selbst habe den Schränken noch drei Arztkittel entnommen. In der Bahnhofsvorhalle habe der Angeklagte noch die Jalousie und die Scheibe eines Fahrkartenschalters eingeschlagen und das hinter der Jalousie befindliche PIN-Pad herausgerissen. Vor dem Bahnhof sei sie auf ihren damaligen Freund C. getroffen. Sie sei mit ihrem Freund noch einmal zurück in das Gebäude gegangen, weil ihr aufgefallen sei, dass sie wohl ihr Handy im Obergeschoss vergessen habe, während der Angeklagte und die K. mit den Tüten weitergegangen seien. In dem Gebäude seien dann sie und ihr Freund von der Polizei festgenommen worden. Sie selbst sei bei dem Einbruch wegen des Konsums vom LSD und „Gras“ sehr „high“ gewesen; ob der Angeklagte Alkohol oder Drogen zu sich genommen habe, könne sie nicht sagen.
Die Kammer hält die Zeugin W. für glaubwürdig, auch wenn es sich bei ihr – wie mit sämtlichen Verfahrensbeteiligten vorab erörtert – um eine psychisch äußerst labile Persönlichkeit handelt, die unter anderem wegen einer Borderline-Störung zum Zeitpunkt der gerichtlichen Hauptverhandlung in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses Perleberg stationär untergebracht und nur für die Dauer ihrer Vernehmung hiervon beurlaubt war. Gleichwohl wirkte sie zeitlich und räumlich orientiert und in der Lage, den zahlreichen Fragen zum Tatablauf zu folgen. Der von ihr geschilderte Tatablauf, insbesondere die aktive Mitwirkung des Angeklagten, findet seine Bestätigung in dem Ergebnis der biologischen Untersuchungen der am Tatort gesicherten Spuren. Ausweislich des im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Tatortbefundberichtes vom 29.10.2017 wurden von Kriminalbeamten der Bundespolizei an verschiedenen Stellen des Inventars der Büroräume des Betriebsarztes der Deutschen Bahn im Obergeschoss sowie am beschädigten Fahrkartenschalter in der Vorhalle Abriebe entnommen. Dem im Weiteren im Selbstleseverfahren eingeführten Bericht des Bundeskriminalamtes über biologische Untersuchungen vom 20.04.2018 sowie dem hierzu verlesenen Meldebogen der DNA-Analyse-Datei des Bundeskriminalamtes Wiesbaden hat die Kammer entnommen, dass DNA-Einzelprofile an der unteren Leiste der Jalousie des Fahrkartenschalters und an einem Zigarettenrest vom Teppichboden in dem Büroraum 223/224 im Obergeschoss extrahiert werden konnten, die im Ergebnis einer DNA-Vergleichsanalyse nach Untersuchung von jeweils 16 PCR-Systemen mit dem DNA-Profil des Angeklagten übereinstimmen, welches statistisch gesehen einmal unter 1,36 Quadrilliarden Personen vorkomme, so dass praktisch kein Zweifel bestünde, dass das an den vorgenannten Spuren gesicherte DNA-Profil vom Angeklagten stamme. Des Weiteren hätten unter anderem noch DNA-Mischspuren aus Abrieben an dem Sturmhaken vor der Fahrkartenausgabe, am Rollcontainer im Zimmer 223/224 sowie an der Blende einer Schublade im Zimmer 217 gewonnen werden können, deren Hauptkomponente mit den Merkmalen der DNA des Angeklagten übereinstimmten.
In diesem kriminaltechnischen Untersuchungsergebnis, welches auf eine Beteiligung des Angeklagten an der Durchsuchung der Arzträumlichkeiten auf stehlenswerte Gegenstände hinweist, hat die Kammer eine wichtige Stütze der Aussage der Zeugin W. gesehen. Zudem deckt sich der von ihr geschilderte Tatablauf mit den durch die Kriminaltechnik im Zuge der Spurensicherung gefertigten Lichtbilder von dem Tatort, welche die Bahnhofsvorhalle und den dort angegriffenen Fahrkartenschalter sowie die durchsuchten Räumlichkeiten im Obergeschoss mit zahlreichen erkennbaren Beschädigungen als Übersichtsaufnahmen als auch in Form von Detailansichten zeigen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Abbildungen Bl. 89 ff. der Hauptakte gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bezug genommen. Ergänzend zur Aussage der Zeugin W. hat der Zeuge W. glaubhaft bekundet, dass er selbst mitbekommen habe, wie die W. die Scheibe in der Tür zum Treppenaufgang eingeschlagen und im Obergeschoss der Angeklagte die links und rechts vom Flur abgehenden Türen eingetreten habe. Anhand der auch ihm vorgelegten Bilddokumentation, Bl. 89 ff. der Hauptakte, konnte der Zeuge detailliert schildern, dass es sich bei der auf dem Bild mit der Bezeichnung „Bild 11“ erkennbar beschädigten Türscheibe um jene gehandelt habe, die die Zeugin W. eingeschlagen habe und auf dem Bild mit der Bezeichnung „Bild 20“ jene Türen erkennbar seien, die der Angeklagte eingetreten habe. Zum weiteren Verlauf hat der Zeuge W. plausibel und nachvollziehbar berichtet, dass er „raus“ gerannt sei, nachdem er das Eintreten der Türen im Obergeschoss durch den Angeklagten beobachtet habe, da er mit „solchen Sachen“ nichts zu tun haben wolle. Vor dem Bahnhofsgebäude habe er noch den K. gesehen, der sich darüber aufgeregt habe, dass seine Freundin wieder dabei sei. Zwanglos hierzu fügt sich die ebenfalls glaubhafte Aussage des Zeugen K., der bekundet hat, dass ihm beim Betreten des Gebäudes der Angeklagte und die K. mit insgesamt drei Plastiktüten in der Hand und seine damalige Freundin D., die zwar keine Tüte in der Hand gehalten, jedoch einen Arztkittel getragen habe, entgegengekommen seien. Er habe die Gruppe bis zum nahegelegen Gesundheitszentrum begleitet, bis die W. noch einmal zurück zum Bahnhof habe gehen wollen. Daher habe sich die Gruppe getrennt; er und die W. seien zurück zum Bahnhof gegangen. Im Bahnhof habe er sich in der Vorhalle auf eine Bank gesetzt, um auf seine Freundin, die noch einmal in das Obergeschoss gegangen sei, zu warten. Dann seien er und die W. von Polizeibeamten festgenommen worden. Später habe ihm die W. erzählt, dass sie mit dem Angeklagten und der K. an dem Abend Medikamente geklaut hätten, sie eine Türscheibe eingeschlagen und der Angeklagte das Rollo und das dahinter befindliche Kartenlesegerät beschädigt habe.
Die Erkenntnis bezüglich der Anwesenheit der Zeugin W. im Obergeschoss des Bahnhofsgebäudes am Vortrag der Tat, zur gezielten Verabredung zu einem erneuten Einbruch mit dem Angeklagten und der K. am 29.10.2017 und der Mittäterschaft des Angeklagten hat die Kammer des Weiteren der im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Auswertung des bei der Zeugin W. sichergestellten Mobiltelefons entnommen. Auch das entsprechende Sicherstellungsprotokoll vom 21.12.2017 bezüglich des Mobiltelefons hat die Kammer im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt. Demnach hat die Zeugin W. mit der unter dem Namen „E. “ gespeicherten Person, deren Telefonnummer nach SARS-Überprüfung der Zeugin K. zugeordnet werden konnte, am 28.10.2017 unter anderem um 14.20 Uhr geschrieben „müssen nochmal ins Büro da hoch“, um 21.48 Uhr „Wir müssen uns nachher unbedingt sehen Mausi Bibi mach nein Büro ausrumen“ und um 23.37 Uhr „Super, wir sind drinne. Aber wir haben eine schlechte Nachricht. Der Raum wo die Heizung drinne ist und der so warm war, der ist leider zu. Die andere Tür da ist auch Holz vor. Aber die andere Tür daneben ist genau dieselbe Tür da können wir einschlagen und rein“. Der unter dem Namen „Klatschkopf“ gespeicherten Person, deren Telefonnummer nach SARS-Überprüfung dem Angeklagten zugeordnet werden konnte, hat die Zeugin W. am 28.10.2017 unter anderem um 00.00 Uhr geschrieben „Also ich bin jetzt Bahnhofsgebäude ne, ich weiß ja nicht wo ihr seid. Ihr könnt ja herkommen ich was zuziehen und zu saufen.“, am 28.10.2017 um 01.22 Uhr „Jeremy, ich bin oben drinne. Ich bin jetzt wirklich oben drinne, kein scheiß jetzt kommt her!“, um 01.46 Uhr „Ich schwöre dir wir haben hier gerade den Jackpot Alter. Wir haben die Büros hier mit Computer hier alles.“ und am 28.10.2017 um 10.46 Uhr „Da müssen wir heute nochmal rein“.
Nachdem von dem Mobiltelefon der auf frischer Tat von der Polizei angetroffenen W. am Vormittag nach dem Einbruch ins Bahnhofsgebäude eine Sprachnachricht um 11.00 Uhr unter anderem an „Klatschkopf“ gesendet wurde, in der die Zeugin mitteilte, dass sie gerade aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden, nun aber nicht bereits sei, für den hohen Schaden allein aufzukommen, obwohl sie gemeinsam gehandelt hätten, findet sich zwischen der Zeugin und der unter „Klatschkopf“ gespeicherten und dem Angeklagten zuzuordnenden Telefonnummer ein weiterer Chat, in welchem es unter anderem am 21.11.2017 um 12.03 Uhr heißt „[…] Entweder ihr geht selber zur Polizei oder ich verrate es. Es tut mir Leid. Jeremy wirklich, ich hafte äh stehe jetzt mit dem Schaden von 10.000 Euro alleine da und das doofe ist, wäre die Situation anders gewesen ich wäre zur Polizei gegangen […]“, woraufhin um 12.07 Uhr die Antwort folgte „Na D. dann bleibt nur noch eins, da musst du dich selber bei den Bullen melden, aber wie gesagt mich wird keiner finden.“
Die Feststellungen bezüglich der Auffindesituation der Beute in den Wohnungen des R. und des H. hat die Kammer der im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Sicherstellungsprotokolle vom 12.12.2017 entnommen. Deren Wert sowie Menge und Art der entwendeten Gegenstände im Einzelnen hat die Kammer den von der führenden Ermittlungsbeamtin PHK’in S. erstellten und verlesenen Liste der im Rahmen der Durchsuchung in der Wohnung des R. und des H. aufgefundenen Gegenstände sowie der verlesenen schriftlichen Aufstellung der zuständigen der Mitarbeiterin der …-Gruppe, …, zum Umfang des Diebesgutes und dessen Wert von mindestens 599,57 € entnommen.
Auch hat die Kammer aus der Vernehmung der ermittlungsführenden Polizeibeamten PHK’in S. die Erkenntnis gewonnen, dass der bei der Tat verursachte Sachschaden 4.400,– € beträgt. Die Zeugin S. hat glaubhaft und neutral bekundet, dass ihr diese Summe von der …AG als Sachschaden im Zuge ihrer Ermittlungen mitgeteilt worden sei, wobei sie jedoch nicht wisse, ob hiervon auch die Schäden in den von der …-Gruppe im Obergeschoss angemieteten Räumlichkeiten umfasst seien. Im Ergebnis hat die Kammer angesichts der sich anhand der Tatortfotos offenbarenden Beschädigungen am Fahrkartenschalter und im Obergeschoss keinen Zweifel an der Angemessenheit des vorgenannten Betrages, wobei die Kammer im Zweifel für den Angeklagten davon ausgegangen ist, dass es sich um den Gesamtsachschaden handelt.
Auch die Feststellungen, wonach der Angeklagte, die K. und die W. die medizinischen Produkte gezielt deshalb entwendeten, um diese anschließend weiter zu veräußern, hat die Kammer der Aussage der PHK’in Zeugin S. entnommen. Die Zeugin S. als Vernehmungsbeamtin der W. konnte sich auf Vorhalt – anders als die Zeugin W. – noch detailliert daran erinnern, dass die Zeugin W. im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung vom 21.12.2017 im Krankenhaus Perleberg bekundet habe, dass es der Angeklagte gewesen sei, der eine entsprechende Äußerung vor dem Diebstahl gemacht habe. Diese Information habe sie jedoch nicht nur von der Zeugin W., sondern auch von mehreren weiteren Mitbeschuldigten im Zuge deren polizeilichen Vernehmungen erhalten. Auch unter Berücksichtigung der damaligen finanziellen Situation des Angeklagten hält die Kammer in der Gesamtschau demnach die ohnehin lebensfremde Einlassung des Angeklagten für widerlegt, dass man sich erst die Mühe gemacht habe, tütenweise medizinisches Material zu entwenden, nur um diese dann wegzuwerfen und am nächsten Tag doch wieder einzusammeln, weil ihm und der K. Sicherheitsbedenken gekommen seien. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass die Zeugin W. bei ihrer polizeilichen Vernehmung zutreffende Angaben gemacht hat und nunmehr zugunsten des Angeklagten angegeben hat, sich nicht mehr zu erinnern.
Da keiner der vor Ort anwesenden Zeugen von Ausfallerscheinungen des Angeklagten berichtet hat, dieser nach den übrigen Feststellungen vielmehr in der Lage war, zielrichtet und reaktionsschnell zu handeln, hält die Kammer seine Einlassung, wonach er bei der Tat „besoffen“ gewesen sein soll, zumindest insoweit für widerlegt, als er hierdurch zum Ausdruck bringen wollte, dass er erheblich in seiner Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei. Insbesondere das festgestellte Eintreten der Türen im Obergeschoss belegt eine vorhandene Körperbeherrschung des Angeklagten, dem überdies Diebstahlshandlungen nicht wesensfremd sind.
2.4. Zum Tatgeschehen in der Wohnung des E. am 08.11.2017
2.4.1. Einlassung des Angeklagten
Der Angeklagte hat sich bezüglich des Tatvorwurfs dahingehend eingelassen, dass er an dem Abend mit dem T. unterwegs gewesen sei, als dieser gemeint habe, dass seine Bauchtasche noch bei dem E. liege. Daher seien er – der Angeklagte -, der K. und der J. zur Wohnung des E. gefahren. Dort hätten sie nur gequatscht. Er habe dann den E. gefragt, ob er sich dessen PS3 und den Lautsprecher Twiek 6 ausleihen könne. Dies habe der E. bejaht. Von einer Musikbox JBL, HDMI-Kabeln und einem 5 €-Schein wisse er gar nichts. Hinterher habe sich herausgestellt, dass die Bauchtasche gar nicht bei dem E., sondern in der Wohnung des J., der sich bei E. aus allem rausgehalten habe, gelegen habe. Eigentlich habe er die Sachen noch am gleichen Tag zurückgeben wollen. Auch habe er sich einige Tage später noch einmal mit dem E. getroffen, da dieser umziehen und daher seine Goldfische habe loswerden wollen. Die Sachen habe er jedoch auch bei dieser Gelegenheit nicht zurückgegeben, weil er an dem Tag zu faul gewesen sei, diese zu transportieren.
2.4.2. Überzeugungsbildung der Kammer
Die Feststellungen der Kammer zum äußeren Tatgeschehen beruhen, soweit sie von der Einlassung des Angeklagten abweichen, auf der glaubhaften Aussage des geschädigten Zeugen Ed. und ergänzend hierzu auf der Bekundung der Zeugin K.. Der Zeuge K. hat sich insoweit auf sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen, was die von E. und K. geschilderte gemeinschaftliche Begehungsweise mit dem Angeklagten stützt.
Der heute 18 Jahre alte Zeuge E. hat ausgesagt, dass es nachts bei ihm unten an der Gegensprechanlage geklingelt habe. Zunächst habe er sich nichts dabei gedacht, weil er seinen Freund S. vermutet habe. Dann seien der Angeklagte, T., J. und K., die ihm alle bekannt gewesen seien, nach dem Öffnen in seine Wohnung gelangt, wobei der R. und die K. sich abseits auf ein Sofa gesetzt und völlig passiv verhalten hätten. Demgegenüber hätten sich der K. und der Angeklagte an ihn gewandt. Der K. habe in einem sehr aggressiven Ton vorgegeben, dass er seine Bauchtasche vermisse und für jede Minute, in der er – der E. – seine Bauchtasche nicht finde, er einen Gegenstand aus der Wohnung „einziehen“ werde. Er – der E. – sei von dem Auftreten des K. und des Angeklagten, die ihm als gewaltbereit bekannt gewesen seien, sowie der Anzahl der Gruppe insgesamt sehr eingeschüchtert gewesen („hatte Angst, dass die mir eine runterhauen“). Ausdrücklich gedroht habe aber niemand. Er habe dann angefangen zu suchen, obwohl er gewusst habe, dass die Bauchtasche eine „Erfindung“ sei. Währenddessen hätten der Angeklagte und der K. eine neuwertige JBL Box extreme mit einem Neupreis von 300,00 €, die seinem Freund M. gehört habe, seine etwas ältere Play Station 3, deren Wert er auf 100,– € schätze und für die er gerade neue Spiele im Play Store erworben habe, seinen Twiek Lautsprecher im Zeitwert von 20,– € und 5,– € Bargeld sowie zwei gebrauchte HDMI-Kabel in eine mitgebrachte, große, schwarze Tasche eingesteckt. Die Sachen habe er bis heute nicht wieder; hiervon sei an dem Abend auch nie die Rede gewesen. Lediglich in Bezug auf die PS3 habe der Angeklagte beiläufig erwähnt, dass er sie ihm am nächsten Abend wiederbringen werde, was aber, wie erwartet, nicht geschehen sei. Da er auch unmittelbar nach dem Vorfall sehr eingeschüchtert gewesen sei und nicht noch mehr Ärger habe bekommen wollen, habe er – so der Zeuge E. weiter – überlegt, ob er überhaupt Anzeige erstatte und sei am 08.11.2017 zunächst noch zur Schule gegangen. Erst auf intensives Anraten seiner Freunde habe er dann am Abend des 08.11.2017 gemeinsam mit dem M. – dessen Eigentum ja auch betroffen gewesen sei – Anzeige erstattet. Dies findet seine Bestätigung in den hierzu verlesenen Daten der Anzeigenaufnahme des Zeugen E. gegen den Angeklagten und T., die hiernach am 08.11.2017 um 17.15 Uhr auf dem Polizeirevier in … erfolgte. R. und K. – so der Zeuge auf Nachfrage – habe er damals in der Anzeige nicht erwähnt, weil die sich rausgehalten hätten. In den folgenden Tagen habe sich noch der T. auf Facebook wegen des Vorfalls öffentlich über ihn lustig gemacht. Daraufhin habe er – der Zeuge E… -, auch wegen ähnlicher Vorfälle in der Vergangenheit, beschlossen, dass er mit derartigen Menschen nichts mehr zu tun haben wolle, sodass er etwa bereits eine Woche nach dem Vorfall zu seiner Mutter nach Stralsund gezogen sei. Kurz zuvor habe er aber noch seine Goldfische loswerden wollen. Auf das entsprechende Anerbieten habe sich ausgerechnet der Angeklagte gemeldet, dem er die Fische letztlich auch übergeben habe. Auch dabei sei es nicht zu einer Rückgabe seiner Gegenstände gekommen. Er habe bei diesen Treffen auch von sich aus nichts mehr gesagt, weil er das für zwecklos gehalten habe.
Die Kammer hat die Aussage des Zeugen E. für uneingeschränkt glaubhaft erachtet. Er hat im Rahmen seiner Vernehmung keine Anzeichen einer überschießenden Belastungstendenz gegen den Angeklagten zu erkennen gegeben und ruhig, aber eindringlich von der Situation in seiner Wohnung berichtet, die er als „sehr enttäuschend“ empfunden habe, soweit er von einem auf den anderen Tag von den beiden ihm bekannten Personen auf eine solche Weise „abgezogen“ worden sei, dass er danach aus Wittenberge weggezogen sei.
Zudem ist seine Aussage durch die Schilderung der Zeugin K. bestätigt worden, die den von E. geschilderten Ablauf bestätigt und dabei betont hat, dass sie und J. auf der Couch gesessen und sich rausgehalten hätten. In der Gesamtschau hat die Kammer daher keinen Zweifel an der Wahrheitsgemäßheit beider sich deckender Schilderungen, zumal die Zeugin K. nach dem Eindruck der Kammer tendenziell ohnehin versucht hat, den Angeklagten möglichst nicht zu belasten. Immerhin hat sie noch eine plausible Erklärung für das von E. als enttäuschend empfundene Verhalten seiner Bekannten geboten, indem sie ausgeführt hat, dass E. nicht zu „ihrer Runde“ gehört habe.
Aus dem festgestellten äußeren Tatgeschehen und dem von E. geschilderten Tatnachverhalten des Angeklagten hat die Kammer den Schluss gezogen, dass der Angeklagte von Anfang in der Absicht gehandelt hat, die gemeinsam mit K. eingesteckten Gegenstände für sich bzw. für Dritte zu verwenden.
2.5. Zum Tatgeschehen im „Norma“-Markt am 22.11.2017 in Wittenberge
2.5.1. Einlassung des Angeklagten
Diesbezüglich hat der Angeklagte vollumfänglich von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht.
2.5.2. Überzeugungsbildung der Kammer
Die Feststellungen beruhen auf der vorbehaltlos glaubhaften Aussage der Zeugin F. sowie den ergänzende Angaben des PHK B.. Der Zeuge R. hat sich auf sein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen.
Die Zeugin F. hat den Vorfall vom 22.11.2017 den Feststellungen entsprechend geschildert. Insbesondere hat sie im Rahmen ihrer Aussage darauf hingewiesen, dass sie den Angeklagten bereits vom Sehen her gekannt habe, als dieser wieder einmal den Einkaufsmarkt betreten habe. Wegen mehrerer Diebstähle seinerseits in jeweils gleich gelagerter Vorgehensweise in der Vergangenheit habe sie ihn und seinen Begleiter sofort „auf dem Kieker“ gehabt. Nach dem Vorfall hätten ihr Kunden, die sich zum Zeitpunkt des Diebstahls im Markt aufgehalten und alles vor Ort mitbekommen hätten, die Täter namentlich als V. und J. benannt und mitgeteilt, dass diese sich überall damit rühmten, in der „Norma“-Filiale zu klauen. Lediglich soweit es im Rahmen ihrer Vernehmung um die Frage gegangen ist, wie viele Packungen Grillfleisch der Begleiter des Angeklagten entwendet hat, hat die Zeugin Unsicherheiten offen zugestanden und nicht vermocht, sich auf eine genaue Anzahl festzulegen und von ungefähr drei Packungen gesprochen, weshalb die Kammer den Wert des Diebesgutes auf 7,– bis 10,– € geschätzt hat. Ergänzend – und insoweit die plausible und in sich schlüssige Aussage der Zeugin F. bestätigend – hat der Zeuge PHK B. als Vernehmungsbeamter des Angeklagten im Ermittlungsverfahren berichtet, dass jener bei seiner polizeilichen Vernehmung zum Tatvorwurf des Ladendiebstahls bei Norma eingeräumt habe, mit dem J. in dem Markt gewesen zu sein, um dort unter anderem Grillfleisch zu kaufen. Die Begehung eines Diebstahls habe der Angeklagte aber abgestritten und sich dahin geäußert, dass die Verkäuferin ihm noch im Laden die Schokolade mit der Bemerkung abgenommen habe, dass er sowieso nur stehlen würde. Darin sieht die Kammer einen weiteren Hinweis, dass es der Angeklagte und sein Freund J. waren, die den von der Zeugin F. glaubhaft geschilderten Ladendiebstahl begangen haben, soweit er im Ermittlungsverfahren – im Unterschied zu seiner jetzigen Verteidigungsstrategie – immerhin noch seine Anwesenheit zur Tatzeit am Tatort zugestanden, allerdings stattdessen die Begehung eines Diebstahls bestritten hatte. Für eine gemeinschaftliche Begehungsweise mit J. spricht auch dessen Berufen auf sein Auskunftsverweigerungsrecht.
2.6. Zur Mitnahme der Musikbox des S. am 24.11.2017
2.6.1. Einlassung des Angeklagten
Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass er einen S. gar nicht kenne. Er wisse nur, dass D. irgendwann einmal eine kleine schwarze Box dabei gehabt habe, wobei er nicht wisse, wem die gehört habe. Mehr könne er dazu nicht sagen.
2.6.2. Überzeugungsbildung der Kammer
Ihre Feststellungen stützt die Kammer maßgeblich auf die gerichtlichen Aussagen der Zeugen W. und S.. Dabei hat sie vor der Schwierigkeit gestanden, dass die Aussage des geschädigten Zeugen S. nicht konstant war. Auch die Darstellung der Zeugin W. war mit Blick auf ihr festgestelltes Aussageverhalten zum Tatgeschehen vom 26.11.2017 – hierzu wird auf die folgenden Ausführungen zu Ziffer 2.7.2. verwiesen – kritisch zu hinterfragen. Beides hat die Überzeugungsbildung erschwert. Der Zeuge S. ist im Rahmen seiner gerichtlichen Vernehmung von seiner polizeilichen Aussage im Zuge der Anzeigenerstattung abgewichen. Diese erfolgte ausweislich der hierzu verlesenen Daten am 07.12.2017. Dort hatte der Zeuge, wie von ihm auf Vorhalt bestätigt, noch ausgesagt, dass er mit weiteren Freunden an den Steinbänken am Rathaus gesessen habe und seine Box dort abgestellt habe, um kurz seine Notdurft zu verrichten. Als er zu den Bänken zurückgekehrt sei, sei die Box weggewesen und die damals anwesende W. habe ihm erzählt, dass sich der Angeklagte die Box nur kurz ausgeliehen habe, um seine Freundin nach Hause zu bringen und dabei Musik zu hören. Nunmehr hat der Zeuge in Abweichung hiervon geschildert, dass er W. damals die Musikbox am Platz vor dem Rathaus für einen Tag ausgeliehen habe. Am nächsten Tag habe … ihm gegenüber auf seine Rückforderung erwidert, dass die Box „weg“ sei und sie nicht wisse, wie das passiert sei. Allerdings hat der Zeuge diese Abweichung in der Hauptverhandlung plausibel und überzeugend damit begründet, dass er bei der in Anwesenheit seiner Mutter stattfindenden Anzeigenerstattung Angst vor der Strafe seine Eltern gehabt habe, wenn diese die Wahrheit erfahren würden, dass er seine fast neue, erst im Juni 2017 von seinem Konfirmationsgeld für 150,– € erworbene Box an die W. verliehen habe. Die Zeugin W. hat im Rahmen ihrer Vernehmung teils widersprüchliche Angaben gemacht und hat offen erkennbar zu verharmlosenden Schilderungen geneigt, die sie im weiteren Verlauf ihrer Vernehmung teilweise hat relativieren müssen. Die Kammer hat daher ihren Feststellungen ausschließlich jene Angaben zugrunde gelegt, die sich mit der gerichtlichen Aussage des Zeugen S. decken. Insoweit hat die Zeugin W. die Schilderung des Zeugen S. bestätigt, dass dieser ihr an jenem Abend seine fast neuwertige Musikbox JBL Charge 3 in schwarz für einen Tag ausgeliehen habe und sie dem J. am nächsten Tag auf dem Weg zur Schule berichtet habe, dass sie die Box nicht mehr habe und auch nichts weiter über ihren Verbleib wisse. Die Zeugin W. hat darüber hinaus sehr zögerlich geschildert, dass sie die Box an dem in Rede stehenden Abend an den Angeklagten auf dessen Anfrage hin auf dem Platz vor dem Rathaus übergeben habe. Auch jenen Teil dieser Aussage hat die Kammer für glaubhaft erachtet, weil sowohl S. als auch W. geäußert haben, dass unter anderem der V. ebenfalls an dem Abend zugegen gewesen sei, der dem Zeugen S. nach dessen Aussage in der Folgezeit den Hinweis gegeben habe, dass der Angeklagte die Musikbox an dem fraglichen Abend mitgenommen habe. Darüber hinaus hat die Kammer die Aussage des Zeugen S. auch insoweit für glaubhaft erachtet, wonach er erst nach Tagen von dem V. erfahren habe, dass die Box wohl bei dem Angeklagten sei, da dies plausibel die Anzeigenerstattung erst rund zwei Wochen später am 07.12.2017 erklärt.
Die Feststellung, dass der Angeklagte die Box tatsächlich nicht zurückgeben wollte, beruht auf der Aussage des Zeugen S., der bekundet hat, dass ihm der Angeklagte auf Nachfrage einige Tage später gesagt habe, dass er die Box nicht habe und auch nicht wisse, wo sie sich befinde. Für diese Erkenntnis spricht auch der Umstand, dass selbst die Zeugin W. davon ausging, dass die Box nicht an den S. zurückgelangen werde, anderenfalls macht ihr Verschweigen der Überlassung an den Angeklagten gegenüber S. keinen Sinn. Diese Feststellung korrespondiert mit der übereinstimmenden Aussage beider Zeugen, dass der Zeuge S. bis heute nicht wieder in den Besitz der Box gelangt ist.
Beide Zeugen haben im Übrigen glaubhaft und übereinstimmend angegeben, dass der Angeklagte den Zeugen S. durchaus kenne, sodass insoweit die kurze Einlassung des Angeklagten widerlegt ist. Auch hat sich der Teil seiner Einlassung, dass er bei W. eine solche Box wahrgenommen habe, als unwahr herausgestellt, soweit sich diese im Tatzeitraum – nach ihrer insoweit uneingeschränkt glaubhaften Aussage ab dem 02.11.2017 für vier Monate ununterbrochen – in der stationären Psychiatrie im Krankenhaus Perleberg befunden hat.
2.7. Mitnahme der Musikbox zum Nachteil des S. am 26.11.2017
2.7.1. Einlassung des Angeklagten
Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass er wisse, dass dem S. eine „Box“ geklaut worden sein soll, „mehr aber nicht“. An dem Tag sei er mit seiner Freundin L. unterwegs gewesen; unter anderem seien sie auch kurz am Busbahnhof vorbei gegangen, bevor er sie nach Hause gebracht habe. Irgendwann habe er erfahren, dass er angezeigt worden sein soll. Hierzu habe er die W. zur Rede gestellt. Die habe aber abgestritten, ihn verpfiffen zu haben und behauptet, dass sie nicht seinen Namen genannt habe. Zufällig habe ihm auch einmal eine kleine blaue Box gehört, die er dem R. angeboten habe. Zwischenzeitlich habe er gedacht, dass der S. seine Box wiederhabe; tatsächlich habe der sich aber mittlerweile eine neue zugelegt.
2.7.2. Überzeugungsbildung der Kammer
Die Feststellungen zum Tatgeschehen beruhen auf den gerichtlichen Zeugenaussagen der W., der G., der L., des J. und des L.
Die Zeuginnen W. und G. haben den Vorfall im Wesentlichen übereinstimmend so bekundet, wie in den Feststellungen ausgeführt. Insbesondere haben sie ausgeführt, dass sie sich eine Geschichte haben ausdenken müssen, nachdem die W. die Box des S. auf Bitten des Angeklagten an diesen übergeben habe, um den Angeklagten, mit dem sie damals befreundet gewesen seien, zu schützen. Daher hätten sie gemeinsam mit weiteren Jugendlichen vor Ort dem Zeugen S. bei dessen Rückkehr erzählt, dass ein vermummter Unbekannter mit einem Messer W. aufgefordert habe, ihm die Box zu übergeben. Da der S. sofort die Polizei gerufen habe, habe man das dann auch den Polzisten erzählt, wobei die W. zu diesem Zeitpunkt schon nach Hause gegangen und erst später vernommen worden sei.
Die Kammer hält die Aussagen der beiden Zeuginnen für glaubhaft, weil sich die nunmehr vor Gericht bekundete Version des Tatherganges widerspruchsfrei in die Aussagen der übrigen Zeugen einfügt. So hat der Zeuge S. hierzu passend ausgeführt, wie es zunächst zu der Übergabe der Box an die W. gekommen sei, er die Örtlichkeiten kurz verlassen habe, um Freunde nach Hause zu begleiten und er auf dem Rückweg, als er seine Box wieder habe abholen wollen, die W. weinend vorgefunden habe und diese ihm dann erzählt habe, dass sie überfallen worden sei, was auch von den übrigen Anwesenden bestätigt worden sei. Der Angeklagte und die L. seien zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an dem Busbahnhof gewesen. Drei bis vier Wochen vor der Hauptverhandlung hätten sich die Zeuginnen W. und G. an ihn gewandt und ihm erzählt, dass sie sich „das mit dem Messer“ nur ausgedacht hätten, um den Angeklagten zu schützen. Das sich hieraus ergebende Geschehen am Tatort hat zudem die Zeugin L., damalige Freundin des Angeklagten, weitgehend bestätigt, soweit sie mit dem Angeklagten am „Stern“, d.h. am Busbahnhof, in Wittenberge gewesen sei, letztlich der Angeklagte mit ihr und der Box von dort losgegangen sei und sie schon damals davon ausgegangen sei, dass der Angeklagte die Box nicht zurückgeben werde. Da sie etwas abseits gestanden habe, habe sie nicht alles mitbekommen; der Einsatz eines Messers wäre ihr aber definitiv aufgefallen. Sie gehe daher davon aus, dass der Angeklagte die Box freiwillig übergeben bekommen habe.
Die insoweit gewonnenen Erkenntnisse sind darüber hinaus durch die Aussage des Zeugen R. zur inneren Tatseite des Angeklagten gestützt worden, der im Rahmen seiner Vernehmung bekundet hat, dass der Angeklagte ein oder zwei Tage nach dem Vorfall in seiner Wohnung gewesen sei – sie hätten zu dem Zeitpunkt gemeinsam gewohnt –, als beide im Internet auf einen Artikel gestoßen seien, in welchem davon berichtet worden sei, dass ein Vermummter eine Jugendliche am Busbahnhof „abgezogen“ habe. Hier habe der Angeklagte spontan geäußert, dass er wohl in dem Artikel gemeint sein dürfte. Ihm sei von dem Angeklagten in diesem Zeitraum auch eine blaue JBL Box angeboten worden, von der er zwar nicht wisse, wie der Angeklagte an sie gelangt sei, ihm aber bekannt gewesen sei, dass die damalige Freundin des Angeklagten, L., dabei gewesen sei, als er sie sich besorgt habe. Er – der R. – habe aber auf die Box keinen Wert gelegt, sodass der Angeklagte die Box später an eine Person aus Wittenberge, die er unter dem Namen „R.“ kenne, verkauft bzw. gegen Drogen eingetauscht habe, woraus die Kammer die Erkenntnis gewonnen hat, dass sich der Angeklagte bzgl. der in Rede stehenden Musikbox nach außen wie ein Eigentümer geriert hat.
Die Kammer sieht die Einlassung des Angeklagten demnach als widerlegt an und wertet insbesondere seine Angaben, wonach er zufällig auch eine eigene blaue Musikbox besessen und dem R. angeboten habe, gerade auch vor dem Hintergrund seiner eigenen finanziellen Engpässe als lebensfremd.
Die Erkenntnisse zum Aussehen und zum Wert der Musikbox stützt die Kammer maßgeblich auf die insoweit vorbehaltlos glaubhafte Aussage des Zeugen S., der bekundet hat, dass er die Box nur ein bis zwei Wochen zuvor von seinem Jugendweihegeld angeschafft und bis heute nicht zurückerlangt habe. Es habe sich um eine blaue JBL Box Extreme mit schwarzem Tragegurt gehandelt. Ergänzend hierzu haben die Verfahrensbeteiligten eine Abbildung eines baugleichen Modells der Box in Augenschein genommen, bezüglich dessen der Zeuge bestätigt hat, dass es sich bei seiner „entwendeten“ Box um eine derartige handele. Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung der Box Blatt 8 FA 8 Bezug genommen. Zum damaligen Zeitpunkt habe sie – so der Zeuge weiter – normalerweise 280,00 € gekostet, er habe sie im Rahmen einer Aktion allerdings für 200,– € erstanden.
2.8. Zur Auseinandersetzung mit zwei jugendlichen Syrern am frühen Abend des 25.12.2017 in Wittenberge
2.8.1. Einlassung des Angeklagten
Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass er, J., P. und L. in der Wohnung des J. etwas getrunken hätten, er sei „angedudelt“ gewesen, als der H. und der B. erschienen seien und berichtet hätten, dass sie gerade eine Erfahrung mit einem Ausländer gemacht hätten. Dies habe die Gruppe nicht auf sich sitzen lassen wollen. Er – der Angeklagte – habe einen Baseballschläger gegriffen und in seinen Jackenärmel gesteckt, denn mit Ausländern sei seiner Ansicht nach nicht zu spaßen. J. habe sich mit Quarzsandhandschuhen ausgestattet. Ob H. und B. sich ausgerüstet hätten, wisse er nicht. Jedenfalls hätten sie keine Messer mitgenommen. Alle gemeinsam seien sie dann in Richtung Kulturhaus, welches ungefähr drei bis fünf Gehminuten entfernt gelegen sei, gegangen. Dort habe er den S. erkannt, mit dem er sich früher ganz gut verstanden habe. Kurz darauf seien noch zwei weitere Ausländer dazu gekommen. Plötzlich sei ihm beim Heben seines Armes der Baseballschläger aus dem Jackenärmel gerutscht. Einer der Ausländer habe dann einen Gürtel rausgezogen und ihn am Finger verletzt. Außerdem habe er noch ein Fahrradschloss auf den Kopf bekommen. Das sei ihm zu viel gewesen, sodass er sich mit seinem Baseballschläger gewehrt habe, indem er damit in der Luft gewedelt, aber niemanden getroffen habe. Was die anderen gemacht hätten, habe er nicht mitbekommen. Dann hätten sie alle den Ort verlassen, wobei der B. von sich aus den Rucksack und das Fahrrad der Syrer mitgenommen habe. Später sei die Polizei gekommen, die ihn als einzigen unten vor dem Wohnhaus des R. mit dem Baseballschläger, dem Gürtel und dem Fahrradschloss in der Hand angetroffen habe. Diese Gegenstände seien ihm auf dem Rückweg in die Hand gedrückt worden. Das Fahrrad und der Rucksack hätten bereits an der Hauswand gelehnt, als er dort eingetroffen sei. Er habe gegenüber den Polizeibeamten dann seinerseits eine Strafanzeige gegen die Syrer erstattet.
2.8.2. Überzeugungsbildung der Kammer
Die Feststellungen zum Tatvorgeschehen auf dem Paul-Lincke-Platz vor dem Kulturhaus in Wittenberge beruhen maßgeblich auf der insoweit für glaubhaft erachteten Aussage des Zeugen S., der den Vorgang wie festgestellt bekundet und zu den beiden Tätern ausgeführt hat, dass er P. bereits vorher gekannt habe und der andere ihm unter dem Namen „Sachse“ bekannt gewesen sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge bewusst oder unbewusst eine Falschaussage getätigt hat, hat die Hauptverhandlung nicht erbracht. Immerhin hat der Zeuge H. bestätigt, dass es schon „Ärger“ mit einem Ausländer vor dem Kulturhaus gegeben habe, bevor er und B. in der Wohnung des R. eingetroffen seien. Soweit der Zeuge von einer Provokation des Ausländers berichtet hat, der sie grundlos angepöbelt habe, hat die Kammer diese mit Blick auf ihre numerische und körperliche Überlegenheit gegenüber dem circa 1,70 m großen und schmächtig gebauten Zeugen S. für abwegig erachtet. Der Zeuge B. hat – im Übrigen das gesamte Tatgeschehen betreffend – von seinem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO Gebrauch gemacht, was ebenfalls die Schilderung des Zeugen S. bestätigt, gemeinschaftlich von B. und einer ihm als „Sachse“ bekannten Person angegriffen worden zu sein. Soweit es die Ansprache der Polizeibeamten durch den Zeugen S. betrifft, sind dessen Angaben durch die Zeugin PK’in Z. bestätigt worden, die bekundet hat, dass ihr die Daten von zumindest einem der beiden geschädigten syrischen Jugendlichen schon bekannt gewesen seien, bevor es zu der „Schlägerei“ mit dem Angeklagten gekommen sei, weil sich der Syrer etwa an selber Stelle einige Zeit zuvor an die Besatzung ihres Funkstreifenwagens gewandt habe.
Die weiteren Feststellungen zum Geschehen in der Wohnung bis zur inkriminierten Auseinandersetzung am Kulturhaus, nämlich die Ausstattung mit Baseballschläger und Quarzsandhandschuhen anlässlich der Berichterstattung durch H. und B. in der Wohnung des R. und das gemeinsame Aufsuchen des späteren Tatorts, beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, welche insoweit von dem Zeugen R. bestätigt worden ist. Von den Zeugen K. und H. hat die Kammer zumindest erfahren, dass der Angeklagte einen Baseballschläger ergriffen habe und weitere Gegenstände mitgenommen worden seien. Soweit sich der Angeklagte dahin eingelassen hat, dass kein Messer mitgeführt worden sei, hat die Kammer dies dem Angeklagten nicht widerlegen können. Zwar haben die syrischen Zeugen von einem Messer (S.) bzw. sogar zwei Messern (M.) berichtet. Und auch die Zeugin W. hat ausgesagt, dass „vielleicht“ ein Messer dabei gewesen sein könnte. Die übrigen Zeugen haben demgegenüber nichts von einem Messer bekundet. Darüber hinaus hat die Zeugin PK’in Z. auf ausdrückliche Nachfrage ausgesagt, dass keiner der beiden syrischen Jugendlichen im Rahmen ihrer Erstbefragung unmittelbar nach dem Tatgeschehen von einem Messer gesprochen habe, was zur Überzeugung der Kammer jedoch zu erwarten gewesen wäre, wenn tatsächlich Messer, zumindest als Drohmittel, zum Einsatz gekommen wären. Darüber hinaus sind nach Aussage der Zeugin Z. keine Messer im Zuge der Tataufklärung vor Ort sichergestellt worden.
Die Feststellungen bezüglich des Ablaufs des Kerngeschehens beruhen auf den glaubhaften Aussagen der Zeugen S. und M., soweit sie durch weitere Beweiserhebungen eine verlässliche Stütze gefunden haben. Für sich betrachtet waren die Schilderungen kritisch zu betrachten mit Blick auf zu konstatierende Übertreibungen. Insbesondere sei an dieser Stelle das bzw. die angeblich bei den Angreifern wahrgenommene(n) Messer bzw. die Anzahl der von S. berichteten Schläge des B. (6-7) benannt, die sich nicht durch weitere Beweishebungen haben verifizieren lassen. Allerdings belegen die bei S. im Rahmen seiner Behandlung in der Notaufnahme im Kreiskrankenhaus in Perleberg befundeten Verletzungen mindestens zwei weitere (unter Berücksichtigung des bereits im Rahmen des vorangegangenen Geschehens ausschließlich unter Beteiligung von H. und B. zugefügten Schlages auf seinen Hinterkopf) stumpfe Gewaltanwendungen gegen seinen Kopf, soweit dem hierzu verlesenen ärztlichen Attest zu entnehmen ist, dass bei dem Zeugen S. am 25.12.2017 um 17.48 Uhr in der Notaufnahme des Krankenhauses zwei Abschürfungen am Kopf (1x1cm an der linken Schläfe sowie 0,5×0,5 cm mittig am Hinterkopf) und eine 1x1cm große Schwellung am rechten Hinterkopf (mithin insgesamt drei Verletzungen) sowie eine weitere Abschürfung am Unterarm festgestellt wurden. Letztere fügt sich zwanglos zu seiner Schilderung, schließlich zu Boden gegangen zu sein, was plausibel die Abschürfung am Unterarm erklärt. Bezüglich der vom Zeugen M. gerichteten und den Feststellungen zugrunde gelegten Verletzung der blutenden Nase hat der Kammer zwar kein dieses Verletzungsbild verifizierendes ärztliches Attest vorgelegen, weil dieser sich nach seinen Angaben nicht einem Arzt vorgestellt hatte. Immerhin hat die Zeuge PKin Z. noch zu berichten gewusst, dass einer der beiden syrischen Jugendlichen im Gesicht augenscheinlich verletzt gewesen sei. Mit Blick auf das festgestellte Verletzungsbild bei S. (Schläfe und Hinterkopf) muss es sich hierbei um den Zeugen M. gehandelt haben.
Darüber hinaus wird die Aussage des S. zumindest insoweit bestätigt, als dass tatsächlich zwei zu den Akten gereichte Videoaufnahmen existieren, welche im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommen wurden. Auf den Videoaufnahmen ist in schlechter Qualität ein nach Einbruch der Dunkelheit stattfindendes, weit entferntes Geschehen in einer Fußgängerzone erkennbar, als plötzlich mehrere Personen davon laufen und laute Schreie zu hören sind. Einzelheiten oder konkrete Details sind jedoch nicht erkennbar.
Des Weiteren werden die Angaben der beiden Zeugen zum Einsatz eines Baseballschlägers und ihrerseits eines Gürtels durch S. und eines Fahrradschlosses durch M., jeweils allerdings erfolglos zu ihrer Verteidigung, bestätigt durch die Funde an der Wohnung des J., wie sie auch vom Angeklagten eingeräumt worden sind. Ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokolls vom 25.12.2017 sind an der Turmstraße 13 um 16.50 Uhr ein hölzerner Baseballschläger, ein brauner Ledergürtel und ein stoffummanteltes Kettenfahrradschloss sichergestellt worden. Ergänzend hierzu hat die Kammer die Abbildungen Blatt 22 und 23 der Akte zum ursprünglichen Aktenzeichen 12 KLs 9/18 in Augenschein genommen, die einen Baseballschläger, einen Gürtel und ein Fahrradkettenschloss, jeweils angelegt an ein Lineal, zeigen. Bei diesen Gegenständen handelt es sich nach Bekundung der Zeugin PK’in Z., bei deren Vernehmung die Abbildungen allseits in Augenschein genommen worden sind, um die von ihr am Tatabend sichergestellten Gegenstände. Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildungen Bezug genommen.
Die Aussagen der Zeugen S. und M. zum Geschehensablauf vor dem Kulturhaus, wie sie die Kammer den Feststellungen zugrunde gelegt hat, werden zudem von der Zeugin W. gestützt. Nach Aussage der Zeugin W. hätten sie sich zu sechst von der Wohnung des R. zum Kulturhaus begeben. Es seien der Angeklagte, R., H. und B. und P. dabei gewesen. Zunächst hätte es vor dem Kulturhaus Streit gegeben, dann hätten zwei Jungs aus ihrer Gruppe ein Fahrrad der Syrer weggetreten und mit einer körperlichen Auseinandersetzung begonnen. Die Syrer hätten sich daraufhin gewehrt. Einer der Ausländer habe seinen Gürtel abgemacht und damit nach dem Angeklagten geschlagen, wobei sich der Angeklagte die Platzwunde am Finger zugezogen habe. Der Angeklagte habe definitiv mit dem Baseballschläger herumgefuchtelt und wenigstens einmal auch getroffen. Als dann die Polizei gekommen sei, habe sich der B. das Fahrrad des Syrers genommen und sei davon gefahren. Die Zeugin K. hat indes nichts zur Tataufklärung beigetragen, außer dass sie davon berichtet hat, dass eine Bierflasche „geflogen“ sei. Sie hat das nicht nachvollziehbar damit begründet, dass sie mit dem Rücken zu dem Geschehen gesessen habe.
Auch die völlig unbeteiligten Augenzeugen L. und D. haben zumindest von einer ihrerseits als bedrohlich empfundenen Situation gegenüber zwei jungen Männern gesprochen. Sie haben übereinstimmend ausgeführt, dass sie zufällig mit ihrem Enkel in der Nähe des Tatorts gewesen seien, um mit diesem dem vor dem Kulturhaus aufgestellten, beleuchteten Weihnachtsbaum anzuschauen, als sie plötzlich ein lautes Geschrei gehört und dann gesehen hätten, wie eine Person von einer anderen verfolgt worden sei, die eine „Keule“ geschwungen habe, während auf eine andere Person, die am Boden gelegen habe, eingewirkt worden sei. Genauere Beobachtungen hätten sie allerdings nicht machen können, da sie in dieser bedrohlichen und aggressiven Atmosphäre ausschließlich darum bemüht gewesen seien, ihren Enkel in Sicherheit zu bringen.
Den Aussagen der Zeugen R. und H. hat die Kammer keinen maßgeblichen Beweiswert beigemessen. Der Zeuge R. hat ausgeführt, dass sich der Angeklagte angeblich mit dem Baseballschläger nur verteidigt habe, er konnte aber nicht plausibel erklären, weshalb er, der Angeklagte, H. und B. (dieser mit dem „geklauten“ Fahrrad) – wie von ihm zugestanden – geflüchtet seien, nachdem sie Blaulicht wahrgenommen hätten. Eine ähnlich tendenziöse Aussage hat der Zeuge H. abgeliefert. In der Gesamtschau hat sich für die Kammer keinerlei Anhalt für eine von den beiden syrischen Jugendlichen – beide maximal 1,70 m groß und schmächtig – ausgehende Provokation gegenüber der ihnen numerisch und körperlich überlegenden Gruppe um den deutlich über 1,80 großen Angeklagten ergeben. Für die vom Angeklagten bekundete Anwesenheit eines dritten Syrers bis zu dessen Flucht hat die Hauptverhandlung keinerlei Ansatz erbracht.
Aus den getroffenen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen zieht die Kammer den Schluss, dass sich der mit einem Baseballschläger ausgerüstete Angeklagte gemeinsam mit H., B. und R. zum Tatort begab, um dort im gemeinsamen Zusammenwirken eine körperliche Auseinandersetzung mit dem späteren Geschädigten S. zu führen sowie er, H. und B. tatsituativ ihren gemeinsam gefassten Tatentschluss auf den hinzugekommenen M. erweitert haben.
Soweit nicht festgestellt werden konnte, ob dem Angeklagten beim Schwingen mit dem Baseballschläger in der Luft bewusst war, dass diese Art der Benutzung geeignet sei, erhebliche Verletzungen zuzufügen, beruht dies auf der nicht weiter präzisierten Aussage des Zeugen M., wonach er von dem Angeklagten nur einmal leicht mit dem Schläger an der Schulter getroffen worden sei, hierbei aber nichts passiert sei.
Die Feststellungen bezüglich der eigenen kleinen Verletzung des Angeklagten an seinem rechten Zeigefinger beruhen auf der insoweit glaubhaften Einlassung des Angeklagten sowie der diesbezüglich in Augenschein genommenen Abbildung von der Verletzung, die einen quer verlaufenden, circa einen Zentimeter langen Hautriss am Mittelglied zeigt. Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung Blatt 69 der Akte zu dem ursprünglichen Aktenzeichen 12 KLs 9/18 Bezug genommen. Hingegen hat keiner der einvernommenen Zeugen von einer vom Angeklagten damals geklagten Kopfverletzung berichtet, so dass die Kammer seine jetzige Einlassung, durch M. mittels des Fahrradkettenschlosses am Kopf getroffen worden zu sein, was eine deutliche Verletzung hätte erwarten lassen, als widerlegt ansieht.
An seiner nicht erheblich eingeschränkten Schuldfähigkeit besteht angesichts seiner eigenen Einlassung, lediglich angetrunken gewesen zu sein, und seinen sich anhand des Tatgeschehens offenbarenden geistigen und körperlichen Fähigkeiten kein Zweifel.
IV.
Rechtliche Würdigung
1. Hinsichtlich des Vorfalls in der „Kaufland“-Filiale in Wittenberge am 23.10.2017 hat sich der Angeklagte eines Diebstahls mit Waffen im Sinne der §§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a), 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Bereits indem er die Ware in der Absicht, sie für sich selbst zu verbrauchen oder an Dritte weiter zu veräußern, in seinen mitgeführten Rucksack verstaute, nahm er einem anderen mehrere fremde, bewegliche Sachen in Zueignungsabsicht weg, ungeachtet dessen, dass er dabei beobachtet wurde (vgl. Fischer, StGB, 65. Auflage, § 242 Rn. 18 m.w.N.) Dabei führte er in seinem Rucksack mit dem Beil bewusst griffbereit ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB, d.h. einen Gegenstand mit sich, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen(bezüglich der Definition vgl. gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung, z.B. BGH, Beschluss vom 21.06.2012 – 5 StR 286/12, Rn. 4 nach juris). Darüber hinaus handelte es sich auch bei der etwa einen halben Meter langen Gliederkette, die er bewusst gebrauchsbereit um den Hals trug, um ein gefährliches Werkzeug. Da der Angeklagte die Kette für den Diebstahl nicht benötigte, lag deren waffenvertretende Funktion in der konkreten Tatsituation – unabhängig von einer dahingehenden Verwendungsabsicht – nahe (vgl. Fischer, StGB, 64, Aufl., § 244 Rn. 24). Aufgrund der Länge der Kette und ihrer massiven Glieder aus Metall sowie der Tatsache, dass es sich um einen einzelnen Kettenstrang handelte, dessen Enden auch nicht zu einem Ring verbunden waren, war mithin von einem gefährlichen Schlagwerkzeug auszugehen.
Da der Angeklagte seine Kette nicht einsetzte, um sich in dem Besitz der entwendeten Waren zu halten, sondern seine Flucht zu ermöglichen, es mithin an der Beutesicherungsabsicht fehlte, war die Tat nicht als räuberischer Diebstahl im Sinne des § 252 StGB einzustufen.
2. Auch hinsichtlich des Tatgeschehens vom 28.10.2017 in der „…“-Filiale hat sich der Angeklagte mit Einstecken der Waren in den Rucksack zum Zwecke des Selbst- bzw. Drittverbrauchs bzw. der Weiterveräußerung eines Diebstahls im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht Da der Angeklagte auch in diesem Fall eine baugleiche oder gar dieselbe Gliederkette wie fünf Tage zuvor in der „…“-Filiale bei sich führte, wie er auch wusste, handelte es sich auch insoweit um einen Diebstahl mit Waffen im Sinne des § 244 Abs.1 Nr. 1 a) StGB.
3. Nach den getroffenen Feststellungen hat er sich darüber hinaus in dem Marktleiterbüro einer Bedrohung im Sinne des § 241 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Seine Ankündigung, dass er die Zeugen N. und K. umbringen könnte in Verbindung mit der Anspielung, dass er schon einmal jemanden umgebracht habe, beinhaltet die Ankündigung eines Tötungsverbrechens. Unter weiterer Würdigung des festgestellten Begleitumstände, namentlich seines demonstrativen Hantierens mit einer Metallkette und der ohnehin angespannten und sich zuspitzenden Stimmungslage nach seiner Stellung als Dieb, weist seine Ankündigung auch ein entsprechendes, ernstliches Drohpotential im Sinne der Vorschrift auf und ist nicht als bloßes, strafloses großmäuliges oder wichtigtuerisches Daherreden abzutun. Da die Kammer nicht sicher feststellen konnte, dass er die Drohung gerade deshalb ausstieß, um die Zeugen zu veranlassen, ihm die Flucht zu ermöglichen, war indes nicht von einer Nötigung im Sinne des § 240 StGB auszugehen.
Die Bedrohung erfolgte aufgrund eines neuen Tatentschlusses in einer neuen Situation nach Vollendung des Diebstahls, sodass insofern nach § 53 StGB ein tatmehrheitliches Geschehen vorlag.
4. Wegen des Geschehens am Busbahnhof in den frühen Morgenstunden des 29.10.2017 hat sich der Angeklagte einer Sachbeschädigung im Sinne des § 303 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Er hat vorsätzlich die Substanzverletzung einer fremden Sache verursacht, indem er den Abfalleimer absichtlich aus der Verankerung riss, gegen die Tür des Toilettenhäuschens schleuderte und diese hiermit eindellte. Da hiermit allerdings keine Beeinträchtigung des öffentlichen Nutzens der beschädigten Gegenstände einherging, sind die Voraussetzungen der Qualifikation nach § 304 Abs.1 StGB nicht gegeben.
Die Staatsanwaltschaft hatte in der Anklageschrift jedoch das nach § 303c StGB erforderliche, besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung wegen Sachbeschädigung bejaht.
5. Wegen des nachfolgenden Tatgeschehens im Wittenberger Bahnhof am Morgen des 29.10.2017 hat sich der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen eines gemeinschaftlich begangenen Diebstahls nach §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht, indem er mit der K. und der W. auf Grundlage eines gemeinsamen Tatplans arbeitsteilig mit den jungen Frauen das medizinische Zubehör in dem Bahnhofsgebäude entwendete, um dieses später weiter zu veräußern. Da der Angeklagte und die beiden Mittäterinnen hierzu in einen Dienstraum einbrachen und keine Umstände erkennbar sind, die die Tat in einem außergewöhnlich milden Licht erscheinen lassen – insbesondere die Geringwertigkeitsgrenze im Sinne des § 243 Abs. 2 StGB in Bezug den Wert der entwendeten Gegenstände deutlich überschritten ist – ist durch die Tat zugleich das Regelbeispiel des § 243 Abs. Nr. 1 StGB für einen besonders schweren Fall des Diebstahls verwirklicht, welches die ebenfalls verwirklichte Sachbeschädigung an der Einrichtung verdrängt (vgl. BayObLG, Urteil vom 21.02.1991 – RReg 3 St 12/91, Rn. 8 nach juris).
6. Wegen des Tatgeschehens am 08.11.2017 in Wittenberge hat sich der Angeklagte durch die auf einem gemeinsamen Tatplan mit dem gesondert Verfolgten K. beruhende, arbeitsteilig ausgeführte Wegnahme ihnen fremder Gegenstände aus der Wohnung des E. in Zueignungsabsicht eines gemeinschaftlichen Diebstahls strafbar gemacht, §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB.
7. Des Weiteren ist das Tatgeschehen vom 22.11.2017 in der „…“-Filiale in Wittenberge rechtlich als gemeinschaftlich begangener vollendeter Diebstahl nach § 242 Abs. 1 StGB (geringwertiger Sachen) zu würdigen. Auch wenn der Angeklagte die Waren nicht eigenhändig aus dem Verkaufsbereich des Supermarktes in Zugeinungsabsicht transportierte, muss er sich die entsprechende Handlung seines Komplizen gemäß § 25 Abs. 2 StGB zurechnen lassen, da er mit diesem auf Grundlage eines gemeinsamen Tatplans arbeitsteilig vorging und einen nicht unwesentlichen Beitrag leistete, indem er die Zeugin F. ablenkte.
Das nach § 248 a StGB erforderliche besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung hatte die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift bejaht.
8. Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen des Tatgeschehens am 24.11.2017 am Platz vor dem Rathaus Wittenberge einer Unterschlagung zum Nachteil des S. schuldig gemacht, § 246 Abs. 1 StGB, indem er die Musikbox des Zeugen S. an sich nahm und anschließend ihm gegenüber leugnete zu wissen, wo sich dessen Box befindet. Bei der Musikbox handelte es sich um eine fremde bewegliche Sache, in deren Gewahrsam der Angeklagte – ohne den Gewahrsam eines anderen zu brechen – gelangte. Die erforderliche, äußerlich erkennbare Manifestation des Zueignungswillens ist unter anderem dann gegeben, wenn der Täter gegenüber dem Eigentümer den Standort der Sache verheimlicht oder den Besitz daran ableugnet (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.08.2009 – 1 Ss 57/09, Rn. 31 nach juris). So liegt der Fall hier. Nachdem sich der Angeklagte die Musikbox verschafft hatte, hatte er die Box entweder noch in seinem Besitz oder sie bereits weiterveräußert, als der S. danach fragte. Er hätte demnach dem S. als wahren Eigentümer weitere Angaben zum Verbleib machen können und müssen. Anhand der unzutreffenden Aussage des Angeklagten, dass er die Box nicht habe und nicht wisse, wo sie sei, konnte ein Dritter ohne weiteres darauf schließen, dass sich der Angeklagt die Box bzw. deren Wert einverleiben wollte.
9. Auch das Tatgeschehen am 26.11.2017 am Bahnhof Wittenberge erfüllt den Straftatbestand einer Unterschlagung nach § 246 Abs. 1 StGB. Die erforderliche, objektive Manifestation des Zueignungswillens an der Musikbox des S. ist aufgrund der Tatsache zu bejahen, dass sich der Angeklagte wie der Eigentümer der Box gerierte, indem er diese dem gesondert Verfolgten R. schenken wollte und sodann veräußerte.
10. Körperliche Auseinandersetzung am Paul-Lincke-Platz in … am 25.12.2017
Aufgrund des bewussten und gewollten Zusammenwirkens des Angeklagten mit dem H. und dem B., im Rahmen dessen sie den S. und den M. willentlich nicht nur unerhebliche körperliche Verletzungen beifügten, hat sich der Angeklagte einer gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung nach §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht, soweit er sich auch die Verletzungshandlungen seiner Mittäter zurechnen lassen muss.
Nach den getroffenen Feststellungen konnte sich der Angeklagte angesichts des festgestellten, von ihm, H. und B. ausgehenden rechtswidrigen Angriffs gegenüber den syrischen jungen Männern seinerseits nicht auf Notwehr berufen (vgl. Fischer, a.a.O. § 32 Rn. 22 m.w.N.).
V.
Strafzumessung
Der Angeklagte war zum Zeitpunkt den jeweiligen Taten zwischen 18 Jahre und 10 Monate bzw. 19 Jahre alt und somit Heranwachsender im Sinne des § 1 Abs. 2 JGG. Die Kammer ist in Übereinstimmung mit dem Votum sowohl der Jugendgerichtshilfe als auch der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung von dem Vorliegen deutlicher Reifeverzögerungen gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG ausgegangen, so dass Jugendstrafrecht zur Anwendung kam. Eine Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklagten unter Berücksichtigung der Umweltbedingungen hat ergeben, dass er nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung bei Begehung der Taten noch einem Jugendlichen gleichstand.
Für die Frage der Reifeentscheidung nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG war sich die Kammer bewusst, dass es nicht allein darauf ankommt, ob der Heranwachsende zum Zeitpunkt der Tatbegehungen in seiner Entwicklung zurückgeblieben war oder ob er sich altersgemäß entwickelt hat, sondern darauf, ob es sich bei ihm um einen noch in der Entwicklung befindlichen, noch prägbaren Menschen handelte, folglich um einen Menschen, in dem Entwicklungskräfte noch in größerem Umfang wirksam waren (vgl. BGH, Urteil vom 20.05.2014 – 1 StR 610/13, Rn. 12 nach juris). Hierbei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass selbst ein 21-jähriger Erwachsener noch entwicklungsfähig und prägbar ist, sodass es darauf ankommt, ob der junge Mensch die von einem jungen Erwachsenen in dieser Altersstufe zu erwartende Reife noch nicht erreicht hat, sie aber bis zum Eintritt in das gesetzliche Erwachsenenalter von 21 Jahren noch erreichen kann, weil seine Entwicklung in den wesentlichen Zügen noch nicht abgeschlossen ist. Nur dann ist er noch einem Jugendlichen gleichzustellen. Stehen indes Reiferückstände nicht mehr im Vordergrund und hat der Heranwachsende vielmehr die einen jungen Erwachsenen kennzeichnende Ausformung erfahren, dann ist er nicht mehr einem Jugendlichen gleichzustellen. Die Entscheidung ist jeweils aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles zu treffen (BGH, Urteil vom 06.12.1988 – 1 StR 620/88, Rn. 4 a. E. nach juris).
Gemessen an diesem Maßstab war vorliegend nach der gebotenen Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklagten, seiner Biografie und der äußeren Umweltbedingungen zu dem hier maßgeblichen Tatzeitpunkten davon auszugehen, dass er noch einem Jugendlichen gleichstand.
In allen Lebensbereichen des Angeklagten sind deutliche Anzeichen einer Reifezögerung erkennbar. So ist maßgeblich zunächst zu bewerten, dass er bei Begehung der Taten bereits mehrjähriger Alkohol- und Drogenkonsument war. Schon dieser Umstand gebietet nach überwiegender Ansicht in aller Regel die Anwendung von Jugendstrafrecht, da durch den Rauschmittelmissbrauch die Ausreifung der Persönlichkeit und die Sozialisation erfahrungsgemäß regelmäßig behindert werden (vgl. Brunner/Dölling, in: Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl., § 105 Rn. 45; Eisenberg, JGG, 19. Aufl., § 105 Rn. 18 ff.). Zudem indiziert seine Biografie und insbesondere sein Lebenswandel im Teenageralter das Vorliegen von Entwicklungsdefiziten. So war die Mutter des Angeklagten bei der Erziehung ihres Sohnes bereits frühzeitig – schon mit Eintritt des Angeklagten in die Grundschule – so überfordert, dass er ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner Volljährigkeit in Jugendeinrichtungen verbringen musste und gerade nicht in einem stabilen Elternhaus aufgewachsen ist. Insbesondere seine mehrfachen, stationären Aufenthalte in der Kinder- und Jugendpsychiatrie schon im Grundschulalter und der Wechsel auf die Förderschule stellen deutliche Anzeichen für Entwicklungsverzögerungen bereits im Kindesalter dar, die aufgrund seiner Lese-Rechtschreibschwäche und des Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndroms noch begünstigt wurden. Auch in den folgenden Jahren setzte sich seine defizitär verlaufende Reifung weiter fort. Der Angeklagte wandte sich bereits zu Beginn der Pubertät regelmäßig dem Konsum von Alkohol und Betäubungsmitteln zu. Zudem musste er eine Klassenstufe in der Förderschule wiederholen und stand nach seinem erlangten Schulabschluss die berufsvorbereitende Maßnahme für eine Ausbildung zu seinem Wunschberuf als Koch überhaupt nur wenige Monate durch. Schließlich war der Bezug einer eigenen Wohnung in Wittenberge nach Eintritt in die Volljährigkeit nicht etwa Ausdruck einer wirtschaftlichen Verselbstständigung, sondern im Gegenteil ein naiver und unbedachter Versuch, endlich auf „eigenen Beinen zu stehen“, obgleich er hierzu – wie sich schnell zeigte – nicht ansatzweise in der Lage war. Stattdessen führte er seither einen als orientierungs- und perspektivlos zu bezeichnenden Lebenswandel im Kreise in etwa Gleichaltriger mit ähnlicher problematischer Vita. Er lebte ohne äußere Struktur in den Tag hinein, zu dessen festen Bestandteil allerdings der regelmäßige Konsum berauschender Mittel gehörte. Bestätigt wird die Einschätzung der Kammer schließlich durch den Umstand, dass für die Vermögenssorge des erwerbslosen Angeklagten, der seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit staatlichen Transferleistungen und Eigentums- und Vermögensstraftaten finanzierte, bereits wenige Monate nach dessen Volljährigkeit ein Betreuer bestellt werden musste.
Auch im persönlichen Erleben ist der Angeklagte – wovon sich die Kammer an insgesamt fünf Verhandlungstagen ein eigenes Bild machen konnte – hinsichtlich seines sprunghaften und situationsunangemessenen Auftretens, seiner mangelhaften Kompetenz für einen respektvollen Umgang mit anderen Menschen und seiner schlicht nicht vorhandenen Fähigkeit zur Selbstreflektion in keiner Hinsicht einem durchschnittlich entwickelten Heranwachsenden gleichzustellen. Da gleichwohl noch die Möglichkeit seiner Nachreifung besteht, ist mithin Jugendstrafrecht anzuwenden (vgl. Brunner/Dölling a.a.O, § 105 Rn. 23).
Gemäß § 17 Abs. 2 JGG war entsprechend dem abgestuften Sanktionssystem des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 JGG eine Jugendstrafe als einzig verhältnismäßige Sanktion zu verhängen. Dabei ist die Kammer von dem Vorliegen schädlicher Neigungen des Angeklagten ausgegangen.
Schädliche Neigungen in diesem Sinne sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Sie müssen schon vor der Tat angelegt gewesen sein und noch zum Urteilszeitpunkt bestehen; es müssen deshalb weitere Straftaten des Angeklagten zu befürchten sein (vgl. BGH, Beschluss vom 26.01.2016 – 3 StR 473/15, Rn. 4 nach juris).
Bei dem Angeklagten sind auch jetzt noch fortbestehende erhebliche, anlagebedingte und durch unzulängliche Erziehung hervorgerufene Persönlichkeitsmängel vorhanden. In den von ihm begangenen Straftaten kommt einerseits eine grundsätzliche Missachtung des Angeklagten in Bezug auf das Eigentum und das Vermögen Dritter und andererseits eine schnelle Bereitschaft zur Gewalttätigkeit zum Ausdruck. Wegen der verharmlosenden, geradezu normalisierenden Darstellung der Taten durch den Angeklagten in der Hauptverhandlung – soweit er sich hierzu eingelassen hat – ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass diese Mängel auch nach wie vor bestehen und der Angeklagte an der Begehung weiterer, ähnlich gelagerter Straftaten nur durch die Untersuchungshaft in dieser Sache gehindert wurde.
Bei der Bemessung der Höhe der Jugendstrafe hat der Kammer nach § 18 Abs. 1 Satz 1 JGG der Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zur Verfügung gestanden. Gemäß § 18 Abs. 2 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Dabei steht auch bei Heranwachsenden der Erziehungsgedanke hinsichtlich der Strafzumessung grundsätzlich im Vordergrund (vgl. BGH, Beschluss vom 10.11.1987 – 1 StR 591/87). Ausgehend hiervon hat die Kammer eine Jugendstrafe von zwei Jahren für angemessen erachtet, um dem zu Tage getretenen Erziehungsbedarf des Angeklagten gerecht zu werden.
Dabei hat sie sich von der Erwägung leiten lassen, dass zunächst zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen war, dass er sich bezüglich mehrerer Taten teil- oder vollgeständig eingelassen hat und lediglich erst einmal außerhalb dieses Verfahrens strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Zugunsten des Angeklagten ist die Kammer überdies davon ausgegangen, dass der Angeklagte die Straftaten überwiegend im Zustand alkohol- und betäubungsmittelbedingter Enthemmung beging und jedenfalls bezüglich der gefährlichen Körperverletzung am 25.12.2017 im Rahmen eines gruppendynamischen Geschehens zu der Tat hingerissen wurde. Bezüglich der Diebstähle mit Waffen hat die Kammer das Vorliegen der Voraussetzungen eines minder schweren Falles im Sinne des § 244 Abs. 3 StGB, der – anders als nach allgemeinem Strafrecht – im Jugendstrafrecht zwar keinen eigenen Strafrahmen eröffnet, jedoch bei der Bemessung der Jugendstrafe von Bedeutung sein kann (vgl. BGH, Beschluss vom 03.08.1993 – 1 StR 364/93, Rn. 4 nach juris), bedacht. Diese Möglichkeit hat die Kammer jedoch verworfen, da nach einer Gesamtwürdigung ein beträchtliches Überwiegen der strafmildernden Faktoren nicht festgestellt werden konnte.
Strafschärfend und einen hohen Erziehungsbedarf offenbarend hat die Kammer hingegen berücksichtigt, dass der Angeklagte im Rahmen der Diebstahlshandlungen in der „…“- und der „…“-Filiale die gefährlichen Werkzeuge nicht nur bei sich führte, sondern – soweit es die Gliederkette betrifft – keine Hemmungen zeigte, diese als Drohmittel sogar einzusetzen. Auch der hohe Sachschaden, den der Angeklagte im Zusammenwirken mit der K. und der W. im Rahmen des Diebstahls in dem Bahnhofsgebäude Wittenberge am 29.10.2017 verursachte, sowie die Tatsache, dass der Angeklagte hierbei das Regelbeispiel eines besonders schweren Fall des Diebstahls verwirklichte, waren negativ in die Gesamtbewertung einzustellen. Nachteilig wirkte sich schließlich die Anzahl der festgestellten Straftaten aus, die seine verinnerlichte Haltung offenbart, bedürfnisgeleitet und ohne erkennbare Rücksicht auf die Rechtsgüter anderer zu agieren.
Von einer – grundsätzlich wohl möglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 15.12.2000 – 5 StR 545/00) – Einbeziehung der noch nicht vollständig erledigten Geldstrafe aus dem rechtskräftigen Strafbefehl des AG Perleberg vom 15.12.2017 hat die Kammer abgesehen, da die hiermit sanktionierten Taten in einem vollkommen anderen situativen Zusammenhang begangen wurden, als die verfahrensgegenständlichen Taten, und die Einbeziehung für den Angeklagten im konkreten Fall wegen der damit einhergehenden Erhöhung der Jugendstrafe das höhere Gesamtübel dargestellt hätte.
In der Gesamtschau waren die verfahrensgegenständlichen Verfehlungen des Angeklagten als derart schwerwiegend und einen beträchtlichen Erziehungsbedarf offenbarend zu bewerten, dass nur eine empfindliche Jugendstrafe als angemessen und erzieherisch geboten in Betracht kam, die gleichwohl, da die Straftaten innerhalb einer verhältnismäßig kurzen kriminellen Episode begangen wurden, noch in der unteren Hälfte des vorgegebenen Strafrahmens verortet werden konnte.
Die verhängte Jugendstrafe konnte gemäß § 21 Abs. 2 JGG nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, da die Vollstreckung der Jugendstrafe zwingend geboten ist, um ausreichend erzieherisch auf den Angeklagten einzuwirken. Der Angeklagte zeigte sich in der Hauptverhandlung von der bisher erlittenen, mehrmonatigen Untersuchungshaft völlig unbeeindruckt und ließ keinerlei Ansätze für eine Aufarbeitung oder kritische Selbstreflektion der von ihm eingeräumten Taten erkennen. Darüber hinaus ist die Begehung neuer Straftaten schon deshalb ernsthaft zu befürchten, weil er ohne realistische, schulische oder berufliche Perspektiven in seinen ursprünglichen, aus ungebundenen und beschäftigungslosen Jugendlichen und jungen Erwachsenen bestehenden sozialen Empfangsraum in Wittenberge zurückkehrt, in dem der regelmäßige Betäubungsmittelkonsum und die Begehung von Straftaten zur Tagesordnung gehörten. In der Hauptverhandlung haben sich, auch nach Anhörung der Jugendgerichtshilfe, keine geeigneten Maßnahmen zur Ausgestaltung einer etwaigen Bewährung abgezeichnet, um angemessen auf den Angeklagten erzieherisch Einfluss zu nehmen und das zu Tage getretene Risiko der Begehung weiterer Straftaten seinerseits vertretbar zu minimieren. Vielmehr ist zur Überzeugung der Kammer die Vollstreckung der Jugendstrafe und die damit einhergehende konsequente erzieherische Einflussnahme auf den Angeklagten unter den Bedingungen des geschlossenen Jugendstrafvollzuges dringend für seine weitere Entwicklung geboten.
VI.
Einziehungsentscheidung
Die Kammer hat von einer Einziehung des Wertersatzes der Taterträge abgesehen, da der Angeklagte insoweit nicht mehr bereichert ist. Die Verhängung der in §§ 73 ff. StGB vorgesehenen Maßnahmen ist wegen der Verweisung in § 2 Abs. 2 JGG zwar auch bei Heranwachsenden zulässig, auf die Jugendstrafrecht angewendet wird (vgl. BGH, Urteil vom 17.06.2010 – 4 StR 126/10, Rn. 8 ff. nach juris zur Frage des Anwendung der Verfallsvorschriften nach altem Recht). Zwingend ist eine derartige Entscheidung nach Auffassung der Kammer jedenfalls nach der Neuregelung der §§ 73 ff. StGB durch das am 01.07.2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung jedoch nicht. Unter Berücksichtigung des in § 2 Abs. 1 Satz 2 JGG zum Ausdruck kommenden Grundsatzes, wonach sich die Rechtsfolgen im Jugendstrafrecht vorrangig an dem Erziehungsgedanken zu orientieren haben, kann eine Einziehung nach den Vorschriften des §§ 73 ff. StGB, die schon dem Gesetzeswortlaut nach bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zwingend anzuordnen ist, keine uneingeschränkte Anwendung finden. Die noch entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. z.B. BGH, 4 StR 126/10, Rn. 8 ff.), die maßgeblich unter anderem darauf abgestellt hatte, dass zur Vermeidung von Härtefällen der § 73c StGB a. F. als Korrektiv zur Verfügung steht, ist nach der Änderung der §§ 73 ff. StGB und insbesondere des ersatzlosen Wegfalls des § 73c StGB a.F. neu zu bewerten. Dies gilt umso mehr, als diese Frage offensichtlich bei der Gesetzesneufassung keine Berücksichtigung gefunden hat (vgl. Darstellung bei Eisenberg, JGG, 19. Aufl., § 6 Rn. 7 ff. m.w.N.). Für eine einzelfallbezogene Anwendung der §§ 73 ff. StGB im Jugendstrafrecht spricht auch die Existenz des § 15 Abs. 2 Nr. 2 JGG, wonach der Richter die Zahlung eines Geldbetrages nur anordnen soll, wenn Gewinn oder Entgelt aus der Tat noch vorhanden ist, der weitgehend obsolet wäre, wenn die Einziehung ohnehin ausnahmslos anzuordnen wäre. Darüber hinaus ist dem Jugendstrafrecht die Vorrangigkeit des Erziehungsgedankens auch bei nicht unmittelbar sanktionsbezogenen Entscheidungen nicht fremd, weshalb etwa auch nicht argumentiert werden kann, dass es sich bei der Anordnung der Wertersatzeinziehung nicht um eine Sanktion handele. So ist der Erziehungsgedanke etwa auch bei der Frage der Kostenauferlegung nach § 74 JGG ein bestimmender Faktor.
Gemessen an diesem Maßstab (in diesem Sinne auch schon zutreffend: LG Münster, Urteil vom 12.07.2018 – 10 Ns 14/18, Rn. 26 ff. nach juris; AG Frankfurt, Urteil vom 29.03.2018 – 905 Ds 4610 Js 218247/17, Rn. 22 ff. nach juris; AG Rudolstadt, Urteil vom 29.08.2018 – 312 Js 11104/17 – 1 Ds jug, Rn. 30 ff.) hat die Kammer aufgrund der besonderen Einzelfallumstände und vorrangig mit Blick auf die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 JGG vorliegend von einer Einziehungsentscheidung abgesehen. Der Angeklagte ist mittellos, ohne Ausbildung oder konkrete Berufsperspektive und wird aufgrund des Urteils auch nach Anrechnung der Untersuchungshaft noch eine mehrmonatige Haft antreten müssen. Vor diesem Hintergrund würde sich die zusätzliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes als schädliche und resozialisierungsfeindliche Belastung des Angeklagten erweisen, die diesen zur Überzeugung der Kammer nur zur erneuten Begehung von Eigentums- und Vermögensdelikten animieren würde.
VII.
Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 109 Abs. 2 Satz 1, 74 JGG.