Steuerhinterziehung verjährt – eine trügerische Sicherheit. Was viele nicht wissen: Die strafrechtliche Verfolgung endet bei einfacher Steuerhinterziehung nach fünf Jahren, bei besonders schweren Fällen jedoch erst nach 15 Jahren. Steueransprüche können noch Jahrzehnte später geltend gemacht werden. Finanzämter haben vielfältige Möglichkeiten, auch längst vergangene Steuerschulden einzutreiben. Es drohen hohe Nachzahlungen und Zinsen.
Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Grundlagen der Verjährung bei Steuerhinterziehung
- Strafrechtliche Verjährung bei Steuerhinterziehung
- Benötigen Sie Hilfe?
- Steuerliche Festsetzungsverjährung bei Steuerhinterziehung – 10-Jahres-Frist
- Die Rolle der Selbstanzeige im Zusammenhang mit der Verjährung
- Häufige praktische Fragestellungen zur Verjährung
- Aktuelle Rechtsentwicklungen und Gesetzesänderungen
- Rechtliche Risiken und praktische Auswirkungen für Betroffene

Das Wichtigste: Kurz & knapp
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Strafrecht vs. Steuerrecht:
Es gibt eine getrennte Betrachtung: Strafrechtliche Verjährung (5 oder 15 Jahre) und steuerliche Festsetzungsverjährung (10 Jahre bei Steuerhinterziehung). -
Einfache und besonders schwere Fälle:
- Einfache Steuerhinterziehung: Verjährung im Strafrecht nach 5 Jahren.
- Besonders schwerer Fall: Verjährung im Strafrecht bis 15 Jahre (z. B. ab 50.000 Euro Hinterziehungsvolumen).
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Beginn der Verjährungsfrist:
- Strafrechtlich: Mit Beendigung der Tat (i. d. R. Zugang des falschen Steuerbescheids).
- Steuerlich: Mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung abgegeben wurde (bzw. Ende des dritten Folgejahres ohne Abgabe).
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Unterbrechung und Hemmung:
- Durch bestimmte Ermittlungsmaßnahmen (z. B. Durchsuchungsbeschluss) kann die Frist neu beginnen.
- Hemmungen „pausieren“ den Fristablauf vorübergehend (etwa bei einer Außenprüfung).
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Selbstanzeige:
- Muss alle unverjährten Taten umfassen, sonst ist sie unwirksam.
- Strafbefreiung setzt eine korrekte, vollständige Angabe aller Daten voraus.
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Finanzielle Konsequenzen:
- Nachzahlungen plus 6 % Hinterziehungszinsen pro Jahr können hohe Summen erreichen.
- Strafrechtlich drohen Geld- und Freiheitsstrafen bis 10 Jahre bei besonders schweren Fällen.
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Absolute Verjährung:
- Kann sich bei schwerwiegenden Delikten (z. B. bandenmäßige Hinterziehung) auf mehrere Jahrzehnte erstrecken.
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Praxisrelevanz:
- Trotz strafrechtlicher Verjährung bleibt eine steuerliche Nachforderung oft länger möglich.
- Komplexe Fälle (z. B. international) erfordern intensive Ermittlungen mit oft langem Vorlauf.
Grundlagen der Verjährung bei Steuerhinterziehung
Die steuerrechtlichen Vorschriften zur Verjährung bei Steuerhinterziehung gehören zu den komplexesten Regelungen im deutschen Steuerrecht. Für Steuerpflichtige, Berater und auch Behörden ist es von entscheidender Bedeutung, die unterschiedlichen Verjährungsfristen und deren Rechtsfolgen zu kennen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der weitreichenden strafrechtlichen und finanziellen Konsequenzen.
Definition der Steuerhinterziehung und Relevanz der Verjährung
Von Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO spricht man, wenn jemand vorsätzlich durch falsche Angaben oder das Verschweigen steuerlich relevanter Tatsachen Steuern verkürzt. Ein wesentliches Merkmal ist dabei der Vorsatz – also das bewusste und gewollte Handeln. Dies unterscheidet die Steuerhinterziehung von der leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO.
Die Verjährung spielt bei der Steuerhinterziehung eine zentrale Rolle. Sie bestimmt den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen eine strafrechtliche Verfolgung möglich ist und Steuern nachgefordert werden können. Bei einfacher Steuerhinterziehung beträgt die Verjährungsfrist 5 Jahre, bei besonders schweren Fällen 15 Jahre. Auch wenn eine Tat strafrechtlich bereits verjährt ist, können steuerliche Nachforderungen weiterhin bestehen.
Unterschiede zwischen strafrechtlicher Verjährung und steuerlicher Festsetzungsverjährung
Die strafrechtliche Verjährung regelt, wie lange eine Steuerhinterziehung strafrechtlich verfolgt werden kann. Die Grundfrist beträgt 5 Jahre für einfache Fälle. Bei besonders schweren Fällen, insbesondere wenn der Steuerschaden 25.000 Euro übersteigt, verlängert sich die Frist auf 15 Jahre. Diese verlängerte Frist wurde durch das Jahressteuergesetz 2020 zum 29.12.2020 eingeführt. Die Verjährung beginnt mit der Tatbeendigung, also in der Regel mit dem Zugang des Steuerbescheids.
Die steuerliche Festsetzungsverjährung hingegen bestimmt den Zeitraum, in dem das Finanzamt noch Steuern nachfordern kann. Bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung beträgt diese Frist 15 Jahre. Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist oder die Steuererklärung eingereicht wurde. Besonders bedeutsam: Anders als bei der strafrechtlichen Verjährung gibt es keine absolute zeitliche Grenze für steuerliche Nachforderungen.
Der Beginn der Verjährungsfristen und mögliche Unterbrechungen sind genau definiert. Eine Unterbrechung der Verjährung erfolgt beispielsweise durch Ermittlungshandlungen der Steuerbehörden. In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Die finanziellen Folgen können auch nach strafrechtlicher Verjährung erheblich sein. Neben der Steuernachzahlung fallen Zinsen in Höhe von 6% pro Jahr an. Diese Verzinsung kann bei längeren Zeiträumen die ursprüngliche Steuerschuld deutlich übersteigen.
Bei nachweisbarem Vorsatz und hohen Hinterziehungsbeträgen drohen zudem empfindliche Strafen. Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist nur möglich, solange die Tat nicht verjährt ist und weitere gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sind.
Strafrechtliche Verjährung bei Steuerhinterziehung
Die strafrechtliche Verjährung bei Steuerhinterziehung bestimmt den Zeitraum, innerhalb dessen eine Strafverfolgung möglich ist. Anders als die steuerrechtliche Festsetzungsverjährung, die sich auf die Steuerfestsetzung bezieht, regelt sie ausschließlich die strafrechtlichen Konsequenzen einer Steuerhinterziehung.
Regelverjährung nach § 78 StGB: Fristen und Voraussetzungen
Bei der einfachen Steuerhinterziehung gilt eine Verjährungsfrist von 5 Jahren. Diese Frist beginnt jedoch nicht etwa mit der Abgabe einer falschen Steuererklärung, sondern erst mit der Beendigung der Tat. Der Zeitpunkt der Tatbeendigung ist regelmäßig die Bekanntgabe des aufgrund falscher Angaben zu niedrig festgesetzten Steuerbescheids.
Reicht beispielsweise ein Unternehmer im März 2023 eine manipulierte Umsatzsteuererklärung ein und erhält er den darauf basierenden fehlerhaften Bescheid im Mai 2023, beginnt die Verjährungsfrist erst im Mai 2023 zu laufen.
Verlängerte Verjährungsfristen bei besonders schweren Fällen
Bei besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 AO gilt eine verlängerte Verjährungsfrist von 15 Jahren. Dies betrifft insbesondere:
- Steuerhinterziehung in großem Ausmaß (ab 50.000 Euro pro Jahr)
- Bandenmäßige Steuerhinterziehung
- Gewerbsmäßiges Handeln
- Missbrauch der Amtsstellung durch einen Amtsträger
Diese verlängerte Frist gilt unabhängig davon, wann die Finanzbehörden von der Tat Kenntnis erlangen. Selbst bei mehrfachen Unterbrechungen der Verjährung tritt die absolute Verfolgungsverjährung spätestens nach 42,5 Jahren (Monatsbericht des BMF) ein.
Hemmung und Unterbrechung der Verjährung
Die strafrechtliche Verjährung kann durch bestimmte Ereignisse unterbrochen oder gehemmt werden. Eine Unterbrechung bedeutet, dass die Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt. Dies geschieht beispielsweise durch:
- Die erste Vernehmung des Beschuldigten
- Den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses
- Die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens
Eine Hemmung dagegen führt dazu, dass der Zeitablauf der Verjährung vorübergehend „eingefroren“ wird. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Rechtshilfeersuchen an ausländische Behörden gestellt wird.
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Steuerliche Festsetzungsverjährung bei Steuerhinterziehung – 10-Jahres-Frist
Die steuerliche Festsetzungsverjährung bestimmt den Zeitraum, innerhalb dessen das Finanzamt Steuern festsetzen oder einen Steuerbescheid ändern kann. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Steuerfestsetzung nicht mehr möglich – der Steuerpflichtige erlangt dadurch Rechtssicherheit. Diese steuerrechtliche Verjährung ist strikt von der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung zu unterscheiden. Während die reguläre Festsetzungsfrist vier Jahre beträgt, verlängert sie sich bei Steuerhinterziehung auf zehn Jahre.
Fristen der Festsetzungsverjährung
Die Dauer der Festsetzungsfrist richtet sich nach der Art der Steuer und der Schwere eines eventuellen Steuerverstoßes. Das Gesetz sieht in § 169 AO folgende Abstufung vor:
- 1 Jahr für Verbrauchsteuern
- 4 Jahre für die meisten Steuerarten (z.B. Einkommensteuer)
- 5 Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung
- 10 Jahre bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung
Die verlängerten Fristen von fünf bzw. zehn Jahren gelten jeweils für die konkret betroffenen Steuerpositionen. Verschiedene Positionen in einer Steuererklärung können dabei unterschiedlichen Verjährungsfristen unterliegen, je nachdem ob und in welcher Form ein Steuerverstoß vorliegt.
Fristbeginn und Fristverlauf
Der Beginn der Festsetzungsfrist ist in § 170 AO geregelt. Grundsätzlich beginnt die Frist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Bei Pflichtveranlagungen gilt jedoch eine wichtige Besonderheit: Die Frist beginnt erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird. Wurde bei einer Pflichtveranlagung keine Erklärung abgegeben, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist (Anlaufhemmung).
Hemmung der Verjährung
Die Verjährungsfrist kann durch verschiedene Ereignisse nach § 171 AO gehemmt werden. Während der Hemmung läuft die Frist nicht weiter. Zu den wichtigsten Hemmungsgründen zählen:
- Höhere Gewalt in den letzten sechs Monaten der Verjährungsfrist
- Offenbare Unrichtigkeiten im Steuerbescheid
- Einsprüche oder Änderungsanträge des Steuerpflichtigen
- Durchführung einer Außenprüfung
- Vorläufige Steuerfestsetzungen
Die Hemmung verlängert die Verjährungsfrist um den Zeitraum des jeweiligen Hemmungsgrundes. Bei einer Außenprüfung ist die Verjährung für die Dauer der Prüfung gehemmt, sofern diese nicht für mehr als sechs Monate aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.
Die Rolle der Selbstanzeige im Zusammenhang mit der Verjährung
Die strafbefreiende Selbstanzeige stellt ein wichtiges Instrument dar, um bei Steuerhinterziehung nachträglich Straffreiheit zu erlangen. Ihre Wirksamkeit hängt dabei entscheidend vom Zusammenspiel mit den Verjährungsvorschriften ab.
Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige gemäß § 371 AO
Das Vollständigkeitsgebot des § 371 Abs. 1 AO bildet den zentralen Dreh- und Angelpunkt einer wirksamen Selbstanzeige. Der Steuerpflichtige muss alle unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart für mindestens die letzten 15 Kalenderjahre offenlegen.
Die praktische Umsetzung dieses Vollständigkeitsgebots gestaltet sich häufig schwierig. Fehlende oder unvollständige Unterlagen, besonders bei komplexen Sachverhalten wie internationalen Kapitalanlagen, stellen erhebliche Hürden dar.
Wichtig: Eine unvollständige Selbstanzeige ist insgesamt unwirksam. Bereits kleine Auslassungen können die strafbefreiende Wirkung zunichtemachen.
Bedeutung der Verjährung bei der Offenlegung
Das Zusammenspiel zwischen strafrechtlicher Verfolgungsverjährung und steuerlicher Festsetzungsverjährung erfordert besondere Aufmerksamkeit. Die strafrechtliche Verfolgung verjährt bei einfacher Steuerhinterziehung nach 5 Jahren, bei besonders schweren Fällen jedoch erst nach 15 Jahren, während sich die steuerliche Festsetzungsverjährung auf 10 Jahre erstreckt.
Ein Beispiel verdeutlicht die Komplexität: Wurde im Jahr 2015 Einkommensteuer hinterzogen, kann die Tat je nach Schwere bis 2030 strafrechtlich verfolgt werden. Dennoch muss diese Hinterziehung in einer 2023 eingereichten Selbstanzeige zwingend offengelegt werden, da sie innerhalb des 10-Jahres-Zeitraums liegt.
Risiken und Konsequenzen bei unvollständiger Selbstanzeige
Eine unvollständige Selbstanzeige entfaltet keinerlei strafbefreiende Wirkung. Dies gilt mit Ausnahme einer Toleranzgrenze von maximal 5% Abweichung vom Verkürzungsbetrag. Die gemachten Angaben können als Geständnis gewertet werden und ermöglichen den Steuerbehörden gezielte Ermittlungen.
Die finanziellen Folgen sind erheblich. Neben der Nachzahlung der hinterzogenen Steuern fallen Hinterziehungszinsen von 6% pro Jahr an. Diese Zinspflicht erstreckt sich auf alle nicht verjährten Zeiträume.
- Unvollständige Offenlegung der relevanten Zeiträume
- Übersehen einzelner steuerpflichtiger Einkünfte
- Verspätete Zahlung der Steuern und Zinsen
Eine nachträgliche Korrektur oder Ergänzung der Selbstanzeige ist grundsätzlich nicht möglich. Es gilt das Prinzip „Ein Schuss – ein Treffer“.
Die besondere Herausforderung liegt in der praktischen Umsetzung des Vollständigkeitsgebots. Eine sorgfältige Aufarbeitung aller relevanten Unterlagen und die präzise Ermittlung sämtlicher steuerrelevanter Sachverhalte sind unerlässlich.
Häufige praktische Fragestellungen zur Verjährung
Berechnungsbeispiele aus der Praxis: Steuererklärung abgegeben vs. nicht abgegeben
Die steuerliche Verjährungsfrist ist ein komplexes Thema, das sich am besten anhand konkreter Beispiele erläutern lässt. Grundsätzlich beträgt die reguläre Festsetzungsfrist vier Jahre, deren Berechnung sich jedoch je nach Abgabe der Steuererklärung unterschiedlich gestaltet.
Bei fristgerechter Abgabe der Steuererklärung beginnt die Verjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung eingereicht wurde. Beispiel: Wird die Steuererklärung für 2022 im Jahr 2023 abgegeben, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2023 und endet am 31.12.2027.
Bei Pflichtveranlagungen beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, für das die Steuererklärung abzugeben ist. Bei Antragsveranlagungen nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gilt grundsätzlich eine 4-jährige Abgabefrist.
Wechselwirkungen zwischen strafrechtlicher und steuerlicher Verjährung
Die Wechselwirkung zwischen Strafrecht und Steuerrecht zeigt sich besonders deutlich bei der Verjährung. Während die strafrechtliche Verfolgung von Steuerstraftaten nach fünf Jahren verjährt, kann das Finanzamt bei einer Steuerhinterziehung noch bis zu zehn Jahre nach Tatbegehung Steuern festsetzen.
Bei schweren Fällen der Steuerhinterziehung verlängert sich die Verjährungsfrist in beiden Rechtsbereichen auf 15 Jahre. Dies betrifft insbesondere Fälle mit einem Steuerschaden von über 50.000 Euro sowie weitere in § 370 Abs. 3 AO normierte Regelbeispiele wie bandenmäßige Begehung.
Handhabung verjährter Steuern und gesetzliche Aufbewahrungspflichten
Nach Eintritt der Verjährung können Steuerforderungen nicht mehr durchgesetzt werden. Die reguläre Festsetzungsverjährung beträgt vier Jahre, bei Steuerhinterziehung verlängert sich diese auf zehn Jahre.
Für die Aufbewahrung von Steuerunterlagen gelten je nach Art der Dokumente unterschiedliche gesetzliche Fristen: Geschäftsbücher und Aufzeichnungen sind zehn Jahre, andere steuerrelevante Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren. Für Privatpersonen wird eine Aufbewahrung von mindestens vier Jahren empfohlen.
Praxishinweis zur Dokumentation: Die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen sind strikt einzuhalten. Für Geschäftsunterlagen und Buchungsbelege gelten ab 2025 neue verkürzte Fristen von acht Jahren.
Aktuelle Rechtsentwicklungen und Gesetzesänderungen
Verlängerte Verjährungsfristen für schwerwiegende Fälle
Die strafrechtliche Verfolgung von Steuerstraftaten wurde durch das Jahressteuergesetz 2020 deutlich verschärft. Der Gesetzgeber hat die Verjährungsfrist bei besonders schwerer Steuerhinterziehung von 10 auf 15 Jahre verlängert. Diese Verschärfung reagiert auf die zunehmende Komplexität internationaler Steuerdelikte und deren aufwändige Ermittlung.
Ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung liegt vor, wenn der Steuerschaden 50.000 Euro übersteigt. Die verlängerte Frist von 15 Jahren gilt für alle in § 370 Abs. 3 Nr. 1-6 AO benannten Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung, einschließlich bandenmäßiger Steuerhinterziehung und der gewerbsmäßigen Verwendung ausländischer Briefkastenfirmen.
Der Gesetzgeber hat diese Regelung bewusst mit Rückwirkung ausgestattet – sie gilt für alle Taten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht verjährt waren. Dies bedeutet eine erhebliche Ausweitung des Verfolgungszeitraums, insbesondere bei komplexen Ermittlungsverfahren.
Neue Regelungen zur absoluten Verjährung und deren Bedeutung
Die absolute Verjährungsfrist markiert den äußersten Zeitpunkt, nach dem eine Strafverfolgung ausgeschlossen ist – unabhängig von zwischenzeitlichen Unterbrechungen durch Ermittlungsmaßnahmen. Bei besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung beträgt sie das 2,5-fache der regulären Verjährungsfrist, also 37,5 Jahre.
Diese lange Frist kann sich in bestimmten Fällen sogar auf 42,5 Jahre verlängern, etwa wenn Anklage vor dem Landgericht erhoben wird. Dies unterstreicht die besondere Bedeutung, die der Gesetzgeber der Verfolgung schwerer Steuerdelikte beimisst.
Beispiele für verschärfte Gesetzesvorgaben
Die Verlängerung der Verjährungsfristen wurde maßgeblich durch den Cum-Ex-Skandal beeinflusst. Bei diesen Geschäften wurden durch komplexe Aktientransaktionen Steuererstattungen mehrfach geltend gemacht. Die verlängerten Fristen ermöglichen es den Ermittlungsbehörden, auch Jahre später noch tätig zu werden.
Die neuen Verjährungsregelungen geben den Behörden mehr Zeit für die Aufklärung komplexer Steuerstraftaten.
Die Finanzämter können auch bei steuerlich bereits verjährten Fällen noch Vermögenswerte einziehen. Diese Möglichkeit der nachträglichen Vermögensabschöpfung unterstützt die Wirksamkeit der verlängerten Verjährungsfristen.
Rechtliche Risiken und praktische Auswirkungen für Betroffene
Die Folgen einer Steuerhinterziehung können weitreichend sein und sich sowohl im strafrechtlichen als auch im steuerrechtlichen Bereich manifestieren. Betroffene müssen sich dabei mit drei zentralen Risikobereichen auseinandersetzen: den strafrechtlichen Konsequenzen, den finanziellen Folgen sowie den Verjährungsrisiken.
Strafrechtliche Konsequenzen: Geldstrafen und Freiheitsstrafen
Der Gesetzgeber sieht bei Steuerhinterziehung nach § 370 AO ein differenziertes Sanktionssystem vor. Bei einfacher Steuerhinterziehung droht eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder eine Geldstrafe. Die Höhe der Geldstrafe bemisst sich nach dem Tagessatzsystem. Die Tagessätze können zwischen 1 und 5.000 Euro liegen und richten sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters.
Bei besonders schweren Fällen nach § 370 Abs. 3 AO erhöht sich der Strafrahmen auf bis zu 10 Jahre Freiheitsstrafe. Als besonders schwer gelten die gewerbsmäßige Steuerhinterziehung, die Hinterziehung in großem Ausmaß, der Missbrauch durch Amtsträger, die Verwendung gefälschter Belege sowie die bandenmäßige Steuerhinterziehung.
- Bis 50.000 Euro: In der Regel Geldstrafe
- Über 50.000 Euro: Freiheitsstrafe, meist zur Bewährung
- Über 1 Million Euro: Regelmäßig Freiheitsstrafe ohne Bewährung
Zentral für die strafrechtliche Beurteilung ist der Vorsatz. Dies bedeutet, dass der Täter die Steuerverkürzung zumindest billigend in Kauf nimmt. Selbst wenn ein Steuerberater eingeschaltet war, schließt dies einen Vorsatz nicht automatisch aus.
- Bis 50.000 Euro: In der Regel Geldstrafe
- Über 50.000 Euro: Freiheitsstrafe, meist zur Bewährung
- Über 1 Million Euro: Regelmäßig Freiheitsstrafe ohne Bewährung
Zentral für die strafrechtliche Beurteilung ist der Vorsatz. Dies bedeutet, dass der Täter die Steuerverkürzung zumindest billigend in Kauf nimmt. Selbst wenn ein Steuerberater eingeschaltet war, schließt dies einen Vorsatz nicht automatisch aus.
Finanzielle Auswirkungen: Nachzahlungen, Zinsen und steuerliche Nachteile
Die finanziellen Folgen einer Steuerhinterziehung gehen weit über die strafrechtlichen Sanktionen hinaus. Die hinterzogenen Steuern müssen vollständig nachgezahlt werden, wobei der Nachzahlungszeitraum bis zu 10 Jahre betragen kann.
Zusätzlich fallen Hinterziehungszinsen in Höhe von 6% pro Jahr an. Diese werden ab dem Zeitpunkt der Steuerverkürzung berechnet und können die Nachzahlungssumme erheblich erhöhen. Bei der Festsetzung von Hinterziehungszinsen müssen sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt sein.
Wichtige Aspekte für eine rechtzeitige Einschätzung der Verjährungsrisiken
Die Verjährungsfristen im Steuerstrafrecht unterscheiden sich grundlegend von der steuerlichen Festsetzungsverjährung. Strafrechtlich verjährt die einfache Steuerhinterziehung nach 5 Jahren, schwere Fälle nach 15 Jahren. Die steuerrechtliche Festsetzungsverjährung beträgt bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung 10 Jahre.
Im Strafrecht beginnt die Verjährung mit der Beendigung der Tat, was bei Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Steuerbescheids ist. Steuerrechtlich ist das Ende des Kalenderjahrs der Steuererklärung maßgeblich.
Die Verjährung kann durch verschiedene Maßnahmen gehemmt oder unterbrochen werden. Hierzu zählen etwa Durchsuchungsmaßnahmen oder die Einleitung eines Strafverfahrens. In Extremfällen kann dies zu einer absoluten Verjährungsfrist von bis zu 37,5 Jahren führen.