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Verhängung einer Geldstrafe wegen Misshandlung einer Kuh

Tierschutz in der Landwirtschaft: Ein Fall von Kuhmisshandlung

Ein Landwirt wurde für das Misshandeln einer Kuh mit einer Geldstrafe belegt. Der Fall, der vor dem Amtsgericht Olpe verhandelt wurde, betraf die Anwendung des Tierschutzgesetzes sowie relevanter strafprozessualer Vorschriften. Der Angeklagte, ein Landwirt, wurde für schuldig befunden, eine Kuh mehrfach misshandelt zu haben, was klar durch Videoaufzeichnungen dokumentiert wurde. Die Misshandlungen bestanden aus wiederholten Schlägen mit einem Stock auf verschiedene Körperteile des Tieres.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 52 Ds 222/20 >>>

Misshandlungen im Detail

Der Angeklagte schlug wiederholt mit einem Stock auf das Tier ein, was auf einer Videoaufzeichnung festgehalten wurde. Diese Aufzeichnung diente als Hauptbeweismittel gegen den Angeklagten, und widerlegte seine Behauptung, er hätte sich nur verteidigt. Die Aufnahmen zeigten deutlich, dass er die Kuh auf verschiedenste Körperteile schlug und stach, einschließlich der verletzten Bereiche, mit dem Ziel, das Tier zum Vorwärtslaufen zu zwingen.

Auswirkungen auf das Tier

Die Misshandlungen dauerten mehrere Minuten an und führten zu offensichtlichen Verhaltensänderungen bei der Kuh, darunter veränderte Bewegungsabläufe und Anzeichen von Schmerz und Unbehagen. Diese Verhaltensänderungen dienten als Indikatoren für den erlittenen Schmerz und das Leid des Tieres und zeigten auf, dass der Fall keinesfalls als Bagatelle anzusehen war.

Bewertung des Angeklagtenverhaltens

Die Verteidigung des Angeklagten, er hätte aus einer notwendigen und menschlichen Perspektive gehandelt, wurde vom Gericht abgelehnt. Die Misshandlungen wurden als roh und gefühllos eingestuft, da der Angeklagte offensichtlich das Leiden des Tieres ignorierte. Dass der Angeklagte die Tat als Landwirt beging, der mit dem Verhalten und den Bedürfnissen von Kühen vertraut sein sollte, wertete das Gericht zu seinen Ungunsten.

Abschließende Urteilsbegründung

Trotz des Bedauerns des Angeklagten während der Hauptverhandlung wog das Gericht die Tat und deren Umstände schwer. Die Tatsache, dass die Misshandlungen über einen längeren Zeitraum stattfanden und das Leiden des Tieres dabei in Kauf genommen wurde, führte zur Verurteilung des Angeklagten […]


Das vorliegende Urteil

AG Olpe – Az.: 52 Ds 222/20 – Urteil vom 23.11.2020

Der Angeklagte wird wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 30,00 EUR verurteilt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner eigenen notwendigen Auslagen.

Angewendete Vorschriften: § 17 Nr. 2 a TierSchG, § 465 StPO

Gründe

I.

Verhängung einer Geldstrafe wegen Misshandlung einer Kuh
Landwirt wegen fortgesetzter Misshandlung einer Kuh verurteilt; Videoaufzeichnungen belegen Ignoranz gegenüber dem Tierleid. (Symbolfoto: Studio Romantic /Shutterstock.com)

Der am … geborene Angeklagte ist Bio-Landwirt und arbeitete außerdem bis zum Frühjahr … als Bezirksleiter bei einer Bausparkasse. Letztere Tätigkeit hat der Angeklagte aufgrund der Corona-Pandemie aufgegeben. Ob er die Tätigkeit wieder aufnehmen wird, ist unklar. Der Angeklagte lebt derzeit von den Einnahmen aus seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit, die im Jahr etwa 8.000,00 bis 10.000,00 Euro betragen. Der Angeklagte hatte zuvor aus seiner Tätigkeit bei der Bausparkasse noch zusätzlich etwa 2.000,00 bis 2.500,00 Euro monatlich verdient. Außerdem erhält der Angeklagte Pflegegeld in Höhe von 544,00 Euro monatlich.

Der Angeklagte ist geschieden und hat ein Kind im Alter von 7 Jahren, das bei der Kindesmutter lebt. Der Angeklagte zahlt einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 322,00 Euro.

Ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszuges vom … ist der Angeklagte strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten.

II.

Aufgrund der durchgeführten Hauptverhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts folgender Sachverhalt fest:

Am … gegen 12:00 Uhr brachte der Angeklagte ein weibliches Rind zum Schlachthof … GmbH. Der Angeklagte hatte zu diesem Zeitpunkt bereits seit einigen Jahren keine Tiere mehr in diesem Schlachthof schlachten lassen, sondern fuhr seine Tiere grundsätzlich zu einem weiter entfernten Schlachthof. Am Tattag fuhr er die in Rede stehende Kuh zum …, da der Kuh aufgrund von Verletzungen ein längerer Transport erspart werden sollte. Nachdem die Kuh zuvor von einem Tierarzt geröntgt worden war, hatte dieser geäußert, dass die Kuh zeitnah geschlachtet werden müsse.

Die Kuh hatte zu diesem Zeitpunkt eine Verletzung am rechten Vorderlauf. Es war eine deutliche Umfangsvermehrung am Gelenk zu erkennen. Aufgrund dieser Verletzung lahmte die Kuh und trat mit dem rechten Vorderlauf während des gesamten nachfolgend geschilderten Geschehensablaufs nicht auf.

Der Angeklagte fuhr mit seinem Pkw mit Anhänger an die Verladerampe, die direkt in das Gebäude des Schlachthofs führt. Die Kuh befand sich auf dem Anhänger. Nachdem der Angeklagte die neben der Rampe befindlichen Zaunteile so zurecht gerückt hatte, dass die Kuh den Hänger nur auf die Rampe verlassen konnte, öffnete der Angeklagte die Klappe am Anhänger. Daraufhin stand die Kuh auf, was trotz gut ausgestreutem Anhängerboden einige Anläufe brauchte. Als der Angeklagte der Kuh ein paar Mal mit der Hand einen leichten Stoß an das Gesäß der Kuh gegeben hatte, ging diese vom Hänger auf die Rampe und lief bis fast oben an die Tür zum Schlachthof, die jedoch geschlossen war. Dem Angeklagten, der sich auf dem Schlachthof nicht auskannte, war nicht bewusst, dass er die Tür selbst öffnen konnte und sollte. Die Kuh blieb zunächst oben an der Rampe stehen. Sodann kam ein Mitarbeiter des Schlachthofs, schwang sich neben der Kuh über den Zaun und öffnete die Tür zum Gebäude.

Die Kuh drehte sich daraufhin um und ging wieder in Richtung des Anhängers. Der Angeklagte hatte nunmehr die Klappe vom Anhänger wieder geschlossen, sodass die Kuh unten auf der schrägen Rampe vor dem Anhänger stehen blieb. Der Angeklagte, der neben dem Anhänger stand, trat sodann mit seinem Fuß in Richtung des Kopfes der Kuh, die diesen daraufhin wegdrehte. Nach einem leichten Klaps mit der Hand auf das Hinterteil der Kuh, ging der Angeklagte zu seinem Pkw und holte dort einen ca. 1,50 Meter langen Stock heraus. Der Angeklagte stieß mit dem Stock zunächst in Richtung der linken Seite und in Richtung des Kopfes der Kuh, die quer auf der Rampe stand. Nachdem die Kuh sich in Laufrichtung zum Gebäude gedreht hatte, stieß der Angeklagte mit dem Stock an die hinteren Gliedmaßen und unter den Bauch der Kuh, sodann schlug er mit dem Stock auf den hinteren Rücken und stach damit in die rechte Seite der Kuh. Nachdem er ihr nochmals unter den Bauch geschlagen hatte, schlug er mindestens drei Mal mit dem Stock gezielt an die rechte vordere – verletzte – Gliedmaße der Kuh. Sodann stieß er ihr mit dem Stock in den Bauch und in die rechte Seite, woraufhin die Kuh ihren Kopf schüttelte. Der Angeklagte schlug sodann weiter mehrfach unter den Bauch der Kuh, stach mit dem Stock in die rechte Seite der Kuh und stieß in Richtung des Kopfes, bevor er nochmals auf das Hinterteil der Kuh schlug. Die Kuh zeigte während dieser Prozedur Schmerzreaktionen, indem sie etwa versuchte, den Schmerz auslösenden Schlägen und Stoßen auszuweichen und ihren Kopf schüttelte.

Der Angeklagte verließ sodann seinen Platz neben dem Anhänger und ging mit dem Stock auf die andere Seite des Anhängers. Dort blieb er zunächst hinter dem Zaun und schlug mit dem Stock, den er nunmehr in beiden Händen festhielt, durch das Gitter auf die Rückseite des Tieres. Die Kuh drehte sich daraufhin mit dem Kopf zur entgegengesetzten Seite, woraufhin der Angeklagte auf diese Seite lief und mit dem Stock auf das Gatter und den Kopf der Kuh schlug, was diese dazu veranlasste, sich erneut umzudrehen. Der Angeklagten stieß mit dem Stock gegen die Gliedmaßen der Kuh, woraufhin diese leicht taumelte. Die Kuh erlitt durch dieses Schlagen und Stoßen mit dem Stock erhebliche Schmerzen.

Der Angeklagte stellte sich nun auf eine Sprosse des Zauns, sodass er deutlich über der Kuh stand, die nunmehr wieder in Laufrichtung zum Gebäude auf der schrägen Rampe stand. Der Angeklagte schlug der Kuh zunächst einmal einhändig mit dem Stock auf den hinteren Rücken, sodann nahm er den Stock in beide Hände und schlug von oben erneut auf den hinteren Rücken der Kuh. Sodann stieß er mit dem Stock, den er weiterhin in beiden Händen hielt, mehrfach in die linke Seite der Kuh. Nachdem er dem Tier noch mehrere Male mit dem Stock auf das Hinterteil geschlagen hatte, schlug er ihr mehrfach in die linke Seite und einmal auf den Nacken. Sodann schlug der Angeklagte der Kuh mit Schwung mehrfach in die Seite und auf den gesamten Rücken. Die Kuh stand während dieser Prozedur nahezu unverändert auf der Rampe und bewegte lediglich ab und an den Kopf in Richtung des Angeklagten. Die Kuh erlitt währenddessen .

Der Angeklagte begab sich sodann vom Zaun herunter und erneut auf die andere Seite des Anhängers und schlug mit dem Stock zunächst mehrfach gegen die hinteren Gliedmaßen des Tieres. Der Angeklagte öffnete dann den Zaun etwas und begab sich direkt vor die Rampe, auf der die Kuh stand. Nachdem der Angeklagte der Kuh mit dem in beiden Händen gehaltenen Stock von oben herab auf den Rücken schlug, drehte sich die Kuh um und kam mit gesenktem Kopf auf den Angeklagten zu, der nochmals auf den Nacken- und Kopfbereich des Tieres schlug. Es gelang dem Angeklagten sich hinter den Zaun zu flüchten und gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Schlachthofs den Zaun zuzuschlagen. Der Angeklagte stieß sodann mit dem Stock durch den Zaun in Richtung des Kopfes der Kuh, die sich daraufhin wegdrehte und sich auf die andere Seite der Rampe stellte. Der Angeklagte öffnete den Zaun daraufhin wieder und ging an die Rampe, von wo aus er der Kuh weitere Schläge mit dem Stock auf den Rücken und die Seite versetzte. Bei einem dieser Schläge splitterte ein Teil des Stocks ab. Das abgebrochene Stück warf der Angeklagte in den Anhänger und setzte seine Schläge und Stöße gegen die Kuh mit dem verbliebenen Stockteil fort. Nachdem er nochmals gegen Rücken und Seite der Kuh geschlagen hatte, schlug er mehrmals gezielt gegen die Verletzung an dem rechten Vorderlauf der Kuh, woraufhin diese erneut taumelte und erhebliche  erlitt. Der Angeklagte schlug weiter auf das verletzte Bein der Kuh, was diese schließlich dazu brachte, vorwärts zu laufen. Nach einigen weiteren Schlägen mit dem Stock auf Rücken und Hinterteil sowie Hinterläufe der Kuh lief diese schließlich in das Gebäude des Schlachthofs, woraufhin der Angeklagte die Tür von außen schloss.

III.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf den entsprechenden Angaben des Angeklagten sowie dem in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom ….

Die Feststellungen zum Tatgeschehen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, sowie den Bekundungen des Zeugen Dr. … und auf der Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnungen vom Tattag, Blatt 26 der Akte.

Der Angeklagte hat sich abweichend von den Feststellungen wie folgt eingelassen:

Die Kuh habe sich erschreckt, als der Mitarbeiter vom Schlachthof die Tür derart schwungvoll aufgemacht habe. Aus diesem Grunde habe die Kuh ihn dann angegriffen; er habe sich lediglich gewehrt. Er habe die Kuh außerdem mit dem Stock nur auf den Rücken und die Schenkel geschlagen. Dass er die Verletzung am Vorderbein der Kuh getroffen habe, sei ihm nicht bewusst gewesen.

Diese Einlassung des Angeklagten ist durch die in Augenschein genommene Videoaufzeichnung (sowohl 1. als auch 2. Videodatei, beide Blatt 26 der Akte) und die Aussage des Zeugen Dr. … widerlegt. Die Kamera ist genau auf das Geschehen ausgerichtet; der gesamte Vorgang ist im Sinne der obigen Feststellungen auf der Aufzeichnung gut zu erkennen und nachzuvollziehen. Insbesondere ist eindeutig zu sehen, dass der Angeklagte nicht weitgehend unkontrolliert mit dem Stock in Richtung der Kuh schlägt und dabei versehentlich auch hin und wieder die Verletzung der Kuh trifft. Vielmehr ist eindeutig zu sehen, dass der Angeklagte gezielt und mehrfach hintereinander auf die Verletzung der in diesen Momenten nahezu ruhig stehenden Kuh schlägt – gegen Ende des Geschehensablaufs so häufig, bis die Kuh zu laufen beginnt.

Auf der Videoaufzeichnung ist ferner eindeutig zu erkennen, dass der Angeklagte die Kuh nicht nur auf den Rücken und die Schenkel schlägt und mit dem Stock sticht, sondern vielmehr auf sämtliche oben in den Feststellungen genannten Körperteile.

Die Einlassung des Angeklagten, er habe sich lediglich gewehrt, ist ebenfalls durch die Videoaufzeichnung widerlegt. Es ist eindeutig zu sehen, dass die über Minuten immer wieder ausgeführten Schläge und Stiche mit dem Stock an die diversen Körperteile der Kuh und nicht zuletzt gegen das verletzte Vorderbein mit dem Ziel geschehen, die Kuh zum Vorwärts laufen in das Gebäude des Schlachthofs zu bewegen. Ein Zulaufen der Kuh auf den Angeklagten geschieht während des gesamten Geschehensablaufs einmal zu Beginn, nachdem die Tür vom Gebäude durch den Schlachthofmitarbeiter geöffnet worden war. Bei den zahlreichen Schlägen und Stichen danach versuchte die Kuh vielmehr, sich von den schmerzauslösenden Handlungen wegzubewegen, was den Angeklagten mehrfach veranlasste, sich auf die jeweils andere Seite des Hängers und der Rampe zu begeben, um die Kuh besser mit seinen Schlägen erreichen zu können. Das zweite Mal, als die Kuh auf den Angeklagten zugelaufen kam, geschah dies in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Schlag auf den Rücken der Kuh durch den Angeklagten. In diesem Moment hätte der Angeklagte sofort zurückweichen und das Gitter schließen können, was er aber erst nach weiteren Schlägen auf den Nacken- und Kopfbereich der Kuh tat.

Der Zeuge Dr. … hat in Übereinstimmung mit dem Videomaterial bekundet, dass der Angeklagte die Kuh auf die Gliedmaßen, auch auf das verletzte Vorderbein, geschlagen habe. Teilweise habe er den dazu benutzten Stock sogar in beide Hände genommen. Man habe sehen können, dass das Tier große  gehabt habe. Das Zulaufen der Kuh auf den Angeklagten sei harmlos gewesen.

An der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Dr. … und dessen Glaubwürdigkeit hat das Gericht keine Zweifel. Die Aussage ist als verlässlich einzustufen und fügt sich mit der Videoaufzeichnung zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen. Der Zeuge hat keine überhöhte Belastungstendenz in seinem Aussageverhalten erkennen lassen und seine Wahrnehmungen sachlich geschildert.

IV.

Der Angeklagte hat sich damit wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz gemäß § 17 Nr. 2 a TierSchG strafbar gemacht.

Danach macht sich strafbar, wer einem Wirbeltier aus Rohheit erhebliche  oder Leiden zufügt. Die Norm setzt bei den Wirbeltieren ein dem Menschen ähnliches Schmerzempfinden voraus; Wirbeltiere haben ein hochdifferenziertes Schmerzleitungssystem und ausgeprägtes Schmerzempfindungsvermögen (vgl. BT-Drs. 6/2559). Um auf das Vorhandensein und die Intensität von  schließen zu können, gelten unter anderem folgende Symptome als Indizien: Verhaltensänderungen einschließlich veränderter oder gestörter Bewegungsabläufe wie Lahmheit, Veränderungen in der Körperhaltung, Aufbuckeln, gesteigerte Unruhe, Versuch des „Wegschleuderns“ oder „Wegschlagens“ der vermuteten Ursache des Schmerzes, Aggression, Flucht oder Fluchtversuche, Apathie, Aufkrümmung der Wirbelsäule, Entlastung der Gliedmaßenabschnitte, abnorme Haltung von Thorax, Hals oder Kopf (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 17 Rn. 90 m.w.N.). Leidensmöglichkeit und -fähigkeit werden bei den Wirbeltieren ebenfalls vom Gesetz vorausgesetzt, was dem Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse entspricht. Unter den Begriff des Leidens – wobei hier trotz Verwendung des Plurals im Normtext auch ein einzelnes Leiden zur Tatbestandsverwirklichung genügt – fällt auch die Angst des Tieres. (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 17 Rn. 87)

Das Merkmal der Erheblichkeit dient der Ausgrenzung von Bagatellfällen, die die Geringfügigkeitsschwelle nicht überschreiten (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 17 Rn. 88). Wie aus den Feststellungen und den dort geschilderten teils mit beiden Armen kraftvoll ausgeführten Schlägen und dem von der Kuh gezeigten Verhalten ersichtlich, handelt es sich vorliegend nicht um reine Bagatellfälle. Das Tier hatte erhebliche .

Aus Rohheit handelt ein Täter, wenn er seine Tat aus einer gefühllosen, das Leiden des Tieres missachtenden Gesinnung heraus begeht. Er muss im Zeitpunkt seines Handelns das notwendig als Hemmschwelle wirkende Gefühl für den Schmerz bzw. das Leiden des misshandelten Tieres verloren haben, das sich in gleicher Lage bei jedem menschlich und verständig Denkenden eingestellt hätte. Das Verfolgen eines legalen, vernünftigen Zwecks schließt Rohheit nicht aus; so kann Rohheit auch dann vorliegen, wenn der Täter aus Gründen einer wirtschaftlichen Tierhaltung handelt, dabei aber das Maß des Erforderlichen oder Angemessenen überschreitet. Auch ein etwaig allgemein übliches Fehlverhalten in der jeweiligen Branche schützt den Täter nicht. (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 17 Rn. 151 m.w.N.)

Der Angeklagte hat wiederholt und über einen längeren Zeitraum auf die Kuh eingeschlagen und diese mit dem Stock gestoßen. Um sein Ziel zu erreichen, die Kuh zum Vorwärtslaufen in das Gebäude zu bewegen, hat er ihr sogar gezielt mehrfach auf das verletzte Vorderbein geschlagen. Trotz deutlich gezeigter Schmerzreaktionen hat der Angeklagte erst von der Kuh abgelassen, als diese in das Gebäude gegangen ist. Das Vorgehen des Angeklagten hat den Eindruck vermittelt, dass der Angeklagte das Tier als Gegenstand und nicht als Lebewesen behandelt hat.

Die Tatbestandsmerkmale des § 17 Nr. 2 a TierSchG müssen vom Vorsatz des Täters umfasst sein. Vorsätzlich bezüglich des Merkmals der Rohheit handelt der Täter, wenn er die Tatsachen, die die Rohheit seines Handelns begründen, kennt bzw. für möglich hält und in Kauf nimmt. Die Wertung, „ich handle roh“, braucht er nicht zu vollziehen. (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 17 Rn. 152; MüKoStGB/Pfohl, TierSchG, 3. Aufl. 2018, § 17 Rn. 81)

Der Angeklagte hat die Kuh bewusst geschlagen und gestoßen, um ein Vorwärtslaufen zu erreichen. Er hat ihr auch bewusst gegen die bereits verletzte Gliedmaße geschlagen.

V.

Das Gesetz sieht als Strafrahmen für die rohe Tiermisshandlung nach § 17 Nr. 2 a TierSchG Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren vor.

Innerhalb dieses konkreten Strafrahmens waren folgende Umstände für die Zumessung der Strafe bestimmend:

Zugunsten des Angeklagten hat das Gericht berücksichtigt, dass er sich in einer stressigen Situation befand und dass er sich bei dem Schlachthof nicht auskannte, weshalb ihm nicht sofort bewusst war, dass er die Tür zum Gebäude selbst öffnen kann. Außerdem hat das Gericht zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser den Geschehensablauf in der Hauptverhandlung bedauert hat.

Zulasten des Angeklagten hat das Gericht berücksichtigt, dass der Angeklagte die Tat als Landwirt begangen hat, der sich mit Tieren und insbesondere auch mit der Haltung und dem Verhalten von Kühen auskennt und mit diesen vertraut ist. Zulasten des Angeklagten war außerdem zu berücksichtigen, dass die misshandelnden Schläge und Stöße über einen Zeitraum von mehreren Minuten ausgeübt wurden.

Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände war gegen den Angeklagten die aus dem Tenor ersichtliche Geldstrafe auszusprechen.

Die Höhe eines Tagessatzes hat das Gericht mit 30,00 EUR bestimmt, wobei bei der Festsetzung das monatliche Nettoeinkommen des Angeklagten berücksichtigt worden ist.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464, 465 StPO.

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