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Verfahrenseinstellung wegen Gesetzesänderung – Rechtsfolgen

Der Staat wollte Geld einziehen, das mit einer rechtskräftig festgestellten Geldwäsche in Verbindung stand. Ein Teil dieser Anordnung zur Einziehung von Wertersatz war bereits unanfechtbar geworden. Doch eine unerwartete Gesetzesänderung erklärte die ursprünglichen Taten später für nicht mehr strafbar. Nun entschied ein Gericht: Trotz der Rechtskraft muss die Staatskasse auf die Summe verzichten.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Ws 20/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Kammergericht Berlin
  • Verfahrensart: Sofortige Beschwerde
  • Rechtsbereiche: Strafrecht, Strafprozessrecht, Einziehung

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Staatsanwaltschaft Berlin (hatte Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt, die Vollstreckung der Einziehung für unzulässig zu erklären)
  • Beklagte: Der frühere Angeklagte (hatte beantragt, die Vollstreckung der Einziehung für unzulässig zu erklären)

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein Mann wurde wegen Geldwäsche verurteilt und zur Einziehung von Wertersatz verpflichtet. Nach einer rückwirkenden Gesetzesänderung, die die Geldwäsche nicht mehr strafbar machte, wurde das Strafverfahren eingestellt. Daraufhin entstand Streit, ob die bereits rechtskräftige Einziehungsanordnung weiterhin vollstreckt werden darf.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob eine Anordnung zur Einziehung von Vermögen vollstreckt werden kann, wenn die zugrunde liegende Straftat nachträglich entkriminalisiert und das Strafverfahren deswegen eingestellt wurde.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde zurückgewiesen. Die Vollstreckung der Einziehungsanordnung wurde als unzulässig bestätigt.
  • Begründung: Die Einstellung des Strafverfahrens aufgrund der rückwirkenden Gesetzesänderung (§ 206b StPO) macht das zugrunde liegende Urteil, einschließlich der Einziehungsanordnung, gegenstandslos als Grundlage für die Vollstreckung. Diese Einstellung wirkt wie ein Freispruch und beendet das Verfahren endgültig. Die Entkriminalisierung der Tat entzieht auch einer bereits rechtskräftigen Einziehungsanordnung die Grundlage.
  • Folgen: Die Einziehungsanordnung kann nicht vollstreckt werden. Der frühere Angeklagte muss den festgelegten Betrag nicht zahlen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Landeskasse.

Der Fall vor Gericht


Kammergericht Berlin: Rechtskräftige Einziehung nach Gesetzesänderung und Verfahrenseinstellung (§ 206b StPO) unzulässig

Das Kammergericht Berlin hat in einem bemerkenswerten Fall entschieden, dass eine bereits rechtskräftig gewordene Anordnung zur Einziehung von Wertersatz nicht mehr vollstreckt werden darf, wenn das zugrundeliegende Strafverfahren später aufgrund einer rückwirkenden Gesetzesänderung eingestellt wird.

Mann übergibt Geld in schlichtem Büro an Bevollmächtigten, Symbol für Geldübergabe nach Haftentlassung bzw. Streit um Vermögen.
Ehemaliger Häftling übergibt Geld an Bevollmächtigten – Streit um Gesetzesänderung und Vermögenseinziehung. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Dies gilt auch dann, wenn die Einstellung erst erfolgt, nachdem Teile des Urteils – einschließlich der Einziehungsanordnung – bereits durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) teilweise rechtskräftig geworden waren. Die Einstellung des Verfahrens nach § 206b der Strafprozessordnung (StPO) wegen Wegfalls der Strafbarkeit macht das ursprüngliche Urteil insgesamt gegenstandslos und entzieht damit auch der bereits rechtskräftigen Einziehung die Grundlage.

Ausgangslage: Verurteilung wegen Geldwäsche und Anordnung der Wertersatzeinziehung

Am Anfang des Falles stand eine Verurteilung durch das Landgericht Berlin vom 12. Januar 2018. Ein Mann wurde wegen vorsätzlicher Geldwäsche in 75 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zusätzlich ordnete das Gericht die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 74.597,40 Euro an. Dieser Betrag entsprach den Geldern, die der Mann durch seine Taten erlangt hatte.

Als Vortaten für die Geldwäsche identifizierte das Landgericht umfangreiche illegale Geschäfte des Mannes aus der Zeit zwischen 2005 und Februar 2011. Er hatte illegal Rauchtabak importiert, diesen fälschlicherweise als Tabakabfall deklariert und dadurch Einfuhrabgaben in Höhe von mindestens 45 Millionen Euro hinterzogen. Für diese Taten war er bereits zuvor durch ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. März 2013 wegen gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels sowie Steuerhinterziehung zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Die Geldwäschehandlungen, die zur Verurteilung von 2018 führten, betrafen Verfügungen über die Erlöse aus diesen früheren Schmuggelgeschäften. Diese fanden nach seiner Haftentlassung statt. In 18 Fällen überwies er Teilbeträge auf das Konto einer anderen Person, in weiteren 75 Fällen nutzte er das Geld über einen Bevollmächtigten zur Finanzierung seines eigenen Lebensunterhalts.

Teilweise Rechtskraft durch BGH-Entscheidung: Schuldspruch und Einziehung bestätigt, Strafe zurückverwiesen

Der Verurteilte legte gegen das Geldwäsche-Urteil Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Der BGH fällte am 27. November 2018 seine Entscheidung. Er änderte den Schuldspruch ab: Der Mann war nun nur noch der vorsätzlichen Geldwäsche in 18 Fällen schuldig. Entsprechend wurde auch der eingezogene Wertersatz auf 59.024,49 Euro reduziert. Die Feststellungen des Landgerichts zu den Taten blieben jedoch bestehen.

Wichtig war, dass der BGH nur den Ausspruch über die Strafe (die zweieinhalbjährige Freiheitsstrafe) aufhob und diesen Teil zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwies. Die weitergehende Revision des Mannes wurde verworfen. Durch diese Entscheidung des BGH erlangten der geänderte Schuldspruch (18 Fälle Geldwäsche) und die reduzierte Einziehungsanordnung (€ 59.024,49) sogenannte horizontale Teilrechtskraft. Das bedeutet, diese Teile des Urteils waren endgültig und konnten nicht mehr angefochten werden, während über die Höhe der Strafe noch neu entschieden werden musste.

Wendepunkt: Gesetzesänderung beseitigt Strafbarkeit der Geldwäsche (§ 261 StGB a.F.)

Während das Verfahren bezüglich der Strafhöhe noch beim Landgericht anhängig war (es wurde zunächst am 2. April 2019 gemäß § 205 StPO vorläufig eingestellt), trat eine entscheidende Änderung im Strafgesetzbuch in Kraft. Das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021 strich den für die Verurteilung des Mannes relevanten Paragrafen § 261 Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches (StGB) in seiner alten Fassung ersatzlos. Diese Gesetzesänderung wirkte rückwirkend und führte dazu, dass die Handlungen, für die der Mann verurteilt worden war, nicht mehr strafbar waren.

Überraschende Wende: Staatsanwaltschaft beantragt Verfahrenseinstellung nach § 206b StPO

Aufgrund dieser neuen Rechtslage stellte die Staatsanwaltschaft Berlin – also die Anklagebehörde selbst – beim Landgericht Berlin den Antrag, das noch offene Verfahren (bezüglich der Strafzumessung) endgültig einzustellen. Das Landgericht folgte diesem Antrag und stellte das Verfahren mit Beschluss vom 20. Juli 2021 gemäß § 206b Satz 1 StPO ein. Diese Vorschrift erlaubt die Einstellung des Verfahrens, wenn sich nach Beginn der Hauptverhandlung herausstellt, dass die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat aufgrund einer Gesetzesänderung nicht mehr strafbar ist.

Gleichzeitig hob das Gericht den bestehenden Haftbefehl auf. Eine Entschädigung für die erlittenen Strafverfolgungsmaßnahmen wurde dem Mann jedoch versagt (diese Entscheidung wurde später vom Kammergericht bestätigt). Der Einstellungsbeschluss selbst wurde rechtskräftig, da er bezüglich der Einstellung des Verfahrens von keiner Seite angefochten wurde.

Streit um Vollstreckbarkeit: Ist die rechtskräftige Einziehung trotz Einstellung noch durchsetzbar?

Nach der rechtskräftigen Einstellung des Strafverfahrens vertrat die Staatsanwaltschaft Berlin die Auffassung, dass die bereits rechtskräftige Einziehungsentscheidung über die 59.024,49 Euro von der Einstellung nach § 206b StPO nicht berührt sei. Sie argumentierte, dieser Teil des Urteils sei durch die BGH-Entscheidung endgültig geworden und könne daher weiterhin vollstreckt werden.

Der Betroffene sah dies anders und beantragte beim Landgericht Berlin, die Vollstreckung der Einziehung für unzulässig zu erklären. Das Landgericht gab ihm mit Beschluss vom 22. Dezember 2021 Recht und erklärte die Vollstreckung für unzulässig. Gegen diesen Beschluss legte die Staatsanwaltschaft Berlin sofortige Beschwerde beim Kammergericht ein.

Entscheidung des Kammergerichts: Vollstreckung der Einziehung endgültig unzulässig

Das Kammergericht Berlin wies die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft mit seinem nun vorliegenden Beschluss als unbegründet zurück. Es bestätigte die Entscheidung des Landgerichts: Die Vollstreckung der angeordneten Einziehung von Wertersatz in Höhe von 59.024,49 Euro ist unzulässig.

Begründung I: Einstellung nach § 206b StPO macht ursprüngliches Urteil gegenstandslos

Das Kammergericht führte aus, dass der rechtskräftige Einstellungsbeschluss des Landgerichts vom 20. Juli 2021 nach § 206b StPO eine weitreichende Wirkung hat. Er hat das zugrundeliegende Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Januar 2018 (in der durch den BGH geänderten Fassung) insgesamt gegenstandslos gemacht. Damit ist die gesamte Urteilsgrundlage für die Vollstreckung entfallen. Es spielt keine Rolle, ob die Einstellung vielleicht fehlerhaft war; da sie rechtskräftig geworden ist, entfaltet sie ihre Wirkung. Das Urteil ist damit hinfällig, ohne dass es einer gesonderten Aufhebung bedurfte.

Begründung II: Vorrang der materiellen Gerechtigkeit vor Teilrechtskraft bei Gesetzesänderung

Dem Argument der Staatsanwaltschaft, dass der Einziehungsteil ja bereits rechtskräftig war, hielt das Kammergericht entgegen, dass die Einstellung nach § 206b StPO einer materiell-rechtlichen Entscheidung gleichkommt, die inhaltlich einem Freispruch entspricht. Sie beendet das Verfahren endgültig und verbraucht die Strafklage.

Das Gericht betonte, dass im Widerstreit zwischen der Rechtssicherheit (Bestandskraft des teilrechtskräftigen Urteils) und der materiellen Gerechtigkeit (Berücksichtigung der geänderten Rechtslage, die die Strafbarkeit beseitigt) letzterer der Vorzug zu geben ist. Die Bestandskraft eines nur teilweise rechtskräftigen Urteils sei geringer zu bewerten als die eines vollständig rechtskräftigen Urteils, insbesondere wenn sich die Rechtslage grundlegend ändert. Es sei ein zentraler Rechtsgedanke (§ 2 Abs. 3 StGB), dass die für den Betroffenen günstigste Gesetzeslage anzuwenden ist, solange das Verfahren noch nicht vollständig abgeschlossen ist.

Begründung III: Akzessorietät der Einziehung – Ohne Straftat keine Einziehung (§ 2 Abs. 5 StGB)

Das Kammergericht verwies auf den Grundsatz der Akzessorietät der Einziehung. Das bedeutet, die Einziehung von Vermögenswerten ist in der Regel an das Vorliegen einer rechtswidrigen Straftat geknüpft (§ 2 Abs. 5 StGB). Wenn nun die zugrundeliegende Straftat (Geldwäsche) aufgrund der Gesetzesänderung rückwirkend entfällt, entzieht dies auch der Einziehung der daraus erzielten Erlöse die Grundlage. Da das Verfahren zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung und der Einstellung wegen der noch offenen Strafzumessung nicht vollständig abgeschlossen war, musste die Gesetzesänderung nach § 2 Abs. 3 StGB berücksichtigt werden – mit der Folge, dass auch die bereits rechtskräftige Einziehung hinfällig wurde. Ein Schuldspruch ohne Strafe ist dem deutschen Strafrecht fremd, und eine Einziehung ohne zugrundeliegende Straftat ist in diesem Kontext ebenfalls nicht haltbar.

Begründung IV: Fehlende Ausnahme im Einstellungsbeschluss – Keine isolierte Aufrechterhaltung der Einziehung

Das Gericht ließ offen, ob es rechtlich überhaupt möglich gewesen wäre, die rechtskräftige Einziehungsanordnung von der Einstellung nach § 206b StPO explizit auszunehmen. Entscheidend war jedoch, dass eine solche Ausnahmeregelung im Einstellungsbeschluss vom 20. Juli 2021 fehlte. Weder im Tenor noch in den Gründen des Beschlusses fand sich ein Hinweis darauf, dass die Einziehung von der Einstellung ausgenommen und aufrechterhalten werden sollte. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit hätte es aber einer solchen ausdrücklichen Herausnahme bedurft. Die Staatsanwaltschaft hatte eine solche Beschränkung im Übrigen auch gar nicht beantragt.

Dass mit dem Einstellungsbeschluss zwar der Haftbefehl, nicht aber ein früherer Arrestbeschluss zur Sicherung der Einziehung aufgehoben wurde, ändert daran nichts. Die Aufhebung des Haftbefehls ist bei einer Einstellung nach § 206b StPO zwingend. Die Nichtaufhebung des Arrests ermöglicht lediglich die Prüfung eines separaten, selbständigen Einziehungsverfahrens (§ 435 StPO), bedeutet aber nicht, dass die Einziehung auf Basis des nun gegenstandslosen Urteils weiter vollstreckt werden könnte.

Kostenentscheidung: Staatskasse trägt Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens

Da die Beschwerde der Staatsanwaltschaft erfolglos blieb, muss die Landeskasse die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen tragen. Dies folgt aus § 473 der Strafprozessordnung. Die Entscheidung des Kammergerichts bestätigt somit, dass eine rechtskräftige Verfahrenseinstellung nach § 206b StPO aufgrund einer Gesetzesänderung auch bereits rechtskräftige Teile eines Urteils, wie die Einziehung, unwirksam machen kann.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass eine bereits rechtskräftige Einziehung von Vermögenswerten nicht mehr vollstreckt werden darf, wenn das Strafverfahren aufgrund einer rückwirkenden Gesetzesänderung eingestellt wird. Die Einstellung nach § 206b StPO macht das gesamte Urteil gegenstandslos – auch jene Teile, die durch vorherige Entscheidungen bereits rechtskräftig geworden waren. Das Gericht gibt dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit Vorrang vor der formellen Rechtssicherheit, wenn eine Gesetzesänderung die Strafbarkeit nachträglich beseitigt.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Verfahrenseinstellung nach § 206b StPO konkret für Betroffene?

Wenn ein Gerichtsverfahren nach § 206b der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt wird, bedeutet das, dass die Staatsanwaltschaft oder das Gericht das Verfahren vorläufig stoppt.

Dies geschieht, weil die betroffene Person, der Beschuldigte oder Angeklagte, trotz aller Bemühungen des Gerichts nicht auffindbar ist oder an der Hauptverhandlung nicht teilnehmen kann (z.B. wegen dauerhafter Verhandlungsunfähigkeit, die aber nicht zur Verfahrenseinstellung nach anderen Paragraphen führt, sondern die Hauptverhandlung hindert).

Für Sie als betroffene Person hat dies folgende Auswirkungen:

  • Kein Urteil: Das Verfahren wird gestoppt, bevor es zu einem Urteil (schuldig oder nicht schuldig) kommt. Es findet keine Hauptverhandlung statt oder sie wird nicht fortgesetzt.
  • Kein Schuldspruch: Da kein Urteil ergeht, gibt es auch keinen Schuldspruch. Sie werden durch diese Einstellung nicht für schuldig erklärt.
  • Keine Unschuld festgestellt: Wichtig ist, dass die Einstellung nach § 206b StPO auch keine Feststellung Ihrer Unschuld bedeutet. Der Fall wird lediglich wegen Ihrer Abwesenheit oder Unauffindbarkeit nicht weiter verhandelt.
  • Verfahren kann wieder aufgenommen werden: Diese Einstellung ist nicht endgültig. Sobald Ihre Anwesenheit wieder möglich ist (z.B. weil Ihr Aufenthaltsort bekannt wird oder eine Verhandlungsunfähigkeit entfällt), kann das Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen werden. Das Gericht muss dann erneut prüfen, ob und wie das Verfahren weitergeht.
  • Kosten: In der Regel trägt die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Verfahrens, die durch diese Einstellung entstanden sind. Das bedeutet, dass Ihnen als betroffener Person keine Verfahrenskosten für diese spezifische Einstellung auferlegt werden. Kosten, die bereits vorher im Verfahren entstanden sind, werden dadurch aber nicht zwingend hinfällig.
  • Keine Auflagen: Eine Einstellung nach § 206b StPO ist nicht mit Auflagen verbunden, wie es sie zum Beispiel bei einer Einstellung wegen Geringfügigkeit geben kann (z.B. Zahlung eines Geldbetrages).

Die Einstellung nach § 206b StPO ist also eine rein verfahrensrechtliche Maßnahme, die ergriffen wird, wenn die Durchführung des Gerichtsverfahrens aufgrund der Abwesenheit der betroffenen Person derzeit nicht möglich ist. Sie ist kein Freispruch und das Verfahren kann unter Umständen wieder aufgenommen werden.


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Wie wirkt sich eine rückwirkende Gesetzesänderung auf bereits rechtskräftige Urteile aus?

Grundsätzlich gilt in der Rechtsprechung der wichtige Grundsatz der Rechtskraft. Das bedeutet: Ein rechtskräftiges Urteil ist endgültig und bindend. Es kann in der Regel nicht mehr angefochten oder geändert werden, auch wenn sich die Gesetzeslage später ändert. Dieser Grundsatz schafft Rechtssicherheit und Stabilität.

Im Strafrecht gibt es jedoch eine wichtige Ausnahme von diesem Prinzip. Wenn ein Gesetz nach dem Zeitpunkt, zu dem ein Urteil rechtskräftig geworden ist, rückwirkend geändert wird und diese Änderung sich günstiger für den Verurteilten auswirkt, kann dies Konsequenzen für das Urteil haben.

Diese Ausnahme basiert auf dem sogenannten Günstigkeitsprinzip oder dem Gebot, das mildere Gesetz anzuwenden. Es besagt, dass bei einer Änderung der Strafgesetze zwischen Tat und Entscheidung die mildeste Fassung des Gesetzes anzuwenden ist. Dieser Gedanke wirkt in bestimmten Fällen auch auf bereits abgeschlossene Verfahren zurück.

Wenn eine Handlung, die zum Zeitpunkt des Urteils nach dem damaligen Gesetz noch strafbar war, durch die rückwirkende Gesetzesänderung nicht mehr strafbar ist oder die gesetzlich vorgesehene Strafe milderer wird, kann dies dazu führen, dass das rechtskräftige Urteil überprüft werden muss. Stellen Sie sich vor, eine bestimmte Verhaltensweise, die damals eine Straftat war, wird durch das neue Gesetz legalisiert oder nur noch als Ordnungswidrigkeit behandelt.

Eine solche Gesetzesänderung führt aber nicht automatisch dazu, dass das Urteil unwirksam wird. Vielmehr eröffnet sie die Möglichkeit, in einem speziellen Verfahren das bereits rechtskräftige Urteil überprüfen und an die günstigere, neue Gesetzeslage anpassen zu lassen. Das Urteil selbst wird also nicht einfach ignoriert, sondern es gibt rechtliche Wege, um die Auswirkungen der Gesetzesänderung nachträglich zu berücksichtigen.

Diese Möglichkeit der Überprüfung besteht jedoch nur, wenn die rückwirkende Gesetzesänderung das Urteil zugunsten des Verurteilten beeinflusst (milderes Gesetz). Wenn die Gesetzesänderung keine Auswirkung hat oder die Tat nach neuem Recht sogar schwerer bestraft würde, bleibt die Rechtskraft des Urteils unberührt.


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Was ist der Unterschied zwischen Teilrechtskraft und vollständiger Rechtskraft eines Urteils?

Wenn ein Gericht ein Urteil spricht, ist es nicht sofort in jedem Punkt endgültig. Das Urteil kann oft noch angefochten werden, zum Beispiel durch eine Berufung oder Revision. Erst wenn ein Urteil oder ein Teil davon nicht mehr mit den üblichen rechtlichen Mitteln angefochten werden kann, spricht man von Rechtskraft. Rechtskraft bedeutet also, dass die Entscheidung in diesem Punkt endgültig ist und nicht mehr geändert werden kann.

Vollständige Rechtskraft

Vollständige Rechtskraft bedeutet, dass das gesamte Urteil endgültig geworden ist. Das ist der Fall, wenn keine Anfechtungsmöglichkeiten mehr bestehen (z.B. weil die Frist dafür abgelaufen ist oder alle Rechtsmittel ausgeschöpft wurden) und das Urteil in allen seinen Teilen unanfechtbar ist. Für Sie bedeutet das: Die Sache ist in jeder Hinsicht abgeschlossen, so wie im Urteil entschieden.

Teilrechtskraft

Teilrechtskraft bedeutet, dass nur bestimmte Teile des Urteils endgültig geworden sind, während andere Teile noch angefochten werden können oder einer weiteren Prüfung unterliegen. Dies geschieht oft in Urteilen, die über mehrere unterschiedliche Punkte entscheiden.

Stellen Sie sich ein Strafverfahren vor: Das Urteil besteht oft aus zwei Hauptteilen: der Entscheidung über die Schuldfrage (wurde die Tat begangen oder nicht?) und der Entscheidung über das Strafmaß (wie hoch ist die Strafe, z.B. Geld- oder Freiheitsstrafe?).

Wenn der Angeklagte nur das Strafmaß anfechten möchte (z.B. weil er die Strafe für zu hoch hält), aber die Entscheidung über seine Schuld nicht bestreitet, dann kann es zur Teilrechtskraft kommen:

  • Die Entscheidung über die Schuldfrage wird teilrechtskräftig. Das bedeutet: Es steht endgültig fest, dass die Person schuldig ist. Dieser Teil des Urteils kann nicht mehr geändert werden.
  • Die Entscheidung über das Strafmaß wird nicht rechtskräftig. Dieser Teil wird im weiteren Verfahren (z.B. im Berufungs- oder Revisionsverfahren) neu geprüft und entschieden.

Die Konsequenz der Teilrechtskraft ist also, dass nur die Teile des Urteils, die endgültig geworden sind, feststehen und nicht mehr angegriffen werden können. Die Teile, die noch nicht rechtskräftig sind, bleiben Gegenstand des laufenden Verfahrens.

Für den weiteren Verfahrensverlauf bedeutet Teilrechtskraft, dass sich das Gericht, das die Sache erneut prüft, nur noch mit den nicht rechtskräftigen Teilen des Urteils befassen darf. Die teilrechtskräftigen Teile sind für alle Beteiligten und das Gericht bindend.


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Was bedeutet Wertersatzeinziehung und wie wird sie berechnet?

Die Wertersatzeinziehung ist eine Maßnahme im Strafrecht, die dazu dient, dass Täter den Wert von Vermögensgegenständen nicht behalten dürfen, die sie durch eine Straftat erlangt haben. Vereinfacht gesagt, soll sich eine Straftat finanziell nicht lohnen. Der Staat zieht diesen Wert ein.

Was genau ist Wertersatzeinziehung?

Stellen Sie sich vor, jemand begeht eine Straftat und erhält dafür Geld oder andere Werte. Auch wenn dieses Geld vielleicht später ausgegeben oder der Wert weitergegeben wurde, kann der Staat trotzdem den entsprechenden Betrag vom Täter verlangen. Es geht darum, den Vorteil abzuschöpfen, der aus der illegalen Handlung entstanden ist. Es wird also nicht zwingend der Gegenstand selbst weggenommen, sondern dessen Wert.

Wie wird der einzuziehende Wert berechnet?

Die Berechnung zielt darauf ab, den Bruttowert dessen zu ermitteln, was der Täter durch die Straftat bekommen oder für die Tat erhalten hat. Es wird also geschaut, welchen Vermögensvorteil die Straftat für den Täter tatsächlich gebracht hat.

Beispiele zur Verdeutlichung:

  • Wenn jemand durch Betrug 10.000 Euro erlangt, ist der einzuziehende Wert in der Regel 10.000 Euro. Es kommt dabei meist nicht darauf an, ob der Täter das Geld schon ausgegeben hat.
  • Wenn jemand gestohlene Ware im Wert von 5.000 Euro verkauft, kann der Wert dieser Ware, also 5.000 Euro, eingezogen werden.

Die genaue Höhe des einzuziehenden Wertes wird vom Gericht im Strafverfahren festgelegt. Das Gericht muss feststellen, welcher Wert durch die Straftat erzielt wurde.

Was passiert, wenn der Täter den Betrag nicht zahlen kann?

Wenn der durch das Gericht festgesetzte Betrag zur Wertersatzeinziehung nicht freiwillig gezahlt wird oder der Täter nicht über das notwendige sofort verfügbare Vermögen verfügt, wird die Forderung des Staates zu einer normalen Geldschuld.

Diese Schuld kann dann vom Staat zwangsweise eingetrieben werden, ähnlich wie andere offene Forderungen (z.B. Steuerschulden). Das kann beispielsweise durch die Pfändung von Lohn, Konten oder anderen Vermögenswerten geschehen. Die Verpflichtung zur Zahlung des Wertersatzes bleibt also bestehen, auch wenn der Täter im Moment der Entscheidung kein Geld hat.


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Unter welchen Voraussetzungen kann ein bereits vollstrecktes Urteil aufgehoben oder geändert werden?

Wenn ein Gerichtsurteil endgültig ist und bereits umgesetzt wurde (vollstreckt ist), gilt grundsätzlich: Das Verfahren ist abgeschlossen, und das Urteil ist verbindlich. Man spricht hier von der sogenannten Rechtskraft des Urteils. Die Rechtskraft sorgt für Rechtssicherheit, damit klare Verhältnisse geschaffen werden und ein Streit nicht unendlich lange weitergeführt werden kann.

Grundsatz: Endgültigkeit des Urteils

Ein rechtskräftiges und vollstrecktes Urteil ist im normalen Fall nicht mehr angreifbar. Das bedeutet, die darin getroffenen Entscheidungen gelten als richtig und können nicht einfach rückgängig gemacht oder geändert werden, auch wenn die Vollstreckung für die betroffene Person unangenehm ist.

Die seltene Ausnahme: Wiederaufnahme des Verfahrens

Es gibt jedoch extrem seltene Ausnahmen von diesem Grundsatz der Endgültigkeit. Die wichtigste Möglichkeit, ein rechtskräftiges Urteil nachträglich überprüfen zu lassen, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens. Dies ist kein normales Rechtsmittel (wie Berufung oder Revision), das man immer einlegen kann, sondern ein außergewöhnliches Verfahren für ganz besondere Fälle.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme sind sehr streng. Sie sind im Gesetz genau geregelt und beziehen sich darauf, dass im ursprünglichen Verfahren schwerwiegende Fehler passiert sind oder neue, entscheidende Tatsachen ans Licht kommen.

Typische Gründe, die eine Wiederaufnahme ermöglichen können, sind zum Beispiel:

  • Es stellt sich heraus, dass das Urteil auf gefälschten Urkunden beruht hat.
  • Ein Zeuge, dessen Aussage für das Urteil entscheidend war, hat sich vorsätzlich falsch geäußert.
  • Ein Richter hat bei dem Urteil eine strafbare Verletzung seiner Amtspflicht begangen, die das Urteil beeinflusst hat.
  • Es werden neue Tatsachen oder Beweismittel gefunden, die im ursprünglichen Verfahren noch nicht bekannt waren und die allein oder zusammen mit früher vorgelegten Beweismitteln eine andere, günstigere Entscheidung für den Antragsteller herbeigeführt hätten. Diese neuen Tatsachen oder Beweismittel müssen also entscheidend sein und durften der Partei im Zeitpunkt des ursprünglichen Verfahrens nicht bekannt gewesen sein und auch nicht durch ihre Schuld nicht bekannt gewesen sein.

Der Weg zur Wiederaufnahme

Um ein Verfahren wiederaufzunehmen, muss ein Antrag bei dem Gericht gestellt werden, das das ursprüngliche Urteil erlassen hat. In diesem Antrag müssen die gesetzlichen Gründe für die Wiederaufnahme detailliert dargelegt und die neuen Beweismittel benannt werden.

Das Gericht prüft dann zunächst, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme überhaupt vorliegen. Nur wenn dies der Fall ist, wird das Verfahren tatsächlich neu aufgerollt und die neuen Tatsachen oder Beweismittel werden berücksichtigt.

Dieser Weg ist, wie erwähnt, äußerst schwierig und die Erfolgsaussichten sind sehr gering, da die Rechtsordnung großen Wert auf die Endgültigkeit von Urteilen legt. Das Vorliegen einer nachträglichen Gesetzesänderung allein führt in der Regel nicht zur Aufhebung eines bereits rechtskräftigen und vollstreckten Urteils.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Einstellung des Verfahrens nach § 206b StPO

Die Einstellung des Verfahrens nach § 206b der Strafprozessordnung (StPO) bedeutet, dass ein Strafverfahren vorläufig beendet wird, wenn die betroffene Person nicht an der Hauptverhandlung teilnehmen kann, etwa weil sie unauffindbar ist oder dauerhaft verhandlungsunfähig. Dies ist eine verfahrensrechtliche Maßnahme, bei der kein Urteil gesprochen wird und somit auch kein Schuldspruch erfolgt. Die Einstellung nach § 206b StPO entspricht rechtlich einem Freispruch, weil das Verfahren endgültig beendet und die Strafklage verbraucht wird, allerdings ohne Feststellung der Unschuld. Ein Verfahren kann später wieder aufgenommen werden, wenn sich die Umstände ändern, etwa wenn der Angeklagte auffindbar wird.

Beispiel: Jemand wird wegen Betrugs angeklagt, kann aber zur Hauptverhandlung nicht erscheinen und ist auch nicht auffindbar. Das Verfahren wird nach § 206b StPO eingestellt, das heißt, es wird gestoppt, ohne dass über seine Schuld entschieden wird.


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Teilrechtskraft

Teilrechtskraft bezeichnet den Zustand, bei dem nur bestimmte Teile eines Gerichtsurteils endgültig und unanfechtbar sind, während andere Teile noch angefochten oder geprüft werden können. Im Strafrecht bedeutet das häufig, dass die Schuldfeststellung (ob jemand schuldig ist) bereits rechtskräftig ist, während über das Strafmaß noch verhandelt wird. Teilrechtskraft führt dazu, dass die endgültigen Teilergebnisse verbindlich sind und nicht erneut infrage gestellt werden können. Dieses Konzept schafft Rechtssicherheit für die Teile des Urteils, die feststehen, während andere Teile noch offenbleiben.

Beispiel: Ein Angeklagter wird in einem Urteil wegen Diebstahls schuldig gesprochen (Schuldspruch ist rechtskräftig), aber die Höhe der Strafe wird noch in Revision verhandelt. Die Schuldfeststellung ist teilrechtskräftig, die Strafe aber noch nicht endgültig.


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Wertersatzeinziehung

Die Wertersatzeinziehung ist eine strafrechtliche Maßnahme, bei der der Staat Vermögenswerte oder deren Wert von einem Täter einzieht, die durch eine Straftat erlangt wurden. Sie zielt darauf ab, dem Täter den finanziellen Vorteil aus der Straftat zu entziehen, auch wenn die konkreten Gegenstände nicht mehr vorhanden sind. Die Einziehung betrifft den Wert der Erlöse, die durch die illegalen Handlungen erzielt wurden, nicht zwingend die Gegenstände selbst. Die Höhe der Einziehung wird vom Gericht im Urteil festgelegt und entspricht meist dem Bruttovorteil, den der Täter durch die Tat erlangt hat.

Beispiel: Wenn jemand durch illegalen Schmuggel 100.000 Euro Gewinn gemacht hat, kann der Staat mittels Wertersatzeinziehung diesen Betrag vom Täter zurückfordern, selbst wenn das Geld bereits ausgegeben wurde.


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Akzessorietät der Einziehung (§ 2 Abs. 5 StGB)

Die Akzessorietät der Einziehung bedeutet, dass die Einziehung eines Vermögenswerts immer von der Voraussetzung abhängt, dass eine rechtswidrige Straftat vorliegt. Ohne das Bestehen einer Straftat verliert die Einziehung ihre rechtliche Grundlage und kann nicht durchgeführt werden. Das ist im Strafgesetzbuch (§ 2 Abs. 5 StGB) so geregelt, um klarzustellen, dass die Einziehung eine Folge und ein Anhängsel der strafbaren Handlung ist. Damit ist unter anderem sichergestellt, dass kein Vermögenswert ohne eine zugrunde liegende verurteilte Tat eingezogen wird.

Beispiel: Wenn ein Urteil wegen Körperverletzung aufgehoben wird, dürfen Vermögenswerte, die ursprünglich wegen dieser Tat eingezogen wurden, nicht weiter eingezogen werden, weil ohne Tatgrundlage keine Einziehung besteht.


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Günstigkeitsprinzip (§ 2 Abs. 3 StGB)

Das Günstigkeitsprinzip im Strafrecht besagt, dass bei einer Gesetzesänderung zwischen der Tatzeit und der Entscheidung das mildere Gesetz angewendet werden muss. Wenn also ein Gesetz rückwirkend geändert wird und diese Änderung für den Beschuldigten oder Verurteilten vorteilhafter ist (zum Beispiel indem eine Tat nicht mehr strafbar ist oder die Strafe milder wird), ist das neue, günstigere Recht anzuwenden. Dieses Prinzip dient dem Schutz der Betroffenen und sichert ihnen die Anwendung der besten Rechtslage. Im Fall des Kammergerichts hatte die rückwirkende Streichung des § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB zur Folge, dass die Verurteilung nicht mehr aufrechterhalten werden konnte.

Beispiel: Wurde jemand nach altem Recht wegen eines bestimmten Gesetzes bestraft, das nun aufgehoben oder geändert wurde, kann er vom milden, neuen Recht profitieren, auch wenn sein Urteil bereits rechtskräftig ist.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 206b StPO (Strafprozessordnung): Diese Vorschrift erlaubt die Einstellung eines Verfahrens, wenn sich Beginn der Hauptverhandlung aufgrund einer Gesetzesänderung herausstellt, dass die Tat nicht mehr strafbar ist. Die Einstellung wirkt mit rechtskräftigem Beschluss und macht das Urteil insgesamt gegenstandslos. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Einstellung des Verfahrens nach § 206b StPO beseitigte die Grundlage des gesamten Urteils, auch der bereits rechtskräftig gewordenen Einziehungsanordnung, weshalb die Vollstreckung dieser Anordnung unzulässig wurde.
  • § 2 Abs. 3 StGB: Dieser Grundsatz bestimmt, dass bei rückwirkender Änderung der Strafgesetze die für den Angeklagten günstigste Rechtslage anzuwenden ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die rückwirkende Streichung des relevanten Tatbestands in § 261 Abs.1 Satz 3 StGB führte dazu, dass die nun günstigere Rechtslage zur Anwendung kam und damit die Strafbarkeit der Geldwäsche entfiel.
  • Grundsatz der Akzessorietät der Einziehung (§ 2 Abs. 5 StGB): Die Vermögenseinziehung steht in direktem Zusammenhang mit der zugrundeliegenden Straftat und ist ihr untergeordnet. Ohne rechtliche Grundlage durch eine Straftat ist die Einziehung nicht durchsetzbar. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Straftat durch die Gesetzesänderung rückwirkend entfiel, fehlte die gesetzliche Grundlage für die Einziehung des Wertersatzes, weshalb deren Vollstreckung nicht mehr zulässig war.
  • Teilrechtskraft und horizontale Teilrechtskraft: Teilrechtskraft bezeichnet die rechtliche Unanfechtbarkeit bestimmter Urteilsabschnitte; horizontale Teilrechtskraft bedeutet, dass ein Teilbereich des Urteils endgültig ist, während andere Teile noch offen sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Trotz der teilweise eingetretenen Rechtskraft der Einziehungsentscheidung konnte diese nicht unabhängig von der vollständigen Aufhebung der Strafbarkeit aufrechterhalten werden.
  • § 473 StPO (Kostenlast): Regelt, dass im Falle eines erfolglosen Rechtsmittels die Kosten des Beschwerdeverfahrens von der unterlegenen Partei zu tragen sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Staatsanwaltschaft als Beschwerdeführerin musste aufgrund ihrer erfolglosen Beschwerde die Kosten tragen, was die Rechtmäßigkeit der Einstellung und Unzulässigkeit der Einziehungsvollstreckung unterstreicht.
  • § 435 StPO (selbständiges Einziehungsverfahren): Ermöglicht ein gesondertes Verfahren zur Vermögenseinziehung, unabhängig vom Strafverfahren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Nichtaufhebung eines Arrestbeschlusses erlaubt eine Prüfung eines separaten Einziehungsverfahrens, ändert jedoch nichts an der Unzulässigkeit der Vollstreckung der bereits gegenstandslosen Einziehungsanordnung aus dem Strafurteil.

Das vorliegende Urteil


KG Berlin – Az.: 2 Ws 20/22 – 161 AR 19/22 – Beschluss vom 25.02.2022


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