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Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln – Strafmilderung

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 2 Rv 31/17 – Beschluss vom 07.03.2017

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 30. November 2016 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Halle hatte den Angeklagten am 6. Juli 2016 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Es hat festgestellt, dass der Angeklagte am 6. März 2016 ca. 328 g Cannabis mit einem Anteil von 20,1 g THC besessen hat. Die Drogen wurden am 6. März 2016 unmittelbar nach der Festnahme des Angeklagten von der Polizei sichergestellt.

Das Landgericht hat die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten verworfen. Dagegen richtet sich seine Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

II.

Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln – Strafmilderung
(Symbolfoto: Von David Orcea/Shutterstock.com)

Die Revision hat Erfolg, weil das Landgericht es abgelehnt hat, einen gewichtigen Strafmilderungsgrund, nämlich die Sicherstellung der Drogen durch die Polizei, zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen. Das Landgericht hat geprüft, ob ein minderschwerer Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, und dies abgelehnt. Nach Auffassung des Landgerichts ist „nicht zugunsten des Angeklagten in die Betrachtung einzustellen, dass die Betäubungsmittel durch die Polizei sichergestellt wurden und nicht in den Verkauf gelangt sind, da letzteres bei der Tatbestandsalternative des Besitzes von Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum auch von vornherein nicht beabsichtigt ist“ (Seite 9, 2. Absatz UA). Mit dieser Würdigung ist dem Landgericht ein Wertungsfehler unterlaufen. Zwar ist dem Landgericht zuzugeben, dass der Bundesgerichtshof soweit ersichtlich bisher nur in Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ausgesprochen hat, dass die Sicherstellung der Drogen stets zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen ist (BGH NStZ-RR 2012, 153; NStZ-RR 2011, 370; StV 2004, 604; BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 10), wobei Grund für die Strafmilderung ist, dass die Drogen aus dem Verkehr gezogen werden konnten, sodass es nicht zu einer Gefährdung von Drogenkonsumenten kommen konnte. Der Strafmilderungsgrund der Sicherstellung muss aber auch beim Besitz von Betäubungsmitteln zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, selbst wenn eine Weitergabe der Drogen nicht beabsichtigt war. Alleiniger Grund für die Strafbarkeit des Besitzes von Betäubungsmitteln ist nämlich, dass stets die Gefahr der Weitergabe der zunächst nicht zur Weitergabe bestimmten Drogen nicht ausgeschlossen werden kann und dass dadurch den durch das BtMG geschützten Rechtsgütern weiterer Schaden zugefügt werden könnte (Weber, BtMG, 4. Auflage, Rdnr. 1292 zu § 29). Ist aber die abstrakte Gefahr der Weiterverbreitung der Drogen alleiniger Strafgrund, muss auch ebenso wie beim Handeltreiben zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, wenn diese Gefahr durch Sicherstellung entfällt. Aus diesem Grunde ist die Sicherstellung der Betäubungsmittel durch die Ermittlungsbehörden auch beim unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln stets strafmildernd zu berücksichtigen (ebenso im Ergebnis Körner/Patzak/Volkmer, Betäubungsmittelgesetz, 8. Auflage, § 29 Teil 10 Rdnr. 55, Teil 13 Rdnr. 86).

Für das weitere Verfahren bemerkt der Senat: Entgegen der Auffassung der Verteidigung kommt eine Gesamtstrafenbildung mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgericht Berlin-Tiergarten vom 29. Dezember 2015 selbst dann nicht in Betracht, wenn der Angeklagte die Drogen, die am 6. März 2016 bei ihm sichergestellt wurden, bereits seit Oktober 2015 ohne Unterbrechung besessen haben sollte. Eine Gesamtstrafenbildung würde nämlich voraussetzen, dass die hier abgeurteilte Tat vor der früheren Verurteilung, also vor dem 29. Dezember 2015, beendet gewesen wäre (vergl. Fischer, StGB, 64. Auflage, Rdnr. 7 zu § 55), sie wurde jedoch erst durch das Eingreifen der Polizei am 6. März 2016 beendet.

 

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