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Strafbarkeit der Beleidigung von Polizeibeamten durch 13 12: Beweisantrag

Ein Demonstrant, der Polizeibeamten in Augsburg ostentativ die Aufschrift „13 12“ zeigte, klagte gegen die Verurteilung wegen Beleidigung. Das Gericht musste nun entscheiden, ob Meinungsfreiheit hier greift – oder ob die Forderung nach entlastenden Video-Beweisen unzulässig war.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 206 StRR 295/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
  • Datum: 29.09.2025
  • Aktenzeichen: 206 StRR 295/25
  • Verfahren: Revisionsverfahren (Beschluss)
  • Rechtsbereiche: Strafrecht (Beleidigung), Meinungsfreiheit, Verfahrensrecht

  • Das Problem: Ein Mann wurde verurteilt, weil er bei einer Versammlung Socken mit der Aufschrift „13 12“ (ACAB) gezielt vor anwesenden Polizeibeamten zeigte. Er wehrte sich gegen die Verurteilung und rügte, dass sein Antrag auf Suche nach entlastenden Lichtbildern und Videos rechtswidrig abgelehnt wurde.
  • Die Rechtsfrage: Muss ein Gericht dem Verlangen nach umfangreicher Suche nach entlastenden Aufnahmen nachkommen? Darf die Aussage „13 12“ trotz Meinungsfreiheit als strafbare Beleidigung gewertet werden, wenn sie gezielt gegen Polizisten gerichtet ist?
  • Die Antwort: Nein, die Revision wurde verworfen. Der Antrag war zu unbestimmt, um als konkreter Beweisantrag zu gelten, da er eine allgemeine Suche in umfangreichem Material verlangte. Die gezielte Äußerung des Slogans gegenüber individualisierten Polizisten kann als Beleidigung strafbar sein.
  • Die Bedeutung: Wer vor Gericht entlastende Beweismittel verlangt, muss diese genau benennen; eine allgemeine Aufforderung zur Suche ist nicht bindend. Die Meinungsfreiheit schützt nicht, wenn beleidigende Parolen gezielt gegen eine klar erkennbare Gruppe von Polizeibeamten gerichtet werden.

Ist das Zeigen von „13 12“ als Beleidigung strafbar?

Das ostentative Zurschaustellen von Socken mit der Zahlenfolge „13 12“, einer Chiffre für „ACAB“ („All Cops Are Bastards“), kann den Straftatbestand der Beleidigung erfüllen. Entscheidend ist jedoch, ob diese Geste gezielt an individualisierbare Polizeibeamte gerichtet ist. In einem Beschluss vom 29. September 2025 hat das Bayerische Oberste Landesgericht (Az.: 206 StRR 295/25) die Verurteilung eines Mannes bestätigt und damit wichtige Leitlinien zur Abgrenzung von pauschaler Kollektivkritik und strafbarer persönlicher Herabwürdigung im Kontext von Demonstrationen bekräftigt. Der Fall beleuchtet zudem eine prozessuale Feinheit, die für Angeklagte zur entscheidenden Hürde werden kann: die scharfe Trennung zwischen einem Beweisantrag und einem bloßen Beweisermittlungsantrag.

Wann gilt das Tragen von ACAB-Symbolen als gezielt?

Nahaufnahme der Zahl „13 12“ auf der angehobenen Socke eines Demonstranten, konfrontativ auf uniformierte Polizeibeamte gerichtet.
Gezeigtes „13 12“ kann als Beleidigung strafbar sein, wenn es gezielt Polizisten trifft. | Symbolbild: KI

Der Fall nahm seinen Anfang auf einer Versammlung, bei der Polizeikräfte zur Sicherung anwesend waren. Ein Teilnehmer, der spätere Angeklagte, trug Socken, die deutlich sichtbar die Zahlenfolge „13 12“ zeigten. Nach den Feststellungen des Landgerichts Augsburg, der Vorinstanz, begnügte er sich nicht damit, das Kleidungsstück passiv zu tragen. Stattdessen soll er es den anwesenden Polizeibeamten „ostentativ gezeigt“ haben. Eine Zeugin A. beobachtete die Szene und gab später zu Protokoll, dass ein kurzer Blickkontakt zwischen dem Mann und den Beamten bestand, während er die Socken präsentierte. Für das Landgericht war dies ein entscheidendes Indiz. Es wertete das Verhalten nicht als allgemeine, von der Meinungsfreiheit gedeckte Unmutsäußerung, sondern als eine gezielte, auf eine konkrete und überschaubare Gruppe von Beamten gerichtete Missachtung. Folgerichtig verurteilte es den Mann am 12. März 2025 wegen Beleidigung gemäß § 185 des Strafgesetzbuches (StGB).

Was ist der Unterschied zwischen Beweisantrag und Beweisermittlungsantrag?

Im Strafprozess ist die Unterscheidung zwischen einem Beweisantrag und einem Beweisermittlungsantrag fundamental. Ein Beweisantrag ist ein formalisiertes Verlangen der Verteidigung oder Staatsanwaltschaft, ein ganz bestimmtes Beweismittel in den Prozess einzuführen. Er muss präzise sein: Es muss ein konkretes Beweismittel benannt werden (z. B. „das Video von Kamera 5, Zeitstempel 14:32 Uhr“) und eine klare Behauptung aufgestellt werden, was dieses Beweismittel belegen soll. Das Gericht ist an strenge Regeln gebunden und darf einen solchen Antrag nur aus eng definierten Gründen ablehnen.

Ein Beweisermittlungsantrag hingegen ist wesentlich unbestimmter. Er zielt darauf ab, das Gericht zu veranlassen, selbst nach Beweismitteln zu suchen. Ein Beispiel wäre die Forderung, „alle verfügbaren Videoaufnahmen zu sichten, um entlastende Momente zu finden“. Ein solcher Antrag ist im Grunde eine Anregung an das Gericht, seiner Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) nachzukommen. Das Gericht hat hier einen weitaus größeren Ermessensspielraum. Es muss dieser Anregung nur nachgehen, wenn sich ihm die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen geradezu aufdrängen muss. Diese Unterscheidung wurde im vorliegenden Fall zum Dreh- und Angelpunkt der Revision.

Warum wurde die Revision des Angeklagten verworfen?

Das Bayerische Oberste Landesgericht schloss sich in seiner Entscheidung den umfassenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft an und wies die Revision des Angeklagten als unbegründet zurück. Die Richter fanden keine Rechtsfehler im Urteil des Landgerichts Augsburg. Die Begründung des Senats zerlegte die Argumente des Verurteilten Punkt für Punkt und bestätigte die Vorgehensweise der Vorinstanz.

Warum der Antrag kein echter Beweisantrag war

Der zentrale prozessuale Angriffspunkt des Angeklagten war die angebliche rechtswidrige Ablehnung seines Beweisantrags. Er hatte verlangt, aus einer Vielzahl von Fotos und Videos jene zu ermitteln, die seine Unschuld beweisen könnten. Das BayObLG stellte jedoch klar, dass es sich hierbei gerade nicht um einen formellen Beweisantrag handelte. Der Antrag nannte kein einziges bestimmtes Beweismittel, wie etwa eine Datei mit einem konkreten Namen oder eine Aufnahme von einer spezifischen Kamera. Stattdessen forderte er das Gericht auf, selbst eine unbestimmte Menge an Material zu durchsuchen.

Unter Verweis auf die juristische Fachliteratur (Schmitt/Köhler, StPO, § 244 Rdn. 21, 25) qualifizierte der Senat dies als reinen Beweisermittlungsantrag. Damit griff die strenge Bindung des Gerichts nicht. Eine Ablehnung konnte nur dann einen Rechtsfehler begründen, wenn das Gericht seine allgemeine Aufklärungspflicht verletzt hätte. Dafür sah der Senat jedoch keine Anhaltspunkte. Der Angeklagte hatte keine konkreten Hinweise geliefert, dass entlastendes Material überhaupt existierte. Die Zeugin A. sprach nur pauschal von „Fotoaufnahmen“. Dem Gericht musste sich daher nicht aufdrängen, von Amts wegen eine aufwendige Suche zu starten.

Mehr als nur Aussage gegen Aussage?

Der Angeklagte argumentierte weiter, die Beweiswürdigung sei fehlerhaft, da im Grunde eine „Aussage-gegen-Aussage“-Situation vorliege. Das Gericht folgte dem nicht. Eine solche Konstellation liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nur dann vor, wenn die Aussage eines Belastungszeugen völlig isoliert im Raum steht. Das war hier anders. Die Aussage der Zeugin A. wurde durch weitere Indizien gestützt: das unstrittige Tragen der Socken mit der provokanten Aufschrift, die Anwesenheit auf einer Versammlung und vor allem die vom Landgericht festgestellte Handlung des gezielten „Herzeigens“ in Verbindung mit dem kurzen Blickkontakt. Diese Mosaiksteine bildeten in der Gesamtschau eine ausreichende Grundlage für die richterliche Überzeugung, sodass keine unauflösbare Pattsituation bestand.

Wann schlägt Ehrschutz die Meinungsfreiheit?

Ein weiterer zentraler Punkt war die Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Angeklagten (Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz) und dem Ehrschutz der Polizeibeamten. Das Gericht verneinte eine Verletzung der Meinungsfreiheit. Es stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschlüsse 1 BvR 2832/15 und 1 BvR 842/19). Demnach ist die Äußerung „ACAB“ oder eine ihrer Chiffren nicht per se strafbar, wenn sie sich ungezielt gegen die Polizei als Institution richtet. Sobald die Äußerung jedoch einen personalisierenden Bezug zu einer hinreichend überschaubaren und abgegrenzten Personengruppe aufweist, verlässt sie den Schutzbereich der Meinungsfreiheit und wird zur strafbaren Beleidigung. Genau das sah das Gericht hier als gegeben an: Durch das gezielte Zurschaustellen gegenüber den konkret anwesenden Beamten wurde die Äußerung personalisiert und richtete sich direkt gegen deren persönliche Ehre.

Warum keine Ratenzahlung gewährt wurde

Zuletzt scheiterte auch die Rüge gegen die Versagung von Zahlungserleichterungen für die Geldstrafe nach § 42 StGB. Der Angeklagte hatte eine Ratenzahlung beantragt, die das Landgericht ablehnte. Das BayObLG bestätigte diese Entscheidung als rechtsfehlerfrei. Eine Ratenzahlung ist dem Verurteilten nur dann zu gewähren, wenn ihm die sofortige Zahlung „nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist“. Das Gesetz und die hierzu ergangene Kommentarliteratur (Kinzig, Tübinger Kommentar, § 42 Rdn. 2) sehen jedoch vor, dass ein Verurteilter zunächst verpflichtet sein kann, nicht unentbehrliche Vermögensgegenstände zu verwerten. Das Landgericht hatte festgestellt, dass der Angeklagte über solche Vermögenswerte verfügte. Die Entscheidung, ihn auf deren Verwertung zu verweisen, anstatt eine Ratenzahlung zu bewilligen, lag somit im rechtlich zulässigen Ermessen des Gerichts.

Was bedeutet das Urteil für ACAB-Symbole auf Demos?

Mit diesem Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts wird die bereits durch das Bundesverfassungsgericht etablierte Rechtslage gefestigt und für die Praxis konkretisiert. Es steht fest, dass das bloße Tragen von Kleidung mit „ACAB“-Chiffren wie „13 12“ nicht automatisch eine Straftat darstellt. Der entscheidende Faktor für eine Strafbarkeit wegen Beleidigung nach § 185 StGB ist der Kontext. Wendet sich der Träger damit gezielt an anwesende, identifizierbare Polizeibeamte – etwa durch Gesten, Blickkontakt oder direktes Ansprechen – wird aus einer abstrakten Systemkritik eine strafbare persönliche Herabwürdigung.

Prozessual macht die Entscheidung zudem deutlich, wie hoch die Hürden für die Verteidigung liegen, wenn sie die Aufklärung des Sachverhalts durch das Gericht erzwingen will. Pauschale Forderungen, unbestimmtes Beweismaterial zu sichten, werden regelmäßig als unzulässige Beweisermittlungsanträge scheitern. Nur wer ein konkretes Beweismittel benennen und dessen Relevanz darlegen kann, hat die Chance, das Gericht zur Beweiserhebung zu verpflichten. Für den Angeklagten bedeutet die Zurückweisung seiner Revision, dass das Urteil des Landgerichts Augsburg rechtskräftig ist. Er hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO zu tragen.

Die Urteilslogik

Die Gerichte ziehen eine klare Grenze zwischen geschützter Systemkritik und strafbarer persönlicher Herabwürdigung von Amtsträgern.

  • Personalisiertes Zurschaustellen: Die Meinungsfreiheit deckt allgemeine Kritik an der Polizei als Institution ab, schützt jedoch nicht, wenn der Äußernde durch gezielte Gesten die pauschale Verunglimpfung auf eine überschaubare, anwesende Gruppe von Beamten zuschneidet.
  • Anforderung an Beweisanträge: Ein Gericht ist nur dann zur Einholung von Beweisen verpflichtet, wenn die Verteidigung ein präzises Beweismittel benennt; pauschale Aufforderungen zur Sichtung einer unbestimmten Materialmenge gelten lediglich als unverbindliche Ermittlungsanregung.
  • Verwertung vor Ratenzahlung: Um Zahlungserleichterungen für eine Geldstrafe zu erhalten, muss der Verurteilte nachweisen, dass die sofortige Zahlung unzumutbar ist, wobei er vorrangig verpflichtet ist, alle nicht unentbehrlichen Vermögenswerte aufzulösen.

Der Prozess verdeutlicht, dass die Wahrung des Rechtsfriedens sowohl eine verantwortungsvolle Ausübung der Meinungsfreiheit als auch eine stringente Einhaltung der prozessualen Formvorschriften erfordert.


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Experten Kommentar

Oftmals geht es im Strafprozess nicht nur darum, wer im Recht war, sondern wer die Regeln des Gerichtsspiels besser beherrscht. Dieses Urteil ist eine klare Ansage an jede Verteidigung: Wer entlastendes Material ins Spiel bringen will, muss konkrete Beweismittel benennen und kann das Gericht nicht dazu zwingen, selbst in einer Masse von Fotos und Videos nach entlastenden Momenten zu fischen. Das BayObLG stellte konsequent klar, dass das Gericht kein Detektivbüro ist, welches auf vage Anregungen hin suchen muss. In der Praxis bedeutet das: Der Angeklagte scheiterte nicht an der Frage der Meinungsfreiheit, sondern an einem klassischen Verfahrensfehler, der den Unterschied zwischen einem echten Beweisantrag und einer bloßen Suchanfrage ausmacht.


Symbolische Grafik zu FAQ - Häufig gestellte Fragen aus dem Strafrecht" mit Waage der Gerechtigkeit und Gesetzbüchern im Hintergrund

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann gilt das Zeigen von „13 12“ auf Demos als Beleidigung und ist strafbar?

Die Strafbarkeit der Chiffre „13 12“ beginnt exakt dort, wo die Äußerung den Schutz der allgemeinen Systemkritik verliert. Dies geschieht durch eine gezielte Handlung, die die Missachtung auf eine überschaubare Gruppe konkret anwesender Beamter personalisiert. Entscheidend ist, dass die Geste den anwesenden, individualisierbaren Polizeikräften gilt. In diesem Moment erfüllen Sie den Tatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB).

Das bloße passive Tragen eines Kleidungsstücks mit einer ACAB-Chiffre ist zumeist durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) gedeckt, solange es sich gegen die Polizei als Institution richtet. Gefährlich wird es, wenn Sie die Chiffre aktiv und ostentativ zeigen. Gerichte werten diese aktive Handlung nicht mehr als ungezielte Kritik, sondern als persönliche Herabwürdigung.

Juristen werten bereits einen kurzen, aktiven Blickkontakt zwischen Ihnen und den anwesenden Polizeibeamten als starkes Indiz für die Gezieltheit. Dadurch wird die Äußerung personalisiert und richtet sich direkt gegen die individuelle Ehre der Beamten. Ein Landgericht wertete das gezielte Herzeigen von Socken in Verbindung mit dem Blickkontakt als ausreichend für eine Verurteilung. Vermeiden Sie jede aktive Geste, die die Aufmerksamkeit der Beamten auf das Symbol lenken könnte.

Halten Sie sich auf Versammlungen passiv und verdecken Sie die Symbole sofort unauffällig, sobald identifizierbare Polizeibeamte in Ihrer unmittelbaren Nähe und in Blickkontakt sind.


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Wann schlägt die Meinungsfreiheit den Ehrschutz bei pauschaler Kritik an Polizisten?

Das Bundesverfassungsgericht schützt Kritik an der Polizei als Institution sehr stark. Die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) überwiegt den individuellen Ehrschutz von Beamten, solange die Äußerung abstrakt bleibt. Das ist der Fall, wenn die Kritik ungezielt gegen das gesamte polizeiliche Kollektiv gerichtet ist und keine persönliche Herabwürdigung einzelner Beamter darstellt.

Der Schutz der Meinungsfreiheit greift nur bei pauschaler Kritik, die sich gegen die Polizei als nicht abgrenzbares, abstraktes Kollektiv richtet. Die Verfassung deckt diese Form der Systemkritik, weil sie ein notwendiges Element der demokratischen Debatte ist. Juristisch entfällt dieser Schutz, sobald die Äußerung einen sogenannten personalisierenden Bezug herstellt und damit zur Beleidigung wird. Dann liegt eine Verletzung des persönlichen Ehrschutzes vor, die nach § 185 StGB strafbar wird.

Kritiker müssen darauf achten, dass die Adressatengruppe so groß und unbestimmt bleibt, dass keine individuellen Ehrverletzungen möglich sind. Betrifft die Äußerung beispielsweise hunderte Beamte, die nur aus großer Ferne wahrgenommen werden, kann keine Gezieltheit angenommen werden. Der Schutz entfällt sofort, wenn eine Äußerung auf eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe zielt. Selbst das Zurschaustellen gegenüber einer kleinen, persönlich wahrnehmbaren Einheit uniformierter Beamter gilt oft schon als gezielt.

Falls Sie mit kritischen Symbolen konfrontiert werden, positionieren Sie sich sofort räumlich so, dass keine direkte Interaktion oder Gezieltheit zu einzelnen, überschaubaren Polizeieinheiten möglich ist.


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Wie muss ich einen Beweisantrag stellen, um das Gericht zur Beweissuche zu zwingen?

Das Gericht ist nicht zur eigenständigen Beweissuche verpflichtet, sondern nur zur Verwertung klar benannter Beweismittel. Um das Gericht zur Beweiserhebung zu zwingen, müssen Sie einen formalen Beweisantrag stellen. Dieser Antrag unterscheidet sich wesentlich von einem unverbindlichen Beweisermittlungsantrag, den Gerichte meistens ablehnen können. Der Antrag muss zwingend ein konkretes Beweismittel und eine präzise Behauptung enthalten.

Ein echter Beweisantrag erfordert zwei zwingende Angaben, damit das Gericht gebunden ist. Zuerst benennen Sie das Beweismittel absolut präzise. Nennen Sie beispielsweise „die Aufnahme von der städtischen Überwachungskamera an der Ecke X“ oder „das Video von Kamera 5, 14:32 Uhr“. Zweitens legen Sie eine klare Beweisbehauptung vor. Formulieren Sie exakt, welche entlastende Tatsache durch dieses spezifische Beweismittel im Verfahren belegt werden soll.

Fordern Sie stattdessen das Gericht auf, „alle verfügbaren Videoaufnahmen zu sichten, um entlastende Momente zu finden“, handelt es sich lediglich um einen Beweisermittlungsantrag. Solche unbestimmten Forderungen sind nur eine Anregung an das Gericht, seiner allgemeinen Aufklärungspflicht nachzukommen. Das Gericht darf diesen Antrag ablehnen, wenn sich die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen nicht sofort aufdrängen muss. Sie dürfen das Gericht nicht mit der eigenen, unbestimmten Ermittlungstätigkeit beauftragen.

Erstellen Sie sofort eine detaillierte Liste aller potenziell entlastenden Aufnahmen inklusive Kamera-ID, Datum und genauer Uhrzeit, um einen qualifizierten Beweisantrag stellen zu können.


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Wie vermeide ich, dass eine Meinungsäußerung auf Demos als gezielte Beleidigung gilt?

Der entscheidende Schutzmechanismus liegt in der Passivität. Vermeiden Sie jede aktive Handlung, die Ihre Äußerung in direkten Zusammenhang mit den anwesenden Polizeibeamten bringt. Der Rechtsfrieden bleibt gewahrt, solange das Symbol als abstrakte Systemkritik wahrgenommen wird. Sobald Sie das Zeichen gezielt zeigen, droht eine Strafbarkeit wegen Beleidigung.

Gerichte bewerten das ostentative Zeigen der Chiffre als kritisch. Tragen Sie Kleidung mit Symbolen daher so, dass sie unter normalen Umständen nicht auffallen. Verdecken Sie die Zeichen etwa durch lange Hosen oder heruntergezogene Ärmel, solange Sie sich in unmittelbarer Nähe zu Polizeieinheiten befinden. Unterlassen Sie jede aktive Handlung, die die Aufmerksamkeit der Beamten auf die Äußerung lenken könnte.

Vermeiden Sie insbesondere jeden direkten Sicht- und Blickkontakt mit den Beamten, während das Symbol freigelegt ist. Das Landgericht wertete im bekannten Fall den kurzen Blickkontakt als entscheidendes Indiz für eine personalisierte Missachtung. Ebenso tabu sind jegliche Hand- oder Körpergesten, die die Aufmerksamkeit der Beamten auf die Chiffre lenken könnten. Sie provozieren andernfalls den Vorwurf des bewussten Zurschaustellens und wiederholen den fatalen Fehler des Angeklagten.

Sobald Sie eine überschaubare Gruppe Polizisten sehen, verdecken Sie das Symbol sofort unauffällig und halten Sie Ihren Blick von den Beamten fern.


Diese allgemeinen Informationen ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.


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Kann ich Ratenzahlung beantragen, wenn ich eine Geldstrafe nicht sofort zahlen kann?

Ja, Sie können gemäß § 42 StGB einen Antrag auf Zahlungserleichterung stellen. Das Gericht gewährt die Ratenzahlung jedoch nur, wenn Ihnen die sofortige Begleichung der Geldstrafe aufgrund Ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist. Die Bewilligung liegt im Ermessen der zuständigen Stelle, die Ihre finanzielle Situation genau prüft.

Bevor das Gericht eine Ratenzahlung genehmigt, müssen Sie alle Einnahmen, Ausgaben und vorhandenen Vermögenswerte lückenlos offenlegen. Wichtig ist die Regel, dass Sie zunächst verpflichtet sind, nicht unentbehrliche Vermögensgegenstände zu verwerten. Dazu zählen etwa Sammlerstücke, Zweitwagen oder andere überflüssige Werte, die Sie nicht unmittelbar zur Sicherung Ihrer Existenz benötigen. Das Gericht kann Sie auf die Veräußerung dieser Gegenstände verweisen.

Erst wenn Sie nachweisen, dass auch die Verwertung dieser Werte unmöglich oder für Sie unzumutbar ist, muss das Gericht die Zahlungserleichterung gewähren. Der Nachweis muss detailliert belegen, dass nach Abzug aller lebensnotwendigen Kosten keine Liquidität für die Geldstrafe vorhanden ist. Fehlt dieser Nachweis oder weigern Sie sich, verfügbare Werte einzusetzen, wird der Antrag abgelehnt, was die Ersatzfreiheitsstrafe zur Folge hat.

Um die Bewilligungschancen zu maximieren, dokumentieren Sie präzise Ihre gesamte finanzielle Lage und die Unentbehrlichkeit Ihrer Besitzgüter.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Aufklärungspflicht

Richter im Strafprozess müssen gemäß § 244 Abs. 2 StPO den Sachverhalt von Amts wegen vollständig erforschen, was Juristen die gerichtliche Aufklärungspflicht nennen. Diese Pflicht stellt sicher, dass das Gericht die Wahrheit findet und nicht nur die Beweise verwertet, die Staatsanwaltschaft oder Verteidigung vorlegen. Die Gesetzesvorschrift verhindert, dass eine Verurteilung auf einem unvollständigen oder lückenhaften Tatsachenfundament basiert.

Beispiel: Obwohl der Angeklagte nur einen unkonkreten Beweisermittlungsantrag stellte, hätte das Landgericht seine Aufklärungspflicht verletzt, wenn sich ihm die Existenz entlastender Videoaufnahmen unmittelbar hätte aufdrängen müssen.

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Beweisantrag

Ein Beweisantrag ist ein hochformelles prozessuales Instrument, das die Verfahrensbeteiligten nutzen, um das Gericht zur zwingenden Erhebung eines bestimmten Beweismittels zu verpflichten. Der Gesetzgeber bindet das Gericht an strenge Ablehnungsgründe, wenn der Antrag ein präzises Beweismittel und eine klare Beweisbehauptung enthält. Das Ziel ist es, der Verteidigung das Recht zu geben, ihre Version der Fakten in den Prozess einzubringen und somit ein faires Verfahren zu gewährleisten.

Beispiel: Der Antrag des Angeklagten scheiterte im Revisionsverfahren, weil er kein konkretes Beweismittel wie „das Video von Kamera 5“ benannte, sondern das Gericht zur unbestimmten Suche aufforderte.

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Beweisermittlungsantrag

Im Gegensatz zum formalen Beweisantrag ist der Beweisermittlungsantrag lediglich eine unverbindliche Anregung an das Gericht, selbst aktiv nach Beweismitteln zu forschen. Diese Form des Antrags erfordert keine präzisen Angaben und gibt dem Gericht einen großen Ermessensspielraum. Gerichte dürfen diesen Antrag ablehnen, solange sich die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen nicht zwingend aus den Umständen ergibt.

Beispiel: Die Verteidigung forderte, alle auf der Demonstration entstandenen Fotos zu sichten, was das BayObLG korrekterweise als reinen Beweisermittlungsantrag qualifizierte und ablehnen durfte.

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Kollektivkritik

Als Kollektivkritik bezeichnen Rechtsexperten eine Äußerung, die sich pauschal gegen eine große, nicht individualisierbare Gruppe richtet – im vorliegenden Fall gegen die Polizei als abstrakte Institution. Solange die Kritik abstrakt bleibt, schützt Art. 5 GG (Meinungsfreiheit) diese Äußerungen, da sie ein unverzichtbares Element der demokratischen Debatte darstellen. Das Gesetz erlaubt diese Form des Unmuts, um Systemkritik zu ermöglichen, ohne sofort den Ehrschutz Einzelner zu verletzen.

Beispiel: Das bloße passive Tragen eines ACAB-Symbols auf einem T-Shirt in der Innenstadt gilt noch als zulässige Kollektivkritik, da kein konkreter Adressat individualisiert wird.

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Personalisierender Bezug

Der personalisierende Bezug ist das entscheidende Kriterium, das eine pauschale Äußerung wie „ACAB“ aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit herausnimmt und zur strafbaren Beleidigung macht. Diese Schwelle wird überschritten, wenn die Äußerung oder Geste gezielt auf eine hinreichend überschaubare Gruppe konkreter, anwesender Personen gerichtet wird. Das Gesetz schützt die individuelle Ehre der einzelnen Beamten, sobald sie durch aktive Handlungen identifizierbar als Adressaten herausgegriffen werden.

Beispiel: Der Angeklagte schuf einen personalisierenden Bezug, indem er die Socken mit der Chiffre bewusst und in direktem Blickkontakt den anwesenden Polizeibeamten zeigte.

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Zahlungserleichterung

Verurteilte können eine Zahlungserleichterung beantragen, wenn sie die verhängte Geldstrafe nicht sofort bezahlen können; diese Erleichterung kann als Ratenzahlung bewilligt werden. Paragraph 42 StGB sieht vor, dass das Gericht diesen Antrag nur genehmigt, wenn die sofortige Zahlung nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen des Verurteilten nicht zumutbar ist. Das Gericht sorgt damit dafür, dass die Geldstrafe vollstreckt werden kann, ohne die Existenzgrundlage des Schuldners zu gefährden.

Beispiel: Die Zahlungserleichterung wurde dem Angeklagten versagt, da das Landgericht feststellte, dass er noch nicht unentbehrliche Vermögensgegenstände verwerten könnte, bevor ihm Ratenzahlung gewährt wird.

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Das vorliegende Urteil


BayObLG – Az.: 206 StRR 295/25 – Beschluss vom 29.09.2025


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