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Love scam – Strafbarkeit als Betrug

Das Bayerische Oberste Landesgericht bestätigte die Verurteilung einer Angeklagten wegen leichtfertiger Geldwäsche im Zusammenhang mit der Betrugsmasche „Love Scam“. Die als Betrug gemäß § 263 StGB eingestufte Vorgehensweise erfüllt demnach den Tatbestand, auch wenn sich Opfer der nachteiligen Wirkung auf ihr Vermögen bewusst sind. Zudem hielt das Gericht eine Einziehungsentscheidung im subjektiven Verfahren ohne gesonderten Antrag der Staatsanwaltschaft für zulässig.

➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 203 StRR 104/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Hilfe anfordern


✔ Der Fall: Kurz und knapp

  • Love scam bezeichnet eine Betrugsmethode, bei der eine Person unter Ausnutzung der Gutgläubigkeit des Opfers eine falsche Identität, Lebensgeschichte und dringenden Geldbedarf vortäuscht.
  • Das Opfer wird zu Zahlungen bewegt, nach denen der Täter den Kontakt abbricht und unauffindbar wird.
  • Schwierigkeiten bestehen darin, dass das Opfer oft freiwillig Geld überweist, was den Betrugscharakter verschleiern kann.
  • Das Gericht entschied, dass dieses Verhalten den Tatbestand des Betrugs nach § 263 StGB erfüllt.
  • Freiwillige Zuwendungen entfallen nicht, wenn das Opfer durch Täuschung zur Zahlung bewegt wurde, selbst wenn es sich der negativen Folgen bewusst war.
  • Auch ein Bankguthaben kann Gegenstand von Geldwäsche sein, wenn es durch Betrug erlangt wurde.
  • Das Gericht bestätigte die Beweiswürdigung, dass die Überweisungen der Geschädigten aus Betrugsstraftaten stammten.
  • Einziehungsentscheidungen können auch im subjektiven Verfahren ohne gesondertes Einziehungsverfahren getroffen werden.
  • Leichtfertigkeit liegt vor, wenn die Herkunft des Geldes aus einer rechtswidrigen Tat offensichtlich ist und der Täter dies ignoriert.
  • Die Einziehung von Vermögen kann auch erfolgen, wenn der Angeklagte freigesprochen wird, wenn es klare Hinweise auf eine rechtswidrige Herkunft gibt.

„Love Scam“ erfüllt Tatbestand des Betrugs laut Gericht

Betrug ist leider ein weit verbreitetes Phänomen in unserer Gesellschaft, das erhebliche finanzielle und psychische Schäden für die Opfer verursachen kann. Eine besonders hinterhältige Form stellt der sogenannte „Love Scam“ dar. Dabei täuscht der Täter dem Opfer eine erfundene Identität, Lebensgeschichte und einen dringenden Geldbedarf vor, um es zu Zahlungen zu bewegen. Sobald das Geld überwiesen ist, bricht der Kontakt ab und der Täter taucht unter.

Die Strafbarkeit dieses Verhaltens ist nicht immer eindeutig, da die Opfer oftmals freiwillig Geld überweisen. Dennoch erfüllt das Vorgehen der Täter den Straftatbestand des Betrugs nach § 263 des Strafgesetzbuchs. Zudem können die erlangten Gelder auch als Geldwäsche nach § 261 StGB gewertet werden.

Im Folgenden wollen wir einen konkreten Gerichtsfall zur Strafbarkeit von „Love Scam“ betrachten und analysieren, welche Kriterien für eine Verurteilung entscheidend sind.

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✔ Der Fall vor dem Bayerischeb Obersten Landesgericht (BayObLG)


Vorgeworfene Betrugsmasche „Love Scam“ erfüllt Tatbestand des Betrugs

Love Scam Be trug
(Symbolfoto: Juliana_haris /Shutterstock.com)

In dem vorliegenden Fall geht es um die Strafbarkeit der sogenannten „Love Scam“ Masche als Betrug gemäß § 263 StGB. Bei dieser Methode, die häufig über Dating-Plattformen im Internet praktiziert wird, spiegelt eine Person einer anderen unter Ausnutzung von deren Gutgläubigkeit eine erfundene Identität, eine erfundene Lebensgeschichte, eine erfundene Vertrauensbasis und einen erfundenen dringenden Geldbedarf vor. Sobald das Opfer die erwünschte(n) Zahlung(en), in der Regel über einen Dritten, geleistet hat, bricht der Täter dem Tatplan entsprechend den Kontakt ab und taucht unerkannt und für das Opfer nicht rückverfolgbar ab.

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) stellte in seinem Beschluss fest, dass dieses Verhalten den objektiven und subjektiven Tatbestand des Betrugs nach § 263 StGB erfüllt. Die für den Betrug erforderliche Irrtumserregung zum Zeitpunkt der Zahlung wurde durch die Feststellungen des Landgerichts belegt. Dass ein Opfer im Laufe der Ermittlungen auf seiner Fehlvorstellung beharrte, lässt den objektiven Tatbestand nicht wieder entfallen.

Täuschung über Zweck der Vermögenshingabe begründet Betrug

Der Tatbestand des Betrugs entfällt im Falle einer freiwilligen Zuwendung auch nicht deshalb, weil sich der Getäuschte der nachteiligen Wirkung seiner Verfügung auf sein Vermögen bewusst ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier der Täter dem Opfer einen bestimmten Zweck für die Vermögenshingabe nur vorgegaukelt hat. Den Bedenken einer Mindermeinung in der Literatur vermochte sich der Senat nicht anzuschließen. Das Vermögensdelikt des Betrugs schützt demnach auch vor durch Täuschung veranlassten bewussten Vermögenseinbußen.

Leichtfertiges Handeln der Angeklagten im Sinne der Geldwäsche

Das Landgericht hatte die angeklagte Person wegen leichtfertiger Geldwäsche nach § 261 Abs. 6 S. 1 StGB verurteilt. Die Beweiswürdigung zum subjektiven Tatbestand hielt dabei der materiellrechtlichen Nachprüfung stand. Ein leichtfertiges Handeln der Angeklagten wurde unter Beachtung der gebotenen vorsatznahen Auslegung des § 261 Abs. 6 S. 1 StGB ausreichend belegt.

Leichtfertigkeit liegt vor, wenn sich die Herkunft des Gegenstands aus einer rechtswidrigen Tat nach der Sachlage geradezu aufdrängt und der Täter gleichwohl handelt, weil er dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder großer Unachtsamkeit außer Acht lässt. Dies hatte das Landgericht nach Auffassung des BayObLG tragfähig dargelegt. Der Angeklagten musste sich demnach auch unter Berücksichtigung ihrer individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten die Möglichkeit einer betrügerischen Handlung nach den Gesamtumständen aufdrängen, was sie ungeachtet der ungewöhnlichen Transaktionsform aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Betracht ließ.

Einziehungsentscheidung im subjektiven Verfahren zulässig

Das BayObLG sah auch keine Rechtsbedenken gegen die Einziehungsentscheidung im subjektiven Verfahren. Es ist demnach auch im subjektiven Verfahren möglich, neben dem Freispruch eines Angeklagten eine Einziehungsentscheidung zu treffen, ohne dass hierfür der Weg eines selbständigen Einziehungsverfahrens beschritten werden müsste. Eines gesonderten Antrags der Staatsanwaltschaft nach § 435 Abs. 1 S. 1 StPO bedarf es dafür nicht.

Der Einwand der Verteidigung zu § 76a Abs. 4 StGB ging nach Auffassung des Gerichts fehl, da hier keine Konstellation einer tatunabhängigen erweiterten selbständigen Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft vorlag. Gibt es eine Anklage, die das Objekt der Einziehung erfasst, geht der tatunabhängigen Einziehung grundsätzlich die erweiterte Einziehung nach §§ 73 ff. und § 76a Abs. 1 bis 3 StGB vor.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Die Entscheidung des BayObLG stellt klar, dass die „Love Scam“-Masche den Tatbestand des Betrugs gemäß § 263 StGB erfüllt, selbst wenn sich Geschädigte der Vermögenseinbuße bewusst sind. Somit schützt das Betrugsdelikt auch vor durch Täuschung veranlassten bewussten Vermögensverlusten. Zudem ist eine Einziehungsentscheidung im subjektiven Verfahren ohne gesonderten Antrag der Staatsanwaltschaft zulässig, sofern die Anklage das Einziehungsobjekt erfasst. Das Urteil stärkt den strafrechtlichen Schutz vor raffiniert eingefädelten Betrugsmaschen im digitalen Zeitalter.


✔ FAQ – Häufige Fragen

Thema: Love-Scam-Betrug


Was ist Love Scam und wie funktioniert diese Betrugsmasche?

Love Scam, auch bekannt als Romance Scam, ist eine moderne Form des Betrugs im Internet, bei der Betrüger ihren Opfern die große Liebe vorgaukeln, um sie emotional zu manipulieren und finanziell auszunutzen .

Die Täter erstellen gefälschte Profile auf Dating-Plattformen und in sozialen Netzwerken. Sie geben sich als attraktive, charmante und erfolgreiche Singles aus, die auf der Suche nach einer ernsthaften Beziehung sind . Dabei verwenden sie oft gestohlene Fotos und erfundene Biografien, um einen seriösen und vertrauenswürdigen Eindruck zu erwecken .

Sobald ein Kontakt zu einem potenziellen Opfer hergestellt ist, überhäufen die Betrüger dieses mit Aufmerksamkeit und Liebesbekundungen. Sie zeigen großes Interesse am Leben des Opfers, schreiben lange Nachrichten und chatten stundenlang, um eine emotionale Bindung aufzubauen . Dabei nutzen sie gezielt die Gutgläubigkeit und Sehnsucht nach Liebe und Zuneigung aus .

Nach einiger Zeit erfinden die Täter dann Notlagen wie Unfälle, Krankheiten oder berufliche Probleme und bitten ihr Opfer um finanzielle Unterstützung. Sie versprechen, das Geld zurückzuzahlen und eine gemeinsame Zukunft aufzubauen . Durch den emotionalen Druck und die vorgetäuschte Liebe fällt es den Opfern schwer, die Betrugsmasche zu durchschauen. Viele überweisen hohe Summen, bevor sie misstrauisch werden .

Love Scam erfüllt in der Regel den Straftatbestand des Betrugs gemäß § 263 StGB . Den Tätern drohen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen. Bei gewerbsmäßigem Betrug oder Bandenkriminalität sind sogar Freiheitsstrafen zwischen einem und zehn Jahren möglich .

Um sich vor Love Scam zu schützen, ist es wichtig, bei Online-Bekanntschaften wachsam zu bleiben. Seien Sie misstrauisch bei überschwänglichen Liebesbekundungen von Fremden und überprüfen Sie deren Identität sorgfältig, bevor Sie eine engere Bindung eingehen. Geben Sie niemals Geld an Personen, die Sie noch nie persönlich getroffen haben. Wenn Sie Opfer eines Love Scams geworden sind, brechen Sie sofort den Kontakt ab, sichern Sie alle Beweise und erstatten Sie Anzeige bei der Polizei .


Kann man sich bei Love Scam auch strafbar machen, wenn man selbst Geld überwiesen hat?

Nein, Opfer von Love Scamming machen sich nicht strafbar, wenn sie freiwillig Geld an den Betrüger überwiesen haben. Der Betrug wird nicht durch die Freiwilligkeit der Überweisung ausgeschlossen, sondern durch die Täuschung über den eigentlichen Zweck der Vermögenshingabe begründet.

Der Betrüger erweckt beim Opfer durch Vorspiegelung falscher Tatsachen wie einer angeblichen Liebesbeziehung einen Irrtum. Dieser Irrtum veranlasst das Opfer zu einer Vermögensverfügung, indem es Geld an den Täter überweist. Dabei ist unerheblich, dass die Überweisung freiwillig erfolgt. Entscheidend ist vielmehr, dass der Getäuschte die Überweisung nur aufgrund der betrügerischen Manipulation vornimmt und so einen Vermögensschaden erleidet.

Als Beispiel überweist ein Opfer Geld an den vermeintlichen Liebhaber für ein Flugticket, damit dieser es besuchen kann. In Wahrheit existiert die Liebesbeziehung aber nur in der Vorstellung des Opfers. Der Täter hat sie nur vorgetäuscht, um sich zu bereichern. Hier liegt trotz der freiwilligen Überweisung ein vollendeter Betrug vor, da der Getäuschte über den wahren Zweck der Vermögenshingabe getäuscht wurde.

Opfer von Love Scamming sind daher in jedem Fall Geschädigte einer Straftat, auch wenn sie das Geld eigenständig und freiwillig überwiesen haben. Sie haben Anspruch auf Strafverfolgung der Täter und Rückerstattung ihres Schadens. Eine eigene Strafbarkeit der Geschädigten scheidet aus.


Welche rechtlichen Konsequenzen drohen Tätern bei Love Scam und welche Strafe ist zu erwarten?

Love Scamming erfüllt in der Regel den Straftatbestand des Betruges gemäß § 263 StGB. Der Täter verlangt meist Geld vom Opfer und verspricht eine Gegenleistung oder die Rückzahlung des Geldes, was er jedoch nicht einhält. Es handelt sich somit um einen klassischen Eingehungs- bzw. Vorleistungsbetrug.

Dem Täter droht nach § 263 Absatz 1 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Bei einem geringen Geldbetrag oder einem erstmaligen Vergehen wird der Täter vermutlich mit einer Geldstrafe davonkommen. Ist der Täter jedoch vorbestraft, muss er auch mit einer Freiheitsstrafe rechnen.

In vielen Fällen liegt sogar ein gewerbsmäßiger Betrug als Bande vor. Dann droht den Tätern nach § 263 Absatz 3 StGB eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren.

Wenn das Opfer Geld, das aus Betrugstaten stammt, für den Täter weiterleitet, macht es sich zudem der Geldwäsche schuldig. Dies kann ebenfalls strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Zusätzlich zur Strafe kann das Gericht die Einziehung von Taterträgen und Tatmitteln anordnen. Der Staat beansprucht dann das Vermögen zur Einziehung, das aus der Straftat erlangt wurde. Dies kann zu einem Interessenkonflikt mit dem Opfer führen, das an der Wiedergutmachung seines Schadens interessiert ist.

Die Ermittlung und Strafverfolgung der meist aus dem Ausland agierenden Täter ist allerdings sehr schwierig bis unmöglich. Nur selten können Kontaktpersonen in Deutschland gegriffen werden. Viele Fälle kommen daher gar nicht erst zur Anzeige.


Haben Opfer von Love Scam Aussicht auf Schadenersatz und Rückerstattung des Geldes?

Opfer von Love Scam haben grundsätzlich die Möglichkeit, zivilrechtliche Ansprüche auf Schadenersatz und Rückerstattung des überwiesenen Geldes geltend zu machen. Die Erfolgsaussichten hängen jedoch von verschiedenen Faktoren ab.

Zunächst ist Love Scam eine Straftat des Betrugs gemäß § 263 StGB. Die Täter täuschen eine Liebesbeziehung vor, um ihre Opfer dazu zu bringen, ihnen Geld zu überweisen. Zivilrechtlich liegt ein sogenannter Eingehungsbetrug vor, der Schadensersatzansprüche begründet. Die Opfer können das zu Unrecht überwiesene Geld vom Täter zurückfordern.

Eine große Hürde ist jedoch, dass die Täter häufig im Ausland sitzen und schwer zu ermitteln sind. Oft agieren sie aus Ländern wie Nigeria, wo die Strafverfolgung sehr schwierig ist. Selbst wenn die Identität der Täter bekannt ist, gestaltet sich die Durchsetzung von Ansprüchen im Ausland als äußerst kompliziert.

Bessere Chancen bestehen, wenn das Geld an inländische Konten überwiesen wurde. In diesem Fall können Opfer versuchen, über ihre Bank eine Rücküberweisung zu erwirken. Die Banken sind jedoch nicht verpflichtet, solchen Anträgen stattzugeben. Je länger die Überweisung zurückliegt, desto geringer sind die Aussichten auf Erfolg.

Betroffene sollten schnellstmöglich handeln und Strafanzeige erstatten. Dies erhöht die Chance auf Ermittlungserfolge und kann Ansprüche gegen die Täter sichern. Zudem sollten alle Beweise wie Chatverläufe, Fotos und Überweisungsbelege gesichert werden.

Anwaltliche Unterstützung ist ratsam, um die rechtlichen Möglichkeiten auszuloten. Anwälte können die Vermögensverhältnisse der Täter prüfen und Forderungen durchsetzen. Bei Betrugsdelikten im Internet sind die Hürden jedoch oft sehr hoch.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 263 StGB (Betrug): Betrug liegt vor, wenn durch Täuschung über Tatsachen ein Irrtum erregt wird, der eine Vermögensverfügung und einen Vermögensschaden nach sich zieht. Beim Love Scam wird eine erfundene Identität und ein erfundener Geldbedarf vorgetäuscht, um Zahlungen zu erhalten.
  • § 261 StGB (Geldwäsche): Geldwäsche betrifft die Verschleierung der Herkunft von Geldern aus rechtswidrigen Taten. Im Love Scam werden die erlangten Gelder oft auf Konten Dritter eingezahlt, um die Spur zu verwischen.
  • § 138 Abs. 1 BGB (Sittenwidrigkeit): Verträge sind sittenwidrig, wenn sie gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen. Im Kontext von Love Scam wären Schenkungen oder Darlehen sittenwidrig, da sie auf Täuschung basieren.
  • § 349 Abs. 2 StPO (Revision): Dieses Verfahren prüft, ob Rechtsfehler vorliegen. Im vorliegenden Fall wurde die Revision der Angeklagten verworfen, da keine Rechtsfehler festgestellt wurden.
  • § 435 Abs. 1 S. 1 StPO (Einziehung): Einziehungen von Vermögenswerten können auch im subjektiven Verfahren ohne gesonderten Antrag der Staatsanwaltschaft erfolgen. Dies wurde im Fall der Angeklagten angewendet.
  • § 76a StGB (Einziehung): Betrifft die erweiterte Einziehung von Vermögen. Im Fall wurde entschieden, dass eine erweiterte Einziehung auch ohne gesonderte Verfahrensweise möglich ist, wenn die Tatobjekte durch Betrug erlangt wurden.
  • Bewusste Vermögenseinbuße: Betrug schützt auch vor bewusst erlittenen Vermögensverlusten, wenn diese durch Täuschung hervorgerufen wurden. Im Love Scam wurde den Opfern ein bestimmter Verwendungszweck vorgetäuscht, um Zahlungen zu erlangen.
  • Leichtfertigkeit: Leichtfertigkeit liegt vor, wenn die Herkunft der Gelder aus rechtswidrigen Taten offensichtlich ist und dennoch gehandelt wird. Im Fall wurde festgestellt, dass die Angeklagte leichtfertig handelte, indem sie ihr Konto für die betrügerischen Transaktionen zur Verfügung stellte.


⇓ Das vorliegende Urteil vom Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG)

BayObLG – Az.: 203 StRR 104/24 – Beschluss vom 04.04.2024

Leitsätze:

1. Bei der Methode „love scam“ spiegelt eine Person einer anderen unter Ausnutzung von deren Gutgläubigkeit eine erfundene Identität, eine erfundene Lebensgeschichte, eine erfundene Vertrauensbasis und einen erfundenen dringenden Geldbedarf vor. Sobald das Opfer die erwünschte(n) Zahlung(en), in der Regel über einen Dritten, geleistet hat, bricht der Täter dem Tatplan entsprechend den Kontakt ab und taucht unerkannt und für das Opfer nicht rückverfolgbar ab. Dieses Verhalten erfüllt den Tatbestand von § 263 StGB.

2. Der Tatbestand des Betrugs entfällt im Falle einer freiwilligen Zuwendung auch nicht deshalb, weil sich der Getäuschte der nachteiligen Wirkung seiner Verfügung auf sein Vermögen bewusst ist.

3. Es ist auch im subjektiven Verfahren möglich, neben dem Freispruch eines Angeklagten eine Einziehungsentscheidung zu treffen, ohne dass hierfür der Weg eines selbständigen Einziehungsverfahrens beschritten werden müsste. Eines gesonderten Antrags der Staatsanwaltschaft nach § 435 Abs. 1 S. 1 StPO bedarf es nicht.


I. Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 11. Oktober 2023 wird als unbegründet verworfen.

II. Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Strafkammer hat auf der Basis einer beanstandungsfreien Beweiswürdigung frei von Rechtsfehlern den objektiven und subjektiven Tatbestand der Geldwäsche zutreffend bejaht.

a. Gegen die von ihr getroffene Feststellung, dass die Überweisungen der Geschädigten auf das Konto der Angeklagten aus Betrugsstraftaten von deren flüchtig Bekannten „O.“ herrührten, ist nichts zu erinnern. Bei der Methode „love scam“, die häufig über Dating-Plattformen im Internet praktiziert wird, spiegelt eine Person einer anderen unter Ausnutzung von deren Gutgläubigkeit eine erfundene Identität, eine erfundene Lebensgeschichte, eine erfundene Vertrauensbasis und einen erfundenen dringenden Geldbedarf vor. Sobald das Opfer die erwünschte(n) Zahlung(en), in der Regel über einen Dritten, geleistet hat, bricht der Täter dem Tatplan entsprechend den Kontakt ab und taucht unerkannt und für das Opfer nicht rückverfolgbar ab. Dieses Verhalten des Bekannten der Angeklagten und etwaiger weiterer Beteiligter erfüllt den Tatbestand von § 263 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2022 – 2 StR 395/22 –, juris Rn. 3; LG München I, Urteil vom 27. Juni 2019 – 12 Kls 319 Js 227596/16, BeckRS 2019, 33417 Rn. 77, und dazu BGH, Beschluss vom 21. November 2019 – 1 StR 482/19 –, juris; Metz JR 2019, 492, 494). Die für den Betrug erforderliche Irrtumserregung zum Zeitpunkt der Zahlung belegen die Feststellungen des Landgerichts auch im Falle der Geschädigten R. Dass das Opfer im Laufe der Ermittlungen auf ihrer Fehlvorstellung beharrte, lässt den objektiven Tatbestand nicht wieder entfallen. Soweit die Revision eine Kündigung des Darlehens vermisst und eine Schenkung ins Feld führt, übersieht sie, dass sowohl ein Darlehensvertrag als auch eine Schenkung unter den konkreten Umständen sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB wären (zur Sittenwidrigkeit einer Schenkung vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2022 – X ZR 40/20 –, juris Rn. 16 ff.) und den beiden Geschädigten die für eine Realisierung ihres Rückzahlungsanspruchs erforderliche Identität des Vertragspartners nicht bekannt ist. Der Tatbestand des Betrugs entfällt im Falle einer freiwilligen Zuwendung auch nicht deshalb, weil sich der Getäuschte der nachteiligen Wirkung seiner Verfügung auf sein Vermögen bewusst ist (BGH, Urteil vom 12. Mai 1992 – 1 StR 133/92 –, BGHSt 38, 281-284, juris Rn. 5; BGH, Urteil vom 10. November 1994 – 4 StR 331/94 –, juris Rn. 13; im Ergebnis auch BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 – 5 StR 334/05 –, juris Rn. 7 zur Subvention). Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier der Täter dem Opfer einen bestimmten Zweck für die Vermögenshingabe nur vorgegaukelt hat (zur Zweckverfehlung beim Schenkungsbetrug vgl. Fischer, StGB, 71. Aufl., § 263 Rn. 139; des weiteren zur Zweckverfehlung NK-StGB/Kindhäuser/Hoven, StGB, 6. Aufl., § 263 Rn. 296; Saliger in Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, § 263 StGB B IV Rn. 122, 178 ff.; Beukelmann, BeckOK StGB, 60. Ed § 263 Rn. 49 ff.; Oğlakcıoğlu/Mansouri, NStZ 2023, 129 ff., insb. S. 133 ff.; Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 181 ff., 185a; Heger in Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl., § 263 Rn. 56: wenn der mit der Aufwendung verfolgte Zweck verfehlt wurde, obwohl seine Erreichung sich als Grundbedingung für das Vermögensopfer darstellt). Den Bedenken einer Mindermeinung der Literatur (vgl. Hefendehl in MüKo-StGB, 4. Aufl., § 263 Rn. 1026 ff. zum Meinungsstand; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 263 Rn. 41, 102) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Das Vermögensdelikt des Betrugs schützt auch vor durch Täuschung veranlassten bewussten Vermögenseinbußen.

b. Gegenstand einer Geldwäsche kann auch ein Bankguthaben sein (vgl. BGH, Urteil vom 15. August 2018 – 5 StR 100/18-, juris Rn. 28, 29; Hecker in Schönke/Schöder a.a.O. § 261 Rn. 4; Krause in Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl., § 261 Rn. 10).

c. Auch die Tathandlung nach § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und 4 StGB ist hinreichend ausgeführt. Bei Konten genügt das alleinige Recht des Kontoinhabers, über das Geld zu verfügen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – 1 StR 595/15 –, juris 23; Krause a.a.O. § 261 Rn. 16; Hecker a.a.O. Rn. 19; Neuheuser in MüKo-StGB a.a.O. § 261 Rn. 63, 66).

d. Die Beweiswürdigung zum subjektiven Tatbestand hält der materiellrechtlichen Nachprüfung stand. Ein leichtfertiges Handeln der Angeklagten hat das Landgericht unter Beachtung der gebotenen vorsatznahen Auslegung des § 261 Abs. 6 S. 1 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, juris Rn. 41 zu § 261 Abs. 5 StGB a.F.) ausreichend belegt. Leichtfertigkeit liegt vor, wenn sich die Herkunft des Gegenstands aus einer rechtswidrigen Tat nach der Sachlage geradezu aufdrängt und der Täter gleichwohl handelt, weil er dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder großer Unachtsamkeit außer Acht lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2019 – 1 StR 311/17 –, juris Rn. 7 zu § 261 Abs. 5 a.F.; BGH, Urteil vom 24. Juni 2008 – 5 StR 89/08 –, juris Rn. 20 m.w.N. zu § 261 Abs. 5 a.F.; Fischer a.a.O. § 261 Rn. 57; Neuheuser a.a.O. Rn. 108; Hecker a.a.O. Rn. 28; Altenhain in Kindhäuser/Neumannn/Paeffgen/Saliger, StGB, 6. Aufl., § 261 Rn. 93).

Das Landgericht hat entgegen dem Vorbringen der Revision tragfähig belegt, dass sich der Angeklagten auch unter Berücksichtigung ihrer individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten die Möglichkeit einer betrügerischen Handlung nach den Gesamtumständen, insbesondere aus der zur Verfügungstellung ihres Kontos als „Umschlagsplatz“ für verschleierte Zahlungen von Unbekannten an eine Person, deren Personalien, Wohnort und finanziellen Hintergründe sie ebenfalls nicht kannte (Urteil S. 7, 25), aufdrängen musste, was sie ungeachtet der ungewöhnlichen Transaktionsform aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Betracht ließ. Die Ausführungen der Revision erschöpfen sich in dem erfolglosen Versuch, ihre eigene Würdigung an die Stelle jener der Strafkammer zu setzen. Die Revision lässt dabei insbesondere außer Betracht, dass die Angeklagte nach den Urteilsgründen bereits im Jahre 2019 ihr Konto für die Begehung eines Betrugs zur Verfügung gestellt hatte (Urteil S. 6 und 7).

2. Gegen die Einziehungsentscheidung im subjektiven Verfahren bestehen ebenfalls keine Rechtsbedenken. Es ist auch im subjektiven Verfahren möglich, neben dem Freispruch eines Angeklagten eine Einziehungsentscheidung zu treffen, ohne dass hierfür der Weg eines selbständigen Einziehungsverfahrens beschritten werden müsste (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2019 – 5 StR 118/19, juris Rn. 1 und BGH, Beschluss vom 21. Februar 2017 – 3 StR 535/16, juris Rn. 1, 16 jeweils zur Schuldunfähigkeit; BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1988 – 3 StR 295/88 –, BGHSt 36, 51-59, juris Rn. 15 zum Freispruch aus rechtlichen Gründen; Lohse in Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 76a StGB Rn. 45; Joecks/Meißner in MüKo-StGB a.a.O. § 76a Rn. 19; vgl. auch BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 23. Mai 2023 – GSSt 1/23 –, juris zur Einstellung). Eines gesonderten Antrags der Staatsanwaltschaft nach § 435 Abs. 1 S. 1 StPO bedarf es nicht (BGH, Großer Senat a.a.O. Rn. 53 zur Einstellung; vgl. auch Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 435 Rn. 19a). Der Einwand der Verteidigung zu § 76a Abs. 4 StGB geht fehl. Denn eine Konstellation einer tatunabhängigen erweiterten selbständigen Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft liegt hier nicht vor. Gibt es eine Anklage, die das Objekt der Einziehung erfasst, geht der tatunabhängigen Einziehung grundsätzlich die erweiterte Einziehung nach §§ 73 ff. und § 76a Abs. 1 bis 3 StGB vor (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2022 – 3 StR 238/21-, juris Rn. 20; Joecks/Meißner a.a.O. § 76a Rn. 17; Eser/Schuster in Schönke/Schröder a.a.O. § 76a Rn. 16).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

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