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Illegale Beschäftigung von Ausländern – Bußgeldzumessung nach Schwere des Verstoßes

AG Saarbrücken – Az.: 43 OWi 31 Js 1589/08 (434/08) – Urteil vom 27.03.2009

Gegen den Betroffenen wird wegen fahrlässiger illegaler Beschäftigung einer Arbeitnehmerin zu einer eine Geldbuße in Höhe von 600 € festgesetzt .

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens. Dem Betroffenen wird eingeräumt, die Geldbuße in monatlichen Raten zu je 20 € zu zahlen. Kommt der Betroffene mit der Zahlung einer Rate in Verzug, wird der Gesamtbetrag sofort fällig.

Gründe

I.

Folgender Sachverhalt konnte festgestellt werden:

Die Bulgarin S hat im Dezember 2006 mindestens 2x die Woche je zwei Stunden als Putzhilfe in der Wohnung des Betroffenen gearbeitet.

Bezahlt hat die Putzfrau die Mutter des Betroffenen. Im Einverständnis mit dem Betroffenen hat Frau S aber auch bei diesem nach seiner Anweisung geputzt. Zeit und Art der Beschäftigung hat der Betroffene festgelegt.

II.

Der Sachverhalt steht fest aufgrund der geständigen Einlassung des Betroffenen. Dieser hatte lediglich die im Bußgeldbescheid angegebene Dauer der Beschäftigung angezweifelt; den Sachverhalt im Übrigen aber eingeräumt.

III.

Es liegt ein Verstoß gegen § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III in Verbindung mit § 284 Abs. 1 SGB III vor. Die Norm bestimmt:

§ 404 Abs. 2 SGB III lautet: “ (2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

3. entgegen § 284 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes einen Ausländer beschäftigt, …“

§ 284 Abs. 1 SGB III lautet:

„(1) Staatsangehörige der Staaten, die nach dem Vertrag vom 16. April 2003 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (BGBl. 2003 II S. 1408) der Europäischen Union beigetreten sind, und deren freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige dürfen eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit ausüben und von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen, soweit nach Maßgabe des EU-Beitrittsvertrages abweichende Regelungen als Übergangsregelungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit Anwendung finden. Dies gilt für die Staatsangehörigen der Staaten entsprechend, die nach dem Vertrag vom 25. April 2005 über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (BGBl. 2006 II S. 1146) der Europäischen Union beigetreten sind.“

1. Voraussetzung des objektiven Tatbestands ist es, dass ein ausländischer Arbeitnehmer beschäftigt wurde, obwohl er die erforderliche Genehmigung nicht hatte.

Bei der Arbeitnehmerin handelt es sich um eine Bulgarin; sie genießt noch nicht die Arbeitnehmer-Freizügigkeit. Die erforderliche Arbeitsgenehmigung lag im Zeitpunkt des Verstoßes nicht vor und war auch nicht beantragt.

Der Betroffene ist als Arbeitgeber im Sinne der Norm zu qualifizieren, nachdem die Bulgarin auf seine Anleitung hin in seiner Wohnung tätig wurde. Dass die Frau im Übrigen von der Mutter des Betroffenen bezahlt wurde ist unerheblich, da es sich – strafrechtlich betrachtet läge Mittäterschaft vor – um einen Fall des § 14 Abs. 1 OWiG handelt. Der Betroffene hat bewusst und gewollt mit seiner Mutter zusammengewirkt um die Beschäftigung trotz fehlender Genehmigung herbeizuführen. Er war auch der wirtschaftliche Nutznießer der Beschäftigung.

2. In subjektiver Hinsicht muss der Arbeitgeber diese Beschäftigung vorsätzlich oder fahrlässig bewirkt haben.

Der Betroffene kannte alle Umstände des Sachverhalts, insbesondere die fehlende Arbeitsgenehmigung, und stellte die Bulgarin trotzdem ein. Es lag mithin mindestens Fahrlässigkeit vor.

3. Hinweise, die auf einen Verbotsirrtum schließen ließen, waren nicht zu erkennen.

An die Voraussetzungen des Verbotsirrtums nach § 11 Abs. 2 OWiG sind dabei erhöhte Voraussetzungen zu stellen. Als Arbeitgeber hat man sich über seine entsprechenden Pflichten zu informieren und sich ggf. der Hilfe von Fachpersonal oder professionellen Beratern zu bedienen.

IV.

Eine Buße von € 600 erschien im konkreten Fall angemessen.

1. Nach § 17 Abs. 3 S. 1 OWiG sind bei der Zumessung einer Geldbuße zunächst die Bedeutung der verletzten Ordnungsvorschrift und der Vorwurf, der den Täter trifft, zu berücksichtigen.

Um der Gleichbehandlung im Sinne des Artikel 3 GG gerecht zu werden, hat sich die Verwaltungsbehörde in ihrer Praxis einen Bußgeldkatalog gegeben, der sich vor allem an der Dauer der Zuwiderhandlung orientiert. Das Gericht ist wie die Behörde der Auffassung, dass Verstöße zumindest dann, wenn es sich um materielle Verstöße handelt, regelmäßig hart zu ahnden sind, weicht aber im Übrigen in seiner eigenen Praxis, die es durchgängig anwendet, vom Katalog der Behörde ab und setzt die Bußgeldhöhe nach dem folgenden Schema fest.

a) Die Bedeutung der verletzten Vorschrift ist erheblich. Bei Verstößen gegen § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III hat der Gesetzgeber eine drastische Bußandrohung vorgenommen. Diese beträgt € 500.000 bei Vorsatztaten und wegen § 17 Abs. 2 OWiG € 250.000 bei Fahrlässigkeitstaten.

b) Bei der Frage der Vorwerfbarkeit spielt aus Sicht des Gerichts in objektiver Hinsicht vor allem die Schwere des Verstoßes die entscheidende Rolle. Das Gericht teilt die Verstöße zur Bestimmung eines Grundbetrages in drei Gruppen ein:

aa) Weniger hart zu bebußen sind Formverstöße, bei denen nachgewiesen ist, dass die Genehmigungsfähigkeit gegeben war, die Genehmigung aber nicht eingeholt worden ist. In diese Gruppe können regelmäßig nur Verstöße gegen § 284 Abs. 1 SGB III fallen. Verstöße gegen § 4 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz können nur ausnahmsweise in diese Kategorie fallen, nämlich dann, wenn nachgewiesen ist, dass eine Genehmigung in absoluter zeitlicher Nähe gegeben war.

bb) In die zweite Gruppe fallen Verstöße, bei denen eine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt war, aber die Beschäftigung nicht oder so nicht genehmigungsfähig war oder bei denen jedenfalls nachträglich nicht mehr nach nachzuweisen ist, dass sicher eine Genehmigung erfolgt wäre. Diese Fälle sind deutlich härter zu bebußen als Formverstöße, weil der durch den Gesetzgeber definierte Schaden – nämlich die Aufnahme der Arbeit durch einen Ausländer – bereits erfolgt ist. Jedoch ist hier von Bedeutung, dass die typischerweise mit dem Verstoß einhergehenden Nebenfolgen für die Sozialversicherungsgemeinschaft nicht eintreten konnten, auch wenn diese nicht selbst zum Tatbestand des gegenständlichen Verstoßes gehören.

cc) In die dritte Gruppe fallen alle anderen Verstöße, die mithin am härtesten zu bebußen sind, denn typischerweise sind diese Hardcoreverstöße derart verdeckt, dass eine Feststellung der Dauer kaum möglich ist. Eine Ausbeutung des ausländischen Arbeitnehmers kann nicht ausgeschlossen werden. Zudem kann auch der Schaden für den deutschen Arbeitsmarkt letztlich nie vollständig aufgeklärt werden. Zur Abschreckung ist in dieser Kategorie daher ein von der Dauer der Beschäftigung unabhängiger, erheblicher Grundbetrag festzusetzen, der regelmäßig bei € 5000 pro Arbeitnehmer liegen mag.

dd) Der hiesige Verstoß fällt in die dritte Kategorie. Ein Grundbetrag von € 5000 erschien angemessen. Es handelte sich um einen Hardcore-Verstoß. Die Arbeitnehmerin wurde nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Es lagen keine Hinweise vor, dass der Betroffene die Anstellung der Bulgarin irgendwie legalisieren wollte. Eine Ausbeutung der Arbeitnehmerin war nicht auszuschließen. Ein Schaden für den deutschen Arbeitsmarkt ist in jedem Fall eingetreten.

c) Der Grundbetrag geht von durchschnittlicher Fahrlässigkeit aus. In Bezug auf die Dauer reflektiert der Grundbetrag eine Beschäftigung von bis zu drei Monaten. Von diesem Grundbetrag können Zu- und Abschläge in Bezug auf die Dauer, den Grad der Fahrlässigkeit und andere Umstände erforderlich sein.

Zuschläge kommen daher in Bezug auf die Dauer noch für eine besonders lange Beschäftigung (über drei Monate) in Betracht. Auch konkrete Hinweise auf eine Verschleierungsabsicht und konkrete Schädigungen des Arbeitnehmers unter Ausnutzung seiner Stellung als Ausländer können zu Aufschlägen führen. Ebenso kann eine mehr als einfache Fahrlässigkeit oder Vorsatz zu Aufschlägen führen.

Ebenso sind Abschläge vom Grundbetrag denkbar. Abschläge sind etwa beim qualifizierten, aber vermeidbaren Verbotsirrtum denkbar.

aa) Hinweise für Zuschläge fanden sich nicht.

bb) Da es sich bei der Bulgarin um eine EU-Bürgerin handelte, die sich legal in Deutschland aufhielt und der leichter eine Arbeitsgenehmigung zu erteilen war als einer Nicht-EU-Bürgerin, war ein Abschlag von € 500 vorzunehmen.

cc) Auch der geringe Umfang und die Art der Tätigkeit im Haushalt des Betroffenen und der Umstand, dass legale Putzfrauen schwer zu finden sind, war mit einem Abschlag von insgesamt € 1000 zu berücksichtigen.

dd) Ferner war zu berücksichtigen, dass der Betroffene die Arbeitnehmerin nicht in seinem Gewerbebetrieb und folglich nicht zur Erwerbszwecken einsetzte. Ein Abschlag von € 1000 erschien insofern angemessen.

ee) Da es sich um einen Hardcore-Verstoß handelte, war ein Abschlag für die geringe Dauer der Beschäftigung aus o.g. nicht angezeigt. Zudem handelte es sich nicht um eine besonders kurze Beschäftigung.

ff) Auch ein Abschlag im Hinblick auf eine besonders leichte Fahrlässigkeit war nicht geboten.

Weitere Hinweise auf Abschläge fanden sich nicht.

d) Der Tat angemessen war mithin eine Buße von € 2500.

2. Nach § 17 Abs. 4 sind weiterhin die wirtschaftlichen Vorteile des Betroffenen zu berücksichtigen; diese sind vollumfänglich abzuschöpfen.

Feststellungen hierzu hat das HZA nicht getroffen. Eine Abschöpfung war daher nicht vorzunehmen.

3. Schließlich sind die persönlichen Verhältnisse zu betrachten. Das Gericht zieht hier regelmäßig im Wege einer quasi-strafrechtlichen Betrachtung eine Kappungsgrenze bei 60 Tagessätzen des täglichen Einkommens des Betroffenen, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse plausibel dargelegt sind und die Buße nicht zur Vorteilsabschöpfung erforderlich ist.

Das Bußgeld war daher von € 2500 auf € 600 zu kappen. Das Gericht ging hierbei von einem dem Betroffenen verbleibenden Einkommen von € 10 pro Tag aus. der Betroffene hatte angegeben, er beziehe derzeit ein Einkommen aus dem Vertrieb von Telefonverträgen. Netto verblieben ihm etwa € 400 pro Monat. Das Gericht nahm zu seinen Gunsten an, dass er nur ein Einkommen auf ALG-II-Niveau hat.

V.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 465 StPO.

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