Die eigenen vier Wände sowie auch die Familie sollten einem Menschen Schutz und Zuflucht bieten. Bedauerlicherweise zeigen polizeiliche Kriminalstatistiken sehr deutlich, dass die Fallzahlen der häuslichen Gewalt immer mehr in Deutschland zu einem Thema wird. Zu den häufigsten Deliktarten der häuslichen Gewalt zählt hierbei die körperliche Gewalt gegen den eigenen Partner, welche jedoch nicht immer zu einer Strafanzeige gebracht wird. Angesichts dessen ist bedauerlicherweise sehr stark davon auszugehen, dass sich die „Dunkelziffer“ der Fälle weit über dem Niveau der behördlich erfassten Fälle bewegt. Umso wichtiger ist es letztlich, dass eine Sensibilisierung der betroffenen Personen gegenüber diesem Thema stattfindet und dass das Wissen über die Art der strafrechtlichen Verfolgung nebst der drohenden Strafen sowie auch den Formen des Opferschutzes vermittelt wird.
Die Definition der häuslichen Gewalt
Im deutschen Strafrecht ist die häusliche Gewalt nicht als eigenständiger Straftatbestand anzusehen. Der Gesetzgeber hat dementsprechend keine eigenständige Definition des Begriffs, allerdings gibt es seitens der Länder sowie des Bundes eine polizeiliche Definition des Begriffs „häuslicher Gewalt“. Als häusliche Gewalt wird jede Form der sexuellen oder physischen nebst psychischen Gewalt angesehen, die zwischen den Personen der häuslichen Gemeinschaft stattfindet. Es ist für die Begriffsdefinition vollkommen irrelevant, ob diese Personen sich in dem Bund der Ehe befinden oder ob es sich dabei um eine eingetragene Lebenspartnerschaft bzw. eine Beziehung ohne rechtliche Bindung handelt. Die häusliche Gemeinschaft ist ein wesentlicher Bestandteil der Definition, allerdings ist der Ort, an dem die häusliche Gewalt stattfindet, ebenfalls irrelevant. Dementsprechend kann die häusliche Gewalt zwischen den Personen auch außerhalb der eigenen vier Wände im öffentlichen Raum stattfinden.
Die häusliche Gewalt als Straftat
Die rechtliche Grundlage für einen Straftatbestand in Deutschland stellt das Strafgesetzbuch (StGB) dar, welches jedoch den Straftatbestand der häuslichen Gewalt nicht kennt. Es gibt dementsprechend auch keinen Paragrafen in dem StGB, in welchem die häusliche Gewalt als solche eigenständig behandelt wird. Dementsprechend können lediglich in dem StGB vorhandene Straftatbestände als Beispiele der Formen häuslicher Gewalt in Betracht gezogen werden. Denkbar wäre auf jeden Fall die Bedrohung im Sinne des § 241 StGB oder auch die Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB.
Denkbare Straftatbestände im Zusammenhang mit der häuslichen Gewalt im Überblick
Im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt kommen verschiedene Straftatbestände in Betracht, die von Beleidigung bis hin zur Vergewaltigung reichen können. Eine mögliche Straftat könnte eine Beleidigung gemäß § 185 StGB darstellen, wenn der Täter den Geschädigten durch herabsetzende Äußerungen verletzt. Ebenso könnte der Täter sich der Erpressung gemäß § 235 StGB schuldig machen, wenn er das Opfer zu Handlungen zwingt oder ihn durch Drohungen unter Druck setzt.
In schwerwiegenderen Fällen könnte es auch zur Vergewaltigung gemäß § 177 StGB kommen, wenn der Täter gegen den Willen des Opfers sexuelle Handlungen an ihm vornimmt. Eine weitere denkbare Straftat im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt könnte die Nötigung gemäß § 240 StGB darstellen, wenn der Täter das Opfer durch Gewalt oder Drohung zu einer Handlung zwingt oder es in seiner Handlungsfreiheit einschränkt.
Es muss an dieser Stelle ausdrücklich betont werden, dass es sich hierbei lediglich um einige denkbare Beispiele für Straftatbestände im Kontext der häuslichen Gewalt handelt. Denkbar ist ebenfalls, dass ein Täter aufgrund des Vorliegens von mehreren Straftatbeständen eine gerichtliche Verurteilung erhält. Dementsprechend ist das Strafmaß auch schwerlich im Vorfeld pauschalisiert absehbar.
Die als typisch anzusehenden Opfergruppen häuslicher Gewalt
Obgleich überwiegend Männer als Täter bei dem Thema häusliche Gewalt in Erscheinung treten, so kann sich die häusliche Gewalt auch gegen die Männer oder gegen Kinder richten. Es muss auch betont werden, dass dieses Problem unabhängig von dem Bildungs- oder Einkommensniveau sowie der Kultur bzw. Nationalität von den betroffenen Personen besteht. Häusliche Gewalt findet dementsprechend in sämtlichen Bevölkerungsschichten statt. Zu beobachten ist dabei stets, dass das Opfer in der gängigen Praxis in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Täter steht oder fest davon überzeugt ist, dass ein derartiges Abhängigkeitsverhältnis vorhanden ist. Das Opfer ist für gewöhnlich physisch oder auch psychisch schwächer als der Täter und kann sich gegen die häusliche Gewalt nicht zur Wehr setzen. Das Opfer von häuslicher Gewalt lebt permanent in Angst vor dem Täter und wird psychisch unter einem Dauerdruck gehalten, aus dem das Opfer selbst keinen Ausweg finden kann. Nicht selten flüchten sich Opfer in Leugnungsphasen, wenn die Thematik häusliche Gewalt von Verwandten oder Freunden angesprochen wird. Die Opfer benötigen dementsprechend sehr dringend Hilfestellungen, um aus dem Zustand herauskommen zu können.
Viele Opfer von häuslicher Gewalt informieren sich zwar über den staatlich gebotenen Schutz vor häuslicher Gewalt, sie nehmen jedoch aus Angst vor dem Täter diese Schutzangebote nicht allein in Anspruch.
Die Schutzmaßnahmen des Staates vor häuslicher Gewalt
Wer Opfer von häuslicher Gewalt wird, der kann auf die Hilfe des Staates vertrauen. Der Gesetzgeber hat für die Opfer häuslicher Gewalt das Gewaltschutzgesetz (GewSchG) ins Leben gerufen und bietet auf der Grundlage des § 1 GewSchG den Opfern die Möglichkeit, sich an ein Gericht mit der Bitte um Hilfe zu wenden. Der § 1 GewSchG wendet sich dabei an diejenigen Personen, welche Opfer von widerrechtlichen Körperverletzungen oder auch widerrechtlichen Verletzungen der Freiheit, der Gesundheit oder auch sexueller Selbstbestimmung geworden sind. Die Gerichte haben auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 GewSchG die Möglichkeit, das Opfer mittels Maßnahmen zu schützen.
Die möglichen gerichtlichen Maßnahmen zum Schutz der Opfer
Wenn eine Person Opfer häuslicher Gewalt geworden ist, können gerichtliche Maßnahmen zum Schutz ergriffen werden. Zu den möglichen Maßnahmen gehören Kontaktverbote, Annäherungsverbote und Zutrittsverbote.
- Ein Kontaktverbot untersagt dem Täter jeglichen Kontakt mit dem Opfer. Das bedeutet, dass er weder telefonisch noch per E-Mail oder in sozialen Netzwerken Kontakt aufnehmen darf. Auch ein persönliches Treffen ist nicht erlaubt. Dadurch soll das Opfer vor weiteren Übergriffen geschützt werden.
- Ein Annäherungsverbot besagt, dass der Täter sich dem Opfer nicht nähern darf. Der genaue Abstand, den der Täter einhalten muss, wird individuell festgelegt. Dadurch soll verhindert werden, dass der Täter das Opfer weiter belästigt oder bedroht.
- In manchen Fällen kann es auch sinnvoll sein, ein Zutrittsverbot des Täters zum gemeinsamen Haushalt zu erlassen. Das bedeutet, dass der Täter die gemeinsame Wohnung oder das gemeinsame Haus nicht mehr betreten darf. Dadurch soll das Opfer vor weiteren Übergriffen und Bedrohungen geschützt werden.
Die gerichtlichen Maßnahmen zum Schutz der Opfer von häuslicher Gewalt sind ein wichtiger Schritt, um das Opfer vor weiteren Übergriffen zu schützen und ihm ein Gefühl von Sicherheit zu geben.
In der gängigen Praxis besteht für das Opfer ein gesetzlicher Anspruch darauf, den gemeinsamen Haushalt alleinig zu nutzen.
Die Täterverfolgung
In der gängigen Praxis gestaltet sich die Täterverfolgung als überaus schwierig. Der Grund hierfür liegt jedoch nicht in dem Umstand, dass der Gesetzgeber den Behörden keinerlei gesetzliche Handhabe zur Verfügung gestellt hat. Die wahre Herausforderung für die Ermittlungsbehörden der Polizei und der Justiz liegt darin, die Opfer in dem ersten Schritt zu ermutigen. Dieser erste Schritt muss von dem Opfer selbst getan werden, damit die Polizei sowie auch die Justiz überhaupt erst tätig werden kann. Viele Opfer haben jedoch Angst und schaffen diesen ersten Schritt nicht aus eigener Kraft heraus. Angesichts dessen gibt es bereits medienwirksame Kampagnen des Staates, durch welche die Opfer häuslicher Gewalt in ihrem Entschluss zur Einschaltung von Polizei und Justiz bestärkt werden sollen. Auch die Polizei hat diesbezüglich bereits Kampagnen gestartet, durch die das Vertrauen der Bevölkerung in die Ordnungshüter als Freund und Helfer bestärkt werden sollen. Es gibt mittlerweile in jeder Dienststelle der Polizei eine wahre Vielzahl von weiblichen Polizisten, welche speziell auf die Thematik häusliche Gewalt geschult wurden und die dem Opfer dementsprechend zugewandt, einfühlsam und hilfsbereit zur Verfügung stehen. Ein Opfer häuslicher Gewalt, welches besonders unsicher ist, kann den Schritt zu der Polizei vollkommen angstfrei und in dem Vertrauen darauf, dass eine sofortige Hilfe zur Verfügung steht, antreten. Die Rolle der Polizei sowie auch der Justiz kann bei der Täterverfolgung nicht genug betont werden. Es sind die Ordnungshüter, welche die entsprechenden Ermittlungen aufnehmen und Beweise gegen den Täter sammeln, auf deren Grundlage dann das Gericht die entsprechenden Anordnungen zum Schutz des Opfers und zur Bestrafung des Täters treffen.
Die Prävention häuslicher Gewalt
Der deutsche Gesetzgeber hat das GewSchG nicht ausschließlich zu der Verfolgung des Täters ins Leben gerufen. Ein Kerngedanke dieses Gesetzes liegt auch in der Prävention vor häuslicher Gewalt. Die Aufnahme des „Stalkings“ als erster Schritt in Richtung häuslicher Gewalt ist hierbei ein wesentlicher Aspekt. Das von dem Opfer kontaktierte Gericht ist dazu berechtigt, eine entsprechende Anordnung zum Schutz des Opfers auch dann zu veranlassen, wenn es noch nicht zu einer Gewalttat gekommen ist. Als Grundvoraussetzung für derartige Präventionsmaßnahmen gilt jedoch, dass die betroffene Person mit einer widerrechtlichen Verletzung des Körpers, des eigenen Lebens oder der Gesundheit oder der Freiheit respektive der sexuellen Selbstbestimmung durch einen Täter bedroht wurde.
Insbesondere das Stalking hat hierbei in der jüngeren Vergangenheit eine deutlich zunehmende Bedeutung erfahren. Als Stalking ist die als unzumutbar geltende Belästigung einer Person zu verstehen. Auch das Stalking kann innerhalb der häuslichen Gemeinschaft zwischen zwei Personen zu einem Problem werden, welches dann letztlich in häuslicher Gewalt münden kann. Durch das GewSchG hat der Gesetzgeber den Behörden ein starkes Instrument an die Hand gegeben, um Opfer häuslicher Gewalt erheblich besser vor Täter schützen zu können. Durch eine entsprechende Anordnung eines Familiengerichts kann einem Täter unter anderem die Annäherung zu dem Opfer gerichtlich untersagt werden. Widersetzt sich ein Täter dieser gerichtlichen Anordnung, so kann dies Ordnungshaft zur Folge haben.
Fazit
Auch wenn die Ängste eines Opfers von häuslicher Gewalt zweifelsohne absolut nachvollziehbar sind, so muss kein Opfer in dieser Situation verbleiben. Der Staat bzw. Gesetzgeber bietet jedem Opfer, welches Hilfe benötigt, entsprechende Schutzmaßnahmen an. Bezüglich der strafrechtlichen Situation bedarf es zweifelsohne noch einiger Verbesserungen, da die häusliche Gewalt als solche noch nicht den Einzug in das StGB gefunden hat. Trotz dieses Umstandes werden die Straftatbestände, welche von dem Täter begangen werden, durchaus hart bestraft. Der Strafrahmen sieht sowohl Geldstrafen als auch Freiheitsstrafen vor, wobei sich das Strafmaß stark an der Schwere der Tat bzw. dem Tatvorwurf richtet. Opfer von häuslicher Gewalt können sich sowohl an die Ordnungshüter der Polizei als auch an das regional zuständige Familiengericht wenden, um Hilfe zu erhalten. Diese Hilfe kann auch bereits auf der Grundlage des GewSchG präventiv erfolgen.