Überprüfung von Fahrverbot und isolierter Sperrfrist: Klärung durch das OLG Hamm
Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Beschluss vom 08.08.2023 (Az.: 5 ORs 46/23) eine wichtige Klärung in Bezug auf die Anordnung von Fahrverboten und die Festsetzung isolierter Sperrfristen getroffen. Im Kern ging es um die Frage, ob diese beiden Sanktionen gleichzeitig verhängt werden können. Der Fall betraf ein Urteil des Amtsgerichts Essen, welches neben einer isolierten Sperrfrist auch ein Fahrverbot verhängt hatte. Das Hauptproblem lag in der rechtlichen Zulässigkeit der parallelen Anordnung dieser beiden Maßnahmen.
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Übersicht
Rechtliche Bedenken gegen parallele Anordnung
Das Gericht äußerte durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die erstinstanzliche Verhängung eines sechsmonatigen Fahrverbots und der parallelen Anordnung einer zweijährigen isolierten Sperrfrist. Es wurde klargestellt, dass die Anordnung eines Fahrverbots und die Festsetzung einer isolierten Sperrfrist einander regelmäßig ausschließen. Ein Fahrverbot kommt demnach nur in Betracht, wenn das Gericht dem Täter auch das Fahren mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen verbieten oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre ausnehmen will.
Revision des Angeklagten
Der Angeklagte legte gegen das Urteil Revision ein. Das Oberlandesgericht Hamm hob in der Revision den Ausspruch über das Fahrverbot auf; das Fahrverbot entfiel somit. Im Übrigen wurde die Revision auf Kosten des Angeklagten als unbegründet verworfen. Die Nachprüfung des Urteils ergab keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
Gesetzliche Grundlagen und Präzedenzfälle
Die Entscheidung bezog sich auf verschiedene gesetzliche Grundlagen und Präzedenzfälle, insbesondere auf § 44 StGB und § 69a StGB. Es wurde festgestellt, dass das Fahrverbot nach § 44 StGB voraussetzt, dass sich der Täter gerade nicht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 69 StGB erwiesen hat. Die Entscheidung des Gerichts berücksichtigte auch die Neufassung des § 44 StGB durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017.
Schlussbemerkungen zum Beschluss
Dieser Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm bringt wichtige Klarstellungen im Bereich der Verkehrssanktionen. Die parallele Anordnung eines Fahrverbots und einer isolierten Sperrfrist ist regelmäßig ausgeschlossen, und ein Fahrverbot ist nur unter bestimmten Voraussetzungen neben einer isolierten Sperrfrist zulässig. Diese Entscheidung dient als wichtige Referenz für zukünftige Fälle und trägt zur Rechtssicherheit in Fragen der Verkehrssanktionen bei.
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✔ Fahrverbot mit isolierter Sperrfrist – kurz erklärt
Ein Fahrverbot mit isolierter Sperrfrist bezieht sich auf Situationen, in denen einem Verkehrsteilnehmer neben einem temporären Fahrverbot auch eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis auferlegt wird. Während der isolierten Sperrfrist darf dem Betroffenen keine neue Fahrerlaubnis ausgestellt werden, auch wenn er eine Fahrschulausbildung erfolgreich abgeschlossen hat. Dies bedeutet, dass der Betroffene in diesem Zeitraum keinen Führerschein beantragen kann.
Die isolierte Sperrfrist kann auch gegen Verkehrsteilnehmer verhängt werden, die nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis sind. In solchen Fällen können sie innerhalb dieser Sperrzeit keine Fahrerlaubnis beantragen.
Ein Fahrverbot ist im Gegensatz zum Führerscheinentzug ein temporärer Verlust der Fahrerlaubnis. Nach Ablauf des Fahrverbots ist die Fahrerlaubnis automatisch wieder vorhanden, während beim Führerscheinentzug die Fahrerlaubnis erlischt und neu beantragt werden muss.
Die Dauer der isolierten Sperrfrist beträgt mindestens sechs Monate und kann in extremen Fällen auch lebenslang sein, liegt jedoch durchschnittlich zwischen sechs und elf Monaten.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Hamm – Az.: 5 ORs 46/23 – Beschluss vom 08.08.2023
Leitsätze:
1. Die Anordnung eines Fahrverbots und die Festsetzung einer isolierten Sperrfrist schließen einander regelmäßig aus.
2. Ein Fahrverbot kommt neben der Festsetzung einer isolierten Sperrfrist nur in Betracht, wenn das Gericht dem Täter auch das Fahren mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen verbieten oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre ausnehmen will (§ 69a Abs. 2 StGB).
Auf die Revision des Angeklagten wird – unter Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit – das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 08.12.2022 (Az. 41 Ds – 32 Js 1914/21 – 106/22) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Ausspruch über das Fahrverbot aufgehoben wird; das Fahrverbot entfällt.
Im Übrigen wird die Revision auf Kosten des Angeklagten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Zusatz:
Der Senat hat gegen die – durch das angefochtene Berufungsurteil bestätigte – erstinstanzlich nebeneinander tenorierte Verhängung eines 6-monatigen Fahrverbots (§ 44 Abs. 1 S. 1 StGB) und der Anordnung einer (isolierten) 2-jährigen Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 S. 3 StGB) durchgreifende rechtliche Bedenken. Denn die Anordnung eines Fahrverbots und die Festsetzung einer isolierten Sperrfrist schließen einander regelmäßig aus (vgl. zu § 44 StGB a.F.: vgl. BGH Beschl. v. 7.8.2018 – 3 StR 104/18 = BeckRS 2018, 20463 Rn. 6, beck-online; MüKoStGB/Athing/von Heintschel-Heinegg, 3. Aufl. 2016, StGB § 44 Rn. 8, beck-online). Vorstehendes gilt auch nach der Neufassung des § 44 StGB durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (vgl. Fischer, 70. Auflage, § 44, Rn. 3). Denn das Fahrverbot nach § 44 StGB setzt voraus, dass sich der Täter gerade nicht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 69 StGB erwiesen hat (vgl. Fischer, a.a.O.). Aufgrund dessen kommt ein Fahrverbot neben der Festsetzung einer isolierten Sperrfrist nur in Betracht, wenn das Gericht dem Täter auch das Fahren mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen verbieten oder nach § 69a Abs. 2 StGB bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre ausnehmen will (vgl. BGH a.a.O.). Das war hier den Urteilsgründen zufolge ersichtlich nicht der Fall. Der nur geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlaß zur Anwendung des § 473 Abs. 4 StPO. Die Kosen des Rechtsmittels waren nach § 473 Abs. 1 StPO dem Angeklagten aufzuerlegen.