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Fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis

Trunkenheitsfahrt ohne Führerschein: Beschwerde abgelehnt

In einem aktuellen Fall hat das Landgericht Essen die Berufung eines Angeklagten zurückgewiesen, der wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt wurde. Es handelt sich um einen 49-jährigen Mann, der bereits vorbestraft war und der trotz des Verlusts seiner Fahrerlaubnis weiterhin ein Fahrzeug geführt hat. Der Fall ist besonders bemerkenswert, da der Vorfall während einer Urlaubsreise mit seinen Kindern auftrat.

Direkt zum Urteil Az: 24 Ns – 84 Js 1339/20 – 51/21 springen.

Die Vorgeschichte

Der Angeklagte ist ein geschiedener Vater von zwei Kindern im Alter von 7 und 11 Jahren. Trotz der Trennung von seiner Ehefrau, pflegt er regelmäßigen Kontakt zu seinen Kindern, sieht sie alle zwei Wochen und nimmt sie mit in den Urlaub. Nach seiner Trennung begann er übermäßig Alkohol zu trinken, obwohl er behauptet, kein Alkoholproblem zu haben. Zurzeit ist er arbeitslos und bezieht Leistungen nach SGB II.

Die Vorstrafen

Der Mann ist kein Unbekannter im Straßenverkehr. Bereits im Jahr 2017 wurde er vom Amtsgericht Gütersloh wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und Beleidigung verurteilt. Daraufhin wurde ihm eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis bis zum Juni 2017 auferlegt.

Die aktuelle Verfehlung

Die aktuelle Verfehlung ereignete sich während eines Urlaubs in den Niederlanden. Der Angeklagte war auf der Rückreise mit seinen Kindern und trotz des Wissens, keine gültige Fahrerlaubnis zu besitzen, lenkte er das Fahrzeug. Darüber hinaus hatte er Alkohol konsumiert, obwohl unklar ist, ob er vor oder während der Fahrt getrunken hat. Eine Zeugin und ihre Kollegin kontrollierten ihn auf einem Rastplatz, da er ordnungswidrig geparkt hatte.

Die Verurteilung

Das Amtsgericht Bottrop hatte ihn am 16. März 2021 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Zudem wurde die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf einer Sperrfrist von noch 12 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein und begehrte eine geringere Bestrafung.

Die Entscheidung des Landgerichts Essen

Das Landgericht Essen wies die Berufung des Angeklagten zurück. Die Entscheidung des Amtsgerichts Bottrop wurde somit bestätigt und der Angeklagte muss die ursprünglich verhängte Strafe tragen.


Das vorliegende Urteil

LG Essen – Az.: 24 Ns – 84 Js 1339/20 – 51/21 – Urteil vom 26.10.2021

Die Berufung des Angeklagten gegen das am 16.03.2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bottrop – 31 Cs-84 Js 1339/20-470/20 – wird kostenpflichtig verworfen.

Gründe

I.

Fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis
(Symbolfoto: kalinovskiy/123RF.COM)

Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Bottrop vom 16.03.2021 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 10,00 EUR verurteilt.

Die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf einer Sperrfrist von noch 12 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Berufung, mit der er eine geringere Bestrafung begehrt.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

II.

Der Angeklagte wurde am 00.00.1974 in H geboren. Er ist geschieden und hat zwei Kinder im Alter von 7 und 11 Jahren, die bei der Kindesmutter leben. Der Angeklagte hat regelmäßig Kontakt zu seinen Kindern. Alle zwei Wochen sieht er sie und fährt regelmäßig mit ihnen in Urlaub. Nach der Trennung von seiner Ehefrau hat der Angeklagte im Übermaß Alkohol getrunken. Nach seiner jetzigen Einschätzung hat der Angeklagte zurzeit kein Alkoholproblem.

Der Angeklagte hat die Fachhochschulreife absolviert. Sodann hat er an einer Fortbildung zum Immobilienmakler teilgenommen.

Eine berufliche Tätigkeit übt der Angeklagte allerdings zurzeit nicht aus und lebt von Leistungen nach SGB II.

Der Angeklagte ist vorbestraft:

Durch Urteil des Amtsgerichts Gütersloh vom 06.01.2017 wurde er wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und Beleidigung im Zustand von verminderter Schuldfähigkeit zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15,00 EUR verurteilt.

Darüber hinaus wurde dem Angeklagten eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis bis zum 05.06.2017 erteilt.

III.

Der Angeklagte hatte sich mit seinen Kindern in Holland zu einem kurzen Urlaub befunden. Am Vormittag des 00.00.2020 befand er sich auf der Rückreise mit seinen Kindern. Zum Führen des Fahrzeugs war er – wie ihm bekannt war – nicht berechtigt, weil er zum Zeitpunkt der Tat keine Fahrerlaubnis besaß.

Der Angeklagte hatte zudem Alkohol konsumiert. Ob der Angeklagte vor Fahrtantritt oder während der Fahrt Alkohol getrunken hat, konnte die Kammer nicht klären.

Gegen 12.20 Uhr befand er sich mit seinem Pkw der Marke B mit dem amtlichen Kennzeichen … den Rastplatz C an der BAB … .

Der Angeklagte hatte auf dem Rastplatz ordnungswidrig geparkt, weshalb er von der Zeugin M und ihrer Kollegin L kontrolliert wurde. Anlässlich der Kontrolle gab der Angeklagte an, keine Fahrerlaubnis zu besitzen und Alkohol konsumiert zu haben. Zu Gunsten des Angeklagten geht die Kammer davon aus, dass er unmittelbar vor der Kontrolle Alkohol getrunken hat. Der Angeklagte trug eine Sonnenbrille.

Den Polizeibeamten fiel ein auffälliges Verhalten des Angeklagten auf, was bei ihnen den Eindruck hervorrief, dass der Angeklagte stark alkoholisiert sein könnte. Im Rahmen der polizeilichen Kontrolle forderte ihn deshalb die Zeugin M auf, seine Sonnenbrille abzusetzen. Dieser Anweisung kam er nach. Die Zeugin stellte fest, dass seine Augen glasig waren. Der Angeklagte war zudem nervös und hatte Stimmungsschwankungen von redselig bis ruhig. Er verhielt sich inadäquat und stellte wiederholende Fragen. Er rauchte im Inneren des Fahrzeugs im Beisein seiner Kinder. Die Sonnenbrille setzte der Angeklagte immer wieder ab und auf. Immer wieder sprach er auch seine Kinder an, ob sie etwas essen oder trinken wollten. Die Polizeibeamten ordneten deshalb eine Blutprobe an und brachten ihn zur Polizeiwache.

Die Untersuchung der ihm am 00.00.2020 gegen 13:20 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,09 Promille. Da die Kammer keine Feststellungen zum Trinkende treffen konnte, und die Kammer von einem Trinkende unmittelbar vor dem Zeitpunkt, als er von den Polizeibeamten kontrolliert wurde, ausgegangen ist, hat die Kammer eine zweistündige Resorptionsphase zugrunde gelegt, und hat diesen Wert von 1,09 Promille ihren Feststellungen zu Grunde gelegt, so dass sie bei dem Angeklagten nur eine relative Fahruntüchtigkeit festgestellt hat.

Die geschiedene Frau des Angeklagten holte auf der Wache die Kinder ab. Der Angeklagte selbst wurde von seiner Freundin abgeholt. Er begab sich auf den Beifahrersitz des Fahrzeugs und setzte seinen Alkoholkonsum fort.

Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Angeklagte seine Fahruntüchtigkeit erkennen können und müssen.

Dass der Angeklagte einen Fahrfehler begangen hat, konnte die Kammer nicht feststellen.

IV.

Die Feststellungen zur Person des Angeklagten beruhen auf dessen glaubhaften Angaben zur Sache.

Darüber hinaus hat die Kammer den Bundeszentralregisterauszug erörtert.

Der Angeklagte hat den Tathergang auf objektiver und subjektiver Ebene, so wie festgestellt, eingeräumt. Er hat sich jedoch auf den Standpunkt gestellt, dass er mangels eines feststellbaren Fahrfehlers nicht fahruntüchtig gewesen sei.

Die Kammer hat daher die Einlassung des Angeklagten zum Tathergang ihren Feststellungen zugrunde gelegt.

Darüber hinaus beruhen die weitergehenden Feststellungen der Kammer zum Verhalten des Angeklagten bei der Kontrolle durch die Polizeibeamtinnen M und L auf den glaubhaften Angaben der Zeugin M.

Sie hatte an den Vorfall noch eine gute Erinnerung, weil der Vorfall für sie besonders auffällig war. Dies gilt insbesondere für das auffällige Verhalten des Angeklagten. Sie konnte noch genaue Angaben machen, dass der Angeklagte nachdem er nach Aufforderung die Sonnenbrille abgesetzt hatte, glasige Augen hatte. Sie hatte festgestellt, dass seine Sprechweise sprunghaft und auffällig war. Sie hat glaubhaft angegeben, dass er immer wiederholende Fragen gestellt hat und in seinem Verhalten fahrig war. Darüber hinaus hat sie angegeben, dass sich die Kinder in dem Auto befanden und der Angeklagte im Auto rauchte. Weiterhin hat sich glaubhaft bekundet, dass er immer wieder zusammenhanglos seine Kinder auf Essen und Trinken angesprochen hat.

Die Zeugin hat weiterhin überzeugend ausgesagt, dass der Angeklagte auf dem Parkplatz falsch geparkt habe, was häufiger auch durch andere Fahrer vorkomme, weshalb sie den Wagen kontrolliert hätten.

Dass der Angeklagte, nachdem er von seiner Freundin abgeholt worden war, sich ins Auto auf den Beifahrersitz setzte und weiter Alkohol trank, hat die Zeugin ebenfalls glaubhaft angegeben.

Die Angaben der Zeugin waren glaubhaft. Sie hat ihre Angaben ruhig und überlegt gemacht. Die hat überzeugend ausgesagt, dass der Vorfall wegen des auffälligen Verhaltens des Angeklagten für sie so ungewöhnlich war, dass sie noch eine gute und belastbare Erinnerung hat. Die Kammer glaubt der Zeugin.

Die Feststellungen zum Blutalkoholbefund ergeben sich aus dem verlesenen Gutachten des Universitätsklinikums N vom 27.07.2020.

V.

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts hat sich der Angeklagte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar gemacht (§§ 316 Abs. 1, Abs. 2 StGB, 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG).

Der Angeklagte war alkoholbedingt fahruntüchtig. Dies gilt auch dann, wenn die Kammer nur eine relative Fahruntüchtigkeit zugunsten des Angeklagten feststellen konnte. Die Gesamtschau des Verhaltens des Angeklagten lässt den Rückschluss auf eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit zu.

An die Feststellungen zur Fahruntüchtigkeit sind nämlich dann geringere Anforderungen zu stellen, wenn die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten nur geringfügig unter der absoluten Fahruntüchtigkeit anzusiedeln ist. Die Kammer ist in diesem Zusammenhang auch davon ausgegangen, dass auch alkoholbedingte Ausfallerscheinungen Berücksichtigung finden können, wenn diese nicht in seiner unmittelbaren Fahrweise begründet sind, sondern wenn die Gesamtschau des Verhaltens des Angeklagten während und auch nach der unmittelbaren Tat die Fahruntüchtigkeit belegen.

So ist das hier.

Dies gilt zum einen für seine Entscheidung, alkoholisiert eine längere Rückfahrt im Beisein seiner Kinder zu absolvieren. Der Angeklagte wusste, dass er getrunken hatte und hat gleichwohl seine Kinder einer besonderen Gefahrensituation ausgesetzt. Allein dieses Fehlverhalten lässt den Rückschluss auf eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit zu. Eine solche gefährliche Entscheidung lässt sich nur damit begründet, dass der Angeklagte alkoholbedingt erheblich enthemmt und damit fahruntüchtig war.

Darüber hinaus hat der Angeklagte auf dem Parkplatz durch sein Falschparken eine Ordnungswidrigkeit begangen, auch wenn dies nicht zwingend den Rückschluss auf eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit zulässt, so zeigt dieses Verhalten in der Zusammenschau mit seinem übrigen Verhalten eine alkoholbedingte Enthemmung. Er hat sich über das Verbot hinweggesetzt.

Auch sein Verhalten und sein Auftreten bei der polizeilichen Kontrolle lässt den Rückschluss auf seine Fahruntüchtigkeit zu. Seine Augen waren glasig. Seine Stimmung war schwankend und sprunghaft. Insgesamt war sein Verhalten während der Polizeikontrolle auffällig inadäquat, dass auch dies den Rückschluss zulässt, dass der Angeklagte fahruntüchtig war.

VI.

§ 316 Abs. 1 StGB und § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG sehen einen Strafrahmen vor, der Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe umfasst.

Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er den äußeren Sachverhalt eingeräumt hat. Weiter hat die Kammer zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass der Angeklagte sich um eine berufliche Tätigkeit bemüht, um auch für seine Kinder da zu sein.

Straferschwerend wirkte sich jedoch aus, dass der Angeklagte bereits einschlägig vorbestraft ist und die Tat im Beisein seiner minderjährigen Kinder begangen hat und diese einer besonderen Gefährdung ausgesetzt hat.

Auch das Nachtatverhalten des Angeklagten hat die Kammer berücksichtigt.

Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hielt die Kammer eine Geldstrafe von 85 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen.

Die Tagessatzhöhe hat die Kammer nach Maßgabe der Einkommensverhältnisse des Angeklagten mit 10 EUR bemessen.

VII.

Der Angeklagte hat sich gemäß § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB zum Führen von Fahrzeugen als ungeeignet erwiesen. Die Kammer hat eine isolierte Sperrfrist angeordnet.

Dabei hat die Kammer nochmal alle Umstände der Tat berücksichtigt, insbesondere das Verhalten des Angeklagten während und nach der Polizeikontrolle.

Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hielt die Kammer eine Sperrfrist von 12 Monaten für tat- und schuldangemessen, um entsprechend auf den Angeklagten einzuwirken.

VIII.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 StPO.

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