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Fahrlässige Körperverletzung – Aufsichtspflichten eines Hundehalters

OLG Frankfurt – Az.: 2 Ss 362/10 – Urteil vom 11.04.2011

Die Revision der Angeklagten wird auf ihre Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

Das Amtsgericht- Strafrichter – in Darmstadt hat die Angeklagte am 19. 2. 2010 wegen fahrlässiger Körperverletzung verwarnt und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen in Höhe von je 50.- € vorbehalten. Die hiergegen gerichtete Berufung der Angeklagten hat das Landgericht Darmstadt durch Urteil vom 13. 7. 2010 verworfen.

Fahrlässige Körperverletzung - Aufsichtspflichten eines Hundehalters
Symbolfoto: Von Alzbeta/Shutterstock.com

Nach den Feststellungen des Landgerichts führte die Angeklagte am …. 2008 gegen 17.00 Uhr den ihr und ihrem Ehemann gehörenden Boxerhund A, der sich gegenüber anderen Hunden dominant verhalten und Anfangsaggressionen gezeigt habe, sowie den ihrer Tochter gehörenden Boxerhund B in dem an die Straße … in O1 angrenzenden Waldgebiet, in dem kein Leinenzwang besteht, unangeleint aus. Zur selben Zeit ging die Geschädigte C in dem besagten Waldstück spazieren, wobei sie ihren Hund angeleint bei sich führte. Die Angeklagte habe die beiden Hunde weiter frei laufen lassen, obwohl sie sich einer Wegekreuzung näherte, die sie nicht einsehen konnte. Der Angeklagten sei bekannt gewesen, dass in dem Waldstück aufgrund der nahen Wohnbebauung häufig Hunde ausgeführt wurden. Aufgrund ihres langjährigen Umgangs mit Hunden habe sie auch gewusst, dass eine Hundebegegnung zwischen einem angeleinten und gleich zwei freilaufenden Hunden häufig mit Schwierigkeiten verbunden sei und es dann zu einer Beißerei zwischen den Hunden kommen könne und die Gefahr der Verletzung eines anderen Hundehalters bestehe, wenn er in dieser Situation aus Sorge um seinen Hund versuchen könnte, die kämpfenden Hunde zu trennen. Die in einiger Entfernung vor der Angeklagten laufenden Boxerhunde hätten die Geschädigte bereits vor der Angeklagten wahrgenommen, seien nach rechts in den Waldweg auf den angeleinten Hund der Geschädigten C zugelaufen, woraufhin sich sofort eine Beißerei entwickelt habe. Bei dem Versuch die Hunde zu trennen, sei die Geschädigte von einem der Boxerhunde in die Hand gebissen worden, wodurch sie eine ca. 1 cm große Bissverletzung in Höhe des dritten Mittelhandknochens erlitten habe.

Mit ihrer gegen dieses Urteil form- und fristgerecht eingelegten und ebenso begründeten Revision rügt die Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB).

Der Halter eines Hundes ist verpflichtet, diesen zu überwachen und so abzusichern, dass Verletzungen oder Schädigungen Dritter verhindert werden. Die im Einzelfall notwendigen Vorkehrungen richten sich danach, welche Anforderungen in der konkreten Situation im Rahmen des Zumutbaren an einen umsichtigen und vorsichtigen Hundehalter zu stellen sind (vgl. BayObLG NJW 1991, 1695; 1993, 2001). Ein Hundehalter ist nicht ausnahmslos verpflichtet, sein Tier außerhalb eines eingefriedeten Grundstücks an die Leine zu legen. Voraussetzung für das Freilaufen eines Tieres ist jedoch, dass der Hundeführer durch Befehle oder Zeichen auf den Hund und sein Verhalten hinreichend einwirken kann. Dies ist bei einem unbeaufsichtigt herumlaufenden Hund, der die Nähe des Hundeführers verlassen und seinem Blick entschwunden ist, regelmäßig nicht der Fall (vgl. BayObLG, NJW 1987,1094). Die Strafkammer erblickt das pflichtwidrige Verhalten der Angeklagten daher zutreffend darin, ihren Boxerhund A sowie den Boxerhund B frei laufen gelassen und die Hunde nicht bei Annäherung an die Kreuzung zu sich in die Nähe gerufen zu haben, um sie erst wieder aus ihrem unmittelbaren Einflussbereich zu entlassen, wenn sie sicher sein konnte, dass auf dem kreuzenden Waldweg kein Spaziergänger mit angeleintem Hund entgegenkommen würde.

Soweit das Landgericht ergänzend darauf abstellt, dass der Hund A zudem ein problematisches Wesen gehabt und Anfangsaggressionen gegenüber anderen Hunden gezeigt habe, fehlt es zwar insoweit an ausreichenden Feststellungen, da lediglich das Ergebnis eines Gutachtens eines Hundesachverständigen mitgeteilt wird und offen bleibt, aufgrund welcher Anknüpfungstatsachen dieses erstellt wurde und ob der Inhalt der Angeklagten bekannt war. Dies vermag den Bestand des Urteils jedoch nicht zu gefährden, da auch ohne besondere Verhaltensauffälligkeiten des Boxerhundes A in Anbetracht der nicht einsehbaren Wegekreuzung die Angeklagte verpflichtet war, die Hunde in ihrem unmittelbaren Einflussbereich zu halten, bis eine Begegnung mit anderen – zumal angeleinten- Hunden auszuschließen war. Ein unbeaufsichtigter Hund ist, auch wenn er als folgsam und gutartig anzusehen ist, nach allgemeiner Erfahrung immer eine potentielle Gefahrenquelle auf Wegen aller Art (vgl. BayObLG NJW 1987, 1094). Feststellungen zur bisherigen Führung und Wesensart des Hundes sind daher in diesem Fall entbehrlich.

Die weitere Folgerung des Landgerichts, dass es für die Angeklagte vorhersehbar war, dass es im Falle einer Begegnung von A mit einem fremden Hund zu einer Beißerei kommen würde, an der sich dann auch der Boxerhund B beteiligen würde und der Halter eines anderen Hundes bei dem Versuch, die Hunde zu trennen, gebissen werden könnte, begegnet keinen Bedenken.

Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs auf die Sachrüge hin lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen. Der Senat kann ausschließen, dass die Kammer ohne die Berücksichtigung des problematischen Wesens des Boxerhundes A bei der Gewichtung der Sorgfaltspflichtverletzung der Angeklagten eine noch geringere – vorbehaltene- Geldstrafe festgesetzt hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

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