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Absolute Fahruntüchtigkeit bei Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter

Alkohol am Steuer eines E-Scooters: Die Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis

Das Gerichtsverfahren dreht sich um einen Fall von Trunkenheit im Verkehr, bei dem der Angeklagte unter dem Einfluss von Alkohol einen E-Scooter fuhr. Das Landgericht Köln hatte sich damit auseinanderzusetzen, ob die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, die nach dem Vorfall angeordnet wurde, rechtmäßig war.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 117 Qs 105/20 >>>

Alibi-Versuche: Die Diskussion um die Benutzung des E-Scooters

Die Hauptdebatte drehte sich dabei um die Einstufung des E-Scooters als Fahrzeug im Sinne des Strafrechts und um die Frage, ob das Fahren eines solchen Fahrzeugs im betrunkenen Zustand als hinreichender Anlass für die Entziehung der Fahrerlaubnis gesehen werden kann. Der Angeklagte hatte in der Verhandlung argumentiert, dass er den E-Scooter nur geschoben habe und nicht gefahren sei. Das Gericht sah jedoch in dieser Behauptung eine reine Schutzbehauptung, da sowohl der Angeklagte als auch eine Zeugin in ihren ersten Aussagen einräumten, dass er den E-Scooter gefahren sei.

E-Scooter vs. Auto: Ein Fahrzeug bleibt ein Fahrzeug

Ein weiteres Streitthema war die Frage, ob ein E-Scooter als Fahrzeug im Sinne des Strafrechts eingestuft werden kann. Die Verteidigung argumentierte, dass der E-Scooter im Vergleich zu einem Auto eine geringere potenzielle Gefahr darstellt. Das Gericht verwies jedoch auf seine eigene Rechtsprechung, die E-Scooter aufgrund ihrer motorisierten Art, ihrer Beschleunigungskapazität und der schnellen Fortbewegungsmöglichkeit als Fahrzeuge ansieht.

Risiken und Gefahren: Das unterschätzte Potenzial des E-Scooters

Es wurde argumentiert, dass E-Scooter in ihrer potenziellen Gefährlichkeit eher einem Mofa ähneln als einem Fahrrad. Das Gericht wies darauf hin, dass E-Scooter wegen ihrer kleinen Räder auf Unebenheiten und wetterbedingte Einwirkungen empfindlicher reagieren und daher vom Fahrer eine erhöhte Aufmerksamkeit erfordern. Darüber hinaus wurde die Tatsache, dass der Angeklagte während der Bedienung des E-Scooters keine Ausfallerscheinungen zeigte und niemanden gefährdete, als nicht ausreichend angesehen, um seine Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu belegen.

In Anbetracht all dieser Überlegungen kam das Gericht zu dem Schluss, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis verhältnismäßig und gerechtfertigt ist. Es wurde argumentiert, dass der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Gefährdungen Vorrang vor den persönlichen und beruflichen Interessen des Angeklagten hat, die durch die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis beeinträchtigt werden könnten.


Das vorliegende Urteil

LG Köln – Az.: 117 Qs 105/20 – Beschluss vom 09.10.2020

Die Beschwerde des Angeschuldigten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 29.07.2020 (707 Gs 64/20) wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.

Gründe

Absolute Fahruntüchtigkeit bei Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter
E-Scooter im Fokus: Trunkenheit am Steuer kann zu Entzug der Fahrerlaubnis führen – auch bei unterschätzten Risiken. (Symbolfoto: Andrei Bortnikau /Shutterstock.com)

Die Beschwerde ist gemäß § 304 StPO statthaft und zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da die im angegriffenen Beschluss gemäß § 111a StPO angeordnete vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig erfolgt ist. Denn es sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass dem Angeschuldigten gemäß §§ 69 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2, 316 StGB die Fahrerlaubnis entzogen werden wird.

Zur Begründung – insbesondere zum dringenden Tatverdacht bezogen auf das Führen eines E-Scooters durch den Angeschuldigten am 27.06.2019 um 4:35 Uhr – wird zunächst vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Köln im Beschluss vom 29.07.2020 (707 Gs 64/20) in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 28.09.2020 (716 Cs 222/20) Bezug genommen. Die absolute Fahruntüchtigkeit des Angeschuldigten folgt aus dem Alkohol-Befund der Uniklinik-Köln vom 30.06.2019, aus dem sich eine BAK von 2,1 Promille um 5:37 Uhr ergibt.

Insbesondere folgt die Kammer der Auffassung des Amtsgerichts, dass nach vorläufiger Würdigung davon auszugehen ist, dass der Angeschuldigte den E-Scooter auf der Brücke fuhr und ihn nicht nur schob. Dieser dringende Tatverdacht ergibt sich aus der Einlassung des Angeschuldigten und der Aussage der Zeugin F vom 27.062020 vor Ort. Dass diese sich später abweichend dahingehend eingelassen haben, dass der Angeschuldigte den Roller nur geschoben habe, weil er sich diesen Roller für den nächsten Tag habe mitnehmen wollen, wertet die Kammer nach derzeitiger Aktenlage als Schutzbehauptung vor dem Umstand, dass es unwahrscheinlich erscheint, das sich sowohl die Zeugin F als auch der Angeschuldigte übereinstimmend unabhängig voneinander in diesem Detail bei ihrer ersten jeweiligen Aussage geirrt haben sollen. Hinzu kommt, dass die zweite Bekundung der Zeugin F vom 11.07.2020 (BI. 47, 48 d. A.), dass der Angeschuldigte nur einige Meter vor ihr gelaufen sei und man auf einmal bemerkt habe, dass er verletzt auf dem Bürgersteig lag, sie aber selber nicht mitteilen konnte, wie und warum er hingefallen sei, lebensfremd erscheint, wenn der Angeschuldigte nur einige Meter vor ihr gegangen sein soll.

Soweit sich die Verteidigung darauf beruft, § 69 StGB erlaube eine Unterscheidung im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der alkoholbedingten Einzeltat, da im vorliegenden Fall ein E-Scooter und nicht ein Pkw geführt worden sei, gilt Folgendes: Bei einem E-Scooter handelt es sich nach der Rechtsprechung des Landgerichts Köln (vgl. LG Köln 117 Qs 76/16; 117 Qs 88/19 und 101 Qs 104/19, 117 Qs 35/20) um ein Fahrzeug i.S.v. § 316 StGB, bei dem absolute Fahruntüchtigkeit ab einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille anzunehmen ist (vgl. Hecker in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch 30. Auflage 2019, § 316 Rn. 9 i. V. m. § 315c Rn. 5).

E-Scooter ähneln im Hinblick auf ihre potenzielle Gefährlichkeit einem Kraftfahrzeug. Denn sie sind motorisiert und erfordern durch ihre erheblich schnellere Fortbewegungsmöglichkeit und Beschleunigungskapazität eine höhere Leistungsanforderung an den Fahrer eines solchen E-Scooters als an den Fahrer eines Fahrrads beispielsweise. Daher ist ihre Fahrweise beispielsweise eher einem Mofa als einem Fahrrad ähnlich. Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass viele E-Scooter bauartbedingt neuerdings eine Höchstgeschwindigkeit von 20 – 25 km/h aufweisen. Auch viele Mofas weisen solche Höchstgeschwindigkeiten auf. Die im Kölner Raum breit vertretenen E-Scooter des Anbieters „Bird“ haben – wie die Kammer aus eigener Erfahrung weiß – eine Höchstgeschwindigkeit von 20 – 25 km/h. Überdies weisen E-Scooter ein gesteigertes Gefahrenpotenzial auf, da sie wegen der kleinen Räder viel empfindlicher auf Unebenheiten und wetterbedingte Einwirkungen der Fahrbahn reagieren und dem Fahrer in diesem Zusammenhang eine höhere Aufmerksamkeit abverlangen.

Der Angeschuldigte hat sich durch die Tat als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Denn gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, wer eine Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) begeht. Gründe für ein Absehen von der Regelwirkung sind nicht ersichtlich. So ist eine Ausnahme von dem Regelfall nur dann anzunehmen, wenn in der Tat Umstände zu Tage treten, welche diese u.a. hinsichtlich Gewicht, Anlass und Motivation deutlich vom Durchschnittsfall abheben (Fischer, 67. Auflage 2020, § 69 Rn. 26). Insoweit genügt der Umstand, dass der Angeschuldigte beim Bedienen des E-Scooters keine Ausfallerscheinungen gehabt haben soll und keinen gefördert haben soll, weder allein noch in Zusammenschau mit den vorstehend dargestellten, von der Verteidigung vorgebrachten Umständen.

Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist auch verhältnismäßig. Der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Gefährdungen hat Vorrang gegenüber den beruflichen und privaten Interessen des Angeschuldigten, die durch die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis beeinträchtigt werden können (§ 69 Abs. 1 Satz 2 StGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

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