Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Durchsuchung wegen Kameraüberwachung: Verfassungsgericht beanstandet ungenauen Tatvorwurf im Beschluss
- Ausgangssituation: Streit um Überwachungskameras an einem Ferienbungalow
- Ermittlungen und der richterliche Durchsuchungsbeschluss wegen Aufzeichnung von Passanten
- Vollzug der Durchsuchung und Beschlagnahme der Kameras
- Beschwerde des Mieters und die Entscheidung des Landgerichts mit geändertem Tatvorwurf
- Gegenvorstellung und der Vorwurf der unzulässigen Auswechselung des Sachverhalts
- Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung der Grundrechte durch die Durchsuchung
- Entscheidung des Verfassungsgerichts: Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts war verfassungswidrig
- Begründung: Mangelhafte Umschreibung des Tatvorwurfs kann nicht nachträglich geheilt werden
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und wann darf es eingeschränkt werden?
- FAQ-Frage: Was bedeutet der Tatvorwurf der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB) konkret?
- Unter welchen Voraussetzungen darf ein Gericht eine Durchsuchung anordnen?
- Was bedeutet „Anfangsverdacht“ und welche Anforderungen werden daran gestellt?
- Welche Rechte habe ich als Betroffener, wenn meine Wohnung durchsucht wird?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 32/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Verfassungsgericht
- Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
- Rechtsbereiche: Strafrecht, Strafprozessrecht, Landesverfassungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Beschwerdeführer als Mieter des Ferienbungalows
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Beschwerdeführer hatte Überwachungskameras an einem Ferienbungalow angebracht. Nach einer Strafanzeige wegen möglicher heimlicher Tonaufnahmen (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) ordnete das Amtsgericht eine Durchsuchung der Räumlichkeiten zur Sicherung der Kameras an. Diese wurde durchgeführt, obwohl das Ermittlungsverfahren später eingestellt wurde.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral ging es um die Frage, ob die richterliche Anordnung zur Durchsuchung rechtmäßig war. Dabei waren besonders die genaue Beschreibung des Tatvorwurfs im Beschluss und die Überprüfungskompetenz des höheren Gerichts bei Mängeln im ursprünglichen Beschluss relevant.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Verfassungsgericht entschied, dass der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletzt hat. Die Verfassungsbeschwerde richtete sich auch gegen weitere Entscheidungen, wurde aber in diesen Punkten abgewiesen oder als unzulässig verworfen. Das Land Brandenburg muss dem Beschwerdeführer die Hälfte seiner notwendigen Auslagen erstatten.
- Begründung: Das Gericht begründete dies damit, dass der richterliche Durchsuchungsbeschluss den Tatvorwurf genau beschreiben muss, um den Eingriff kontrollierbar zu machen. Mängel in dieser Beschreibung durch das Amtsgericht können von einem höheren Gericht nicht nachträglich durch Austausch des Tatvorwurfs geheilt werden. Der vom Amtsgericht angenommene Verdacht (Aufzeichnung von Passanten) genügte nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
- Folgen: Die gerichtliche Entscheidung bedeutet, dass die Durchsuchung, die auf dem Beschluss des Amtsgerichts basierte, verfassungswidrig war. Das Land Brandenburg muss einen Teil der dem Beschwerdeführer entstandenen Kosten übernehmen.
Der Fall vor Gericht
Durchsuchung wegen Kameraüberwachung: Verfassungsgericht beanstandet ungenauen Tatvorwurf im Beschluss
Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat entschieden, dass ein Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Potsdam gegen einen Mieter wegen angeblich heimlicher Tonaufnahmen durch Überwachungskameras dessen Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 15 Absatz 1 Landesverfassung Brandenburg) verletzt.

Der Beschluss sei verfassungswidrig, weil er den Tatvorwurf nicht präzise genug umschrieb und die Maßnahme daher unverhältnismäßig war. Eine spätere Korrektur der Begründung durch das Landgericht konnte diesen Mangel nicht heilen.
Ausgangssituation: Streit um Überwachungskameras an einem Ferienbungalow
Der Fall dreht sich um einen Mann, der Mieter eines Ferienbungalows ist und an dessen Außenwänden Überwachungskameras installiert hatte. Zwischen ihm und seinem Vermieter gab es offenbar Unstimmigkeiten, die zu einem Gerichtstermin vor dem Amtsgericht Potsdam führten. Im Anschluss daran, am 28. September 2021, fand eine Ortsbesichtigung direkt am Bungalow statt. Anwesend waren der Mieter selbst, der Vermieter sowie die Rechtsanwälte beider Parteien.
Während dieses Termins wurden die Kameras begutachtet. Es kam die Frage auf, ob die Geräte auch Gespräche aufzeichnen könnten. Die Rechtsanwältin des Vermieters erstattete später Strafanzeige wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB). Ihrer Schilderung nach habe der Mieter auf die Frage, ob er die Anwesenden heimlich in Bild und Ton aufzeichne, geantwortet, dies geschehe nicht heimlich. Er habe dabei auf einen Aufkleber mit der Aufschrift „24/7 Monitoring by eufy security“ verwiesen. Die Anwältin entgegnete, dass daraus keine Tonaufzeichnung hervorgehe und die Anwesenden einer solchen auch nicht zugestimmt hätten. Daraufhin soll der Mieter gesagt haben, er werde ausnahmsweise dafür sorgen, dass für die Anwältin nichts gespeichert werde. Als er aufgefordert wurde, die Geräte sofort abzuschalten, habe er auf seinem Mobiltelefon getippt, es sei jedoch unklar geblieben, ob er die Aufnahmefunktion tatsächlich deaktivierte.
Die Anwältin führte in ihrer Anzeige weiter aus, dass die Kameras aufgrund ihrer Nähe zu den Nachbarbungalows (etwa sechs Meter Abstand) und einem öffentlichen Weg möglicherweise auch Privatgespräche von Nachbarn auf deren Terrassen oder von Spaziergängern aufzeichnen könnten.
Ermittlungen und der richterliche Durchsuchungsbeschluss wegen Aufzeichnung von Passanten
Die Staatsanwaltschaft Potsdam nahm daraufhin Ermittlungen gegen den Mieter wegen des Verdachts der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB) auf. Sie beantragte am 30. Dezember 2021 beim Amtsgericht Potsdam eine Durchsuchung des Bungalows und die Beschlagnahme der Kameras, zugehöriger Aufzeichnungsgeräte und Datenträger. Ziel war es, die genaue Funktionsweise der Kameras, insbesondere ihre Fähigkeit zur Tonaufzeichnung, zu klären.
Der zuständige Ermittlungsrichter zögerte zunächst. Auf seine Anregung hin versuchte die Staatsanwaltschaft, Informationen über den Erfassungsbereich der Mikrofone direkt vom Kamerahersteller zu erhalten, jedoch ohne Erfolg. Daraufhin erneuerte die Staatsanwaltschaft ihren Antrag.
Mit Beschluss vom 26. Januar 2022 ordnete das Amtsgericht Potsdam schließlich die Durchsuchung an. Betroffen waren die Person des Mieters, seine Wohn- und Geschäftsräume sowie seine Fahrzeuge. Konkret gesucht werden sollte nach den Überwachungskameras im Außenbereich des Bungalows sowie nach Datenträgern mit Aufzeichnungen dieser Kameras. Das Amtsgericht begründete den Anfangsverdacht ausdrücklich damit, dass die Möglichkeit von Audio-Aufzeichnungen bestehe und daher der Verdacht gegeben sei, „dass die Vertraulichkeit des Wortes durch die Aufzeichnung und Speicherung von Gesprächen von Passanten beim Vorbeigehen am Ferienbungalow ohne deren Wissen und Wollen erfolgt“. Diese Feststellung habe die Rechtsanwältin bei ihrem Besuch am 28. September 2021 getroffen.
Vollzug der Durchsuchung und Beschlagnahme der Kameras
Die Durchsuchung wurde am 12. Mai 2022 durchgeführt. Dabei stellten die Beamten insgesamt zehn Überwachungskameras, die an verschiedenen Stellen angebracht waren, sowie eine zugehörige Basisstation sicher.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Mieter wurde später, am 27. Januar 2023, mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt (§ 170 Abs. 2 StPO). Die beschlagnahmten Kameras und die Basisstation erhielt der Mieter im März 2023 zurück. Eine Entschädigung für die Maßnahme wurde ihm im Oktober 2023 gewährt.
Beschwerde des Mieters und die Entscheidung des Landgerichts mit geändertem Tatvorwurf
Bereits kurz nach der Durchsuchung, am 16. Mai 2022, hatte der Mieter Beschwerde gegen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung eingelegt. Er argumentierte, der vom Amtsgericht angenommene Tatverdacht – die heimliche Aufzeichnung von Gesprächen zufälliger Passanten – sei unzureichend. Zum einen sei der Betrieb von Außenkameras grundsätzlich erlaubt. Zum anderen stelle die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 StGB ein sogenanntes Antragsdelikt dar. Das bedeutet, eine Strafverfolgung findet in der Regel nur statt, wenn die betroffene Person einen Strafantrag stellt (§ 205 Abs. 1 StGB). Solche Anträge von den unbekannten Passanten lagen aber nicht vor. Der Tatvorwurf sei daher unbestimmt und unbegründet. Zudem sei die Durchsuchung unverhältnismäßig und ungeeignet gewesen, unter anderem wegen des Zeitablaufs seit dem Vorfall und seiner angekündigten Deaktivierung der Aufzeichnung. Auch die Beschlagnahme von zehn Kameras sei übertrieben.
Das Landgericht Potsdam wies die Beschwerde mit Beschluss vom 19. Juli 2022 zurück. Es begründete seine Entscheidung jedoch anders als das Amtsgericht. Das Landgericht sah einen ausreichenden Tatverdacht darin, dass der Mieter möglicherweise die Vertraulichkeit des nichtöffentlich gesprochenen Wortes der beiden Anzeigenerstatter (also der Anwältin und des Vermieters) während des Ortstermins verletzt habe. Das Einschalten der Anlage in Kenntnis des bevorstehenden Termins sei strafrechtlich relevant. Die Durchsuchung und Beschlagnahme seien verhältnismäßig gewesen, da es keine andere Möglichkeit gegeben habe, die Funktionsfähigkeit der Kameras und eventuell erfolgte Aufnahmen zu überprüfen.
Gegenvorstellung und der Vorwurf der unzulässigen Auswechselung des Sachverhalts
Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Mieter am 3. August 2022 eine Gegenvorstellung ein. Er rügte eine Verletzung seines Rechts auf effektiven Rechtsschutz. Er kritisierte, dass das Landgericht den ursprünglichen Tatvorwurf des Amtsgerichts (Aufzeichnung von Passanten) einfach ausgewechselt habe. Statt den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts mit dessen Begründung zu überprüfen, habe das Landgericht die Durchsuchung nachträglich mit einem völlig anderen Sachverhalt (Aufzeichnung der Anzeigenerstatter) gerechtfertigt. Dies sei unzulässig. Auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung des Landgerichts sei fehlerhaft.
Das Landgericht wies auch die Gegenvorstellung mit Beschluss vom 30. August 2022 zurück. Es argumentierte, es sei als Beschwerdegericht berechtigt, die Rechtmäßigkeit der Anordnung umfassend zu prüfen und sei dabei nicht an die Argumentation des Amtsgerichts gebunden. Es könne die Entscheidung auch mit anderen Argumenten stützen.
Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung der Grundrechte durch die Durchsuchung
Daraufhin wandte sich der Mieter mit einer Verfassungsbeschwerde an das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg. Er machte geltend, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts seine Grundrechte verletzen, insbesondere das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 15 Abs. 1 Landesverfassung – LV), sein Eigentumsrecht (Art. 41 Abs. 1 LV) sowie sein Recht auf rechtliches Gehör und effektiven Rechtsschutz (Art. 6 Abs. 1 LV).
Entscheidung des Verfassungsgerichts: Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts war verfassungswidrig
Das Verfassungsgericht gab der Beschwerde teilweise statt. Es entschied:
- Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 26. Januar 2022 verletzt den Mieter in seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 15 Abs. 1 LV).
- Im Übrigen wurde die Verfassungsbeschwerde verworfen.
- Das Land Brandenburg muss dem Mieter die Hälfte seiner notwendigen Auslagen erstatten.
Begründung: Mangelhafte Umschreibung des Tatvorwurfs kann nicht nachträglich geheilt werden
Das Verfassungsgericht erklärte die Beschwerde gegen den ursprünglichen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts für zulässig und begründet.
Zulässigkeit: Obwohl die Durchsuchung bereits stattgefunden hatte, bestand weiterhin ein Rechtsschutzinteresse des Mieters an der Klärung der Verfassungsmäßigkeit. Eine Wohnungsdurchsuchung ist ein schwerwiegender Grundrechtseingriff, dessen Rechtmäßigkeit auch nachträglich festgestellt werden können muss (Gebot effektiven Rechtsschutzes). Der Beschluss des Amtsgerichts wurde auch nicht durch die spätere Entscheidung des Landgerichts „überholt“ oder geheilt. Zwar prüft das Landgericht als Beschwerdeinstanz den Fall neu, es kann aber bestimmte Mängel des ursprünglichen Beschlusses nicht beheben. Insbesondere Mängel bei der richterlich zu verantwortenden Umschreibung des Tatvorwurfs im Durchsuchungsbeschluss können im Beschwerdeverfahren nicht geheilt werden. Erst recht dürfe das Beschwerdegericht nicht den Tatvorwurf austauschen, um eine bereits erfolgte Durchsuchung im Nachhinein zu rechtfertigen. Genau das habe das Landgericht hier aber getan, indem es statt der Aufzeichnung von Passanten (Amtsgericht) die Aufzeichnung der Anzeigenerstatter (Landgericht) als Begründung heranzog. Die tatsächlich durchgeführte Durchsuchung basierte aber allein auf dem Beschluss des Amtsgerichts mit dessen Begründung. Der Rechtsweg war für den Mieter hinsichtlich des Amtsgerichts-Beschlusses erschöpft.
Die Verfassungsbeschwerde war jedoch unzulässig, soweit sie sich gegen den Beschluss des Landgerichts vom 19. Juli 2022 richtete. Hier hatte der Mieter den Rechtsweg nicht vollständig ausgeschöpft, da er gegen die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Landgericht keine Anhörungsrüge (§ 33a StPO) eingelegt hatte. Seine „Gegenvorstellung“ konnte nicht als solche gewertet werden.
Ebenfalls unzulässig war die Beschwerde bezüglich der Beschlagnahme (mangelnde Begründung, kein Rechtsschutzbedürfnis nach Rückgabe und Entschädigung) und bezüglich des Beschlusses zur Gegenvorstellung (keine eigenständige Beschwer).
Begründetheit (Verfassungswidrigkeit des AG-Beschlusses): Das Verfassungsgericht betonte die hohen Anforderungen an einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss. Eine Durchsuchung ist ein schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre, geschützt durch Art. 15 Abs. 1 LV (inhaltsgleich mit Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz). Der Richtervorbehalt (Art. 15 Abs. 2 LV) soll sicherstellen, dass eine unabhängige Instanz die Voraussetzungen prüft. Der Richter muss den Eingriff kontrollierbar gestalten. Dazu muss der Durchsuchungsbeschluss den Tatvorwurf so präzise wie möglich beschreiben, um den Rahmen der Durchsuchung abzustecken und dem Betroffenen eine Kontrolle zu ermöglichen.
Genau diesen Anforderungen genügte der Beschluss des Amtsgerichts Potsdam nicht. Er stützte den Verdacht auf die mögliche Aufzeichnung von Gesprächen zufälliger Passanten. Das Verfassungsgericht stellte fest, dass dieser Beschluss die aus dem Grundrecht folgenden Anforderungen verkennt und sich als unverhältnismäßig erweist. Der Tatvorwurf war offenbar nicht ausreichend konkretisiert oder basierte nicht auf einem tragfähigen Anfangsverdacht, insbesondere da für eine Strafbarkeit nach § 201 StGB bei zufälligen Passanten in der Regel deren Strafantrag erforderlich wäre, der hier fehlte. Die Tatsache, dass das Landgericht meinte, den Tatvorwurf komplett austauschen zu müssen, um die Maßnahme zu rechtfertigen, unterstrich aus Sicht des Verfassungsgerichts die Mangelhaftigkeit der ursprünglichen Begründung des Amtsgerichts, auf deren Grundlage die verfassungswidrige Durchsuchung stattfand.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Verfassungsgericht Brandenburg hat festgestellt, dass ein Durchsuchungsbeschluss einen Tatvorwurf präzise beschreiben muss, da sonst das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletzt wird. Ein nachträglicher Austausch des Tatvorwurfs durch ein Beschwerdegericht kann diesen Mangel nicht heilen oder rechtfertigen. Die Entscheidung stärkt den Schutz der Privatsphäre, indem sie klarstellt, dass Hausdurchsuchungen nur auf Basis konkreter und präziser Verdachtsmomente rechtmäßig sind und dass eine ungenaue Beschreibung des Tatvorwurfs im Durchsuchungsbeschluss zur Verfassungswidrigkeit der gesamten Maßnahme führen kann.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und wann darf es eingeschränkt werden?
Stellen Sie sich Ihre Wohnung als einen besonders geschützten Bereich vor, einen privaten Rückzugsort. Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, verankert in Artikel 13 des Grundgesetzes, bedeutet genau das: Ihre Wohnung ist ein geschützter Raum, in den der Staat nicht einfach eintreten darf. Dieses Recht gehört zu den wichtigsten Grundrechten in Deutschland und schützt Ihre Privatsphäre und Ihre persönliche Freiheit in Ihrem Zuhause. Es sichert Ihnen zu, dass Sie in Ihren eigenen vier Wänden grundsätzlich unbehelligt bleiben.
Hohe Hürden für staatliche Eingriffe
Der Schutz der Wohnung ist so wichtig, dass staatliche Eingriffe in dieses Recht nur unter sehr strengen Voraussetzungen zulässig sind. Das bedeutet, der Staat kann nicht beliebig in Ihre Wohnung eindringen, sie durchsuchen oder auf andere Weise in Ihr Recht auf Unverletzlichkeit eingreifen.
Solche Eingriffe dürfen nur auf Basis eines Gesetzes erfolgen. Das Gesetz muss klar festlegen, unter welchen Bedingungen und zu welchem Zweck ein Eingriff erlaubt ist.
Wann darf das Grundrecht eingeschränkt werden?
Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ist kein absolutes Recht, das heißt, es kann unter bestimmten Umständen eingeschränkt werden. Die häufigsten und wichtigsten Fälle, in denen der Staat in dieses Recht eingreifen darf, sind:
- Durchsuchungen: Wenn die Polizei oder andere Ermittlungsbehörden Beweise für eine Straftat finden müssen oder eine gesuchte Person vermuten. Hier gilt der sogenannte Richtervorbehalt: Eine Durchsuchung darf in der Regel nur durch einen richterlichen Beschluss angeordnet werden. Ein unabhängiger Richter prüft also vorher, ob die Maßnahme notwendig und verhältnismäßig ist. Dies ist die Regel, um Sie vor willkürlichen Eingriffen zu schützen.
- Gefahr im Verzug: Nur in absoluten Ausnahmefällen, wenn Gefahr im Verzug besteht und die Einholung eines richterlichen Beschlusses die Maßnahme vereiteln würde (z.B. bei einer unmittelbar drohenden Gefahr für Leib und Leben oder wenn Beweismittel vernichtet würden), darf ausnahmsweise auch ohne richterlichen Beschluss gehandelt werden. Auch dann muss die Maßnahme aber gesetzlich zulässig sein und im Nachhinein oft gerichtlich überprüft werden.
- Andere gesetzliche Gründe: Es gibt weitere, aber eng begrenzte gesetzliche Gründe, die einen Eingriff erlauben können, z.B. zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr für die Allgemeinheit oder zur Durchführung bestimmter gesetzlich vorgeschriebener Kontrollen (wie z.B. für Bauzustand, Brandschutz), die aber ebenfalls klaren Regeln unterliegen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung schützt Ihren privaten Bereich sehr stark. Staatliche Eingriffe sind die Ausnahme und erfordern in der Regel die Genehmigung eines Richters oder liegen nur unter sehr engen, gesetzlich definierten Notfällen vor.
FAQ-Frage: Was bedeutet der Tatvorwurf der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB) konkret?
Das Gesetz zur Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 des Strafgesetzbuches, kurz StGB) schützt gesprochene Worte, die in einem nicht-öffentlichen Rahmen fallen. Stellen Sie sich vor, Sie führen ein persönliches Gespräch, sei es zu Hause, im Büro oder bei einem privaten Treffen. Dieses Gesetz soll verhindern, dass solche vertraulichen Äußerungen heimlich aufgezeichnet oder von Dritten abgehört werden.
Was schützt der Paragraph 201 StGB?
Im Kern schützt dieser Paragraph das Recht jedes Einzelnen, sich in bestimmten Situationen vertraulich mündlich äußern zu können, ohne befürchten zu müssen, dass diese Äußerungen unerlaubt mitgeschnitten oder von Unbefugten mitgehört werden. Es geht um die Privatsphäre des gesprochenen Wortes.
Wann liegt eine Verletzung vor?
Eine Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes kann vorliegen, wenn ohne Erlaubnis („unbefugt“) eine nicht-öffentliche Äußerung
- aufgezeichnet wird (z.B. mit einem Handy, Diktiergerät), oder
- mithilfe technischer Mittel abgehört wird (z.B. mit Wanzen, Richtmikrofonen).
Auch das Benutzen einer solchen unbefugt erstellten Aufnahme oder das Kenntlichmachen für Dritte kann strafbar sein (§ 201 Abs. 2 StGB). Das bedeutet, selbst wenn Sie die Aufnahme nicht selbst gemacht, aber von jemand anderem erhalten haben und sie dann nutzen oder weitergeben, kann das eine Straftat sein.
Was heißt „nicht öffentlich“ und „unbefugt“?
- „Nicht öffentlich“ sind Äußerungen, die nicht für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmt sind. Das sind typischerweise Gespräche im privaten Kreis, unter vier Augen, in Besprechungsräumen, am Telefon oder an Orten, wo man vernünftigerweise erwarten kann, dass die Worte nicht von jedermann gehört werden.
- Beispiel: Ein Gespräch mit einem Kollegen im Büro unter vier Augen, ein privates Telefonat, eine Unterhaltung zu Hause.
- Kein „nicht öffentlich“: Eine Rede auf einer öffentlichen Veranstaltung, eine laute Diskussion auf einem belebten Marktplatz, eine Äußerung, die so laut ist, dass sie jeder in der Umgebung problemlos mithören kann.
- „Unbefugt“ bedeutet ohne die Einwilligung der Personen, die sich äußern.
- Beispiel: Sie nehmen heimlich ein Gespräch mit Ihrem Chef auf, ohne dass dieser davon weiß und zugestimmt hat.
- Nicht „unbefugt“: Sie nehmen ein Gespräch auf, nachdem alle Beteiligten ausdrücklich zugestimmt haben. Wichtig: Wenn Sie selbst am Gespräch teilnehmen, dürfen Sie es trotzdem nicht einfach heimlich aufnehmen, da Sie die Worte der anderen Gesprächspartner aufnehmen. Die Zustimmung aller am Gespräch beteiligten Personen ist in der Regel erforderlich.
Welche Folgen kann das haben?
Die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes ist eine Straftat. Das Gesetz sieht dafür grundsätzlich Geldstrafen oder Freiheitsstrafen vor. Die konkrete Strafe hängt immer vom Einzelfall ab.
Es ist wichtig zu wissen, dass die heimliche Aufnahme oder das Abhören von nicht-öffentlichen Gesprächen in Deutschland grundsätzlich verboten und strafbar ist, um die persönliche Sphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu schützen.
Unter welchen Voraussetzungen darf ein Gericht eine Durchsuchung anordnen?
Eine Durchsuchung in Wohnungen, Geschäftsräumen oder bei Personen ist ein starker Eingriff in grundlegende Rechte. Sie darf in Deutschland nicht einfach so stattfinden. Das Gesetz stellt dafür strenge Bedingungen auf.
Die wichtigsten Voraussetzungen für eine richterliche Anordnung
Ein Gericht darf eine Durchsuchung in der Regel nur dann anordnen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
- Anfangsverdacht einer Straftat: Es muss konkrete tatsächliche Anhaltspunkte geben, die darauf hindeuten, dass eine bestimmte Straftat begangen wurde. Es reicht nicht aus, nur vage Vermutungen zu haben. Es braucht mehr als nur ein Bauchgefühl – es müssen Fakten vorliegen, die einen Verdacht begründen.
- Notwendigkeit der Durchsuchung: Die Durchsuchung muss erforderlich sein, um zum Beispiel Beweismittel für die Tat zu finden, die gesuchte Person aufzuspüren oder eine andere Maßnahme durchzuführen, die der Aufklärung der Straftat dient. Es muss eine begründete Annahme geben, dass die Durchsuchung tatsächlich zu einem Erfolg führt.
- Verhältnismäßigkeit der Maßnahme: Die geplante Durchsuchung muss angemessen sein. Das bedeutet, der Nutzen, den die Durchsuchung bringen soll, muss im richtigen Verhältnis zum Eingriff in die Rechte der betroffenen Person stehen. Eine Durchsuchung für eine sehr geringfügige Straftat, bei der kaum Beweise zu erwarten sind, wäre unverhältnismäßig. Es muss geprüft werden, ob es keine weniger einschneidenden Mittel gibt, um das Ziel zu erreichen.
- Genauer Tatvorwurf: Der richterliche Beschluss muss klar bezeichnen, welche Straftat konkret vermutet wird und nach welchen Beweismitteln oder Personen gesucht wird. Dies begrenzt den Umfang der Durchsuchung und schützt vor unspezifischen „Fischzügen“.
Die Rolle des Richters
Der Richter spielt hier eine sehr wichtige Rolle. Bevor eine Durchsuchung durchgeführt werden darf, müssen die Ermittlungsbehörden (Staatsanwaltschaft oder Polizei) beim zuständigen Gericht einen Antrag auf einen Durchsuchungsbeschluss stellen.
Der Richter prüft diesen Antrag sehr sorgfältig. Er kontrolliert, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind: Liegt ein ausreichender Anfangsverdacht vor? Ist die Maßnahme notwendig und verhältnismäßig? Ist der Tatvorwurf genau bezeichnet? Der Richter handelt hier als eine neutrale Kontrollinstanz, die die Grundrechte der Bürger schützt. Nur wenn der Richter überzeugt ist, dass alle Bedingungen erfüllt sind, darf er den Durchsuchungsbeschluss erteilen. Eine Durchsuchung ohne richterliche Anordnung ist nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei „Gefahr im Verzug“ erlaubt, was ebenfalls strengen richterlichen Kontrollen unterliegt, meist im Nachhinein.
Für Sie als Bürger bedeutet dies: Eine richterlich angeordnete Durchsuchung ist keine willkürliche Handlung, sondern eine Maßnahme, die an klare gesetzliche Vorgaben und eine richterliche Prüfung gebunden ist.
Was bedeutet „Anfangsverdacht“ und welche Anforderungen werden daran gestellt?
Der Anfangsverdacht ist ein zentraler Begriff im deutschen Strafverfahren und markiert den Startpunkt für polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Er liegt vor, wenn es bestimmte Anzeichen oder Hinweise gibt, die es als möglich erscheinen lassen, dass eine strafbare Handlung begangen wurde und wer dafür verantwortlich sein könnte.
Was sind die Anforderungen an einen Anfangsverdacht?
Für einen Anfangsverdacht sind konkrete tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich, die eine Straftat vermuten lassen. Es genügt nicht bloß ein Gefühl, eine anonyme Behauptung ohne jeglichen Beleg oder reine Spekulation. Es müssen überprüfbare Fakten oder Hinweise vorliegen, die eine begründete Vermutung rechtfertigen. Die Schwelle für einen Anfangsverdacht ist dabei bewusst niedrig gehalten. Es muss die Begehung einer Straftat lediglich möglich erscheinen, nicht schon wahrscheinlich oder gar sicher sein.
Anfangsverdacht im Vergleich zu anderen Verdachtsstufen
Im Laufe eines Strafverfahrens können verschiedene Stufen des Verdachts erreicht werden, die jeweils unterschiedliche rechtliche Folgen haben:
- Anfangsverdacht: Die niedrigste Stufe. Er erlaubt den Beginn von Ermittlungen und grundlegende Maßnahmen wie die Befragung von Zeugen oder das Sammeln erster Beweise.
- Hinreichender Verdacht: Eine höhere Stufe. Dieser Verdacht liegt vor, wenn die Ermittlungsbehörden nach Abschluss ihrer Ermittlungen zu dem Ergebnis kommen, dass eine Verurteilung des Beschuldigten nach Aktenlage wahrscheinlich ist. Dieser Verdacht ist notwendig, um Anklage zu erheben.
- Dringender Tatverdacht: Die höchste Stufe. Er liegt vor, wenn eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Beschuldigte die Straftat begangen hat. Ein dringender Tatverdacht ist beispielsweise Voraussetzung für die Anordnung einer Untersuchungshaft.
Der Anfangsverdacht ist somit die notwendige Grundlage, damit Polizei und Staatsanwaltschaft überhaupt erst ermittelnd tätig werden dürfen, um zu klären, ob sich die ursprünglichen Hinweise auf eine Straftat erhärten oder nicht. Er berechtigt zu den ersten, oft noch wenig eingreifenden Ermittlungshandlungen.
Welche Rechte habe ich als Betroffener, wenn meine Wohnung durchsucht wird?
Wenn Ihre Wohnung durchsucht wird, greift dies tief in Ihr Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung ein, das in Deutschland durch das Grundgesetz geschützt ist. Eine Durchsuchung ist daher nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Für Sie als Betroffener bedeutet dies, dass Sie bestimmte Rechte haben, die Ihnen helfen können, diese Situation besser zu verstehen und zu handhaben.
Grundsätzlich darf eine Wohnung nur aufgrund einer schriftlichen Anordnung eines Richters durchsucht werden. Diese Anordnung muss den Grund der Durchsuchung sowie die gesuchten Gegenstände oder Personen genau bezeichnen. Nur in Gefahr im Verzug – also wenn ein dringender Notfall vorliegt und die richterliche Anordnung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann – dürfen Staatsanwaltschaft oder Polizei auch ohne richterliche Anordnung eine Durchsuchung durchführen. Sie haben das Recht, die Durchsuchungsanordnung zu sehen und den Grund der Durchsuchung zu erfahren. Prüfen Sie, wer die Durchsuchung angeordnet hat und aus welchem Grund.
Während der Durchsuchung haben Sie das Recht, bei der Durchsuchung anwesend zu sein. Sie können auch verlangen, dass eine Vertrauensperson oder ein Rechtsanwalt hinzugezogen wird. Dies dient dazu, die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung zu überwachen. Sie dürfen die Beamten auf Fehler oder Unregelmäßigkeiten hinweisen und gegen die Durchsuchung förmlich Widerspruch einlegen (Protestieren). Dies ist wichtig, um später eventuell die Rechtmäßigkeit der Maßnahme anfechten zu können.
Wenn Gegenstände von den Beamten mitgenommen (beschlagnahmt oder sichergestellt) werden, haben Sie das Recht auf ein Verzeichnis dieser Gegenstände. Dieses Verzeichnis sollte alle mitgenommenen Dinge auflisten. Sie können verlangen, dass Gegenstände, die nicht dem Durchsuchungszweck dienen, nicht mitgenommen werden. Unter bestimmten Umständen können Sie auch verlangen, dass beschlagnahmte Schriftstücke oder andere Datenträger versiegelt werden, damit sie nicht sofort eingesehen werden können.
Nach Abschluss der Durchsuchung und der eventuellen Mitnahme von Gegenständen besteht die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies geschieht in der Regel durch eine Beschwerde bei Gericht. Das Gericht prüft dann, ob die Durchsuchung zulässig war, ob die Anordnung rechtmäßig war oder ob die Durchsuchung im Notfall gerechtfertigt war und ob die Durchführung korrekt erfolgt ist. Eine erfolgreiche Überprüfung kann feststellen, dass die Maßnahme rechtswidrig war, was Auswirkungen auf ein mögliches Verfahren haben kann.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Durchsuchungsbeschluss
Ein Durchsuchungsbeschluss ist eine richterliche Anordnung, mit der Polizei oder Ermittlungsbehörden die Erlaubnis erhalten, eine Wohnung, Geschäftsräume, Fahrzeuge oder andere private Bereiche zu durchsuchen. Voraussetzung ist, dass ein konkreter Tatverdacht vorliegt, der die Durchsuchung erforderlich und verhältnismäßig erscheinen lässt. Der Beschluss muss genau angeben, welche Straftat vermutet wird und welche Gegenstände oder Personen gesucht werden, um die Kontrolle über den Eingriff zu gewährleisten.
Beispiel: Wenn die Polizei Hinweise erhält, dass jemand in seiner Wohnung Diebesgut versteckt, beantragt sie beim Richter einen Durchsuchungsbeschluss, der das gezielte Suchen erlaubt.
Anfangsverdacht
Der Anfangsverdacht ist die Stufe eines Verdachts auf eine Straftat, bei der konkrete tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die eine Straftat möglich machen. Es reicht, wenn die Tat für Ermittlungszwecke plausibel erscheint, nicht aber schon als sicher oder nahezu bewiesen gilt. Der Anfangsverdacht ist notwendig, damit Polizei und Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnehmen und beispielsweise eine Durchsuchung beantragen können.
Beispiel: Wenn Nachbarn hören, wie jemand heimlich Gespräche aufzeichnet, könnte dies einen Anfangsverdacht für die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes begründen.
Richtervorbehalt
Der Richtervorbehalt besagt, dass schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte, wie etwa Durchsuchungen, grundsätzlich nur durch richterliche Anordnung zulässig sind. Er soll die Bürger vor willkürlichen Maßnahmen schützen, indem eine unabhängige Instanz prüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen – z. B. Anfangsverdacht, Verhältnismäßigkeit, genauer Tatvorwurf – vorliegen. Nur bei Gefahr im Verzug darf vorläufig auch ohne richterlichen Beschluss gehandelt werden.
Beispiel: Die Polizei möchte eine Wohnung durchsuchen, muss dafür aber zuerst einen Richter um Erlaubnis bitten, damit nicht willkürlich in die Privatsphäre eingegriffen wird.
Tatvorwurf
Der Tatvorwurf bezeichnet die im Durchsuchungsbeschluss konkret bezifferte vermutete Straftat, aufgrund derer eine Durchsuchung angeordnet wird. Er muss so präzise und eindeutig formuliert sein, dass für alle Beteiligten klar ist, welche Handlung konkret untersucht wird. Ein ungenauer oder unscharfer Tatvorwurf kann zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führen, weil dadurch die Grenzen der Durchsuchung und die Kontrolle des Betroffenen entfallen.
Beispiel: Statt nur „heimliche Aufnahmen“ sollte der Tatvorwurf genau benennen, etwa „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes durch heimliche Tonaufnahmen“.
Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB)
Diese Straftat schützt das Recht, in nicht-öffentlichen Situationen vertraulich gesprochen zu werden, ohne dass die gesprochenen Worte heimlich aufgezeichnet oder abgehört werden. Eine Verletzung liegt vor, wenn ohne Zustimmung der Gesprächsteilnehmer deren nicht-öffentliche Gespräche auf Tonträger aufgenommen oder abgehört werden. § 201 StGB stellt solche Handlungen unter Strafe, um Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte zu schützen.
Beispiel: Wenn jemand in einem privaten Gespräch heimlich mit einem Mikrofon aufnimmt, wird dadurch die Vertraulichkeit des Wortes verletzt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Artikel 15 Absatz 1 Landesverfassung Brandenburg (LV): Schützt die Unverletzlichkeit der Wohnung als Grundrecht, was bedeutet, dass Durchsuchungen nur unter strengen Voraussetzungen und mit hinreichend konkretem Tatvorwurf zulässig sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Verfassungsgericht stellte fest, dass der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts diesen Grundrechtsschutz verletzte, weil der Tatvorwurf ungenau war und somit der Eingriff unverhältnismäßig erfolgte.
- § 201 Strafgesetzbuch (StGB) – Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes: Strafnorm, die das heimliche Aufzeichnen nichtöffentlich gesprochenen Wortes schützt und grundsätzlich ein Antragsdelikt ist, das heißt, eine Strafverfolgung bedarf meist eines Strafantrags der betroffenen Person (§ 205 Abs. 1 StGB). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Tatvorwurf des Amtsgerichts bezog sich auf die heimliche Audioaufzeichnung von Passanten; da aber kein Strafantrag der Betroffenen vorlag, bestand kein hinreichender Anfangsverdacht, was die Verfassungswidrigkeit der Durchsuchung begründete.
- § 170 Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) – Einstellung des Verfahrens mangels Tatverdachts: Regelt die Einstellung eines Strafverfahrens, wenn kein hinreichender Tatverdacht besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren gegen den Mieter ein, was die Zweifel an der Tatvorwurfskonkretisierung und an der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung weiter untermauerte.
- Artikel 6 Absatz 1 Landesverfassung Brandenburg (LV) – Recht auf rechtliches Gehör und effektiven Rechtsschutz: Gewährleistet, dass jeder Betroffene im Verfahren gehört wird und Zugang zu einem wirksamen Rechtsmittel hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Verfassungsgericht betonte, dass der Mieter trotz Durchführung der Durchsuchung weiterhin ein Rechtsschutzinteresse hatte, weswegen die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des ursprünglichen Beschlusses erforderlich war.
- Artikel 15 Absatz 2 Landesverfassung Brandenburg (LV) – Richtervorbehalt: Vorschrift, dass Durchsuchungen nur aufgrund eines richterlichen Beschlusses erfolgen dürfen, um rechtsstaatliche Kontrolle sicherzustellen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hob hervor, dass der Durchsuchungsbeschluss den Tatvorwurf präzise fassen muss, um eine unabhängige Kontrolle des Eingriffs in die Privatsphäre zu ermöglichen; die ungenaue Formulierung führte zur Verfassungswidrigkeit.
- Rechtsprechung zur Durchsuchung und Verhältnismäßigkeit: Grundsatz, dass Durchsuchungen ein schwerwiegender Eingriff sind und der Tatvorwurf so konkret gefasst sein muss, dass der Maßnahme klarer rechtlicher Rahmen gegeben ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Verfassungsgericht führte aus, dass der unverhältnismäßige und ungenaue Tatvorwurf die Maßnahme nicht rechtfertigte und auch nicht durch späteren Austausch des Tatvorwurfs im Beschwerdeverfahren geheilt werden kann.
Das vorliegende Urteil
VerfG Potsdam – Az: 32/22 – Beschluss vom 21.02.2025
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