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Wohnungsdurchsuchung bei Nichtverdächtigen – Verwertbarkeit von Zufallsfunden

Unrechtmäßige Wohnungsdurchsuchung: Haschisch-Fund nicht verwertbar

Das Gericht lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab, da es an einem hinreichenden Tatverdacht fehlte. Der Grund dafür war ein Beweisverwertungsverbot, welches aufgrund eines rechtswidrigen Durchsuchungsbeschlusses und der damit verbundenen Durchsuchung einer Wohnung eines Nichtbeschuldigten entstand.

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Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Rechtswidriger Durchsuchungsbeschluss: Die Durchsuchung der Wohnung eines Nichtbeschuldigten wurde aufgrund unzureichender tatsächlicher Anhaltspunkte und mangels Verhältnismäßigkeit als rechtswidrig eingestuft.
  2. Fehlender Tatverdacht: Es bestand kein ausreichender Verdacht, dass die gesuchte vollautomatische Schusswaffe im Zimmer des Nichtbeschuldigten zu finden sei.
  3. Beweisverwertungsverbot: Die im Zuge der rechtswidrigen Durchsuchung gewonnenen Beweise unterlagen einem Verwertungsverbot.
  4. Schutz der Privatsphäre: Das Gericht betonte den hohen Stellenwert des Schutzes der Privatsphäre und der Unverletzlichkeit der Wohnung.
  5. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die Durchsuchung bei Nichtbeschuldigten muss in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der vermuteten Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen.
  6. Abwägung der Interessen: Bei der Entscheidung über ein Beweisverwertungsverbot sind das öffentliche Interesse an effektiver Strafverfolgung und das Individualinteresse gegeneinander abzuwägen.
  7. Kein hinreichender Tatverdacht: Aufgrund des Beweisverwertungsverbots und des Fehlens weiterer belastender Beweise bestand kein hinreichender Tatverdacht gegen den Beschuldigten.
  8. Kostenentscheidung: Die Auslagen des Verfahrens wurden der Staatskasse auferlegt, da die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt wurde.

In der Rechtsprechung stellt die Wohnungsdurchsuchung bei Nichtverdächtigen und die damit verbundene Frage der Verwertbarkeit von Zufallsfunden ein bedeutsames Thema dar. Kern dieser juristischen Problematik ist die Abwägung zwischen dem Schutz der Privatsphäre und dem Bedürfnis nach effektiver Strafverfolgung. Dabei spielen der Durchsuchungsbeschluss und die damit einhergehenden Voraussetzungen eine zentrale Rolle. Es gilt zu prüfen, ob bei einer Durchsuchung, die aufgrund eines Verdachts gegen Dritte durchgeführt wird, zufällig gefundene Beweismittel gegen die ursprünglich nicht verdächtige Person verwendet werden dürfen.

Insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und das mögliche Vorliegen eines Beweisverwertungsverbots sind dabei von essenzieller Bedeutung. Ein weiterer Aspekt, der in solchen Fällen häufig zur Debatte steht, ist der THC-Gehalt bei aufgefundenen Betäubungsmitteln, welcher sowohl die Schwere des Delikts als auch die rechtliche Einordnung beeinflussen kann. Diese grundlegenden juristischen Fragen sind entscheidend, um die Rechtmäßigkeit von Ermittlungsmaßnahmen und die Zulässigkeit der Beweisverwertung in solchen Konstellationen zu beurteilen.

Der Weg zum Durchsuchungsbeschluss und seine Folgen

Das Amtsgericht Pirmasens verhandelte einen bemerkenswerten Fall, der seinen Ursprung in einem Ermittlungsverfahren gegen einen gewissen Herrn K. hatte. Dieser wurde verdächtigt, fahrlässig gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen zu haben. Ein Zeuge meldete bei der Polizei, dass Herr K. ihm den Besitz einer vollautomatischen Schusswaffe mitgeteilt habe. Diese Waffe sollte sich angeblich im Besitz seiner Mutter befinden. Auf Grundlage dieser Aussage beantragte die Staatsanwaltschaft Zweibrücken beim Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss sowohl für das Anwesen von Herrn K. als auch für die Wohnungen der unverdächtigen Familienmitglieder.

Zufallsfunde bei Wohnungsdurchsuchung Nichtverdächtiger

Während der Durchsuchung der Wohnungen wurden keine Schusswaffen gefunden. Stattdessen stießen die Ermittler auf über 80 Gramm Haschisch im Besitz des Angeklagten, Herrn M., welches als Zufallsfund sichergestellt wurde. Herr M. gab die Gegenstände als sein Eigentum an und verzichtete auf eine Aushändigung. Dieser Fund führte zu einem weiteren Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Besitzes illegaler Betäubungsmittel. Die Untersuchung der sichergestellten Substanzen ergab einen THC-Gehalt von 15 %, was auf eine Gesamtmenge von 12 Gramm Tetrahydrocannabinol hindeutete.

Rechtliche Herausforderungen und Beweisverwertungsverbot

Die entscheidende rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der Frage der Rechtmäßigkeit der Wohnungsdurchsuchung bei Nichtverdächtigen und der damit verbundenen Verwertbarkeit der Zufallsfunde. Der Verteidiger des Angeklagten argumentierte, dass die Durchsuchung unrechtmäßig gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft hielt dagegen, dass die Durchsuchung rechtens war und auch bei Annahme der Rechtswidrigkeit kein Beweisverwertungsverbot vorläge. Das Gericht folgte jedoch der Argumentation der Verteidigung und stellte fest, dass der Durchsuchungsbeschluss in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtswidrig war. Es fehlten hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich die gesuchte Waffe im Anwesen des Angeklagten befinden würde.

Gerichtsentscheidung: Ablehnung der Hauptverfahrenseröffnung

Das Gericht lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab, da es an einem hinreichenden Tatverdacht mangelte. Es wurde entschieden, dass die aufgrund des rechtswidrigen Durchsuchungsbeschlusses gewonnenen Beweise einem Verwertungsverbot unterliegen. Diese Entscheidung beruht auf der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Strafverfolgung und dem Schutz der Privatsphäre des Angeklagten. Die Kosten des Verfahrens wurden der Staatskasse auferlegt, was die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der Voraussetzungen für Durchsuchungsmaßnahmen unterstreicht. Der Fall zeigt deutlich, wie wichtig es ist, dass die Justiz die Rechte aller Beteiligten, auch der Nichtverdächtigen, in Ermittlungsverfahren achtet.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet das Prinzip der Verhältnismäßigkeit bei Wohnungsdurchsuchungen?

Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit ist ein grundlegendes Prinzip des deutschen Rechtsstaats und spielt eine entscheidende Rolle bei Wohnungsdurchsuchungen. Es dient dazu, die Bürger vor übermäßigen Eingriffen des Staates in ihre Grundrechte zu schützen.

Bei Wohnungsdurchsuchungen muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stets gewahrt bleiben. Dies bezieht sich sowohl auf den Grund der Wohnungsdurchsuchung als auch auf die Art des Vorgehens. Die Durchsuchung kann sowohl beim Verdächtigen (§ 102 StPO) als auch bei anderen Personen stattfinden (§ 103 StPO), wobei jeweils der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besteht aus vier Punkten. Eine staatliche Maßnahme ist verhältnismäßig, wenn sie:

1. einen legitimen Zweck hat,
2. geeignet ist,
3. erforderlich ist und
4. angemessen ist.

Ein legitimer Zweck könnte beispielsweise die Verhütung von Straftaten oder die Sicherstellung von Gegenständen sein. Die Maßnahme muss geeignet sein, diesen Zweck zu erreichen, und sie muss erforderlich sein, d.h. es darf kein milderes Mittel geben, das den gleichen Zweck erreichen könnte. Schließlich muss die Maßnahme angemessen sein, d.h. der beabsichtigte Zweck darf nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen.

Behörden sind angehalten, zunächst alle naheliegenden, weniger eingriffsintensiven Ermittlungsmaßnahmen anzuwenden. Erst, wenn kein milderes Mittel vorhanden ist, ist eine Hausdurchsuchung verhältnismäßig.

Ein Beispiel für eine unverhältnismäßige Maßnahme wäre eine Hausdurchsuchung wegen des Überfahrens einer roten Ampel. Im Jahr 2018 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass ein hinreichender Verdacht auf die Begehung einer Straftat für die Verhältnismäßigkeit einer Wohnungsdurchsuchung ausreicht.

Die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist daher von entscheidender Bedeutung für die Rechtmäßigkeit einer Wohnungsdurchsuchung.


Das vorliegende Urteil

AG Pirmasens – Az.: 1 Ls 4152 Js 25/15 – Beschluss vom 17.12.2015

1. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird abgelehnt.

2. Die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe

I.

Durch Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zweibrücken vom 06.03.2015 (4152 Js 25/15, Bl. 21 ff. d.A.) wird dem Angeschuldigten vorgeworfen, am 28.11.2014 in seinem Zimmer in der … Straße … in … unerlaubt 3 Brocken Haschisch, welche zum gewinnbringenden Weiterverkauf an unbekannte Abnehmer gedacht gewesen seien, verwahrt zu haben. Die Analyse der Haschischbrocken ergab einen THC-Gehalt von 15 % und eine Gesamtmenge von 12 g THC.

Das gegen den Angeschuldigten geführte Ermittlungsverfahren ergab sich aus einem gegen den …K. geführten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Zweibrücken (4106 Js 11949/14) wegen „fahrlässigen Vergehens nach dem KrWaffG“.

Hintergrund jenes Ermittlungsverfahrens war, dass am 17.10.2014 ein Zeuge bei der Polizeiinspektion in Pirmasens erschien und dort mitteilte, dass der …K. ihm, dem Zeugen, mitgeteilt habe, dass er eine vollautomatische Schusswaffe besitzen würde, die bei seiner Mutter … in der … Straße … in …, …, in einer Scheune versteckt sei.

Im Rahmen der am 17.10.2014 durchgeführten Vernehmung des Zeugen … S. (Bl. 5 f. d.A. 4106 Js 11949/14) gab dieser an, dass der … K. ihm „vor einiger Zeit“, wann genau wisse er nicht mehr, zu ihm, dem Zeugen, gesagt habe, dass er auch eine nicht registrierte „vollautomatische Schusswaffe“ in seinem Besitz habe. Um was für eine Waffe es sich genau handele, habe der … K. ihm, dem Zeugen, nicht gesagt. Er habe ihm, dem Zeugen, die Waffe jedoch für 150,00 € angeboten, was er jedoch abgelehnt habe. Der … K. habe zur Waffe lediglich noch gesagt, dass es „eine kleinere Waffe“ sei, an der man „eine Schulterstütze ausfahren“ könne und dass diese „vollautomatisch“ sei. Der Zeuge gab weiter an, dass er die Waffe nie gesehen habe und auf seine Frage, woher der … K. diese Waffe habe, habe er keine Antwort erhalten. Er, der Zeuge, habe den … K. auch aufgefordert, ihm die Waffe zu zeigen, was dieser jedoch niemals getan habe. Deshalb wisse er, der Zeuge, auch nicht genau, ob der … K. diese Waffe wirklich habe. Der … K. habe ihm, dem Zeugen, berichtet, dass diese Waffe bei der Mutter des … K. in der …Straße … in … – … – in einem silbernen Koffer in der Scheune gelagert sei und dort auf dem Heuboden unter Heu versteckt sei. Der Zeuge gab weiter an, dass er davon ausgehe, dass wenn der … K. davon erfahre, dass er, der Zeuge, bei der Polizei eine Aussage getätigt habe, er die Waffe verschwinden lasse. Da, so der Zeuge weiter, der … K. außer seiner Mutter und seinem Schwager niemanden mehr habe, gehe er, der Zeuge, davon aus, dass der … K. die Waffe dann nur noch bei seinem Schwager, dem … M., der in der … Straße … in … – … wohnhaft sei, verstecken könne. Der Zeuge gab auf Nachfrage weiter an, dass er den Wahrheitsgehalt der Aussage über die vollautomatische Waffe nicht genau einordnen könne, er sich jedoch verpflichtet fühle, diesen Sachverhalt der Polizei anzuzeigen, da er aufgrund des derzeit an den Tag gelegten Verhaltens des … K. diesen nicht mehr einschätzen könne und befürchte, dass dieser irgendetwas Unüberlegtes tun könne. Der … K. komme mit der Trennung von seiner Ehefrau überhaupt nicht zurecht.

Am 21.10.2014 (Bl. 15 d.A. 4106 Js 11949/14) wurde seitens der Kriminalinspektion in P. für den Fall, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund der Aussage des Zeugen S. den Anfangsverdacht einer Straftat nach dem „Kriegswaffenkontrollgesetz bzw. Waffengesetz“ bejahen sollte, die Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses für die Wohnung des … K. und seiner Kraftfahrzeuge als auch für „Wohnungen/Räumlichkeiten“ der Unverdächtigen … K. und … M. angeregt.

Am 23.10.2014 wurde seitens der Staatsanwaltschaft Zweibrücken bei der Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Zweibrücken die Durchsuchung der Wohnung der … K. in der … Straße … in … – … – sowie des … M., … Straße … in … – … – beantragt.

Am 29.10.2014 wurde durch die Ermittlungsrichterin beim Amtsgericht Zweibrücken (1 Gs 1173/14) gemäß §§ 103 Abs. 1, 162 Abs. 1 StPO die Durchsuchung der Wohnungen der … K. sowie des … M. angeordnet und weitergehend, dass eine „vollautomatische Schusswaffe“ beschlagnahmt werden soll, sofern sie nicht freiwillig herausgegeben werde. Unter den Gründen wurde ausgeführt:

„Nach den bisherigen Ermittlungen besteht gegen den Beschuldigten der Verdacht des fahrlässigen Vergehens nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz (§ 22 a Abs. 4 KrWaffG).

Der Tatverdacht ergibt sich aus den bisherigen polizeilichen Ermittlungen, insbesondere den Angaben des Zeugen M. S., wonach ihm der Beschuldigte eine vollautomatische Schusswaffe zum Kauf angeboten hat. Als Verwahrort kommen der Wohnsitz des Beschuldigten, seiner Mutter oder seines Schwagers in Betracht.

Die Maßnahme ist erforderlich zur Beschlagnahme folgender Beweismittel: Vollautomatische Schusswaffe“.

Ausweislich des Durchsuchungsberichtes vom 04.12.2014 (Bl. 26 f. d.A. 4106 Js 11949/14) wurde das Anwesen der Mutter des Beschuldigten … K., dessen Pkw sowie die vom Zeugen benannte Scheune mit negativem Ergebnis durchsucht. Zeitgleich wurde im Wohnanwesen des … M. eine Durchsuchung durchgeführt, bei welcher ebenfalls keine Schusswaffe aufgefunden werden konnte. Als Zufallsfund wurden ausweislich des Durchsuchungsberichtes „über 80 g Haschisch u.a.“ aufgefunden und sichergestellt.

Ausweislich des Durchsuchungsberichtes vom 28.11.2014 (Bl. 32 ff. d. A. 4106 Js 11949/14) wurde das Anwesen in der … Straße … in … am 28.11.2014 um 06.15 Uhr aufgesucht. Um 06.55 Uhr sei die Wohnung mit Frau … M., nachdem diese mit dem Grund der Vorsprache der Polizei vertraut gemacht und ihr eine Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses ausgehändigt worden sei, betreten und mit der Durchsuchung begonnen worden. Zu diesem Zeitpunkt der Durchsuchung habe sich der Sohn der Familie, der in vorliegendem Verfahren Angeschuldigte … M., in seinem Zimmer aufgehalten. Dort konnten „in einem Schreibtisch“ 3 Haschischbrocken unterschiedlicher Größe mit Einzelgewichten von 70,7 g, 10,0 g und 1,7 g, zahlreiche Portionstütchen, eine Plastiktüte mit hellbraunen Tabletten unbekannter Herkunft sowie verschiedene Rauchutensilien aufgefunden und als Zufallsfunde sichergestellt werden. Der Angeschuldigte … M. habe die Gegenstände als sein Eigentum bezeichnet und habe gegen Unterschrift auf dem Durchsuchungsprotokoll entschädigungslos auf eine Aushändigung verzichtet. Die Durchsuchungsmaßnahme wurde um 07.25 Uhr beendet.

Im Sicherstellungsprotokoll vom 28.11.2014 (Bl. 8 d.A.) wurde vermerkt, dass drei Haschischbrocken in der Schreibtischschublade, eine Plastiktüte mit hellbraunen Tabletten im Schreibtischfach rechts und eine Plastiktüte mit ca. 85 Einzelportionstütchen in der Schreibtischschublade aufgefunden wurden sowie 7 „Rauchutensilien“ – insofern wird auf die Lichtbilder Bl. 11 f. d.A. Bezug genommen – im „Schlafzimmer“ des vorliegend Angeschuldigten.

Durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Zweibrücken vom 19.01.2015 wurde das Ermittlungsverfahren gegen … K. gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Ausweislich Bl. 13 d.A. erschien der Angeschuldigte nicht zum Vernehmungstermin am 29.12.2014.

Drei aus den beim Angeschuldigten aufgefundenen Haschischplattenbruchstücken mit Gesamtgewicht von 81,0 g hergestellte Bohrkerne wurden im Institut für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes untersucht. Wegen der Einzelheiten der Untersuchungsmethode wird auf Bl. 17 d.A. Bezug genommen. Die qualitative gaschromatographische Bestimmung ergab einen Tetrahydrocannabinol-Gehalt von 15 %, was, bezogen auf die Gesamtmenge des Asservats eine Menge von 12 g Tetrahydrocannabinol ergab (Bl. 16 f. d.A.).

Seitens des Verteidigers des Angeschuldigten wurde mit Schriftsatz vom 05.05.2015 beantragt, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Durchsuchung offensichtlich rechtswidrig gewesen sei. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf den Schriftsatz Bl. 36 f. d.A. Bezug genommen.

Seitens der Staatsanwaltschaft Zweibrücken wurde hierzu unter dem 26.05.2015 Stellung genommen. Hierbei wurde ausgeführt, dass die Durchsuchung im Ausgangsverfahren nicht rechtswidrig gewesen sei und im Übrigen, die Rechtswidrigkeit unterstellt, bei einer aufgrund richterlichen Beschlusses durchgeführten Durchsuchung offensichtlich kein Beweisverwertungsverbot vorliege.

Zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft wurde seitens der Verteidigung mit Schriftsatz vom 01.06.2015 (Bl. 41 d.A.) nochmals Stellung genommen.

II.

1. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Zweibrücken war aus tatsächlichen Gründen nicht zuzulassen, da es an einem hinreichenden Tatverdacht bezüglich der dem Angeschuldigten vorgeworfenen Tat fehlt. Sofern sich die Anklage auf die im Rahmen der Durchsuchung beim Angeschuldigten gewonnenen Erkenntnisse bzw. die von diesem in diesem Zusammenhang getätigten Äußerungen stützt, liegt ein Beweisverwertungsverbot vor, das, da keine sonstigen Beweismittel vorhanden sind, die einen Tatnachweis zu führen geeignet sind, dazu führt, dass vorliegend kein hinreichender Tatverdacht besteht.

1.1. Der durch das Amtsgericht Zweibrücken am 29.10.2014 (1 Gs 1173/14) erlassene Durchsuchungsbeschluss ist in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtswidrig.

a) Gemäß § 103 Abs. 1 S. 1 StPO ist die Durchsuchung bei Nichtbeschuldigten – abgesehen von anderen, hier nicht relevanten Zwecken – nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Vorliegend lagen keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die in dem gegen den … K. geführten Ermittlungsverfahren (4106 Js 11949/14) in Rede stehende „vollautomatische Schusswaffe“ in dem vom vorliegend Angeschuldigten bewohnten Anwesen bzw. dem von diesem bewohnten Zimmer befindet. Der im Ausgangsverfahren 4106 Js 11949/14 vernommene Zeuge … S. gab im Rahmen seiner Vernehmung zwar an, dass der zum damaligen Zeitpunkt Beschuldigte … K. ihm, dem Zeugen, gegenüber geäußert habe, dass er die in Rede stehende „vollautomatische Schusswaffe“ in der Scheune auf dem Anwesen seiner Mutter in … gelagert habe. Es kann dahinstehen, ob es sich bei der diesbezüglichen Schilderung des Zeugen S., der nach eigener Aussage den Wahrheitsgehalt der Aussage nicht beurteilen konnte, das Anwesen … Straße … in … betreffend um „Tatsachen“ im Sinne von § 103 Abs. 1 S. 1 StPO handelt.

Dies gilt jedenfalls nicht hinsichtlich des Anwesens … Straße … in …. Insofern rechtfertigt – anders als im Fall des § 102 StPO für die Durchsuchung beim Tatverdächtigen – allein die allgemeine Aussicht, irgendwelche relevanten Beweismittel zu finden, die erheblich in Rechte des unbeteiligten Dritten eingreifende Maßnahme nicht, so dass im Rahmen der Durchsuchungsanordnung vorausgesetzt ist, dass hinreichend individualisierte Beweismittel gesucht werden und bestimmte Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich die Sache in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten befindet (vgl. BGH, Beschluss vom 09.04.2009 – StB 6/09, zitiert nach juris, Rdnr. 7; BGH, Beschluss vom 21.11.2001 – StB 20/01, zitiert nach juris, Rdnr. 4). Zumindest Letzteres ist nicht der Fall.

Insofern gilt auch hier, dass notwendiger und grundsätzlich auch hinreichender Eingriffsanlass für Zwangsmaßnahmen in Strafverfahren der Verdacht einer Straftat ist, der auf konkreten Tatsachen beruhen muss, so dass vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen nicht ausreichend sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.04.2003 – 2 BvR 358/03, zitiert nach juris, Rdnr. 17; BVerfG, BVerfG, Beschluss vom 13.11.2005 – 2 BvR 728/05, 2 BvR 758/05, zitiert nach juris, Rdnr. 23; Beschluss vom 03.07.2006 – 2 BvR 299/06, zitiert nach juris, Rdnr. 23). Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende, plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen, so dass ihr Ergebnis bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.11.2005 – 2 BvR 728/05, 2 BvR 758/05, zitiert nach juris, Rdnr. 23).

Ein Eingriff in die Rechte eines Nichtverdächtigen gemäß § 103 StPO ist aber nur unter engeren Voraussetzungen zulässig als eine Durchsuchung beim Verdächtigen nach § 102 StPO. Ist eine Person einer Straftat verdächtig, so ist es bereits nach der Lebenserfahrung in gewissem Grade wahrscheinlich, dass bei dieser Person Beweisgegenstände zu finden sind, die zur Prüfung der Verdachtsannahme beitragen können. Durch die Verknüpfung des personenbezogenen Tatverdachts mit einem eher abstrakten Auffindeverdacht wird ein ausreichender Eingriffsanlass geschaffen. Fehlt dagegen ein gegen den von der Durchsuchung Betroffenen selbst gerichteter Verdacht der Beteiligung an der Tat, dann muss der Eingriffsanlass hinsichtlich des Durchsuchungsziels näher konkretisiert sein, um die staatliche Inanspruchnahme des Betroffenen zu rechtfertigen. Insoweit müssen konkrete Gründe dafür sprechen, dass ein Beweisgegenstand bei dem Unverdächtigen gefunden werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.04.2003 – 2 BvR 358/03, zitiert nach juris, Rdnr. 21). § 103 Abs. 1 S. 1 StPO verlangt für die Suche nach Beweismitteln bei Dritten die Angabe von Tatsachen, aus denen zu schießen ist, dass sich die gesuchte Sache gerade in den zu durchsuchenden Räumen befindet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.07.2006 – 2 BvR 299/06, zitiert nach juris, Rdnr. 26).

Unabhängig davon, ob bereits nach der Aussage des Zeugen S. ein – wie auch immer gearteter – Verdacht hinsichtlich einer vom vormals Beschuldigten K. begangenen Straftat bestand, ergibt sich aus dieser jedenfalls kein für eine Anordnung nach § 103 StPO hinreichender Verdacht.

Hier lagen keine hinreichenden Verdachtsgründe vor, die die Anordnung der Durchsuchung beim Nichtbeschuldigten gerechtfertigt hätten, vielmehr – wenn überhaupt – allenfalls die bloße Vermutung des Zeugen S.. Der Zeuge S. äußerte sich diesbezüglich lediglich ganz allgemein dazu, dass sich die Waffe im Anwesen des Schwagers des vormals Beschuldigten K. befinden und es sich somit um einen möglichen Aufbewahrungsort handeln könnte. Anhaltspunkte, die tatsächlich dafür sprechen konnten, dass sich die Waffe dort befindet, lagen nicht vor. Insofern ist erst recht nicht ersichtlich, warum sich die Waffe im Zimmer des Neffen des K. befinden sollte. Gründe hierfür, wie beispielsweise eine besondere Nähebeziehung dieser beiden Personen zueinander oder ein Interesse des Angeschuldigten an Waffen, ergeben sich aus der Akte nicht. Der Zeuge S. berichtete ausweislich des vorliegenden Vernehmungsprotokolls in keiner Weise über tatsächliche Anhaltspunkte, die den für eine Durchsuchung beim Nichtbeschuldigten hinreichenden Tatverdacht hätten ergeben können. Vielmehr äußerte er lediglich die – allgemeine – Möglichkeit, dass sich die Schusswaffe auch in dem vom Angeschuldigten bewohnten Anwesen in der … Straße … in … befinden könne, weil der vormals Beschuldigte K. außer seiner Mutter „nur noch seinen Schwager“, den Vater des vorliegend Angeschuldigten, habe. Dass sich die Waffe – bezüglich derer der Zeuge S. weitergehend äußerte, dass er den Wahrheitsgehalt der Aussage des Beschuldigten K. diesbezüglich nicht genau einordnen könne – somit in dem Anwesen … Straße … in … befinden könnte, wurde somit gerade nicht durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt. Hinzu kommt, dass auch noch weitere Verwahrmöglichkeiten – wie beispielsweise das Aufbewahren bei den vom vormals Beschuldigten K. bereits rechtmäßig besessenen Waffen (vgl. Bl. 8 ff. d.A. 4106 Js 11949/14) oder das Vergraben oder Lagern in einem Lagerhaus oder Schließfach – in Betracht kamen. Die zum Zeitpunkt der Durchsuchung vorliegenden Erkenntnisse rechtfertigten jedenfalls nicht die Erwartung, dass sich im Anwesen des Schwagers des vormals Beschuldigten K. eine „vollautomatische Schusswaffe“ befindet, was dann erst recht für das Zimmer des Angeschuldigten bzw. dessen Schreibtisch gilt.

b) Hinzu kommt, dass die angeordnete Durchsuchung auch nicht verhältnismäßig war, wobei die Unverhältnismäßigkeit der Anordnung einer Durchsuchung auch die Vornahme der Maßnahme selbst erfasst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.11.2005 – 2 BvR 728/05, 2 BvR 758/05, zitiert nach juris, Rdnr. 29).

Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Dies galt vorliegend zunächst hinsichtlich des vom Schwager des vormalig Beschuldigten K. bewohnten Anwesens aber auch hinsichtlich des vom vorliegend Angeschuldigten bewohnten Zimmers (vgl. BVerfG, Urteil vom 03.03.2004 – 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99, zitiert nach juris, Rdnrn. 107, 124, 148, 167; BVerfG, Beschluss vom 02.07.2009 – 2 BvR 2225/08, zitiert nach juris, Rdnr. 19) in diesem Anwesen. Durch die Unverletzlichkeit der Wohnung wird dem Einzelnen zur freien Entfaltung der Persönlichkeit ein elementarer Lebensraum gewährleistet. In seinen Wohnräumen hat er das Recht, in Ruhe gelassen zu werden. In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.04.2003 – 2 BvR 358/03, zitiert nach juris, Rdnr. 14; BVerfG, Beschluss vom 09.02.2005 – 2 BvR 984/04, 2 BvR 1018/04, 2 BvR 1030/04, zitiert nach juris, Rdnr. 29; BVerfG, Beschluss vom 13.11.2005 – 2 BvR 728/05, 2 BvR 758/05, zitiert nach juris, Rdnr. 22; BVerfG, Urteil vom 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04, zitiert nach juris, Rn. 116; BVerfG, Beschluss vom 03.07.2006 – 2 BvR 299/06, zitiert nach juris, Rdnr. 21). Aufgrund der Erheblichkeit des Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre eines Betroffenen bedarf somit die Durchsuchung einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie muss daher hinsichtlich des bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zwecks erfolgversprechend sein und – neben weiteren Voraussetzungen – insbesondere in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Straftat aber auch der Stärke des Tatverdachts stehen und im Hinblick auf den bei der Anordnung verfolgten Zweck vor allem erfolgversprechend sein, wobei es grundsätzlich Sache der ermittelnden Behörden ist, über die Zweckmäßigkeit und die Reihenfolge vorzunehmender Ermittlungshandlungen zu befinden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.04.2005 – 2 BvR 1027/02, zitiert nach juris, Rdnr. 121; BVerfG, Beschluss vom 13.11.2005 – 2 BvR 728/05, 2 BvR 758/05, zitiert nach juris, Rdnr. 24; BVerfG, Urteil vom 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04, zitiert nach juris, Rn. 118 f.). Ein Grundrechtseingriff ist aber jedenfalls dann unverhältnismäßig, wenn naheliegende grundrechtsschonende Ermittlungsmaßnahmen ohne greifbare Gründe unterbleiben oder zurückgestellt werden und die vorgenommenen Maßnahmen außer Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des in diesem Verfahrensabschnitt vorliegenden Tatverdachts stehen. Hierbei ist auch der Grad des auf verfahrenserhebliche Information bezogenen Auffindeverdachtes zu bewerten, so dass im Einzelfall insbesondere die Vagheit des Auffindeverdachts der Maßnahme entgegenstehen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.11.2005 – 2 BvR 728/05, 2 BvR 758/05, zitiert nach juris, Rdnr. 24; BVerfG, Beschluss vom 12.04.2005 – 2 BvR 1027/02, zitiert nach juris, Rdnr. 121; BVerfG, Urteil vom 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04, zitiert nach juris, Rn. 119; BVerfG, Beschluss vom 03.07.2006 – 2 BvR 299/06, zitiert nach juris, Rdnr. 24). Hierbei ist zusätzlich zu beachten, dass die Durchsuchung bei einem Nichtbeschuldigten, der – wie hier – durch sein Verhalten auch aus Sicht der Ermittlungsbehörden in keiner Weise Anlass zu dem Ermittlungsverfahren (hier das Ausgangsverfahren 4106 Js 11949/14) gegeben hat, erhöhte Anforderungen an die Prüfung der Verhältnismäßigkeit zu stellen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.07.2006 – 2 BvR 299/06, zitiert nach juris, Rdnr. 29).

Es kann dahinstehen, ob das im gegen den vormals Beschuldigten K. geführten Ermittlungsverfahren nach Auffassung der Staatsanwaltschaft in Rede stehende Fahrlässigkeitsdelikt eine „schwere Straftat“ i.d.S. sein kann. Denn unabhängig hiervon waren unter Zugrundelegung der vorstehend beschriebenen Maßstäbe, die Voraussetzungen zur Anordnung einer Durchsuchung beim nichtbeschuldigten Dritten im Sinne von § 103 StPO vorliegend zu verneinen.

Einerseits verfügte der Beschuldigte K. zwar über (legale) Waffen, so dass die Annahme, er könnte sich eine weitere Waffe beschafft haben, nicht sehr fern lag. Andererseits war der diesbezügliche Besitz waffenrechtlich einwandfrei, so dass insofern auch nicht ohne Weiteres – insbesondere im Hinblick auf die Folgen für den waffenrechtlich genehmigten Besitz – davon ausgegangen werden konnte, dass er sich auf illegalem Wege eine weitere Waffe verschaffte.

Zudem stand, wie bereits ausgeführt, die Anordnung der Durchsuchung mit Rücksicht auf die Schwäche des „Tatverdachts“ und die zudem geringe Auffindewahrscheinlichkeit einer vollautomatischen Schusswaffe im Zimmer bzw. Schreibtisch des Neffen des ehemals Beschuldigten K. außer Verhältnis zur Schwere des damit verbundenen Grundrechtseingriffs. Hierbei wird nicht verkannt, dass es sich bei dem verbotenen Besitz einer „vollautomatischen Schusswaffe“ gerade in Zeiten sich wiederholender terroristischer Anschläge um ein Delikt handelt, auf das die Gesellschaft zu Recht sehr sensibel reagiert. Gleichwohl kann allein dieser Aspekt nicht zur Aufweichung rechtstaatlicher Grundsätze führen, zumal auch noch weitere Ermittlungsansätze, wie beispielsweise eine – wenn auch personalintensive – Überwachung des Beschuldigten K. – insbesondere und gerade nach einer Ansprache durch die Polizei und einer bei diesem erfolgten Durchsuchung – in Betracht kamen und die Staatsanwaltschaft lediglich von einem Fahrlässigkeitsdelikt ausging.

c) Es kann insofern dahingestellt bleiben, ob die Bezeichnung „vollautomatische Schusswaffe“ im Beschluss vom 29.10.2014 allein oder in Verbindung mit den weiteren vom Zeugen S. beschriebenen – im Durchsuchungsbeschluss jedoch nicht aufgeführten – Merkmalen, dass diese „klein“ sei und über eine „ausfahrbare Schulterstütze“ verfüge und sich in einem „silbernen Koffer“ befinde, das aufzufindende Beweismittel noch hinreichend individualisiert, wobei jedoch nicht erforderlich ist, dass die aufzufindenden Beweismittel in allen Einzelheiten bezeichnet werden, sondern insofern ausreichend aber auch erforderlich ist, dass sie zumindest ihrer Gattung nach bestimmt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15.10.1999 – StB 9/99, zitiert nach juris, Rdnr. 13; BGH, Beschluss vom 21.11.2001 – StB 20/01, zitiert nach juris, Rdnr. 4).

1.2. Die aufgrund des rechtswidrigen Durchsuchungsbeschlusses gewonnenen Beweise unterliegen in vorliegendem Fall einem Verwertungsverbot.

Grundsätzlich gilt, dass wenn im Rahmen einer materiell-rechtswidrigen Durchsuchung belastende Erkenntnisse gewonnen werden, dies nicht zwangsläufig zu deren Unverwertbarkeit führt. Es besteht kein Rechtssatz des Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig wäre, vielmehr ist die Frage, ob im jeweils konkreten Fall von einem Beweisverwertungsverbot auszugehen ist, nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.02.2011 – 2 BvR 1596/10, 2 BvR 2346/10, zitiert nach juris, Rdnr. 10; BVerfG, Beschluss vom 02.07.2009 – 2 BvR 2225/08, zitiert nach juris, Rdnr. 15; BVerfG, Beschluss vom 28.07.2008 – 2 BvR 784/08, zitiert nach juris, Rdnr. 9; BGH, Urteil vom 11.11.1998 – 3 StR 181/98, zitiert nach juris, Rdnr. 10). Auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf Wahrheitserforschung „um jeden Preis“ gerichtet ist, schränkt die Annahme eines Verwertungsverbots eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts ein, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Das Rechtsstaatsprinzip gestattet und verlangt die Berücksichtigung der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden kann. Der Rechtsstaat kann sich nur verwirklichen, wenn ausreichende Vorkehrungen dafür getroffen sind, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden. Daran gemessen bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.02.2011 – 2 BvR 1596/10, 2 BvR 2346/10, zitiert nach juris, Rdnr. 10; BVerfG, Beschluss vom 02.07.2009 – 2 BvR 2225/08, zitiert nach juris, Rdnr. 16; BGH, Urteil vom 11.11.1998 – 3 StR 181/98, zitiert nach juris, Rdnr. 10).

Soweit ersichtlich hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung in diesem Zusammenhang bisher nur zu einem solchen Fall geäußert, in dem es bei einer Durchsuchung beim Unverdächtigen gemäß § 103 StPO zu einem den Beschuldigten und nicht einen Dritten belastenden Zufallsfund im Sinne von § 108 StPO kam (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.11.2005 – 2 BvR 728/05, 2 BvR 758/05 i.V.m. BVerfG, Beschluss vom 02.07.2009 – 2 BvR 2225/08).

Bei der Frage, ob von einem Beweisverwertungsverbot wegen Mängeln der Durchsuchungsanordnung auszugehen ist, hat eine Abwägung des öffentlichen Interesses an einer effektiven Strafverfolgung und der Wahrheitsermittlung im Strafverfahren einerseits mit dem betroffenen Individualinteresse andererseits im jeweiligen Einzelfall zu erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.11.2001 – 2 BvR 2257/00; BVerfG, Beschluss vom 02.07.2009 – 2 BvR 2225/08, zitiert nach juris, Rdnr. 17; BGH, Urteil vom 11.11.1998 – 3 StR 181/98, zitiert nach juris, Rdnr. 10). Ein Beweisverwertungsverbot ist grundsätzlich nur dann Folge einer fehlerhaften Durchsuchung, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich begangen wurden (BVerfG, Beschluss vom 02.07.2009 – 2 BvR 2225/08, zitiert nach juris, Rdnr. 17; BVerfG, Beschluss vom 12.04.2005 – 2 BvR 1027/02, zitiert nach juris, Rdnr. 135; BVerfG, Beschluss vom 16.03.2006 – 2 BvR 954/02, zitiert nach juris, Rdnr. 27).

Vorliegend sind keine Anhaltspunkte für einen bewussten oder willkürlichen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften ersichtlich. Vielmehr ist im Hinblick auf den durch die Staatsanwaltschaft Zweibrücken gestellten Antrag bei der Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Zweibrücken mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Durchsuchungsbeschluss formell ordnungsgemäß ergangen ist.

Unabhängig hiervon würde das Fehlen der materiellen Voraussetzung des § 103 Abs. 1 S. 1 StPO als materieller Mangel der Anordnung und die Unverhältnismäßigkeit der Anordnung über etwaige – hier nicht erkennbare – formale Fehler eines Durchsuchungsbeschlusses hinausgehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.07.2009 – 2 BvR 2225/08, zitiert nach juris, Rdnr. 20).

Im Falle von Durchsuchungen bei unbeteiligten Dritten ist der Schutz der Privatsphäre und somit ein verfassungsrechtlich geschützter Bereich betroffen. So gesehen kommt Verstößen bei Durchsuchungen nach § 103 StPO besonderes Gewicht zu, das es grundsätzlich nahe legt, ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen, wenn die Durchsuchung – wovon hier, wie bereits ausgeführt, nicht auszugehen ist – formell rechtswidrig, also beispielsweise ohne richterliche Anordnung, durchgeführt wurde. Wenn nun jedoch bereits ein – hier nicht vorliegender – formeller Verstoß dazu führen kann, dass es zu einem Beweisverwertungsverbot kommt, muss dies erst recht auch dann gelten, wenn bereits die materiellen Voraussetzungen zur Anordnung einer Durchsuchung beim Nichtbeschuldigten nicht gegeben waren.

Vorliegend verhält es sich so, dass einerseits bereits die materiellen Voraussetzungen zur Anordnung der Durchsuchung gemäß § 103 StPO beim Nichtbeschuldigten im Hinblick auf das gegen den vormals Beschuldigten K. geführte Ermittlungsverfahren nicht vorlagen. Hinzu kommt, dass selbst wenn die materiellen Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 S. 1 StPO das Anwesen …Straße … in … betreffend vorgelegen hätten, die Auffindewahrscheinlichkeit der damals in Rede stehenden „vollautomatischen Schusswaffe“ in einer Schreibtischschublade im vom Neffen des vormals Beschuldigten K. bewohnten Zimmer bei lebensnaher Betrachtung, wenn auch nicht ausgeschlossen, aber doch mehr als gering gewesen wäre. Zwar ist es in der Lebenswirklichkeit mitunter anzutreffen, dass völlig unwahrscheinliche Annahmen sich als zutreffend erweisen, gleichwohl kann dies im Rahmen der Beurteilung einer Anordnung einer Durchsuchung beim Nichtbeschuldigten nicht der maßgebliche Beurteilungsmaßstab sein, da dann nahezu jede Durchsuchungsanordnung gerechtfertigt werden könnte. Weiter ist vorliegend bei der durchzuführenden Abwägung zu berücksichtigen, dass der Angeschuldigte mit dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität zuzurechnenden Straftaten bisher noch nicht in Erscheinung getreten ist. Aus der Ermittlungsakte ergeben sich insofern auch keine Anhaltspunkte, die den Angeschuldigten mit derartigen Straftaten oder gar weitergehend mit Betäubungsmitteln „im Allgemeinen“ in Verbindung bringen, so dass auch vor diesem Hintergrund schon kein eine Durchsuchung nach § 102 StPO rechtfertigender Verdacht vorgelegen hätte. Vielmehr enthält der Bundeszentralregisterauszug vom 05.01.2015 lediglich einen Eintrag, wonach durch die Staatsanwaltschaft Zweibrücken am 15.01.2008 in einem Verfahren wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache (4372 Js 302/08) von der Verfolgung nach § 45 Abs. 1 JGG abgesehen wurde. Auch die im Zimmer im Rahmen des Vollzugs des Durchsuchungsbeschlusses aufgefunden „Rauchutensilien“ ändern – ungeachtet deren Einordnung – hieran nichts.

Bei Abwägung der vorstehend beschriebenen Interessen ist daher auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass vorliegend die Verwirklichung eines Verbrechenstatbestandes nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG im Raum steht, an dessen Verfolgung die Öffentlichkeit ein besonderes Interesse hat, von einem Verwertungsverbot der beim Angeschuldigten aufgefundenen Beweismittel auszugehen.

Gleiches muss konsequenterweise auch für die durch den Angeschuldigten nach dem Auffinden gegenüber den eingesetzten Polizeibeamten getätigten – „geständigen“ – Äußerungen gelten.

Da somit keine weiteren den Angeschuldigten belastenden Umstände vorliegen, fehlt es an einem hinreichenden Tatverdacht, sodass die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abzulehnen war.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.

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