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Wiedereinsetzung im Strafverfahren – Nichterscheinen zur Berufungshauptverhandlung

KG Berlin, Az.: 4 Ws 114/14 – 141 AR 572/14, Beschluss vom 10.11.2014

1. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 7. Oktober 2014 wird aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet verworfen.

Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten zu Recht als unzulässig verworfen. Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner abweichenden Einschätzung.

Die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages nach § 45Abs. 1, 2 Satz 1 StPO erfordert, dass der Angeklagte umfassend einen Sachverhalt vorträgt und glaubhaft macht, der ein Verschulden an seiner Säumnis ausschließen soll (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Januar 2014 – 4 Ws 1/14 –; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 57. Aufl., § 45 Rn. 5, 6; jeweils mwN). Dazu sind dem Gericht die für die Frage der Entschuldigung maßgeblichen Tatsachen so vollständig und genau mitzuteilen, dass es allein aufgrund dieser Ausführungen beurteilen kann, wie und gegebenenfalls durch welche Umstände es zu der Versäumung der Hauptverhandlung gekommen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 27. April 2012 – 4 Ws 19/12 – mwN). Eine Erkrankung kann das Ausbleiben des Angeklagten nur dann entschuldigen, wenn sie nach ihrer Art und ihren Auswirkungen, insbesondere nach dem Umfang der von ihr ausgehenden konkreten körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen, eine Beteiligung an einer Hauptverhandlung unzumutbar macht. Die hierfür maßgeblichen Tatsachen sind mit dem Wiedereinsetzungsantrag vollständig mitzuteilen (st. Rspr. des Senats, vgl. die Beschlüsse vom 6. Februar 2014 – 4 Ws 13/14 – und 31. August 2009 – 4 Ws 98/09 –; jeweils mwN). Anders als bei der Verwerfung der Berufung nach § 329 Abs. 1 StPO trifft das Gericht im Wiedereinsetzungsverfahren keine Aufklärungspflicht. Es liegt vielmehr allein bei dem Angeklagten, die zur Entscheidung erforderlichen Tatsachen mitzuteilen und durch geeignete Mittel der Glaubhaftmachung zu belegen (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Juni 2012 – 4 Ws 50/12 – mwN).

Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags hat der Angeklagte lediglich vorgetragen, dass er an der Hauptverhandlung vom 22. September 2014 aus Krankheitsgründen nicht habe teilnehmen können, da er unter sehr starken Angst- und Traurigkeitsgefühlen leide. Er sei arbeits-, haft- und prozessunfähig sowie emotional schwer verletzt. Diese pauschalen Behauptungen genügen den aufgezeigten Anforderungen nicht. Zwar dürfen die Anforderungen an ein Wiedereinsetzungsvorbringen nicht überspannt werden (vgl. BerlVerfGH, Beschluss vom 7. Juni 2011 – 78/08, 108/08 – mwN [juris]). Dieser Grundsatz lässt indessen nicht das Erfordernis entfallen, konkret zu dem Hinderungsgrund vorzutragen, um es dem Gericht zu ermöglichen, eine genaue Vorstellung von den etwaigen Beeinträchtigungen zu entwickeln und zu prüfen, ob dem Angeklagten ein Erscheinen in der Berufungshauptverhandlung unzumutbar gewesen ist. Um ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden auszuschließen, hätte der Angeklagte vielmehr die wesentlichen Einzelheiten seiner krankheitsbedingten Beeinträchtigungen mitteilen sowie Art und Ausmaß seiner gesundheitlichen Beschwerden erläutern müssen. Dieser Darlegungslast, die keine unzumutbaren Anforderungen an ihn stellt, ist er nicht nachgekommen. Seine nicht weiter ausgeführte Behauptung, er sei „prozessunfähig“ gewesen, stellt lediglich eine Wertung dar, die das konkrete Tatsachenvorbringen zu der Dauer und den Auswirkungen der behaupteten Erkrankung nicht ersetzt.

Zudem hätte der Angeklagte seinen Vortrag anhand entsprechender ärztlicher Zeugnisse glaubhaft machen müssen. Das von ihm mit der sofortigen Beschwerde zu den Akten gereichte Schreiben des Jobcenters vom 1. Oktober 2014, mit dem ihm für die Mitteilung des aktuellen Stands seiner Bemühungen um eine geeignete Psychotherapie gedankt wird, war zur Glaubhaftmachung nicht geeignet. Gleiches gilt für den kurativen Überweisungsschein der Ärztin XXX wegen einer Psychotherapie vom 15. Januar 2014, dem keine Aussage zum Gesundheitszustand des Angeklagten am Tag der Berufungshauptverhandlung zu entnehmen ist. Die eigene Erklärung des Angeklagten stellt kein taugliches Mittel der Glaubhaftmachung dar (vgl. Senat, Beschluss vom 2. März 2010 – 4 Ws 24/10 –; Meyer-Goßner/Schmitt aaO, § 45 Rn. 9 mwN).

2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

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