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Vortäuschen einer Straftat – tatbestandliche Voraussetzungen

OLG Bamberg – Az.: 2 OLG 120 Ss 119/17 – Beschluss vom 29.03.2018

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts vom 8. August 2017 aufgehoben,

II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

I.

Mit Urteil des Amtsgerichts vom 19.01.2017 wurde der Angeklagte wegen Vortäuschens einer Straftat zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 60,00 € verurteilt. Die hiergegen eingelegten Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht mit Urteil vom 08.08.2017 verworfen. Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft hat unter dem 06.03.2018 beantragt, die Revision als unbegründet zu verwerfen. Die Gegenerklärung der Verteidigung mit Schriftsatz vom 23.03.2018 lag dem Senat vor.

II.

Die statthafte und auch sonst zulässige Revision des Angeklagten hat bereits mit der Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, weil das vom Landgericht festgestellte Verhalten des Angeklagten den Straftatbestand des § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht erfüllt und das Landgericht es unterlassen hat, zu prüfen, ob eine Verurteilung des Angeklagten wegen unbefugten Führens der Berufsbezeichnung Rechtsanwalt nach § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB zu erfolgen hat. Auf die zudem erhobenen Verfahrensrügen kommt es daher nicht mehr an.

1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts tragen die zum Tatgeschehen getroffenen Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Vortäuschens einer Straftat nach § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts erstattete der Angeklagte am 17.12.2015 auf der Dienststelle der Polizeiinspektion V. gegenüber Polizeihauptkommissar T. wider besseres Wissen dahingehend Anzeige, dass ihm sein Smartphone, HTC One M8‘ im Wert von ca. 600 € am 05.12.2015 gegen 5.00 Uhr in der Straßenbahn auf dem Weg von der Haltestelle O-Straße zur Haltestelle K-Weg in V. gestohlen worden sei. Tatsächlich war das Smartphone nicht wie von ihm angegeben entwendet worden, sondern er hatte dieses bereits am 13.11.2015 im Raucherbereich der Räumlichkeiten eines Stripclubs in der Q-Straße in V. verloren. Noch am selben Tag hatte es dort die deswegen bereits rechtskräftig verurteilte A. aufgefunden, unberechtigt an sich genommen und in der Folgezeit benutzt. Da der Angeklagte selbst in der Hauptverhandlung angegeben hatte, eine Ortung seines Handys vorgenommen und daraufhin in dem Club in der Q-Straße, der letzten angezeigten Örtlichkeit, nachgefragt zu haben, ging das Landgericht davon aus, dass der Angeklagte wusste, dass seine am 17.12.2015 bei der Polizei getätigten Angaben über Zeit, Ort und Umstände des Abhandenkommens des Handys unzutreffend waren. Das Landgericht hat seine Überzeugungsbildung im Wesentlichen auf den Inhalt der von dem Angeklagten selbst gelesenen, genehmigten und unterzeichneten polizeilichen Vernehmung vom 17.12.2015 gestützt, zu welcher der aufnehmende Polizeibeamte als Zeuge angegeben hatte, er habe nur aufgenommen, „was der Angeklagte ihm gesagt habe. Wenn der Angeklagte ihm gesagt hätte, er könne nicht ausschließen, dass er es verloren habe, hätte er erst eine Verlustanzeige aufgenommen. Das sei nur ein einziges Formblatt und mache weniger Arbeit. Auch bei einer Verlustanzeige hätte er über Google nach dem Handy ermittelt. Der Angeklagte habe aber ganz konkret gesagt, es sei gestohlen worden. Er selbst habe die Frage gestellt, ob er sich sicher sei, dass er es nicht verloren habe; wenn der Angeklagte gesagt hätte, er könne ein Verlieren nicht ausschließen, hätte er eine Verlustanzeige aufgenommen, weil das weniger Arbeit mache“. Zu den von ihm aufgrund der Strafanzeige des Angeklagten veranlassten Ermittlungen hatte der Zeuge angegeben, „er habe dann Ermittlungen bei Google gemacht; dabei sei eine Frau im Hessischen herausgekommen, die das Handy schon Wochen vorher genutzt habe. Er habe dann einen Durchsuchungsbeschluss beantragt, weil er sich gedacht habe, das sei die einfachste Art, das Handy wieder zu bekommen. Dieser sei aber abgelehnt worden; er wisse nicht warum; es habe ihn auch gewundert. Er habe die Frau dann vernehmen lassen; die habe es zugegeben und habe gesagt, sie habe das Handy gefunden. Sie habe das Handy bei der Vernehmung abgegeben“.

b) Das festgestellte Verhalten des Angeklagten erfüllt nicht den Straftatbestand des Vortäuschens einer Straftat nach § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB.

aa) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Vorschrift des § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB zwei Fallgruppen erfasst. So macht sich nicht nur strafbar, wer eine frei erfundene, in Wirklichkeit nicht begangene Straftat behauptet und die Täuschung hierüber geeignet ist, unnützerweise staatliches Einschreiten auszulösen, sondern auch, wer eine tatsächlich begangene Tat derart abweichend darstellt, dass sie durch die Anzeige ein im Kern anderes Gepräge erhält. Bei dem Straftatbestand des Vortäuschens einer Straftat nach § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, mit dem die zur Strafverfolgung berufenen Behörden vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme und vor Veranlassung zu unnützen Maßnahmen geschützt werden sollen (BGH NStZ 2015, 514; vgl. auch Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben StGB 29. Aufl. § 145d Rn. 1 und Fischer StGB 65. Aufl. § 145d Rn. 2 m.w.N.).

bb) Wann im Einzelnen davon auszugehen ist, dass durch ein Weglassen oder Hinzudichten von Tatumständen eine tatsächlich begangene Tat in ihrem Charakter völlig verändert wird, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beurteilt. Während es im Wesentlichen unstreitig ist, dass eine Strafbarkeit nach § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB jedenfalls dann ausscheidet, wenn eine wirklich begangene Tat bloß übertrieben oder in einzelnen Modalitäten wie Tatort oder Tatzeit falsch dargestellt wird (LK/Ruß StGB 12. Aufl. § 145d Rn. 11 f. m.w.N.), lassen Rechtsprechung und Schrifttum jedenfalls für jene Fallgestaltungen allgemein gültige Kriterien vermissen, bei denen es sich nicht lediglich um bloße Übertreibungen oder Vergröberungen des Sachverhalts handelt. Nach der Rechtsprechung ist eine Charakterveränderung im Wesentlichen dann in Betracht zu ziehen, wenn die begangene Tat gegenüber der vorgetäuschten nicht ins Gewicht fällt und dadurch das Geschehen aufgrund der Täuschung ein völlig anderes Gepräge erhält (BayObLG NJW 1988, 83; OLG Hamm NJW 1971,1324) oder durch die Täuschung aus einem Antrags- bzw. Privatklagedelikt ein Offizialdelikt oder aus einem Vergehen ein Verbrechen wird (OLG Karlsruhe MDR 1992, 1166). Weitgehende Übereinstimmung besteht darin, dass eine Gesamtbetrachtung der Umstände der Tat stattzufinden hat und Ausgangspunkt einer Abgrenzung das geschützte Rechtsgut des § 145d StGB sein muss. Maßgeblich ist daher nach dem Strafzweck darauf abzustellen, ob der Umfang der erforderlichen Maßnahmen hinsichtlich des vorgetäuschten Deliktes über den zur Aufklärung notwendigen Ermittlungsbedarf hinsichtlich des tatsächlichen Deliktes wesentlich hinausgeht, wobei es insoweit auf den Zeitpunkt der Vortäuschung ankommt. Ist dies nicht der Fall, so ist entweder schon der objektive Tatbestand des § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht erfüllt oder aber die subjektive Tatseite zu verneinen, wenn der Täter ebenfalls von keiner erheblichen Ausweitung der Ermittlungsarbeit ausgehen konnte (OLG Karlsruhe a.a.O. S. 1167). Nach Ansicht des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.2015 – 1 StR 337/14 = NStZ 2015, 514 = StraFo 2015, 299 = NZWiSt 2015, 427 = MMR 2015, 800 = StV 2016, 158) ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls entscheidend, ob die für die angezeigte Tat scheinbar notwendigen und die tatsächlich erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen im Zusammenhang stehen oder erstere sich letztlich als unnütz erweisen.

cc) Nach diesen Maßstäben kann der Senat der rechtlichen Bewertung des Landgerichts, wonach sich der Angeklagte wegen Vortäuschens einer Straftat nach § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht hat, nicht folgen. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass der von dem Angeklagten am 17.12.2015 angezeigte Diebstahl seines Handys weder zum angegebenen Zeitpunkt noch am angegebenen Ort noch überhaupt stattgefunden hatte. Es hat aber zugleich festgestellt, dass der Angeklagte das Handy am 13.11.2015 in dem Stripclub liegen gelassen hat, wo es von der gesondert Verfolgten A. aufgefunden, unberechtigt an sich genommen und in der Folgezeit benutzt wurde. Das in Verlust geratene Handy des Angeklagten war damit zwar nicht Gegenstand des angezeigten Diebstahls (§ 242 StGB), wohl aber einer drei Wochen zuvor erfolgten Fundunterschlagung (§ 246 StGB) einer zunächst unbekannten dritten Person. Zweifelsohne hat der Angeklagte damit einen nach Tatzeit, Tatort und Begehungsweise völlig anderen historischen Sachverhalt vorgetäuscht als tatsächlich geschehen, allerdings fehlt es an dem von der Rechtsprechung geforderten gravierenden Ungleichgewicht der beiden Taten, die sich immerhin auf dasselbe abhanden gekommene Tatobjekt beziehen und auch von ihrem Unrechtsgehalt nicht völlig unterschiedlich zu bewerten sind. Die inmitten stehenden Tatbestände sind nahe miteinander verwandt, das geschützte Rechtsgut ist dasselbe und der Täterwille ist durch eine gleich geartete, eigene Sachherrschaft erstrebende Missachtung fremden Eigentums gekennzeichnet (BGHSt 16, 184). Entscheidend kommt hinzu, dass sich weder aus den Angaben des ermittelnden Polizeibeamten noch aus den übrigen Feststellungen des angefochtenen Urteils ergibt noch sonst ersichtlich ist, dass die Ermittlungsbehörden vorliegend in erheblichem Maße wegen der vorgetäuschten Sachdarstellung zu unnötigen und aufwändigen (Mehr-) Ermittlungen veranlasst wurden. Insoweit hat der ermittelnde Polizeibeamte zwar angegeben, dass er zunächst lediglich eine Verlustanzeige aufgenommen hätte, wenn der Angeklagte ihm mitgeteilt hätte, dass er nicht ausschließen könne, dass er das Handy verloren habe, allerdings hätte er auch in diesem Fall – wie geschehen – über Google nach dem Handy ermittelt. Hätte der Angeklagte indes gegenüber dem Polizeibeamten die von ihm im Rahmen seiner Einlassung vor dem Landgericht geschilderten Bemühungen um die Wiedererlangung seines Handys in dem Stripclub in V. sowie seine hieraus gezogene Schlussfolgerung einer mutmaßlichen Unterschlagung bzw. eines Diebstahls des Handys geschildert, so wäre der Polizeibeamte ohnehin gehalten gewesen, eine Anzeige wegen des Verdachts der Unterschlagung bzw. des Diebstahls aufzunehmen, die damit im Wesentlichen denselben Ermittlungsaufwand ausgelöst hätte wie die wahrheitswidrige Anzeige des Angeklagten, zumal nicht ersichtlich ist, dass insoweit für die Ermittlung des unbekannten Täters der angegebene Tatort bzw. die angegebene Tatzeit von entscheidender Bedeutung waren. Zwar hat das Landgericht letztlich offen gelassen, ob es den Angaben des Angeklagten zu seinen Bemühungen um Wiedererlangung des abhanden gekommenen Handys Glauben schenkt. Darauf kommt es aber letztendlich nicht an. Denn selbst wenn der Angeklagte davon ausgegangen sein sollte, dass dem Abhandenkommen des Handys keine Straftat zugrunde liegt, so begründet die Erstattung der – bewusst falsche Angaben enthaltenden – Strafanzeige vom 17.12.2015 gleichwohl nicht seine Strafbarkeit. Ist nämlich die rechtswidrige Tat wie hier die Fundunterschlagung tatsächlich begangen worden, ohne dass der Täter dies gewusst oder geglaubt hat, so liegt nur ein (strafloser) untauglicher Versuch vor (NK/Kretschmer StGB 5. Aufl. § 145d Rn. 18 unter Hinweis auf LK/Ruß a.a.O. Rn. 22).

2. Soweit in den Gründen des angefochtenen Urteils mitgeteilt wird, dass sich der Angeklagte nach Angaben des ermittelnden Polizeibeamten im Rahmen der Anzeigenerstattung vom 17.12.2015 als Rechtsanwalt bezeichnet habe, sich im Übrigen aber aus der im Urteil niedergelegten Einlassung des Angeklagten ergibt, dass er die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft lediglich beantragt, aber noch nicht erhalten habe, ist das Landgericht seiner Kognitionspflicht (§ 264 Abs. 1 StPO) nicht nachgekommen, weil es das von der Anklage erfasste Gesamtgeschehen rechtsfehlerhaft nicht vollständig gewürdigt hat.

a) Die umfassende Kognitionspflicht des Tatgerichts gebietet es, die Anklage, wie sie im Eröffnungsbeschluss zugelassen ist, zu erschöpfen, also die den Untersuchungsgegenstand bildende angeklagte Tat restlos nach allen tatsächlichen (§ 244 Abs. 2 StPO) und denkbaren rechtlichen (§ 265 StPO) Gesichtspunkten aufzuklären und abzuurteilen, ohne Rücksicht auf die der Anklage und dem Eröffnungsbeschluss zugrunde gelegte rechtliche Bewertung (vgl. nur BGH, Urt. v. 16.11.2017 – 3 StR 83/17 = NStZ-RR 2018, 75; 08.11.2016 – 1 StR 492/15 = NStZ-RR 2017, 352 und 12.07.2016 – 1 StR 595/15 = StV 2017, 87 = wistra 2017, 66 = NStZ 2017, 167). Soweit danach im Zuge der Anzeigenerstattung vom 17.12.2015 eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB in Betracht zu ziehen ist, handelt es sich um ein und dieselbe Tat im prozessualen Sinne. Nach einhelliger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Tat als Gegenstand der Urteilsfindung der historische Vorgang, auf den Anklage und Eröffnungsbeschluss hinweisen, und innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Zur Tat im prozessualen Sinne gehört – unbeschadet der konkurrenzrechtlichen Einordnung als Tateinheit (§ 52 StGB) oder Tatmehrheit (§ 53 StGB) – das gesamte Verhalten des Täters, soweit es nach der Lebensauffassung einen einheitlichen Vorgang darstellt. Somit umfasst der Lebensvorgang, aus dem die zugelassene Anklage einen strafrechtlichen Vorwurf begründet, alle damit zusammenhängenden und darauf bezüglichen Vorkommnisse, selbst wenn diese Umstände in der Anklageschrift nicht ausdrücklich Erwähnung finden. Maßgeblich für die Beurteilung des Tatumfangs sind die Umstände des Einzelfalls. Entscheidend ist, ob zwischen den in Betracht kommenden Verhaltensweisen – unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung – ein enger sachlicher Zusammenhang besteht; ein zeitliches Zusammentreffen der einzelnen Handlungen ist dagegen weder erforderlich noch ausreichend (BGH, Urt. v. 26.01.2017 – 3 StR 482/16 [bei juris] m.w.N.).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass sämtliche Angaben des Angeklagten gegenüber dem Polizeibeamten anlässlich seiner Anzeigenerstattung vom 17.12.2015, also nicht nur seine Angaben zur angezeigten Tat selbst, sondern auch seine Angaben zu seinen eigenen persönlichen Verhältnissen einen einheitlichen Lebensvorgang umfassen und daher ein und dieselbe Tat im prozessualen Sinne bilden.

c) Sollte sich, was indes nicht näher mitgeteilt wird und was der mit der Überprüfung auf Grund der Sachrüge auf die Urteilsurkunde beschränkte Senat nicht feststellen kann, das in dem angefochtenen Urteil lediglich im Rahmen der Strafzumessung erwähnte weitere Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft V. wegen Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen auf diesen Tatvorwurf beziehen und im Hinblick auf das vorliegende Strafverfahren nach § 154a Abs. 1 StPO eingestellt worden sein, so hätte das Landgericht, um seiner Pflicht aus § 264 StPO zu genügen, grundsätzlich die ausgeschiedene Gesetzesverletzung wieder gemäß § 154a Abs. 3 StPO in das Verfahren einzubeziehen (vgl. BGH, Urt. v. 08.03.2017 – 5 StR 333/16 = BGHSt 62, 85 = NJW 2017, 1624 = NStZ 2017, 478 und 12.05.2016 – 4 StR 569/15 = BGHR StPO § 344 Abs 2 S 2 Inbegriff 2; BGHSt 22, 105; 32, 84; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 61. Aufl. § 154a Rn. 24 m.w.N.).

3. Dass der das Rechtsmittel der Revision führende Angeklagte durch die vorliegende Verletzung der Kognitionspflicht nicht beschwert ist, hinderte den Senat schließlich nicht, das angefochtene Urteil auch insoweit zu überprüfen. Aus dem Gebot umfassender sachlicher Prüfung hat die Rechtsprechung seit jeher die Befugnis abgeleitet, auf die Sachrüge den Schuldspruch auch zum Nachteil des Angeklagten zu ändern oder zu ergänzen. Damit hat sie ein Eingreifen in den Schuldspruch gerade nicht davon abhängig gemacht, ob der Angeklagte durch den Rechtsfehler beschwert ist. Im Rahmen seiner umfassenden Kognitionspflicht hat das Rechtsmittelgericht grundsätzlich den Schuldspruch zu erlassen, der dem materiellen Recht entspricht. Nichts anderes gilt im Falle einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht wegen eines rechtsfehlerhaften Schuldspruchs. Das Verschlechterungsverbot schützt den Angeklagten nur davor, dass das Urteil in Art und Höhe der Strafe zu seinem Nachteil geändert wird. Eine Veränderung bzw. ggf. auch eine Verschärfung im Schuldspruch muss er dagegen mit der Einlegung des Rechtsmittels in Kauf nehmen (BGHSt 37, 5; OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.11.2001 – 1 Ss 67/01 [bei juris]).

III.

Die aufgezeigten Rechtsfehler zwingen den Senat zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugehörigen Feststellungen (§§ 337, 349 Abs. 4, § 353 Abs. 1 und 2 StPO). Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts V. zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO). Diese wird auch über die Kosten der Revision zu befinden haben.

 

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