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Verbotenes Kraftfahrzeugrennen – schnelles Anfahren an Ampel

AG Düsseldorf – Az.: 127 Cs – 30 Js 592/18 – 812/18 – Urteil vom 27.03.2019

In dem Strafverfahren hat das Amtsgericht Düsseldorf aufgrund der Hauptverhandlung vom 27.03.2019, für Recht erkannt:

Der Angeklagte L wird auf Kosten der Staatskasse, der auch die notwendigen Auslagen auferlegt werden, freigesprochen.

Gründe

I.

Dem Angeklagten wurde in dem Strafbefehl des Amtsgerichts Düsseldorf vom 27.04.2018 vorgeworfen, im Straßenverkehr sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt zu haben, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.

Konkret wurde dem Angeklagten Folgendes zur Last gelegt:

Am Tattag gegen 17:30 Uhr habe er mit seinem PKW der Marke BMW, amtliches Kennzeichen X-XX XXXX, unter anderen die Tonhallenstraße befahren. Nachdem die Lichtzeichenanlage an der Kreuzung „Am Wehrhahn“ auf Grünlicht gewechselt habe, habe er unmittelbar derart stark mit Vollgas beschleunigt, dass der Motor des von ihm gefahrenen Fahrzeugs aufheulte, die Reifen quietschten und sich hinter dem Auto eine Qualmwolke gebildet habe. Sodann sei er über die Jacobistraße in Richtung Jägerhofstraße davon gefahren. Aufgrund der starken Beschleunigung und der mit dieser verbundenen Geräusche hätten mehrere Personen, die an der Lichtzeichenanlage warteten, plötzlich und unerwartet zurücktreten müssen. Dabei sei ihm bewusst gewesen, dass eine derartige Geschwindigkeit im Hinblick auf die konkrete Verkehrssituation nicht angemessen gewesen sei. Vielmehr sei er aus egoistischen Gründen allein auf das eigene schnellere Fortkommen zu Lasten anderer Verkehrsteilnehmer bedacht gewesen und habe Bedenken gegen seine Fahrweise von vornherein gar nicht aufkommen lassen.

II.

Der dem Tatvorwurf zugrundeliegende Sachverhalt hat sich in der Hauptverhandlung nur teilweise bestätigt.

Soweit dem Angeklagten vorgeworfen wurde, an der Ampel sehr schnell mit hoher Geschwindigkeit angefahren zu sein. So wurde dieser Vorwurf im Rahmen der Hauptverhandlung bestätigt. Nach seiner eigenen Einlassung ist der Angeklagte zügig angefahren. Die beiden Zeugen berichteten übereinstimmend von einem Start mit „Kick Down“, also einem vollständigen Heruntertreten des Gaspedals beim Anfahren. Daraufhin sei der Wagen des Angeklagten über die Kreuzung „geschossen“. Die Aussagen der Zeugen Y und P, sind insoweit glaubhaft. Die Aussagen waren detailreich und enthielten jeweils nebensächliche Angaben, die die Aussagen jeweils zu einer anschaulichen und lebensnahen Erzählung machten.

Soweit dem Angeklagten vorgeworfen wurde, dass Fußgänger zurückgesprungen seien, konnte das Gericht dies nicht feststellen. Die Zeugenaussagen sind diesbezüglich nicht deckungsgleich. Während der Zeuge P sich an ein Springen erinnern konnte, erinnerte sich der Zeuge Y nur an ein erschrockenes Gucken der Fußgänger. Ein Zurückspringen war ihm nicht erinnerlich. Dem Gericht ist es nicht möglich zwischen den beiden Aussagen zu entscheiden. Objektive Anhaltspunkte, warum einer der beiden Aussagen der Vorzug einzuräumen ist, sind nicht vorhanden. Das Gericht geht bzgl. des Zeugen Y auch nicht nur von einer Erinnerungslücke aus. Ihm war das gesamte Geschehen noch sehr präsent und er konnte im Übrigen detailreiche Angaben machen. Warum ihm dann die besondere Situation des Zurückspringens nicht mehr erinnerlich sein soll, obwohl er selbst angab, den Fußgängern sogar in die Augen gesehen zu haben, ist nicht ersichtlich. Auch ist nicht festgestellt, dass sich Fußgänger auf der Fahrbahn befunden haben.

Verbotenes Kraftfahrzeugrennen – schnelles Anfahren an Ampel
(Symbolfoto: KI-generiert/Neuroflash)

Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Angeklagte keine weiteren Fahrzeuge behinderte oder anders mit ihnen in einer verkehrsbedingten Beziehung stand. Er fuhr als erster an der Ampel an. Das Fahrzeug auf der Spur links neben seinem Fahrzeug fuhr langsamer an und befand sich dadurch hinter dem Angeklagten. Im Bereich der Kreuzung sowie auf den hinter der Kreuzung befindlichen Fahrspuren befand sich kein weiteres sich bewegendes Fahrzeug. Einem auf dem rechten Fahrstreifen abgestellten Fahrzeug wich der Angeklagte durch einen Spurwechsel nach links aus, ohne dass sich dabei andere Verkehrsteilnehmer in der Nähe befanden. An der nächsten Lichtzeichenanlage hielt der Angeklagte hinter weiteren wegen Rotlichts wartenden Fahrzeugen an.

Welche Geschwindigkeit das Fahrzeug des Angeklagten im Zeitpunkt der größten Beschleunigung aufwies, konnte nicht festgestellt werden. Zwar hat der Zeuge Y bekundet, der Angeklagte sei auf jeden Fall über 50 km/h gefahren. Irgendwelche Geschwindigkeitserfassungsgeräte wurden jedoch nicht eingesetzt. Er gab an, zu schätzen, es seien keine 100 km/h, sondern ca. 70-80 km/h gewesen.

Trotz der aufgrund der beruflichen Erfahrung fundierten Kenntnisse des Zeugen Y kann das Gericht nicht allein aufgrund seiner Aussage eine konkret gefahrene Geschwindigkeit feststellen. Weitere Beweismittel hinsichtlich der konkret gefahrenen Geschwindigkeit standen nicht zur Verfügung.

III.

Ein strafbewehrtes Verhalten ist in dem Verhalten des Angeklagten nicht erkennbar.

Nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer im Straßenverkehr sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der objektive Tatbestand der Norm ist nicht erfüllt.

Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Angeklagte mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren ist, weil die weiteren Tatbestandsvorausaussetzungen des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht erfüllt sind.

Der Angeklagte handelte nicht grob verkehrswidrig im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB. Dies setzt einen objektiv als besonders schwerwiegend erscheinenden Verkehrsverstoß voraus, also eine besonders schwerwiegende Verletzung von Verkehrsvorschriften und der Verkehrssicherheit. Dies erfordert eine objektive Würdigung des Verhaltens unter Berücksichtigung der konkreten Verkehrslage. Bei generalisierender Betrachtung muss die Verkehrssicherheit in besonders schwerem Maße beeinträchtigt sein (Pegel, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, § 315c, Rn. 78 m. w. N.). Dies ist hier nicht der Fall. Selbst wenn man annimmt, der Angeklagte habe die geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen weit überschritten, so kann der Umstand der überhöhten Geschwindigkeit nicht herangezogen werden, um die grobe Verkehrswidrigkeit zu begründen. Denn die drei objektiven Tatbestandsmerkmale des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB müssen kumulativ vorliegen. Was bedeutet, dass die grobe Verkehrswidrigkeit nicht allein in der erhöhten Geschwindigkeit liegen darf. Es müssen weitere Anhaltspunkte, die eine grobe Verkehrswidrigkeit begründen, hinzukommen. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der selbst ausführt, bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen sollen hingegen nicht von der Strafbarkeit umfasst werden, auch wenn sie erheblich sind (Bundestag Drucksache 18/12964, S 5f (6)). Weitere Anhaltspunkte, die eine grobe Verkehrswidrigkeit begründen könnten, sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere hat sich nicht bestätigt, dass der Angeklagte durch seine Fahrweise Fußgänger gefährdet hat. Dass diese erschrocken gucken, weil jemand besonders laut und schnell anfährt, stellt noch keine grobe Verkehrswidrigkeit dar. Ob es einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO darstellt, kann dahingestellt bleiben, weil ein solcher alleine nicht das Tatbestandsmerkmal der groben Verkehrswidrigkeit erfüllt. Auch waren keine weiteren Verkehrsteilnehmer zugegen, die der Angeklagte behindert oder gefährdet hat. Er hat durch sein in dieser Verkehrssituation zwar ungewöhnlich schnelles Anfahren vielmehr keinen weiteren Einfluss auf das Verkehrsgeschehen genommen.

Wegen des Fehlens des Merkmales der groben Verkehrswidrigkeit kann auch das Vorliegen der Rücksichtslosigkeit dahinstehen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.

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