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Verbotenes Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge – Strafbarkeit

LG Kleve – Az.: 140 Ks – 507 Js 281/19 – 6/19 – Urteil vom 17.02.2020

Der Angeklagte I wird wegen Mordes in Tateinheit mit verbotenem Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Die Verwaltungsbehörde wird angewiesen, ihm vor Ablauf von 5 Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen.

Der Angeklagte T5 wird wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Dem Angeklagten T5 wird die Fahrerlaubnis entzogen. Sein Führerschein wird eingezogen. Die Verwaltungsbehörde wird angewiesen, ihm  vor Ablauf von 4 Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Ferner haben die Angeklagten die Kosten der Nebenklage und die notwendigen Auslagen der Nebenkläger als Gesamtschuldner zu tragen.

– §§ 211, 315 d Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 5, 1. Variante, 52, 69, 69a StGB –

Gründe

Die Angeklagten fuhren mit hochmotorisierten Fahrzeugen am Ostermontag 2019 kurz vor 22:00 Uhr bei schon eingebrochener Dunkelheit auf der Baerler T-Straße in Moers ein zuvor verabredetes Fahrzeugrennen gegeneinander, bei dem Geschwindigkeiten erreicht wurden, die mehr als dreifach so hoch wie die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h waren. Der zeitweise mit zumindest 167 km/h die Gegenfahrspur befahrende Angeklagte I, der mehrfach die theoretische Führerscheinprüfung nicht bestanden hatte und daher ohne Fahrerlaubnis war, hielt es für möglich und nahm billigend in Kauf, dass bei einem Unfall eine oder mehrere Personen tödlich verletzt werden, weil es ihm wichtiger war, vor seinen Freunden mit dem 600 PS starken Mercedes AMG anzugeben. Er konnte den von ihm gefahrenen ca. 2.000 kg schweren Pkw nicht mehr anhalten als vor ihm Frau Y mit ihrem Citroen Saxo aus einer Seitenstraße auf die C2 einbog. Trotz Vollbremsung traf er mit solcher Wucht auf das Heck des Citroen auf, dass dieser massiv zusammengestaucht und gegen zwei weitere Fahrzeuge geschleudert wurde, ihr Reserverad aus dem Kofferraum rund 100 Meter weit flog und eine Passantin nur deswegen nicht traf, weil sie sich gerade nach ihrem Hund bückte. Frau Y wurde aus ihrem Fahrzeug geschleudert und verstarb aufgrund der beim Erstanstoß erlittenen Hirnschädigungen kurz darauf. Der weitgehend unverletzte Angeklagte I war – ohne sich um die sterbende Frau zu kümmern – sogleich zu Fuß vom Tatort geflohen.

Der Angeklagte T5, der mit Fahrerlaubnis und etwas geringerer Geschwindigkeit ausschließlich die rechte Fahrspur befahren hatte, konnte noch rechtzeitig abbremsen und kümmerte sich um das Tatopfer, bevor auch er vom Tatort floh.

I. Feststellungen zur Person

1.) Der Angeklagte I wurde am 27.10.1997 in Moers als kosovarischer Staatsangehöriger geboren. Er wuchs mit zwei älteren Geschwistern – dem Bruder L. und einer Schwester – im Haushalt seiner Eltern in der C2 in Duisburg auf. Ebenso wie sein Bruder L. lebte der Angeklagte I auch bis zu seiner Verhaftung im elterlichen Haushalt. Nach vier Grundschuljahren wechselte der Angeklagte I im Jahr 2008 zur Hauptschule und verließ diese mit einem nicht qualifizierten Hauptschulabschluss nach der 10. Klasse im Jahr 2014. Die weitere Schulausbildung am Friedrich-Albert-Lange Berufskolleg für die Fachrichtung „Metallbau“ beendete er im November 2015 ohne zusätzliche Qualifikation. Im ersten Halbjahr 2016 erhielt er ein zunächst befristetes Arbeitsverhältnis bei der Firma I2 GmbH in Düsseldorf und wurde von dieser Firma als Helfer am Fließband bei der Daimler AG, Standort Düsseldorf, eingesetzt, wo auch sein Vater und sein Bruder arbeiten. Nach mehreren Verlängerungen des befristeten Arbeitsverhältnisses wurde dieses im Januar 2018 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der Firma I2 GmbH und verdiente dort zuletzt bis zu 3.500 EUR brutto monatlich, wobei er monatlich 500 EUR seinen Eltern als „Kostenbeteiligung“ überließ. Er hatte zur Tatzeit weder Schulden noch nennenswertes Vermögen. Er verfügt weder über einen ausländischen noch über einen deutschen Führerschein. Zwar versuchte er, einen deutschen Führerschein zu erwerben, bestand jedoch die theoretische Führerscheinprüfung mehrfach nicht.

Ernsthafte Vorerkrankungen hatte er nicht.

Sein Bundeszentralregisterauszug enthält folgende Eintragungen:

Durch Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 22.05.2014 wurde er wegen Diebstahls geringwertiger Sachen und schweren Raubes verwarnt und zur Erbringung von Arbeitsleistungen verurteilt.

Am 15.09.2015 hat das Amtsgericht Duisburg nach Ausspruch einer Ermahnung wegen eines Raubes das Verfahren nach § 47 JGG eingestellt.

Durch Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 06.02.2017 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Duisburg vom 12.10.2017 wurde er wegen gefährlicher Körperverletzung verwarnt und ihm eine Geldauflage aufgegeben.

2.) Der Angeklagte T5 wurde am 13.05.1997 in Duisburg geboren und ist deutscher Staatsangehöriger. Er wuchs mit zwei älteren Schwestern im elterlichen Haushalt auf, wobei eine Schwester bereits verheiratet ist und eine Ausbildung als zahnmedizinische Angestellte absolvierte und die andere Schwester derzeit Wirtschaftsinformatik studiert. T5 lebt weiterhin im elterlichen Haushalt. Sein Vater ist Taxifahrer. Nach dem Besuch des Kindergartens und der Grundschule „Marktschule“ besuchte der Angeklagte T5 die EK-Gesamtschule in Duisburg, die er 2014 mit dem Hauptschulabschluss beendete. Das Berufskolleg in Duisburg schloss er 2015 mit der Fachoberschulreife ab. Die angefangene weitere Schulausbildung am Berufskolleg zur Erlangung eines Fachabiturs brach er jedoch ab. Eine anschließend angefangene Berufsausbildung brach er ebenso ab. Er war dann eine Zeitlang als Kurierfahrer für das Unternehmen U tätig, bevor er dort als Lagermitarbeiter arbeitete. Im Jahr 2019 begann er eine Arbeit als Kundenbetreuer der T-Bank in einem Call-Center. Er verdiente dort zuletzt knapp 2.000 EUR brutto. Während der laufenden Hauptverhandlung hat er diese Arbeit jedoch wieder verloren. Der Angeklagte T5 hat Schulden in einer Größenordnung von ca. 2000 EUR, die er monatlich abbezahlt. Schwere Erkrankungen traten bei ihm nicht auf. Er konsumierte auch weder Rauschgift noch übermäßig Alkohol. Der Angeklagte T5 erwarb seinen Führerschein im Alter von 17 Jahren, verfügt jedoch nicht über ein eigenes Fahrzeug. Sein Verkehrszentralregisterauszug enthält keine Eintragungen aus Vorgängen vor dem 22.04.2019. Der Zentralregisterauszug des Angeklagten T5 weist keine vorherigen Verurteilungen auf.

II. Feststellungen zur Sache

Tatvorgeschehen

Die Angeklagten bildeten zumindest seit Anfang April 2019 mit den Zeugen H und Q und R eine Freundesclique. Damals war Q mit dem Zeugen S – einem ehemaligen Fußballprofi – liiert und wohnte mit diesem und ihrer Freundin R unter der Wohnanschrift I-Straße in Moers (in der Nähe des späteren Tatortes). Hier traf sich die Clique auch des Öfteren.

YS hatte aus seiner Zeit als Fußballprofi bei Eintracht Frankfurt seit 2018 einen weißen Jaguar Range Rover Sport (Erstzulassung Dezember 2017) mit dem amtlichen Kennzeichen „F-YS …“ geleast. Dieses SUV-Fahrzeug mit einem Leergewicht von 2373 kg verfügt über eine Nennleistung von 405 KW bzw. 550 PS und eine tatsächliche Motorenleistung von 389 KW bzw. 528 PS. Im Bereich zwischen 0 und 100 km/h kann es mit 4,4 m/s² beschleunigt werden, ab ca. 250 km/h erfolgt eine elektronische Geschwindigkeitsabregelung.

Die Familie des Angeklagten I hatte einen schwarzen Mercedes AMG E63 S (Erstzulassung Februar 2019) mit einem Leergewicht von 1990 kg für ein Jahr geleast. Dieses Fahrzeug (Listenpreis von 120.000 – 130.000 EUR) verfügt über eine Nennleistung von 450 KW bzw. 612 PS und wies bei der Kollision mit dem Fahrzeug des Opfers eine Gesamtlaufleistung von 7.363 km auf. In dem Bereich zwischen 0 und 100 km/h erreicht das Fahrzeug eine Maximalbeschleunigung von 6,5 m/s² auf, so dass es von 0 auf 100 km/h in ca. 3,4 Sekunden beschleunigt werden kann. Das Fahrzeug verfügt über ein Automatikgetriebe, ein elektronisches Stabilisierungsprogramm (ESP) und ferner über ein Antiblockiersystem (ABS) bei Bremsvorgängen. Das Multibeam-LED-Lichtsystem wird in Abhängigkeit von der Umgebungsbeleuchtung und den Fahrparametern automatisch geregelt, d.h. auch bei Einschaltung des normalen Abblendlichtes wird bei höheren Geschwindigkeiten ein Straßenbereich beleuchtet, der bis zum Fernlichtbereich reichen kann. Bei Unfällen werden Fahrer und Beifahrer jeweils durch automatische Gurtstraffer, Front- und Knieairbags, Seiten-, Thorax-Airbags und Kopf/Vorhang-Airbags geschützt. Technische Einschränkungen wies das erst wenige Wochen alte Fahrzeug nicht auf, insbesondere funktionierten Motor, Lenkung, Brems- und Beleuchtungssystem einwandfrei und Reifendruck und Reifenprofil waren ordnungsgemäß.

Der Mercedes (amtlichen Kennzeichen „DU-LI …“) wurde überwiegend von L, dem älteren dem Bruder des Angeklagten I genutzt. Ob und wie oft auch der Angeklagte I dieses Fahrzeug schon vor dem Tatgeschehen gefahren hatte, konnte nicht festgestellt werden. Jedoch kannte der Angeklagte I die technische Ausstattung und die Beschleunigungsmöglichkeiten des Fahrzeugs.

S befand sich seit Gründonnerstag 2019 in Berlin, hatte aber die Fahrzeugschlüssel zum Range Rover in seiner Wohnung I-Straße gelassen, in der auch seine beiden Mitbewohnerinnen Q und R geblieben waren.

Am Ostermontag (22.04.2019) holte der Angeklagte T5 gegen Mittag Q und Fata R von der I-Straße in Moers ab. Er fuhr sie mit dem Range Rover zum Café „Extrablatt“ nach Moers, da Q und R dort frühstücken wollten. Nachdem er die beiden dort abgesetzt hatte, stand dem Angeklagten T5 der Range Rover zur Verfügung.

Spätestens um 12:19 Uhr fasste der Angeklagte T5 den Entschluss, als Fahrer des Fahrzeugs Range Rover gegen den Angeklagten I im Fahrzeug Mercedes AMG ein Rennen zu fahren. Er teilte diese Absicht seiner Bekannten O mit und zwar per WhatsApp-Messanger mit der Ankündigung:

„Gleich amg vs range rover“

Gegen 13:00 Uhr befuhren die Zeugen X und Y2 die F3 in Moers aus Scherpenberg kommend. Auf dieser Straße ist die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt und zu beiden Seiten der F3 zweigen mehrere Seitenstraßen ab, wobei jeweils die Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ gilt. In Höhe der Kreuzung F-Straße ist die Fahrbahn baulich so verengt, dass sie in einem kurzen Abschnitt nur von einem Fahrzeug befahren werden kann. Als der Zeuge X auf diese Verengung zufuhr, hielt er sein Fahrzeug an, weil er erkannte, dass ihm der von dem Angeklagten T5 gefahrene Range-Rover mit einer Geschwindigkeit von weit mehr als 30 km/h aus Richtung I-Straße kommend entgegenkam und er nicht das Risiko eines Unfalls eingehen wollte. Erst an der Fahrbahnverengung verringerte T5 die Geschwindigkeit des Range-Rover vorübergehend, streckte beim Vorbeifahren dem wartenden Zeugen X die Zunge heraus und beschleunigte den Range Rover anschließend nach Passieren der Engstelle in der F3 wieder weit über 30 km/h hinaus.

Gegen 13:48 Uhr befanden sich neben dem Angeklagten T5, der mit seinem Mobiltelefon Filmaufnahmen der Autofahrt herstellte, verschiedene andere unbekannte Personen im Range Rover. Der Range Rover wurde auf einer Autobahn begleitet von Gesang bzw. Jauchzen der Insassen bis in den abgeregelten Bereich von 250 km/h beschleunigt, obwohl auf der Nebenspur Autos und Motorräder fuhren. Der Range Rover wurde auch von weiteren Personen an diesem Tag gefahren, u.a. gegen 15:30 Uhr von dem Zeugen H, der über keinen Führerschein verfügt.

Tatgeschehen

Verbotenes Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge - Strafbarkeit
(Symbolfoto: Von Art Konovalov/Shutterstock.com)

Um kurz nach 21:30 Uhr begaben sich der Angeklagte T5 als Fahrer des Range Rover, Q als Beifahrerin, H hinten rechts und R hinten links sitzend zur X-Straße auf der Rückseite des Krankenhaus Bethanien in Moers. Zuvor hatten sie um 21:29 Uhr einen Zwischenstopp an der zwischen I-Straße und Bethanienkrankenhaus an der Klever Straße in Moers gelegenen Jet-Tankstelle gemacht, damit Q dort mehrere Getränkedosen erwerben konnte. Als der Range Rover jedenfalls um 21:34 Uhr an einem hinter dem Krankenhaus an der X-Straße gelegenen Parkplatz abgeparkt war, warteten die Fahrzeuginsassen auf den Angeklagten I, damit zwischen beiden Angeklagten das von den beiden Angeklagten zuvor verabredete Fahrzeugrennen stattfinden kann. Q sandte dem Angeklagten I den aktuellen Fahrzeugstandort des Range Rover über Mobiltelefon zu. Bis zum Eintreffen von I vergingen wenige Minuten.

Spätestens um 21:50 Uhr traf auch der Angeklagte I mit dem Mercedes am Parkplatz an der X-Straße ein. Beide Angeklagten hatten die Scheiben an den Fahrertüren heruntergelassen und ließen die Motoren ihrer Fahrzeuge aufheulen. Der Angeklagte T5 rief dem Mitangeklagten I durch die geöffnete Scheibe „Was geht ab, I“ zu. Ca. 2 Minuten später lenkten beide ihre Fahrzeuge bei eingeschaltetem Abblendlicht aus der X-Straße kommend nach links auf die Baerler Straße, wobei der Angeklagte T5 (in dessen Fahrzeug nach wie vor auch die die drei Freunde saßen) zunächst auf der rechten Fahrspur im Range Rover vor I im Mercedes fuhr. Hierbei wussten und wollten beide Angeklagten, dass sie auf der ihnen bekannten und hierzu ausgesuchten Baerler T-Straße nach Passieren der Bahnschienen ein nicht erlaubtes Geschwindigkeitsrennen gegeneinander fahren würden.

Die Baerler Straße geht in Fahrtrichtung beider Angeklagten nach den Bahnschienen an der Abzweigung S2 in die C2 über. Die Baerler T-Straße führt in diesem Bereich durch ein Wohngebiet mit vereinzelten Geschäften. Auf der Baerler T-Straße ist die Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h beschränkt. In Fahrtrichtung der Angeklagten zweigt zunächst auf der rechten Seite die S2 ab, dann auf der rechten Seite die T6, dann zu beiden Seiten die E-Straße, dann rechts die K und auf gleicher Höhe links die N-Straße. Die C2 hat in dem vorgenannten Bereich für jede Fahrtrichtung lediglich eine Fahrspur, voneinander durch eine gestrichelte Linie abgegrenzt. Ab der Einmündung T6 sind die Fahrspuren auf jeweils 3,8 m verengt. Im Bereich zwischen Bahnschienen und K-Straße verläuft die Straßenführung der C2 nahezu gerade. Zumindest zwischen T6 und K-Straße sind auf der C2 beidseitig Parkmöglichkeiten für in Längsrichtung parkende Fahrzeuge vorgesehen. Die Baerler T-Straße ist im Verhältnis zu den in diesem Bereich abzweigenden Straßen vorfahrtsberechtigt. Der von links aus der E-Straße kommende Verkehr wird durch ein Stopp-Schild mit auf der Fahrbahn aufgemalter Halte- und Sichtlinie zur Wahrung der Vorfahrtsberechtigung angehalten.

Die Möglichkeiten einander zu sehen sind für Fahrer, welche die C2 in Fahrtrichtung der Angeklagten befahren und Fahrer, welche hiervon ausgehend von links aus der E-Straße kommen dadurch erschwert, dass sich aus Sicht der die E-Straße befahrenden Fahrer rechts neben dem Gehweg der E-Straße bis etwa in Höhe der Haltelinie eine blickdichte Mauer mit einer Höhe von ca. 1 Meter befindet. Möglicherweise waren die Sichtverhältnisse dadurch weitergehend beeinträchtigt, dass aus Sicht der Angeklagten kommend auf der linken Seite der C2 bis unmittelbar vor der Einmündung E-Straße zur Tatzeit Fahrzeuge abgeparkt waren. Um 21:50 Uhr war es am 22.04.2019 schon fast ganz dunkel, jedoch wurde die C2 durch Straßenlaternen beleuchtet. Es gab weder Regen noch Nebel oder andere witterungsbedingte Sichtbeeinträchtigungen.

Die mit den Örtlichkeiten vertrauten Angeklagten überfuhren die Bahnschienen zur Schonung der Fahrzeuge noch mit angemessener Geschwindigkeit, machten dabei aber schon durch Aufheulenlassen der Motoren auf sich aufmerksam. Die Entfernung zwischen dem Ende der Bahnschienen am Bahnübergang und der späteren Kollisionsstelle beträgt ca. 226 Meter. Kurze Zeit nach Überqueren der Bahnschienen in einem Abstand von jedenfalls mehr als 200 Metern bzw. 5 Sekunden von der späteren Kollisionsstelle zog der Angeklagte I entsprechend der Verabredung mit T5 den Mercedes auf die linke Fahrspur (Gegenfahrspur) und beschleunigte diesen maximal durch Durchtreten des Gaspedals. Hierbei war dem Angeklagten I bewusst, dass nunmehr auch der noch vorausfahrende Angeklagte T5 den Range Rover möglichst stark beschleunigen würde. Der Angeklagte I hielt angesichts des noch recht belebten Viertels das plötzliche Auftauchen anderer Verkehrsteilnehmer – insbesondere von Pkw aus den Seitenstraßen – für möglich. Er wusste, dass er durch die Maximalbeschleunigung mit dem ihm bekannten Fahrzeug nach Sekundenbruchteilen Geschwindigkeiten erreichen würde, welche sowohl ein rechtzeitiges eigenes Abbremsen vor in der Nähe befindlichen und ihm in die Quere kommenden Fahrzeugen, Personen oder Gegenständen auf der Fahrbahn unmöglich machen würden als auch ein eigenes Ausweichen ausschließen oder jedenfalls nicht kalkulierbar erschweren würden, zumal der Bewegungsspielraum für ihn durch die Örtlichkeit und den planmäßig eine Zeitlang neben ihm fahrenden T5 eingeschränkt sein würde. Dem Angeklagten I war auch bewusst, dass auf der C2 nahe der Innenstadt von Moers zu dieser Uhrzeit mit Anliegerverkehr oder sonstigen Verkehrsteilnehmern zu rechnen war, die ihrerseits nicht von derartigen Geschwindigkeiten und einem längeren Befahren der Gegenfahrbahn durch andere Fahrzeuge ausgingen und sich hierauf auch nicht ohne weiteres – zumal bei der durch die Dunkelheit eingeschränkten Sichtmöglichkeiten und daher erschwerten Geschwindigkeitsabschätzungen – einstellen konnten. Es war dem Angeklagten I bekannt, dass durch seine äußerst riskante Fahrweise das Ausbleiben von Kollisionen mit für andere Verkehrsteilnehmer selbst tödlichen Folgen nur vom Zufall abhing. Ferner wusste er, dass für ihn weder vorhersehbar noch beherrschbar war, wie viele Personen bei einem Unfall entweder unmittelbar durch die Kollision selbst oder aber herumfliegende Fahrzeugteile getötet würden. Dass bei seiner Fahrweise das von ihm gelenkte Fahrzeug eine nicht vorhersehbare Anzahl von Menschen töten könnte, nahm er aber billigend in Kauf, weil er mit dem teuren und leistungsstarken Fahrzeug vor seinen Freunden angeben und dazu das verabredete Rennen durchführen und gewinnen wollte.

Bereits nach kurzer Entfernung erreichte der Angeklagte I in Höhe der Einfahrt zum Fitnessstudio auf der linken Seite, 183 Meter von der späteren Kollisionsstelle und 4,6 Sekunden vor der Kollision eine Geschwindigkeit von 122 km/h, beschleunigte sein Fahrzeug jedoch weiter, bis er kurz vor der Abzweigung T6 in einer Entfernung von 101,7 m vor der Unfallstelle und 2,5 Sekunden vor der Kollision eine Geschwindigkeit von 157 km/h erreichte. An dieser Stelle nahm er wahr, dass das spätere Opfer Frau Y in dem von ihr mit eingeschaltetem Abblendlicht gefahrenen Citroen Saxo aus seiner Sicht links aus der E-Straße kommend (aus ihrer Sicht nach links) in die C4 in seine Fahrtrichtung fahrend einbog. Nicht auszuschließen ist, dass Frau Y weder an der Haltelinie noch an der Sichtlinie ihr Fahrzeug bis zum Stillstand abbremste. Falls der Angeklagte I bei Erkennen des Einbiegens des Citroens mit dem von ihm gefahrenen Mercedes die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten hätte, hätte er bei einer Vollbremsung unter Berücksichtigung von Reaktionszeit und eines Bremsweges von 25 Metern sein Fahrzeug 75 Meter vor dem Fahrzeug von Y3m Stillstand bringen können. Selbst bis zu einer Geschwindigkeit von 123 km/h hätte I den Mercedes noch vor dem einbiegenden Citroen mit einer Vollbremsung  zum Stillstand bringen können.

Falls Frau Y an der Sichtlinie angehalten und nach rechts in die C2 gesehen hätte, hätte sie die Fahrzeuge beider Angeklagten nebeneinander fahrend wahrnehmen können. Dass die beiden Angeklagten mit weit überhöhter Geschwindigkeit fuhren, war für sie nicht sogleich erkennbar; nur bei einer etwas längeren genaueren Beobachtung der Fahrzeuge hätte sie erkennen können, dass diese viel schneller als die erlaubte Geschwindigkeit von 50 km/h fuhren.

56,7 Meter bzw. 1,5 Sekunden vor der Kollision erreichte I, der sich mit dem Mercedes immer noch auf der linken Fahrspur befand,  die Geschwindigkeit von 167 km/h , bevor er abbremste und sein Fahrzeug leicht nach rechts lenkte. Hierdurch befand es sich 17,8 Meter bzw. 0,55 Sekunden vor der Kollision nahe der gestrichelten Mittellinie an der linken Seite der rechten Fahrspur der C2 mit einer Geschwindigkeit von nunmehr noch 128 km/h. Zu dieser Zeit hatte Y den Citroen Saxo durch den von ihr eingeleiteten Abbiegevorgang (von ihr aus gesehen nach links in die C4) in Schrägstellung ungefähr auf die Mittellinie der C2 vorgefahren. Der Angeklagte I lenkte sein Fahrzeug nunmehr noch für kurze Zeit nach links zurück und verringerte weiter die Geschwindigkeit. Der von ihm gefahrene Mercedes traf mit der rechten Vorderseite bei einer Geschwindigkeit von 105 km/h ungefähr mittig beider Spuren der C2 auf den Heckbereich des zu dieser Zeit ca. 20 km/h fahrenden Citroen in einem Winkel von 15 bis 25 Grad auf.

Auch der Angeklagte T5 wusste bei der Weiterfahrt über die Baerler T-Straße, dass die hohen Geschwindigkeiten und die Nebeneinanderfahrt beim Fahrzeugrennen nach dem Bahnübergang das Leben  anderer so gefährden würde, dass das Ausbleiben eines schweren Unfalls mit erheblichen oder sogar tödlichen Verletzungen anderer Verkehrsteilnehmer nur vom Zufall abhängig war. Er nahm aber selbst derartig schwere Unfälle in Kauf, um das verabredete Rennen gegen den Angeklagten Y4 fahren. In Umsetzung der Rennvereinbarung beschleunigte er den Range Rover jedenfalls über einige Zeit unter Volllast („Vollgas“), so dass er in Höhe der T6 eine Geschwindigkeit von mindestens 92 km/h erreichte. Als der Angeklagte T5 erkannte, dass der von Y gefahrene Citroen in die C2 einbog, bremste T5 den Range Rover jedoch so stark ab, dass er noch rechts in die E-Straße einbiegen konnte. Schon vor dem Abbiegen in die E-Straße war der von I gefahrene Mercedes an dem von T5 gefahrenen Range Rover vorbeigezogen, wobei die Stelle, an der I T5 überholt hatte und dann ggf. auch wieder auf die rechte Fahrspur hätte zurücklenken können, nicht genau festgestellt werden konnte.

Der Anstoß des nach Leergewicht mehr als doppelt so schweren Mercedes gegen den Citroen war trotz vorherigen Bremsens wegen des verbliebenen großen Geschwindigkeitsüberschusses so wuchtig, dass es zu einer massiven Verformung des Fahrzeugblocks am Citroen kam, die sich in einer Verformung der gesamten Karosseriestruktur äußerte: Der ganze Heckbereich inklusive Rückfahrbank wurde um ca. 1 Meter nach vorne Richtung Front verschoben. Die Fahrgasttüren hinten links und rechts waren massiv gestaucht und wurden aufgerissen.

Durch den massiven Aufprall des Fahrzeugs des Angeklagten I auf den Citroen löste sich ein im Kofferraum befindliches Reserverad des Citroen und wurde so stark beschleunigt, das es in ein ca. 100 Meter entferntes Garagentor zwischen den Häusern der C3 und 98 einschlug. Falls die beim „Gassigehen“ mit ihrem Hund auf dem Bürgersteig der C2 sich befindende Zeugin F2 sich nicht gerade in dem Augenblick, als das Reserverad auf sie zuflog, zu ihrem Hund heruntergebückt hätte, wäre sie von dem Rad an Oberkörper oder Kopf getroffen worden.

Durch die wuchtige Kollision geriet der Citroen von Y aus der ursprünglichen Fahrtrichtung in eine driftende Bogenfahrt gegen den  aus Fahrtrichtung der Angeklagten am rechten Fahrbahnrand der C2 in Fahrtrichtung abgestellten Seat Ibiza des Eigentümers Y. Der Seat wurde dadurch ebenfalls noch mit solcher Kraft in Querrichtung gegen die Bordscheinkante verschoben, dass die Reifen an diesem Fahrzeug von der Felge gedrückt wurden und das Fahrzeug gegen einen Baum gestoßen wurde. In einer weiteren Bogenfahrt streifte bzw. schleuderte der Citroen auch an dem linksseitigen Heck  des Audi vorbei und geriet von dort aus wieder Richtung Fahrbahnmitte. Der Citroen kam in einer Endstellung nahezu querstehend auf der rechten Fahrspur mit dem Heck am rechten Fahrbahnrand in einer Entfernung von ungefähr einer Wagenlänge von der Front des Audi zum Stillstand.

Durch die Schleuderbewegung ihres Fahrzeugs wurde die nicht angeschnallte Y aus ihrem Auto geschleudert und traf mit der Stirn auf den Außenspiegel des hinter dem Seat ebenfalls in Fahrtrichtung abgeparkten Audi des D, wodurch der Außenspiegel teilweise abgerissen wurde. Y lag in einem geringen Abstand von ca. 1 Meter hinter dem Heck ihres Fahrzeugs. Schon bei der Erstkollision zwischen den vom Angeklagten I gefahrenen Mercedes und dem Citroen erlitt Y bereits die Verletzungen, die trotz schnellstmöglich eingeleiteter und durchgängiger intensiv-medizinischer Behandlung im Krankenhaus ca. 40 Stunden nach dem Unfall zum Tod führten. Denn es kam bei Frau Y3 einem rückwärtigen, links-betonten Thorax-Trauma, der zu massiven Einblutungen der oberen und tieferen Muskelschichten des rückwärtigen linken Rumpfbereiches bis über die Wirbelsäule sowie des Lendenwirbelbereichs beidseits führte. Linksseitig kam es ferner zu einem großen und tiefgreifenden Kontusionsarreal am Lungenunterlappen mit blutigen Antragungen in den Luftwegen der linken Lunge, in dem sich eine lange und ca. 0,5 cm reichende Anspießung des Lungengewebes befand. Hierdurch trat bei ihr ein Gesamtblutverlust von 1.200 bis 1.500 ml auf. Die Blut- und Sauerstoffunterversorgung des Gehirns für einen Zeitraum von mehr als 5 Minuten führte zu einem massiven Anschwellen des Gehirns rechtsseitig (Hirnödem) und trotz durchgehender intensivmedizinischer Betreuung letztlich zu einem zentralen Regulationsversagen (Hirninfarkt) an Kleinhirn und Hirnstamm am 25.04.2019. Auch die sofort eingeleitete Reanimation konnte den Tod von Frau T2 am 25.04.2019 um 14:51 Uhr nicht mehr verhindern. Die vorgenannten todesursächlichen Verletzungen wären auch dann durch die Kollision mit dem PKW des Angeklagten I eingetreten, wenn  Frau Y sich ordnungsgemäß angeschnallt hätte. Die zeitlich nachfolgende Verletzung, die dadurch eintrat, dass Y aus ihrem Fahrzeug mi t der Stirn gegen den Außenspiegel des Fahrzeugs Dunja geschleudert wurde und dann hinter dem Heck des Citroen am rechten Fahrbahnrand der rechten Fahrspur liegen blieb, war dagegen nicht todesursächlich. Die hiermit einhergehende Hirnkontusion war nicht einmal so stark, dass diese zu bleibenden Schäden geführt hätte.

Durch den Unfall entstanden Sachschäden in einer Größenordnung von 20.000 – 25.000 EUR am geleasten Mercedes, der Citroen erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden (Wert ca. 1.500 EUR), bei dem Seat sind Reparaturkosten von ungefähr 5.000-6.000 EUR aufzuwenden, so dass dieser möglicherweise ebenfalls einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt und zur Reparatur des Audi A4 fallen Kosten von ca. 3.500-4.000 EUR an.

Nach der Kollision setzte der Mercedes in einer nur leicht bogenförmigen nahezu gradlinig verlaufenden Auslauffahrt bis zur Endstellung am linken Fahrbahnrand auf dem linken Fahrstreifen etwas mehr als 70 m von der Kollisionsstelle entfernt. Im Mercedes hatte sich vor  dem Unfall der Gurtstraffer auf der Fahrerseite betätigt und der Frontairbag und der Knieairbag waren auf Fahrerseite ausgelöst worden. Der Angeklagte I wurde durch den Unfall nur ganz leicht verletzt und entfernte sich vom Unfallgeschehen über die C2 zügig zu Fuß fort, ohne sich um das Unfallopfer oder andere Unfallfolgen zu kümmern.

Der Angeklagte T5, der ebenso wie die anderen Fahrzeuginsassen mitbekommen hatte, dass der von I gefahrene Mercedes mit dem Fahrzeug der Frau Y kollidiert war, hielt den Range Rover nach Einbiegen in die E-Straße an. Er leistete gemeinsam mit den anderen Insassen des Range Rovers  gegenüber Frau Y selbst „Erste Hilfe“ bzw. unterstützte jedenfalls schon vorher hinzugekommene Anwohner bei der Hilfeleistung. Bereits wenige Sekunden vor 21:54 Uhr hatte der Angeklagte T5 den Bruder des Angeklagten I über das Geschehen informiert und hierzu auch per Handy einen Kartenausschnitt der Unfallstelle übermittelt. Daraufhin meldete L noch vor 22:00 Uhr durch Strafanzeige den Mercedes bei der Polizei als „von Unbekannt“ gestohlen. Bei Eintreffen des Krankenwagens entfernte  sich auch der Angeklagte T5 mit H, Q und R im Range Rover wieder vom Unfallort, damit seine Personalien nicht durch die Polizei aufgenommen und seine Beteiligung am Fahrzeugrennen nicht aufgedeckt wird.

Bei Aufeinandertreffen auf dem Parkplatz an der X-Straße, während des gesamten Fahrzeugrennens und auch bei Entfernen vom Unfallort waren beide Angeklagten uneingeschränkt schuldfähig.

Nachtatgeschehen

Der Angeklagte I begab sich zu Fuß in das wenige hundert Meter von der Unfallstelle entfernt an der K gelegene Internetcafe und dort in den zugehörigen Hinterhof.  Als er dort gegen 22:00 Uhr von dem Zeugen Ö angesprochen wurde, gab I an, dass es einen Verkehrsunfall gegeben habe, bei dem ihm die Vorfahrt genommen worden sei, er sich aber verstecken müsse, weil er keinen Führerschein habe und sein Bruder kommen müsse. Ö, der damals noch keine Kenntnis von der Schwere des Unfalls hatte, ließ es zu, dass I telefonierte und dann das Internetcafé durch eine zur M4 führende  Hintertür Richtung Friedhof verließ. Zuvor hatte I in der Nähe der Hintertür noch Oberbekleidung und Mütze zurückgelassen. I tauchte zunächst für ein paar Tage unter. Nachdem er als Unfallverursacher ermittelt und eine Öffentlichkeitsfahndung nach ihm eingeleitet wurde, stellte er sich am 30.04.2019 der Polizei. Aufgrund des Haftbefehls des AG Moers vom 29.04.2019 befindet er sich seit dem 30.04.2019 in Untersuchungshaft.

Der Angeklagte T5 fuhr mit den Zeugen Q, R und H zunächst zur I-Straße, hielt sich an der Wohnanschrift der Zeuginnen aber nur kurz auf und entfernte sich von dortaus zu Fuß. Noch in der gleichen Nacht (23.04.2019) wurde T5 um 3:46 Uhr als Fahrer eines anderen Fahrzeugs wegen eines Rotlichtverstoßes von der Polizei angehalten. Er fuhr auf der Moerser Straße  mit hoher Geschwindigkeit und bremste sein Fahrzeug nur leicht ab, als die Ampel an der Moerser Straße / Duisburger Straße Rotlicht anzeigte. Dann überfuhr er die Kreuzung, obwohl die Ampel bereits mehr als eine Sekunde Rotlicht anzeigte. Dieser Verkehrsverstoß wurde als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von 200 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot geahndet. Nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides wurde der Führerschein am 11.09.2019 in amtliche Verwahrung genommen und wegen der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis durch Beschluss des AG Moers vom 09.09.2019 dann auch nicht mehr an den Angeklagten T5 herausgegeben.

Der Angeklagte T5 wollte sich bei der Familie der verstorbenen Y entschuldigen. Auch der Angeklagte I versuchte über seinen Anwalt Kontakt zur Familie der Verstorbenen aufzunehmen. Die Familie Y hat diese Kontaktaufnahmeversuche jeweils zurückgewiesen.

III. Beweiswürdigung

Die Feststellungen beruhen auf dem Ergebnis der dreitägigen Beweisaufnahme.

Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus den insoweit glaubhaften Einlassungen der Angeklagten und den verlesenen Registerauszügen.

Der Angeklagte I hat sich zur Sache über seinen Verteidiger – ohne Nachfragen zuzulassen – folgendermaßen eingelassen: Er sei Fahrer des Mercedes gewesen wobei er gewusst habe, dass er wegen der fehlenden Fahrerlaubnis generell kein Fahrzeug führen dürfe. Auch habe aus seiner Sicht vor dem Unfall eine Wettfahrt mit dem Range Rover stattgefunden. Er habe sich gegen 21:50 Uhr in einer Sackgasse hinter dem Bethanien-Krankenhaus mit T5, Q, R und H getroffen. Der Gedanke an ein Kräftemessen zwischen den Fahrzeugen habe sich erst anlässlich des Treffens entwickelt, wobei die Art und Weise der Durchführung nicht im Einzelnen besprochen worden seien. Gleich nach dem Überqueren der Schienen sei es dann zu dem Kräftemessen gekommen. Er sei auf die Gegenfahrbahn der Baerler Straße und dann später der C2 gefahren, weil er den Range Rover habe überholen und zeigen wollen, dass er der schnellere Sprinter sei. Er sei dann so schnell wie möglich gefahren, weil es ihm auch darum gegangen sei, die Motorkraft des von ihm gefahrenen Fahrzeugs zu demonstrieren, wobei er nicht sagen könne, welche Geschwindigkeit er mit dem Mercedes erreicht habe. Ihm sei die Gefährlichkeit seiner Fahrweise zwar bewusst gewesen, jedoch habe er wegen der vorgestellten Kürze des Überholvorgangs, der Ausstattung des Mercedes, der weit einsehbaren C2 als Vorfahrtsstraße und in völliger Überschätzung seiner Fähigkeiten darauf vertraut, dass es nicht zu einem Unfall kommen werde. Er sei davon ausgegangen, dass alles gut gehen werde. Schon die Möglichkeit eines derartigen Unfalls habe er ausgeblendet, zumal es für seine Eltern und auch seinen Bruder unentdeckt bleiben sollte, dass er sich den Mercedes genommen habe. Als er den einbiegenden Citroen gesehen habe, habe er noch geglaubt, durch Abbremsen seines Fahrzeugs sowie durch Ausweichen erst in Fahrtrichtung nach rechts und dann nach links einen Zusammenprall verhindern zu können. Heute wisse er, dass er die Verantwortung für den Unfall trage. Er müsse sich für das, was passiert sei, entschuldigen. Es tue ihm unfassbar leid und er würde es gerne rückgängig machen können.

Der Angeklagte T5 hat sich (ebenfalls über seinen Verteidiger ohne Nachfragen zuzulassen) folgendermaßen zur Sache eingelassen: Er sei Fahrer des Fahrzeugs Range Rover gewesen. Vor dem Unfall habe eine Wettfahrt stattgefunden. Es könne sein, dass er im Rahmen dieser Wettfahrt die von dem Sachverständigen S errechneten Geschwindigkeiten erreicht habe. Er könne sich noch an sein Abbremsen erinnern. Was geschehen sei tue ihm unfassbar leid und er wünsche, dass er alles ungeschehen machen könne. Er bedauere sehr, dass die Familie der verstorbenen Y großes Leid ertragen müsse und möchte aus tiefstem Herzen um Verzeihung bitten. Ferner möchte er sich auch bei seiner eigenen Familie entschuldigen.

Soweit die Einlassungen der Angeklagten von den getroffenen Feststellungen abweichen, sind sie durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt.

Dass die Angeklagten mit H und den Zeuginnen Q und R jedenfalls seit April 2019 eine Freundesclique bildeten, haben die Zeuginnen übereinstimmend angegeben. Sie haben hierzu glaubhaft ausgesagt, dass sie von den Angeklagten und H öfter unter der Anschrift I-Straße in Moers (nahe beim späteren Tatort) besucht worden seien, wobei die Angeklagten und H mit dem Auto gekommen seien und dann bei der I-Straße ein schwarzer Mercedes abgeparkt gewesen sei. Dass alle vorgenannten Personen eine Clique bildeten, konnte auch die Polizeibeamtin M bestätigen. Denn die Zeugin M gab an, dass  bei Auswertung der Mobilfunktelefone eine Vielzahl von Anrufen und WhatsApp-Messages zwischen diesen Personen im April 2019 von ihr festgestellt werden konnte. Darüber hinaus hat der Polizeibeamte Akgün angegeben, dass er am 23.04.2019 das der Handynummer des Angeklagten T5 (0177 9032751) unter dem Namen „I“ zugeordnete WhatsApp-Profilbild abgerufen habe. Dieses auch in der Hauptverhandlung in Augenschein genommene Bild zeigt unter anderem H und den Angeklagten I vor einem Flugzeug.

Die Feststellungen zu den Daten der am Rennen beteiligten Fahrzeuge beruhen auf den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen S. Diesem stand eine weit überdurchschnittlich breite, gute Beurteilungsgrundlage zur Verfügung. Bereits in der Nacht des Unfalls hat er den Tatort und die unmittelbar beteiligten Fahrzeuge (noch ohne Rover) besichtigt. Zudem lieferten dann später die Aufzeichnungsgeräte der beiden hochwertigen von den Angeklagten genutzten Fahrzeuge umfassendes Datenmaterial. Er hat – in Auswertung von Zevis-Daten und der EDR-Daten zum Mercedes – Angaben zu der Fahrzeugausstattung machen können. Im Rahmen seiner gutachterlichen Untersuchungen am Mercedes hat er selbst geprüft, dass die Fahrzeugsysteme einwandfrei funktionierten und die Bereifung ordnungsgemäß war und die Laufleistung abgelesen. Auch im EDR-System, das während der Fahrt u.a. Lenkung, Gaspedal, Bremse und Sicherheitssysteme erfasst, waren hierzu keine Fehler hinterlegt. Hinsichtlich des Range Rovers hat der Sachverständige ebenfalls die Herstellerdaten abgerufen und darüber hinaus nachvollziehbar eine eigene Leistungsmessung durchgeführt aus der hervorgeht, dass keine Anhaltspunkte für eine Manipulation („Tuning“) des Motors bestehen. Dass der Mercedes geleast war, haben der Kraftfahrzeugsachverständige und KHK Q3 auf der Grundlage der vom Eigentümer gemachten Angaben berichtet. Zu dem Range Rover hat der Zeuge S ausgesagt, dass er diesen ab 2018 geleast hatte.

Keine sicheren Feststellungen konnten  dazu getroffen werden, ob und wie oft der Angeklagte I vor dem Unfall den Mercedes genutzt hatte, obwohl er über keinen Führerschein verfügte.

Der Umstand, dass und wie der Angeklagte Y4nächst auf den einbiegenden Citroen mit Lenk- und Abbremsmanövern reagierte und dass er den Mercedes trotz Kollision und Beschädigung auf der Fahrbahn halten und abbremsen konnte, spricht dafür, dass der Angeklagte I den Mercedes nicht zum ersten Mal fuhr. Dies würde auch erklären, dass Q im Rahmen ihrer Zeugenaussage Besuche des Angeklagten I mit einem dann vor der I-Straße abgeparkten schwarzen Mercedes in Verbindung brachte. Insbesondere aber hat der Leiter der Mordkommission Q3 ausgesagt, dass bei der Öffentlichkeitsfahndung nach dem Angeklagten I mehrere anonymen Anrufer angaben, dass der Mercedes jeweils von den Brüdern I genutzt wurden, wobei die anonymen Anrufer teilweise durchaus „Insiderwissen“ hatten, etwa – den polizeilichen Ermittlungen entsprechend – angaben, dass der Angeklagte I und sein Bruder beide im Mercedes-Werk in Düsseldorf arbeiteten. Bei Prüfung des subjektiven Tatbestandes ist die Kammer daher – insoweit zu Gunsten des Angeklagten I – davon ausgegangen, dass er schon eine gewisse Fahrpraxis hatte.

Nachgewiesen ist, dass der Angeklagte I die Fahrzeugausstattung und insbesondere Eigentumsverhältnisse, Sicherheitseinrichtungen auch die Beschleunigungsmöglichkeiten des Mercedes kannte: Schon nach seiner Einlassung kannte er die Ausstattung des Fahrzeugs und wollte er die Motorkraft beim Rennen demonstrieren. Seine Kenntnis umfasst insbesondere auch die Beschleunigungsmöglichkeiten des Mercedes. Denn die Besonderheit des Fahrzeugs liegt gerade in der äußerst starken Motorisierung (612 PS) und den herausragenden Beschleunigungswerten (0 – 100 km/h in 3,4 s). Aus  dem vom Sachverständigen S benannten Verkehrswert von 120.000 – 130.000 EUR sind auch entsprechend hohe monatliche Leasingraten abzuleiten. Derartig hohe Leasingraten werden dann aufgebracht, wenn es dem Zahlenden gerade darauf ankommt, ein besonders stark motorisiertes Fahrzeug mit immenser Beschleunigungsfähigkeit zur Verfügung zu haben. Hauptnutzer des Mercedes ist nach den von den Polizeibeamten Q3 wiedergegebenen polizeilichen Ermittlungen LI, dessen Initialen „LI“ sich auch im Kennzeichen wiederfinden. Da der Angeklagte I gemeinsam mit seinem Bruder im elterlichen Haushalt lebte, die Leasingraten von der Familie I aufgebracht wurden, der Angeklagte und sein Bruder den gleichen Arbeitsweg zu dem Mercedes-Werk in Düsseldorf hatte und das Fahrzeug im Hinblick auf eine Gesamtlaufleistung von mehr als 7.000 km bei in der nur wenige Wochen dauernden Nutzungszeit viel bewegt worden ist, ergibt sich, dass der  Angeklagte I – ggf. auf dem gemeinsamen Weg zur Arbeit – mehrfach im Fahrzeug mitgefahren war. Wenn ihm die Beschleunigungsmöglichkeiten nicht schon bei derartigen Fahrten mit dem Mercedes aufgezeigt wurden, so ist hierüber jedenfalls mit dem Angeklagten I gesprochen worden. Dies gilt umso mehr, als neben dem Bruder auch T5 und H aus der Clique des Angeklagten I an derartig stark motorisierten Fahrzeugen sehr interessiert sind, wie sich aus den auf den Handy s von H und T5 vorhandenen Videos ergibt, über deren Auswertung die Zeugin M berichtete und die teilweise in Augenschein genommen wurden. Neben den in Augenschein genommenen Videos hat H etwa im Rahmen seiner Vernehmung auf Nachfrage bestätigt, dass er auf seinen Handy auch ein Video hatte, das aus Aufnahmen u.a. des Range Rover und des Mercedes „zusammengeschnitten“ war. Bei dieser Gesamtkonstellation erscheint es abwegig, dass ausgerechnet der Angeklagte I, dessen Umfeld ein starkes Interesse an dem Fahrzeug hatte und der sich selbst trotz fehlender Fahrerlaubnis auf ein Geschwindigkeitsrennen mit gerade diesem Fahrzeug einließ, kein Interesse an dem Fahrzeug und keine Kenntnis von den hervorstechenden Beschleunigungseigenschaften des Mercedes hatte.

Die Feststellungen zur Nutzung des Range Rovers am Mittag und Nachmittag beruhen auf den Angaben der  Zeuginnen Q und R: Diese sagten übereinstimmend aus, dass T5 das Fahrzeug zur Verfügung stand, nachdem er sie „mittags“ zum Café Extrablatt gefahren hatte. Dies wird auch bestätigt durch die Videoaufzeichnungen, welche mit den Handys von T5 und H gemacht wurden und von der Zeugin M ausgewertet und dann in der Hauptverhandlung auch teilweise in Augenschein genommen wurden. Die Erstellungszeit der Videos wurde bei der Videoaufnahme elektronisch mit aufgezeichnet ohne dass es Anhaltspunkte für ein verfälschtes Aufnahmedatum oder nachträgliche Abänderung der Aufnahmezeit gibt. Auf diesen Videos ist T5 entweder selbst zu sehen oder aber sie sind mit seinem Handy von ihm aufgenommen worden. Dass um 13:48 Uhr der Range Rover bis in den elektronisch abgeregelten Bereich beschleunigt wurde, ist auf dem in Augenschein genommenen Video aus dem Handy des Angeklagten T5 daran festzumachen, dass der Tachometer dort eine Geschwindigkeit von bis zu 254 km/h anzeigte. Ferner hat H im Rahmen seiner Vernehmung eingeräumt, dass er nachmittags ebenfalls den Range Rover gefahren hat, obwohl er keine Fahrerlaubnis hat. Die Zeugen Y2 und X haben übereinstimmend bekundet, dass ihnen T5 mit viel zu hoher Geschwindigkeit am 22.04.2019 gegen 13:00 Uhr auf der F3 in Höhe der Kreuzung D-Straße entgegenkam. Ein Irrtum der Zeugen hinsichtlich der Person des Fahrzeugführers ist auszuschließen: Die Zeugen X und Y2 haben nicht nur den markanten weißen Range Rover des S beschreiben können, wobei die Zeugin Y2 sogar angeben konnte, dass das Fahrzeug ein Frankfurter Kennzeichen aufwies. Darüber hinaus haben beide Zeugen beschrieben, wie sie jeweils T5 bei einer getrennt von der Polizei im Sommer 2019 durchgeführten Wahllichtbildvorlage wieder erkannt hatten.  Da nach T5 – anders als nach dem Angeklagten I – nicht durch Lichtbilder in der Öffentlichkeit gefahndet wurde, spricht nichts dafür, dass  die Zeugen ein anderweitig gesehenes Foto von T5 versehentlich als eigene Erinnerung wiedergaben. Gerade das Herausstrecken der Zunge durch den nahe an ihnen vorbeikommenden Fahrer wurde auch von beiden Zeugen als prägnant beschrieben und beiden Zeugen war die Bedeutung des Vorgangs durch die polizeiliche Vernehmung schon am 25.04.2019 bewusst, so dass eine Wiedererkennung selbst trotz des Zeitablaufs bis zur Wahllichtbildvorlage im Sommer 2019 plausibel ist. Auch in der Hauptverhandlung haben beide Zeugen den Angeklagten T5 wiedererkannt. Allerdings kommt diesem Wiedererkennen nur ein sehr eingeschränkter Beweiswert zu, weil der Angeklagte T5 schon durch die Sitzordnung in der Verhandlung „herausgehoben“ war und die Erinnerung der Zeugen an die Person des Fahrers am 22.04.2019 nahezu zwangsläufig überlagert ist durch die Bilder, die bei der zwischenzeitlich durchgeführten Wahllichtbildvorlage gezeigt wurden. Aufgrund der Aussagen der Zeugen Y2 und X ist auch gesichert, dass der Angeklagte T5 am 22.04.2019 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h erheblich überschritten hat. Hierbei ist im Ausgangspunkt dem Umstand Rechnung zu tragen, dass eine Geschwindigkeitsschätzung durch Zeugen oft nicht sehr zuverlässig ist. Jedoch hatten die Zeugen Y2 und X den von T5 gefahrenen Range Rover  nicht nur in einem kurzen Zeitabschnitt „vorbeifahren“ gesehen, sondern seine Fahrweise über einen längeren Wegabschnitt gezielt beobachtet und aus dieser Fahrweise auch Folgerungen für das eigene Fahrverhalten (Abwarten vor der Verengung trotz räumlichen Abstandes des Range Rovers wegen dessen Geschwindigkeit) gezogen. Es kommt hinzu, dass die Zeugen Y2 und X die F3 nach ihren Angaben häufiger befahren, um von ihrer Heimanschrift  zu den Eltern der Zeugin Y2 gelangen. Beim häufigen Befahren einer auf 30 km/h beschränkten Fahrstrecke ist schon aufgrund der Anzahl der Vergleichswerte eine (vergleichende) Geschwindigkeitsbewertung von Zeugen generell belastbarer als beim einmaligen Befahren. Schließlich haben beide Zeugen übereinstimmend nachvollziehbar ausgesagt, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung von T5 so erheblich war, dass sie in Sorge vor einem möglichen Unfall angesichts der „rechts vor links“-Vorfahrtsregelung die Weiterfahrt des T5 noch möglichst lange über den Rückspiegel verfolgt haben. Gerade der Umstand, dass beide Zeugen dabei aber zugleich bekundeten, dass T5 die Geschwindigkeit an der Engstelle vorübergehend reduzierte, zeigt auf, dass die Zeugen nicht aus Verärgerung über das Verhalten des Zeugen T5 einseitige oder vereinfachende Angaben zu dessen Lasten machten. Dann ist es glaubhaft, dass die Zeugen die Weiterfahrt des Range Rover aus „echter Sorge“ davor, dass T5 durch eine wesentlich überhöhte Geschwindigkeit auf dieser Strecke einen Unfall verursachen könnte, über den Rückspiegel weiterverfolgten.  Insgesamt sind die Angaben der Zeugen zur gefahrenen Geschwindigkeit ausreichend belastbar.

Dass der Angeklagte T5 schon mittags den Plan eines Rennens hatte, ergibt sich aus der ausgelesenen WhatsApp-Nachricht von ihm an O, über welche die Polizeibeamten Sr und M, die mit der Auswertung der Handys befasst waren, berichten konnten. Aus der Nachricht geht durch die Abkürzung „vs“ für „versus“ hervor, dass ein Wettkampf zwischen beiden Fahrzeugen stattfinden sollte. Sowohl der Umstand, dass beide Fahrzeuge hochmotorisiert, waren als auch der Umstand, dass die Clique gerade auf diese beiden Fahrzeuge am Tag Zugriff hatten, spricht dafür, dass T5 schon in der WhatsApp-Nachricht die später eingesetzten Fahrzeuge meinte.

Beide Angeklagten haben mit den von ihnen gefahrenen Fahrzeugen bewusst den Parkplatz an der X-Straße aufgesucht, um von dort aus schnell zur Baerler T-Straße zu gelangen, da dort das geplante Rennen starten sollte.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist erwiesen, dass T5 mit dem Range Rover zunächst zu diesem Parkplatz fuhr und auch I mit dem Mercedes dort später eintraf. Zwar ist im Rahmen der Ermittlungen zunächst davon ausgegangen worden, dass es sich um den Parkplatz am Lidl in der Klever Straße handelt. Nach den Angaben der Polizeibeamtin M hat die Polizei dies jedoch deshalb zugrunde gelegt, weil aufgrund der Zeitangaben des von T5 um 20:50 Uhr erstellten Videos bekannt war, dass der Parkplatz nicht zu weit von der späteren Unfallstelle entfernt sein konnte. Die Zeugin M hat dann wegen  der auf dem Video erkennbaren Anordnung des Parkplatzes und der Bepflanzung den Lidl-Parkplatz als möglichen Ausgangspunkt angenommen. Sie hat jedoch auf Nachfrage bei ihrer Zeugenvernehmung klargestellt,  dass sie diese  Annahme nicht weitergehend abgeklärt habe, indem sie auch andere Parkplätze in der Nähe und insbesondere den Parkmöglichkeiten an der X-Straße ebenfalls überprüft hat. Demgegenüber haben die Zeugen Q, R und H übereinstimmend angegeben, dass sie sich am Parkplatz an der X-Straße „an der Rückseite“ des Bethanienkrankenhauses aufgehalten hatten. Dies konnte auch der Sachverständige S bestätigen, dem die im Navigationsgerät des Fahrzeuges Range Rover gespeicherten Daten zur Auswertung vorlagen. Danach waren an verschiedenen Stellen der X-Straße Aufenthaltspunkte des Range Rovers abgespeichert, dagegen keine Aufenthaltspunkte im Bereich des Lidl-Parkplatzes an  der Klever Straße.

Die Ankunftszeit des Range Rovers an der Stichstraße X-Straße kann dadurch näher eingegrenzt werden, dass das Fahrzeug mit Zeiterfassung 21:29 Uhr von den Kameras  der Tankstelle erfasst wurden und ein weiteres Video auf dem Handy des H den bereits abgeparkten Range Rover zur Uhrzeit 21:34 Uhr  erstellt wurde, wie die Zeugin M berichten konnte. Das mit dem Handy des Angeklagten T5 erstellte Video, das den Angeklagten I im schwarzen Mercedes zeigt, wurde um 21:50 Uhr erstellt. Der Angeklagte T5 hielt sich mit dem Range Rover in der X-Straße auf, um von dort aus schnell zu der Baerler T-Straße zu gelangen, wo das Rennen stattfinden sollte. Der Austragungsort des Rennens war von den Angeklagten nicht zufällig gewählt und die Entscheidung zur dortigen Durchführung des Rennens auch nicht erst während der Fahrt auf der Baerler T-Straße getroffen worden: Es ist in Polizeikreisen bekannt, dass die Baerler T-Straße als Austragungsort von  Beschleunigungsfahrten genutzt wird,  wie die Polizeibeamtin C bei ihrer Zeugenvernehmung angab. Dies hat auch die Zeugin F2 im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigt, indem aussagte, dass sie als Anwohnerin der C2 so an aufheulende Motoren gewöhnt sei, dass sie trotz der Geräuschkulisse nicht in Richtung der von den Angeklagten gefahrenen Fahrzeuge gesehen habe. Auch das sofortige Abbiegen der von den Angeklagten gefahrenen Fahrzeuge in die Baerler T-Straße, das Aufheulenlassen der Motoren, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und das Beschleunigen beider Angeklagten gerade nach dem Ende der Bahnschienen, das von  den Zeugen N, T6, T7 und M übereinstimmend bekundet  wurde, zeigt auf, dass die Fahrstrecke gezielt von den Angeklagten ausgesucht und das Ende der Bahnschienen als Rennbeginn vorab vereinbart war.

Feststellungen zum Straßenverlauf der Baerler T-Straße und zur Unfallörtlichkeit kurz nach der Unfallzeit konnte die Kammer anhand der Aussagen der Zeugen F und Sinne, die als erste Polizeibeamten an der Unfallstelle eintrafen und des Zeugen L3, der als Einsatzleiter in der Nacht die Ermittlungen der Polizei koordinierte, treffen. Ferner wurden die von der Polizeibeamtin F erstellten Fotos der Unfallörtlichkeit  und die von der Polizeibeamtin C, die mit der objektiven Unfallaufnahme betraut war, erstellte Unfallskizze in Augenschein genommen. Außerdem hat der Sachverständige S, der in der Unfallnacht sofort hinzugerufen worden war und auch am nächsten Tag noch vor Ort weitergehende Feststellungen treffen konnte, insoweit Ausführungen gemacht.

Die Feststellungen zu dem Rennverlauf beruhen auf den Angaben der Zeugen N, T6, T7 und M und insbesondere den Feststellungen des Sachverständigen S. Die zu Fuß den Fahrzeugen der Angeklagten entgegenkommende Zeugen T6, T7 und M, welcher den Angeklagtenfahrzeugen mit dem Fahrrad entgegenfuhr, hatten ungehinderte Sicht auf die von den Mercedes und den Range Rover  und befanden sich örtlich in einer Entfernung von weniger als 50 Meter von den Bahngleisen entfernt. Sie bekundeten übereinstimmend, dass ihre Aufmerksamkeit durch Aufheulenlassen des Motors auf die Angeklagtenfahrzeuge gezogen wurde und dass zunächst der Range Rover vor dem Mercedes fuhr, bevor kurz nach den Bahngleisen der Mercedes auf die linke Fahrbahn fuhr und stark beschleunigte. Besonders aufmerksam war der Zeuge T7, der ein großer „Autofan“ ist und sein Spezialwissen auch in der Hauptverhandlung durch ein begeistertes „Herunterrattern“ der Fahrzeugdaten offenbarte.

Das Beschleunigungsverhalten des von I gefahrenen Mercedes konnte der Sachverständige S präzise anhand der Aufzeichnungen des Event Data Recorder („EDR“) nachvollziehen. Der EDR ist im Airbag-Steuergerät untergebracht und speichert bei einem unfallrelevanten Ereignis (Event) die Pre-Crash-Daten im Steuergerät, wobei bei dem Mercedes Informationen zur Fahrzeuggeschwindigkeit, Gaspedalstellung, Motorendrehzahl, Lenkwinkel, Aktivierung der Servicebremse und zur ABS-Regelung abgespeichert werden. Erstmals 5 Sekunden vor dem Unfall sind die Fahrzeugdaten (Gaspedalstellung 100 % bei einer Geschwindigkeit von 115 km/h) erfasst bis zu einer Zeit von lediglich 274 Millisekunden vor dem Unfall. In diesem letztgenannten Intervall werden keine Daten mehr gespeichert, weil nunmehr die Elektronik im Hinblick auf den unmittelbar bevorstehenden Crash primär mit der Gefahrenabwehr befasst ist. Für diesen ohnehin nur  kurzen Zeitraum konnte der Sachverständige S jedoch die zuvor erfassten Daten (Gaspedalstellung 0 %, aktivierte Bremse, zuletzt festgehaltene Geschwindigkeit von 116  km/h) bis zur Kollision  weiter berechnen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der EDR Daten falsch abgespeichert hat, insbesondere ist das Crash Recording als vollständig abgelegt erfasst und die Daten als „plausibel“ gespeichert. Aber auch die vom Sachverständigen anderweitig festgestellten Umstände, namentlich der durch objektive Spuren auf der Fahrbahn feststellbare Kollisionsort und die aus den Fahrzeugbeschädigungen rückfolgerbare Kollisionsgeschwindigkeit bestätigen die im EDR hinterlegten Daten. Die Erstlenkbewegung nach rechts entspricht nicht nur der Einlassung des Angeklagten I, sondern ist vom Sachverständigen S als plausible und typische Reaktion von Autofahrern in einer drohenden Gefahrensituation zu sehen, da instinktiv zunächst von der Gefahr (hier: von links kommender Citroen der Y) weggelenkt wird. Aus den EDR-Daten der Lenkstellungen konnte der Sachverständige überzeugend ableiten, dass sich der Mercedes ca. 200 Meter auf der linken Fahrspur befand. Der Angeklagte I hat sich ferner dahingehend eingelassen, bereits im Bereich der Baerler Straße auf die Gegenfahrspur gewechselt zu haben. Auch die Lenkbewegungen kurz vor dem Unfall waren für den Sachverständigen danach nachvollziehbar. Aus dem Übergang von Beschleunigen zum Bremsen unter Berücksichtigung einer realistischen Reaktionszeit von 1 Sekunde konnte der Sachverständige plausibel rückfolgern, dass der Angeklagte I den Citroen in einer Entfernung von 101,7 Metern vor der Kollision wahrnahm. Der Sachverständige hat dann nachvollziehbar unter Anwendung der realistischen Werte von 1 Sekunde Reaktionszeit und einer Verzögerung von 9 m/s² berechnet, wie lange der Anhalteweg des Angeklagten I bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 50 km/h gewesen wäre und bis zu welcher Grenzgeschwindigkeit er vor dem späteren Kollisionsort anhalten konnte. Ferner hat der Sachverständige auch durch Nachstellen der Unfallsituation geprüft, wie sich die wechselseitige Erkennbarkeit für den Angeklagten I und das Tatopfer Y darstellte. Er hat bestätigt, dass in der Position, in der I den Citroen erkannte auch umgekehrt der Mercedes erkennbar war, jedoch dessen überhöhte Geschwindigkeit nur durch eine längere gezielte Beobachtung erfassbar war. Dass an dem PKW von Y das Licht eingeschaltet war, konnte der Sachverständige anhand der von ihm nach dem Unfall feststellbaren Position des Lichtschalters auf „Abblendlicht“ feststellen. Dass an dem Mercedes das Licht eingeschaltet war, haben die Zeugen N, T6, T7 und M bestätigt. Zu der Wirkweise des LED-Multibeam-Lichtsystems hat der Sachverständige Ausführungen gemacht und beim Nachstellen des Unfalls bewusst ein Fahrzeug verwendet, das mit einem identischen Lichtsystem ausgestattet war.

Keine abschließenden Feststellungen konnten dazu getroffen werden, ob die Erkennbarkeit durch  aus Fahrtrichtung der Angeklagten auf der linken Seite an der C2 direkt vor der Kreuzung E-Straße abgeparkte Fahrzeuge weitergehend beeinträchtigt war: Die hierzu vernommenen Zeugen hatten hieran erklärtermaßen keine Erinnerung mehr, auch der Sachverständige konnte im Rahmen seiner Gutachtenerstattung hierzu keine weitergehenden Angaben machen.

Der Sachverständige Sü., der von der Polizei schon zeitnah nach dem Unfall hinzugezogen wurde, konnte den Kollisionsort deshalb präzise eingrenzen, weil sich auf der Fahrbahn Schlagmarken befanden, die mit einer entsprechenden „Gegenspur“ am Abgasrohr des Citroen korrespondierten und ferner von dieser Stelle Driftspuren in Richtung der beiden weiteren beschädigten Fahrzeuge von Y und D und letztlich in die Endstellung des PKW Y führten. Auch die Endstellung des Mercedes war feststellbar, dessen Fahrtstrecke nach der Kollision ferner durch Flüssigkeitsspuren und Reifenspuren vom Sachverständigen ohne weiteres nachverfolgbar. Der Sachverständige, der die Möglichkeit genutzt hatte, alle an den Kollisionen beteiligten Fahrzeuge selbst zu besichtigen, zu fotographieren und ihren Zustand vor Ort  zu untersuchen und ihre Endlage exakt einzumessen, konnte aufgrund der feststellbaren Beschädigungen den Anstoßwinkel zwischen dem Mercedes und dem Citroen auf 15 – 25 Grad eingrenzen. Anhand des Anstoßwinkels, des nach den Kollisionsgeschwindigkeiten vorliegenden Impulses, der noch auf der Fahrbahn feststellbaren Driftspuren und der weitergehenden Kollisionsanalyse über die EES-Werte (Energy Equivalent Speed-Werte) nach den gutachterlich ausgewerteten Schäden an allen Fahrzeugen konnte der Sachverständige auch die Fortbewegung des Citroen nach der Erstkollision plausibel rekonstruieren. Ferner hat der Sachverständige die Sachschäden im Rahmen seiner Gutachtenerstattung in der Hauptverhandlung grob abgeschätzt. Auch das Beschleunigungsverhalten des von T5 gefahrenen Range Rover hat der Sachverständige technisch feststellen können. Denn der Range Rover verfügt über ein Navigationsgerät das per Global Positioning System (GPS) sekundengenau Positionen erfasst, wobei allerdings Nachkommastellen abgeschnitten werden. Aus der vom GPS-Gerät dokumentierten geographischen Lage der einzelnen Messpunkte und der für diese Messpunkte erfassten Zeiten konnte der Sachverständige dann  – unter Berücksichtigung von größtmöglichen Aufschlägen wegen des „Abschneidens“ der Sekundennachkommastelle – belastbar Mindestgeschwindigkeiten ableiten. Im Bereich des hier interessierenden Streckenabschnitts Baerler Straße / C2 hat das Navigationssystem 2 Messpunkte auf den Bahnschienen und vier Messpunkte nachfolgend erfasst, wobei sich der letzte Punkt kurz nach der T6 befindet, während der dann folgende Messpunkt erst mit erheblichen zeitlichen Abstand in der E-Straße erfasst wurde. Anhand dieser Messpunkte konnte der Sachverständige feststellen, dass T5 auf der C2 kurz nach der Einmündung T6 als Untergrenze eine Geschwindigkeit von 92 km/h erreicht hatte. Aufgrund von Kontrollrechnungen über die Maximalbeschleunigungsmöglichkeiten des Range Rovers konnte der Sachverständige diese Geschwindigkeit auch im Hinblick auf die vorherigen Erfassungspunkte des Navigationssystems und der daraus ableitbaren Geschwindigkeiten (von dem Sachverständigen als „technische Obergrenze“ benannt) aus technischer Sicht bestätigen.  Letztlich wird eine derartige Geschwindigkeit von 92 km/h auch durch die Aussagen der Zeugin R gestützt, die zunächst aussagte, dass T5 „normal“ gefahren sei und auf Nachfrage dann als „normale“ Geschwindigkeit „80-90 km/h“ angab. Die Zeugin Q hatte die von T5 gefahrene Geschwindigkeit im Rahmen ihrer Vernehmung bei der Hauptverhandlung sogar mit „vielleicht 100 km/h“ angegeben.

Anhand der Geschwindigkeitsentwicklung konnte der Sachverständige sicher und nachvollziehbar feststellen, dass der Angeklagte T5 jedenfalls vor Erreichen der feststellbaren Höchstgeschwindigkeit kurz nach der Einmündung T6 das Gaspedal voll durchgetreten hatte. Belastbar ausschließen konnte der Sachverständige, dass T5 den Range Rover bereits vor der T6 angehalten hatte. Dies hat aber auch nur der Zeuge H angegeben und ist weder von den weiteren Fahrzeuginsassen Q und R. bestätigt wurde, noch von den Zeugen N, T6, T7 und M, die das Rennen – wenn auch aus einiger Entfernung – nachverfolgt hatten. Zwar hat der Sachverständige S das jeweils für sich ermittelbare Beschleunigungsverhalten von Mercedes und Range Rover aus technischer Sicht erklärtermaßen nicht in ein zwingendes Zuordnungsverhältnis untereinander bringen können. Jedoch ergibt sich aus seinen nachvollziehbaren Ausführungen, dass in näherer Umgebung der T6 beide Fahrzeuge mit Vollgas fuhren. Die gleichzeitige Maximalbeschleunigung beider Fahrzeuge auf jeweils einer Spur belegt, dass die Angeklagten nach dem Ende der Bahnschienen ein verabredetes Geschwindigkeitsrennen fuhren, was sich auch mit den Beobachtungen und dem Eindruck der Zeugen N, T6, T7 und M und den Einlassungen der Angeklagten deckt.

Nicht abschließend feststellen konnte der Sachverständige S, ob Frau Y ihr Fahrzeug an der Halte- oder Sichtlinie angehalten hatte oder aber diese Linien „überfahren“ hatte. Denn die zur Kollisionszeit vom Sachverständigen anhand der Kollisionsanalyse und der Geschwindigkeit des Angeklagten I ableitbare Geschwindigkeit des Citroen hätte nach beiden Alternativen (Anhalten mit anschließendem Anfahren einerseits oder aber Überfahren von Halte- bzw. Sichtlinie andererseits) von Frau Y an dieser Stelle erreicht werden können. Die hierzu vernommenen Zeugen konnten überwiegend keine Angaben dazu machen, ob Frau Y ihr Fahrzeug an der Halte- oder Sichtlinie angehalten hatte. Lediglich der Zeuge T4 gab an, dass der Citroen „kurz“ angehalten habe. Der Zeuge N sagte in der Hauptverhandlung aus, dass es ihm „so vorkomme“, als ob der Citroen angehalten hätte und blieb bei dieser Aussage auch, als ihm seine abweichenden Angaben bei der polizeilichen Vernehmung („Ich habe nicht gesehen, dass ihr Auto vorne an der Straße angehalten hatte. Für mich sah das so aus, als wäre sie ohne anzuhalten durchgefahren“) vorgehalten wurden. Die Aussagen der Zeugen T4 und N sind aber nicht ausreichend belastbar, zumal sie ihrem damaligen Standort entsprechend die Haltelinie nicht sehen konnten und es zweifelhaft ist, ob sie die Sichtlinie wahrnehmen konnten und ihr Hauptaugenmerk auch nach ihren Angaben mehr auf die beschleunigenden Fahrzeuge der Angeklagten als auf das Fahrverhalten des späteren Opfers gerichtet war.

Bereits zu Beginn des Rennens unmittelbar nach Passieren des Bahnübergangs und beim Wechsel auf die linke Fahrspur und bei Durchtreten des Gaspedals mindestens 5 Sekunden vor der späteren Kollision wusste  I, dass durch seine Fahrweise bei dem Rennen eine nicht absehbare Anzahl von Personen ums Leben kommen kann, dies hielt er ernsthaft für möglich er nahm dies – um das verabredete Rennen gewinnen zu können und insoweit vor seinen Freunden mit dem teuren Mercedes angeben zu können – billigend in Kauf.

Denn I hatte den Tod anderer Verkehrsteilnehmer als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Fahrverhaltens erkannt (Wissenselement), sich um des erstrebten Rennziels willen jedoch mit dem Tod anderer Verkehrsteilnehmer abgefunden, auch wenn ihm der Tod anderer gleichgültig oder sogar unerwünscht war (Willenselement).

Denn das Herausziehen des Fahrzeugs auf die linke Fahrspur in der Absicht, hier unter Maximalbeschleunigung so lange zu verbleiben, bis das Rennen gegen T5 durch Überholen, Wiedereinscheren und Davonfahren siegreich beendet war, ist ein äußerst riskantes Verhalten, dass andere Verkehrsteilnehmer ersichtlich in konkrete Todesgefahr bringt:

Bei einer Vollbeschleunigung, die nicht aus dem Stand sondern schon aus mäßiger Fahrt heraus erfolgte, erreichte I vorhersehbar mit der Motorleistung des Mercedes schon nach Sekundenbruchteilen Geschwindigkeiten, die unter Berücksichtigung von Reaktionszeit und Bremswegen es unmöglich machten, dass er selbst noch vor kurzfristig oder in der Nähe auftauchenden Personen oder Fahrzeugen abbremsen kann.  Im Hinblick auf den neben ihn fahrenden T5, die (ihm aufgrund seiner Ortskundigkeit bekannte) Straßenbreite (nur eine Fahrbahn für jede Richtung) und die fehlende Befahrbarkeit über den Straßenraum hinaus waren auch die Ausweichmöglichkeiten für den Angeklagten I stark eingeschränkt. Neben der fehlenden Kontrollmöglichkeiten für I ergibt sich die vom Angeklagten erkannte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auch daraus, dass diese in diesem Straßenabschnitt weder von Geschwindigkeiten weit oberhalb von 100 km/h noch von einem längeren Befahren der Gegenfahrspur ausgehen. Damit besteht die nahliegende Möglichkeit, dass andere Verkehrsteilnehmer  die Verkehrssituation – zumal bei den durch die Dunkelheit trotz der Straßenlaternen eingeschränkten Sichtverhältnissen – nicht zutreffend einschätzen können. Auch bei Kenntnis von der Vorfahrtsberechtigung der C2 konnten daher andere Verkehrsteilnehmer schnell der Fehleinschätzung unterliegen, noch gefahrlos auf die C2 einbiegen zu können. Da weder I den Mercedes aufgrund der Geschwindigkeit ausreichend beherrschen konnte und auch keine Ausweichmöglichkeiten bestanden und andere Verkehrsteilnehmer die Verkehrssituation ebenfalls falsch einschätzen konnten, bestand das hohe Risiko von Kollisionen. Im Hinblick auf das Gewicht des Mercedes und die mit diesem gefahrenen Geschwindigkeiten ist der Unfalltod eines oder mehrerer Verkehrsteilnehmer bei einer derartigen Zusammentreffen dann ohne weiteres möglich.

Hierbei handelt es sich auch nicht um lediglich dem Straßenverkehr stets immanente theoretisch-abstrakte Gefährdungen von ganz geringer Wahrscheinlichkeit. Vielmehr war es angesichts der an die C2 angrenzenden Grundstückseinfahrten und Seitenstraßen trotz der geraden Straßenführung der C2 ohne weiteres möglich, dass andere Verkehrsteilnehmer seitlich in den unbeherrschbaren Einwirkungskreis des auf der C2 rasenden Mercedes gelangen. Nach örtlicher Lage und Funktion der C2 waren zur Tatzeit dort auch durchaus andere Verkehrsteilnehmer zu erwarten: Im Hinblick auf die direkt angrenzende Wohnbebauung und die in Längsrichtung vorgesehenen Parkmöglichkeiten ist auch an einem Ostermontag um 22:00 Uhr von Anwohnerverkehr auszugehen. Außerdem stellt die C2 mit der Straßenführung über die Bahnschienen eine Möglichkeit dar, zum Stadtzentrum (oder von dort zur Autobahn) zu gelangen, so dass auch Durchgangsverkehr in Betracht kommt.

Die objektive Gefährlichkeit seines Verhaltens war dem Angeklagten I seinerzeit während des Rennens von Beginn an bewusst. Dies entspricht seiner eigenen Einlassung. Im Übrigen ergibt sich die Schaffung einer konkreten Todesgefahr für andere aus den I bekannten Umständen:  Grundlegende (wenn auch offenbar nicht ausreichend vertiefte) Kenntnisse über den Straßenverkehr und damit verbundene Gefahren hatte I bereits in der Fahrschule vermittelt bekommen, da der Leiter der Mordkommission  Q3 aussagte, dass I nach den hierzu eingeleiteten polizeilichen Recherchen eine Fahrschule besucht, dann allerdings mehrfach die theoretische Prüfung nicht bestanden hatte. Dass bei einer doppelten oder sogar dreifachen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit in einer innerstädtischen Straße bei längerem Befahren der Gegenspur Zusammenstöße mit möglicherweise tödlichen Folgen drohen, ist aber auch kein erst im Rahmen der Fahrschulausbildung vermitteltes „Spezialwissen“, sondern erschließt sich  Erwachsenen ohne weiteres.

Mit dem Tod anderer hatte sich I jedoch abgefunden, um mit der Stärke seines Wagens protzen zu können und das Rennen durchzuführen; er vertraute gerade nicht ernsthaft darauf, dass der Tod anderer schon ausbleiben würde. Nach eigener Einlassung führte er das Rennen im Rahmen eines Kräftemessens durch, um zu demonstrieren, dass er der schnellere Sprinter im Überholvorgang ist und um die Motorkraft des von ihm gefahrenen Fahrzeugs zu zeigen. Auch die durchgeführte Beweisaufnahme hat keinen anderweitigen Motive für das hochgefährliche Rennen ergeben: Weil die am Rennen beteiligten Angeklagten in einer Clique verbunden sind und weder aus der von der Polizeibeamtin M ausgewerteten Handy-Kommunikation zwischen beiden noch aus der in dem in Augenschein genommenen Video kurz vor dem Rennen Anhaltspunkte für Streitigkeiten zwischen den Angeklagten ersichtlich sind, kann insbesondere ausgeschlossen werden, dass I über die Rennaufforderung hinaus von T5 ernsthaft provoziert worden ist. Dritte waren weder nach Einlassung der Angeklagten noch nach Zeugenangaben an dem Rennen beteiligt. Grund für das hochgefährliche Rennen war daher, dass I sich und „sein“ Fahrzeug vor der Clique und möglicherweise auch zufälligen Zuschauern des Rennens „präsentieren“ wollte.

Da es sich entsprechend der obigen Ausführungen um ein verabredetes Rennen mit festen Startpunkt handelt, hat sich der Angeklagte I trotz des ihm bekannten Risikos von Unfällen mit Todesfolge bewusst dafür entschieden, dieses Risiko um des Rennens willen einzugehen.

Risikoverringernde oder gar -ausschließende Maßnahmen hat er (im Hinblick auf die anderen Verkehrsteilnehmer) nicht ergriffen;  es gab auch keine anderweitig vorhandene risikoverringernde Umstände und auch dies war dem Angeklagten I schon  bei Beginn des Rennens  bewusst:

Soweit er sich dahingehend eingelassen hat, in völliger Überschätzung der eigenen fahrerischen Fähigkeiten und der Ausstattung des gefahrenen Fahrzeugs darauf vertraut zu haben, dass es nicht zum Unfall kommt, handelt es sich um bloße Schutzbehauptungen. Zwar geht die Kammer insoweit nach dem Zweifelsgrundsatz zu Gunsten des Angeklagten I davon aus, dass er schon über eine gewisse Fahrpraxis verfügte. Bei dem planmäßig durchgeführten und daher von I schon vorher durchdachten Beschleunigungsrennen ging es aber gar nicht darum, besondere Fahrmanöver oder fahrerische Fähigkeiten zu zeigen. Vielmehr zielte das plangemäße Fahrverhalten von I nur darauf ab, sich als – vermeintlich – „furchtlos“ und „tollkühn“ zu präsentieren, indem eine möglichst große Geschwindigkeit bei  möglichst langer Fahrt auf der Gegenfahrbahn erreicht wird. Angesichts der Nebeneinanderfahrt und der gefahrenen Geschwindigkeiten konnte auch die hochwertige „Ausstattung“ des Mercedes keinen Unfall verhindern, da die vorhandenen unterstützenden Bremssysteme (ESP und ABS) bei derartig hohen Geschwindigkeiten zwar die Kontrolle des eigenen Fahrzeugs bei einer Vollbremsung verbessern, aber naturgemäß keinen Einfluss auf die notwendige Reaktionszeit des Fahrers haben und den eigentlichen Bremsweg selbst nicht ausreichend verkürzen. Auch schafft die technische Ausstattung des Mercedes keine zusätzlichen  Ausweichmöglichkeiten auf dem durch die örtlichen Gegebenheiten und den durch den parallel fahrenden T5 seitlich beengten Straßenraum.

Als bloße Schutzbehauptung widerlegt ist auch die Einlassung H, dass er aufgrund der  von ihm vorgestellten Kürze des Überholvorgangs davon ausging, dass es nicht zu einem Unfall kommt: Es war im Vorfeld abgesprochen, dass der Angeklagte T5 ebenfalls beschleunigen sollte, wobei auch der Range Rover stark motorisiert war, so dass der Angeklagte I wusste und wollte, dass er einen Zeitlang neben T5 fuhr. Dies machte hier den „Renncharakter“ aus und entsprach daher gerade dem Vorstellungsbild beider Angeklagten von dem verabredeten Rennen. Dann aber kann die von dem Sachverständigen S technisch nachgewiesene Fahrt auf der linken Fahrspur über ca. 200 Meter den Angeklagten I nicht überrascht haben, zumal bis auf die Reaktion auf den herausziehenden PKW der Frau Y keine Maßnahmen ersichtlich sind, den Überholvorgang vorzeitig abzubrechen. Die Kammer hat durchaus erkannt, dass die Rennstrecke bis zum Abbruch durch den Unfall noch nicht arg lang war. Aber bereits im Straßenabschnitt Bahnquerung bis Unfallstelle gab es mit den Einmündungen S2, T6 und E-Straße mehrere offenkundige Gefahrenquellen mit der erhöhten Gefahr für tödliche Unfälle.

Der Annahme bedingten Tötungsvorsatzes steht hier nicht durchgreifend entgegen, dass für ein Vertrauen auf einen kollisionsfreien Ausgang des Rennens anzuführen ist, dass der Angeklagte I mit einer in Kauf genommenen Kollision auch seine eigene Gesundheit oder sein eigenes Leben unweigerlich mit gefährdete.  Denn aufgrund seiner Fahrweise beim Rennen hatte I selbst bei einem Unfall keine schwerwiegenden oder gar tödlichen  Verletzungen zu befürchten: Zur Unfallzeit (Ostermontag gegen 22:00 Uhr) und an der Unfallstelle hatte I nicht mit Lastkraftwagen zu rechnen, die bei einer Unfallkollision schon aufgrund ihres Gewichts eine ernsthafte Gefahr für sein Leben oder seine Gesundheit hätten darstellen können. Er hatte vielmehr nur mit Kraftfahrzeugen zu rechnen, die ein Gewicht aufwiesen, dass nicht maßgeblich  über dem Gewicht des schon fast zwei Tonnen schweren Mercedes liegt. Durch die von ihm gefahrene Geschwindigkeit ging von seinem Fahrzeug  ein so starker Impuls aus, dass ihm von seitlich mit dann geringer Geschwindigkeit einbiegenden Fahrzeugen keine erhebliche Gesundheitsgefahr bei einer Kollision drohte. Ihm entgegenkommende Fahrzeuge wären aufgrund seiner Multibeam-LED-Frontlichter und der geraden Straßenführung entweder schon lange im Vorfeld erkennbar oder hätten, sofern die Fahrzeuge erst gerade in die C2 eingebogen wären, ebenfalls noch keine hohe Geschwindigkeit aufgebaut. Im Hinblick auf die Front des Mercedes und die zahlreichen vorhandenen Airbags in der Fahrgastzelle und die Sicherung durch Gurt inklusive Gurtstraffvorrichtung hatte er selbst bei Kollisionen mit Fahrzeugen daher keine erheblichen eigenen Gesundheitsschäden zu befürchten.

Ebenfalls steht der Annahme eines bedingten Vorsatz nicht entgegen, dass I bei einem Unfall Schwierigkeiten aus der Familie zu erwarten hatte, weil er das Fahrzeug ohne Willen seiner Eltern und seines Bruders verwendet und dann auch noch beschädigt hat: Denn der finanzielle Schaden für seine Familie bei einer Unfallbeschädigung des Mercedes war aus Sicht des Angeklagten I  überschaubar, da es sich – was I wusste – um ein Leasingfahrzeug handelt. Auch kann die Gefahr einer Entdeckung der Fahrzeugnutzung durch seine Familie nicht als Indiz dafür angeführt werden, dass I die Möglichkeit eines Unfalls entsprechend seiner Einlassung „vollständig ausblendete“: Denn durch das Fahren ohne Fahrerlaubnis und das Beschleunigen auf das mehr als Dreifache der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit und dies auch noch im innerstädtischen Bereich zeigte der Angeklagte I, dass er sich bewusst  zur Durchführung des Rennens selbst über strafbewehrte Verbote und Schutzvorschriften hinwegsetzte. Dann kann die Gefahr der Aufdeckung der Fahrzeugnutzung durch die Familie schon für sich nicht als vorsatzkritischer Umstand angesehen werden. Außerdem ist zu bedenken, dass das Risiko einer Aufdeckung seiner Fahrt mit dem Mercedes durch das Rennen auch dann bestand, wenn es nicht zum Unfall kam: Denn er fuhr dieses Rennen mit einem Fahrzeug mit hohem Wiedererkennungswert und zog durch das vorherige Aufheulenlassen des Motors und das lange Fahren auf der Gegenfahrspur bei Maximalbeschleunigung gezielt Aufmerksamkeit auf sich. Dann aber ging er mit dem nur wenige Kilometer von seiner Wohnanschrift ausgeführten Rennen ohnehin bewusst das Risiko ein, dass seine Familie von seiner Fahrzeugnutzung erfährt.

Auch der Umstand, dass I durch ein Abbremsen und Ausweichbewegungen noch versuchte, den Unfall zu verhindern, spricht nicht durchgreifend gegen den Tötungsvorsatz.. Denn im Rahmen eines bedingten Vorsatzes kann der tatbestandliche Erfolg  dem Täter – wie hier I – gleichgültig oder sogar unerwünscht sein. Die in der Erkennungssituation beschränkten Reaktionen H erfolgten erst, als sich das zuvor bewusste gesetzte Risiko für eine tödliche Kollision durch Abbremsen und Ausweichen kaum vermeiden ließ.

Schließlich bietet das Nachtatverhalten von I keinen Indizien dafür, dass er trotz der erkannten besonderen Gefährlichkeit bei Rennbeginn berechtigt davon ausging, dass es nicht zu einem tödlichen Unfall kommt und er dann den Eintritt dieses Ereignisses umso fassungsloser zur Kenntnis nahm. Denn beim zügigen Entfernen von der Unfallstelle, der Verständigung anderer vom Internetcafé aus und der Entledigung der auffälligen Oberbekleidung hat er rational so gehandelt,  dass er nicht vor Ort entdeckt und dann zwangsläufig zur Rechenschaft gezogen werden kann. Dass er sich vom Unfallort entfernte, ohne sich um das sterbende Tatopfer zu kümmern, spricht eher für ein Abfinden mit dem Eintritt des Todes des Tatopfers.

Der Angeklagte I setzte seinen Mercedes  als Mittel beim Rennen ein und wusste dabei, dass er im Falle eines Unfalls dessen Wirkung auf das Leben einer Mehrzahl anderer Menschen nach den konkreten Umständen des Falles nicht in der Hand hatte: Tatort war weder eine Autobahn noch ein einsames Gewerbegebiet oder ein abgesperrter Rennkurs. Wie oben dargestellt hat man vielmehr bewusst die innerstädtische „Rennstrecke“ ausgesucht, die zur fraglichen Zeit – wie zu erwarten war – noch relativ belebt war (man denke etwa an die oben genannte Fußgängergruppe im „Startbereich“ oder daran, dass ja auch im Auto des Mitangeklagten gleich vier Personen saßen). Die Folgen eines Zusammenstoßes mit anderen Fahrzeugen waren für I offenkundig weder kalkulierbar noch beherrschbar. So war es vom Zufall abhängig, wieviele Personen in welchen Fahrzeugen in den unkontrollierten Einwirkungsbereich des Mercedes gerieten und durch eine Kollision tödlich verletzt werden konnten. Ebenso war es vom Zufall abhängig, ob ein oder gleich mehrere andere Verkehrsteilnehmer durch Teile, die kollisionsbedingt herumgewirbelt wurden, getroffen wurden. Dass es hier beinahe zu einer weiteren Schwerverletzten oder sogar Toten gekommen wäre, hat die Zeugin F2 sehr anschaulich bekundet. Denn diese beschrieb, wie sie noch den Luftzug des knapp über ihr fliegenden Reserverades mitbekam, der dann hinter ihr im Garagentor einschlug. Für die Richtigkeit ihrer Angaben kann ferner angeführt werden, dass der vernommene Polizeibeamte L3 angab, dass das Reserverad sicher gestellt und die Einschlagstelle an dem beschädigten Bereich des Garagentores festgestellt werden konnte. Dass die Zeugin F2 ca. 100 Meter von der Kollisionsstelle entfernt stand, hat der Sachverständige S festgestellt. Ebenso hat er Feststellungen dazu getroffen, dass andere Gegenstände aus dem Citroen weit um die eigentliche Kollisionsstelle verteilt wurden und zwar auch solche Gegenstände, die wie etwa der aufgefundene Wagenheber beim Aufschlagen auf Menschen tödliche Verletzungen hervorrufen können. Im Einwirkungsbereich des Rennens waren neben der getöteten Y und der Anwohnerin F2 zumindest auch noch die  vernommenen  Zeugen  N, T6, T7 und M, die von Fahrzeugteilen hätten getroffen werden können, wenn es schon vorher zu einer Kollision gekommen wäre. Auch hinsichtlich dieser Gefährlichkeit seines Fahrzeugs handelte der Angeklagte I mit bedingtem Vorsatz, denn er wusste dass die öffentliche Straße durch beliebige Personen nutzbar war (und angesichts von Lage und Zeit auch noch genutzt wurde) und es bei einem Unfall angesichts der von ihm  gefahrenen Geschwindigkeit nur von einem Zufall abhing, ob und wie viele Menschen unmittelbar durch die Kollision oder durch infolge der Kollision herumfliegende (Fahrzeug-)Teile getötet würden.

Dass sich I nahezu ohne Verletzungen nach dem Unfall entfernte, hat die Zeugin F2 bekundet. Sein Verhalten in dem Internetcafé konnte der Zeuge Ö wiedergeben, der schon vor der Öffentlichkeitsfahndung I durch Bekannte identifiziert hatte und sich Lichtbilder von I beschafft hatte. Dass Y4nächst „abgetaucht“ und sich nach einer Öffentlichkeitsfahndung selbst gestellt hatte, hat der Zeuge Q3 angegeben.

Aufgrund seiner Einlassung und der nachgewiesenen Absprache entsprechend der vorstehenden Ausführungen ist nachgewiesen, dass auch der Angeklagte T5 vorsätzlich an dem Rennen teilnahm, bei dem beide ihre Fahrzeuge unter Vollgas beschleunigen wollten und auch beschleunigt haben.

Auch T5 kannte alle Umstände, aus denen sich die konkrete Todesgefahr für andere Verkehrsteilnehmer durch das Rennen ergab. Insbesondere wusste und wollte er, dass bei der beabsichtigen Vollgasbeschleunigung von beiden Fahrzeugen Geschwindigkeiten erreicht würden, die weit über die zulässige Maximalgeschwindigkeit von 50 km/h hinausgingen. Er wusste und wollte auch, dass der Angeklagte I die Gegenfahrspur nutzt. Denn es war für den vorausfahrenden T5 klar, dass bei dem Wettrennen gegeneinander der zunächst hinter ihm fahrende I die Gegenspur würde nutzen müssen. Auch der Umstand, dass T5 in einem Bereich der C2 mit Vollgas beschleunigte, in dem I längst auf der Gegenfahrbahn war und ebenfalls maximal beschleunigte, zeigt, dass dieses Fahrverhalten des I für T5 nicht überraschend kam,  sondern gerade der vorherigen Absprache folgte.

Ferner war auch für T5 erkennbar, dass durch das Rennen für andere Verkehrsteilnehmer eine Todesgefahr bestand, indem eine Kollision drohte, weil für die Angeklagtenfahrzeuge bei den gefahrenen Geschwindigkeiten kaum Abbremsmöglichkeiten bestanden und die Ausweichmöglichkeiten eingeschränkt waren und andere Verkehrsteilnehmer in diesem Bereich keine Fahrzeuge mit derartig hohen Geschwindigkeiten erwarteten und die Dunkelheit eine Geschwindigkeitsabschätzung für andere Verkehrsteilnehmer zusätzlich erschwerte.

Dass der Angeklagte T5 den Ranger Rover nach dem Abbiegen in die E-Straße angehalten hat, haben nicht nur die Zeugen Q, R. und H bestätigt, sondern auch der Zeuge T4, der sich das Kennzeichen des Range Rovers im Handy notiert hatte.

Zu dem Verhalten von T5 nach dem Anhalten des Range Rover in der E-Straße haben die Zeugen Q, R und H Angaben gemacht. Alle haben bestätigt, die Kollision zwischen dem Mercedes und dem Citroen mitbekommen zu haben. Der Zeuge H hat sogar Details wie das „Drehen des Citroen“ und das Herausschleudern der Frau Y angegeben und hierzu in der Hauptverhandlung ausgesagt, dass er diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf bekomme. Auch der Angeklagte T5 hat von seiner Fahrerposition aus schon beim Abbiegen mitbekommen, dass der Mercedes und der Range Rover kollidiert waren. Dass er von dem Unfall wusste ergibt sich ferner daraus, dass er das Kartenbild an L I per Handy sandte, wie die mit der Handy-Auswertung befasste Zeugin M bekundete. Zu der daraufhin eingehenden Anzeige des L I konnten die Polizeibeamten L und Q3 Angaben gemacht.

Dass T5 mit den anderen Fahrzeuginsassen im Range Rover davon fuhr, damit die Polizei seine Personalien und seine Beteiligung am Rennen nicht feststellt, ergibt sich daraus, dass nach den gutachterlichen Auswertungen der GPS-Daten der Range Rover insgesamt nicht lange vor Ort verblieb. Das Entfernen von der Unfallstelle trotz der T5 bekannten Schwere des Unfalls und der Möglichkeit, zum Unfallgeschehen nähere Angaben zu machen, ist nur damit  zu erklären, dass T5 gegenüber der Polizei seine Rennbeteiligung verheimlichen wollte. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass keiner der Fahrzeuginsassen etwa nach Rückkehr zur Wohnung I-Straße von sich aus die Polizei  informierte. Vielmehr musste nach den Aussagen der Polizeibeamten Q3, L3 und Akgün erst über die Halteranfrage zum Range Rover und weitergehenden Ermittlungen an der I-Straße von Seiten der Polizei abgeklärt werden, welche Personen im Range Rover saßen und wer diesen fuhr.

Die Feststellungen zum Rotlichtverstoß von T5 beruhen auf den Angaben der Zeugen L und H, bestätigt durch den verlesenen Bußgeldbescheid.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht auch fest, dass Frau Y bereits durch den Erstaufprall (Kollision des Mercedes des I mit ihrem PKW) tödlich verletzt wurde: Die Sachverständige Dr. P hat die Leiche obduziert. Als weitere Anknüpfungstatsachen standen ihr insbesondere die Krankenhausdokumentation zur Behandlung des Tatopfers zur Verfügung und die von der Sachverständigen veranlassten makro- und mikroskopischen Zusatzuntersuchungen insbesondere des Gehirns und Anteile des Rückenmarkes aus dem Lendenwirbelbereich sowie das Ergebnis der von ihr veranlassten giftchemischen Untersuchungen zur Verfügung. Die Sachverständige hat überzeugend die durch die Krankenhausbehandlungen veranlassten Befunde (etwa eine Narbe am Schädel, da infolge der Hirnschwellung im Krankenhaus gezielt ein Teil des Schädeldaches entfernt werden musste, damit sich das Gehirn ausdehnen konnte und infolge eines neurochirurgischen Eingriffs typische kleineren Einblutungen im Gehirnbereich) von dem direkt durch den Unfall verursachten Schäden abgegrenzt. Bei dem Unfall ist die Sachverständige – in Einklang mit den Ausführungen des Sachverständigen S zu dem Unfallablauf aus technischer Sicht und den dabei auf den Körper der Frau Y einwirkenden Kräfte – davon ausgegangen, dass der PKW von Frau Y3nächst durch den heftigen Erstanstoß im Bereich des Hecks getroffen wurde und dann Frau Y aus dem Fahrzeug geschleudert wurde, wobei wegen der unbeschädigten Frontscheibe kein Herausschleudern nach vorn erfolgt sein kann. Hinsichtlich des Herausschleuderns hat die Sachverständige Dr. P weitergehend nachvollziehbar ausgeführt, dass Frau Y vor dem Auftreffen auf dem Boden zunächst mit der Stirn gegen den Außenspiegel des PKW D auftraf. Denn die Sachverständige hat bei Frau Y eine Verletzung an der Stirn feststellen und auf in Augenschein genommenen Lichtbildern dokumentiert, die mit der Form des Außenspiegels korrespondiert. Für die Richtigkeit dieser Feststellungen der Sachverständigen kann weitergehend angeführt werden, dass die überwiegenden Schäden am PKW des D im Heckbereich waren und nach den Ausführungen des Sachverständigen S der Citroen von dort aus wieder Richtung Fahrbahnmitte zurückgeschleudert wurde. Dann aber kann der Außenspiegel am PKW des D nicht vom Fahrzeug der Frau Y abgerissen worden sein. Dass dieser Spiegel durch den Körper von Frau Y selbst und nicht von durch die Kollision herumfliegenden Fahrzeugteilen beschädigt wurde, ergibt sich aus den vom Sachverständigen S erstellten und bei dessen Gutachtenerstattung in Augenschein genommenen Lichtbildern des Spiegel: Denn danach war am linken Außenspiegel des PKW D eine Tuch eingeklemmt. Da das Tuch im Übrigen auf den Boden herabhing und auch noch die äußere Kappe des Außenspiegels auf dem am Boden liegenden Teil des Tuches lag, ist auszuschließen, dass das Tuch erst nach dem Unfall dorthin gelangte.  Vielmehr handelt es sich um das (Kopf- oder Hals-)Tuch von Frau Y.  Die Sachverständige Dr. P hat durch eingehende Untersuchung ausgeschlossen und auch anhand der vom Gehirn erstellten und in Augenschein genommenen Lichtbilder anschaulich machen können, dass diese Stirnverletzung zu einer größeren Schädigung des Hirns führte. Vielmehr hat die Sachverständige überzeugend dargelegt, dass diese geringen Verletzungen folgenlos ausgeheilt wären und weder einen Gedächtnisverlust noch sonst bleibende Einschränkungen mit sich gebracht hätte. Hiermit steht in Einklang, dass die dabei auftretenden Kräfte auch nicht so groß waren, dass es zu einem Schädelbruch kam. Im Hinblick auf den schon durch den Fahrzeugspiegel abgebremsten Fall hat das anschließende Auftreffen auf den Asphalt nach den Ausführungen der Sachverständigen Dr. P  erst Recht keine todesursächlichen Verletzungen bei Frau Y verursacht. Die Sachverständige hat ferner anschaulich anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder dargelegt, dass  es beim Tatopfer zu einem rückwärtigen, links-betonten Thorax-Trauma, der zu massiven Einblutungen der oberen und tieferen Muskelschichten des rückwärtigen linken Rumpfbereiches bis über die Wirbelsäule sowie des Lendenwirbelbereichs beidseits führte: Auf dem Lichtbild 2.07 oben (Anlage zu Protokoll)  ist die äußere Rötung zu erkennen, auf weiteren Lichtbildern die massive Einblutung in diesem Bereich. Die Sachverständige hat dann auch den Gesamtblutverlust durch Blut im Brustkorbbereich und im Gewebe feststellbares Blut auf 1.200 bis 1.500 ml festgestellt. Ferner konnte die Sachverständige auch ausführen, dass es über einen Zeitraum von ca. 5 Minuten zu einer Blutunterversorgung des Gehirns kam. Hierzu hat die Sachverständige darauf verwiesen, dass in dem zunächst eintreffenden Rettungswagen keine Blutkonserven vorgehalten werden, so dass die Versorgung erst im Krankenhaus erfolgen konnte. Die Sachverständige hat überzeugend erläutert, dass generell ein Gehirn nur eine Blut- und Sauerstoffunterversorgung  für einen Zeitraum von 3-4 Minuten überstehen kann und ferner auch nachvollziehbar dargelegt und an Lichtbildern veranschaulicht, dass es hier nach der intensivmedizinischen Behandlung zu einem nach Verlauf (das Anschwellen des Gehirns macht eine Teilentfernung des Schädeldaches erforderlich) und Endbefund positiv feststellbaren Hirninfarkt kam, der seine Ursache in eben dieser Unterversorgung hat. Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen gehen die todesursächlichen Verletzungen auf den Erstanstoß zurück: Denn sie befinden sich im Bereich des Rückens bzw. der Lendenwirbelsäule und beruhen auf einer von hinten auf den Körper der Y einwirkenden erheblichen Krafteinwirkung. Die Sachverständige hat eingehend erläutert, dass derartige bzw. vergleichbare Verletzungen geradezu typischerweise bei Auffahrunfällen angetroffen würden, bei denen ein anderes Fahrzeug mit extrem hoher Energie auf das Heck des Fahrzeugs auftreffe. Schließlich hat die Sachverständige Dr. P – hinsichtlich der Funktionsweise eines Sicherheitsgurtes bestätigt von dem Sachverständigen S – überzeugend ausgeführt, dass das Anlegen eines Sicherheitsgurtes durch Frau Y diese todesursächlichen Verletzungen nicht verhindert hätte, weil der Sicherheitsgurt nur einen Schutz „nach vorne“ hin bietet und auf der Körpervorderseite von Frau Y schwere oder gar todesursächlichen Verletzungen auszuschließen sind. Ein Tod durch Intoxikation hat die Sachverständige Dr. P ebenso ausgeschlossen wie einen epileptischen Krampfanfall kurz vor oder während des Unfalls.

Festzustellen war auch, dass beide Angeklagten bei der Tatbegehung voll schuldfähig waren:

Auch wenn sich der Angeklagte I nicht hat explorieren lassen, konnte der Sachverständige Dr. L2 ausschließen, dass dieser bei der Tatbegehung vermindert schuldfähig oder gar schuldunfähig war. Der Sachverständige hat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Biographie des Angeklagten I keine Anhaltspunkte für Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB bietet, zumal I eine Schulausbildung absolviert und bis zur Tat über längere Zeit einer Arbeitstätigkeit nachging. Auch das Tatverhalten bietet nach den Ausführungen des Sachverständigen keine Hinweise auf einen schweren Rausch, Verhaltensauffälligkeiten, einen Wahn oder eine krankhafte seelische Störung: Vielmehr ist er in der Vortat- und Tatphase bewusst und planvoll Risiken eingegangen und hat sich während der Tatausführung  reaktiv verhalten, indem er etwa auf das einbiegende Fahrzeug mit Brems- und Ausweichversuchen reagierte. Auch das Nachtatverhalten weist rationales Vorgehen auf, so dass es während der ganzen Tat keinen Hinweis auf einen Realitätsverlust gibt.

Auch beim Angeklagten T5 ist eine verminderte Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit auszuschließen: Weder das Vortatverhalten noch sein Nachtatverhalten bieten hierfür Anhaltspunkte. Während der Rennfahrt hat  er es nach Erkennen des einbiegenden PKW der Frau Y noch vermocht, das Fahrzeug rechts in die E-Straße zu lenken. Nur ganz kurze Zeit nach dem Unfall hat er ferner L I sogar durch Übermittlung eines Kartenausschnitts informiert. Auch bietet seine Biographie keine anderweitigen Anhaltspunkte dafür, dass Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB vorliegen.

IV. rechtliche Würdigung

1) Nach dem festgestellten Sachverhalt hat sich der Angeklagte I des Mordes gemäß § 211 Abs. 1 und Abs. 2 Fallgruppe 1, 3. Alternative StGB strafbar gemacht.

Er hat mittels des von ihm gesteuerten Pkw den Tod der S Y herbeigeführt, wobei die Kausalität auch nicht unterbrochen ist, falls sie vor dem Einbiegen nicht gehalten oder die herannahenden Angeklagten nicht ausreichend lang beobachtet haben sollte (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2018 – 4 StR 311/17 Rn. 30).

Dabei handelte der Angeklagte I mit (bedingtem) Tötungsvorsatz.

Bedingter Tötungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt – Wissenselement – und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Tod des Opfers auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein – Willenselement. Dagegen liegt lediglich Fahrlässigkeit vor, wenn der Täter mit dem als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten (BGH, Urteil vom 01.03.2018 – 4 StR 399/17 Rn. 19; BGH, Urteil vom 01.03.2018 – 4 StR 158/17 Rn. 13; BGH, Urteil vom 01.03.2018 – 4 StR 311/17 Rn. 20 ff.; BGH, Beschluss vom 16.01.2019 – 4 StR 345/18).

Die Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände durch die Kammer hat ergeben, dass dem Angeklagten I sowohl der herbeigeführte Zusammenstoß als auch der Tod der Unfallgegnerin unerwünscht war; er aber von Beginn des Rennens an beides für möglich hielt und dies billigend in Kauf nahm, mithin mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte. Insoweit ist auf die vorstehenden Feststellungen und die Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung zu verweisen.

Dabei hat sich die Kammer – insbesondere mit Hilfe des psychiatrischen Sachverständigen und durch Vernehmung der Mitglieder seiner (während der Tatausführung im anderen Fahrzeug anwesenden) Freundesclique (Zeuginnen Q und R sowie der Zeuge H) mit der Persönlichkeit des Angeklagten I und dessen psychischer Verfassung bei der Tatbegehung und seine Motivation auseinandergesetzt. Der Angeklagte I wollte – wie er selbst einräumte – bei dem „Kräftemessen“ mit dem Mitangeklagten „so schnell wie möglich fahren“ und „die Motorkraft seines Fahrzeugs“ demonstrieren. Das diesbezügliche Angeben war auch jugendliches Imponiergehabe zur Steigerung des Selbstwertgefühls. Die Jugend und die in dem Alter besonders wichtige Gruppendynamik („Kräftemessen“) spielen dabei eine Rolle. Wichtiger als die in Kauf genommenen Gefahren war ihm insbesondere das Glänzen in der Freundesgruppe, die – wie die genannten Zeugen ausführten – viel zusammen unternommen haben, wobei schnelle dicke Autos eine große Rolle spielten. Die für ihn sehr große Bedeutung dieser „Demonstration“ wird auch dadurch deutlich, dass er u.a. Ärger mit der Familie (Gefährdung des teuren Wagens) und der Polizei (Fahren ohne Fahrerlaubnis) in Kauf nahm, wobei die Entdeckungsgefahr durch Aufheulenlassen der Motoren und die innerörtliche Lage der ausgewählten Rennstrecke sehr hoch war. Das gegenseitige Aufheulenlassen der Motoren kurz vor dem Rennen auf dem Parkplatz ist ein weiterer Beleg für das vorgenannte Imponierbestreben. Es war auch keineswegs so, dass er sich während einer normalen Autofahrt durch eine unerwartete Provokation ohne weitere Gedanken zu einer unangemessenen Beschleunigung hat hinreißen lassen. Vielmehr kam es zunächst zum Treffen der gesamten Gruppe auf dem Parkplatz, dem gegenseitigen Aufheulenlassen der Motoren, der spätestens dort ausdrücklich oder konkludent erfolgten Verabredung zum Fahrzeugrennen und zur Fahrt zur Startlinie (Bahnübergang), bevor das tödliche Rennen begann.

Auch hat die Kammer die vom Angeklagten I als mögliche und keineswegs fernliegende Folge seines Handels erwarteten Unfallszenarien, insbesondere die im Raum stehende konkrete Angriffsweise und die Bedeutung der Art des vom Angeklagten genutzten Wagens dargelegt. Ein Zusammenstoß mit Lkw und ein Frontalzusammenstoß mit anderen schnell entgegenkommenden Fahrzeugen war – wie oben dargestellt – nicht zu erwarten. Die für möglich gehaltenen Unfälle umfassten vielmehr „nur“ Kollisionen mit langsam einbiegenden Pkw bzw. Zweirädern  oder mit Fußgängern. Geschwindigkeit, Gewicht und komfortable (Sicherheits-) Ausstattung seines Mercedes AMG – auf die der Angeklagte I extrem viel Wert legte – ließen einerseits bei einem Zusammenstoß den Tod des Unfallgegners erwarten, andererseits waren sie Garanten dafür, dass dem Mercedes-Fahrer nicht viel passieren konnte. Die Risiken für die Insassen der unfallbeteiligten Fahrzeuge waren höchst einseitig verteilt.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die verbleibende gewisse Eigengefährdung des Angeklagten ein vorsatzkritischer Gesichtspunkt ist. Aufgrund der dargestellten damals erkanntermaßen im Raum stehenden möglichen Unfallabläufe war die Eigengefährdung aber – auch aus damaliger Sicht des Angeklagten I – relativ gering, so dass diesem Gesichtspunkt ein geringeres Gewicht zukommt. Entsprechendes gilt für die drohenden Eigenschäden am geliebten Mercedes. Diese hatten für den Angeklagten I eine untergeordnete Bedeutung, weil es sich – trotz möglicher Schadensersatzforderungen – eben doch „nur“ um ein – von der Familie fest für ein Jahr übernommenes – Leasingfahrzeug handelte.

Im Rahmen der Gesamtwürdigung war insbesondere die – oben dargestellte – sehr hohe objektive Gefährlichkeit der Tathandlung, die der ortskundige und mit den Besonderheiten seines Fahrzeugs vertraute Angeklagte I trotz Überschätzung der eigenen Fähigkeiten wahrgenommen hat (Stichworte: sehr hohe Geschwindigkeit, innerstädtischer Bereich, hereingebrochene Dunkelheit, recht enge Fahrbahn, Fahren auf der Gegenfahrbahn, schweres Täterfahrzeug), die sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des Vorsatzes von Bedeutung ist.

Diesen bedingten Tötungsvorsatz hatte der Angeklagte I beim Verlassen des Parkplatzes und dem Ansetzen zum Überholvorgang im Bereich der die Fahrbahn querenden Bahnschienen, mithin zu einem Zeitpunkt gefasst, als er den  Unfall und den dadurch verursachte Tod noch durch ein anderes Verhalten (etwa: Wiederabbremsen) hätte vermeiden können.

Dabei setzte er sein Fahrzeug beim Rennen als gemeingefährliches Mittel ein. Denn „gemeingefährliche Mittel“ liegen  vor, wenn der Täter Mittel anwendet, die in der konkreten Tatsituation Leib oder Leben einer unbestimmten Vielzahl von Menschen gefährden, sofern der Täter die Gefahr nicht beherrscht; vgl. BGHSt 34, 13, 14; 38, 353, 354; BGH NStZ 2019, 607, 608. Für die Gemeingefährlichkeit ist nicht auf die abstrakte Wirkung, sondern die Eignung zur Gefährdung Dritter in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters abzustellen. Ein PKW ist nicht an sich ein gemeingefährliches Mittel (BGH NStZ 2007, 330). Allerdings wurde der PKW durch den gezielten Einsatz des Angeklagten I  bei dem Beschleunigungsrennen unter Nutzung der Gegenfahrspur bei Durchtreten des Gaspedals auf der zur Tatzeit von anderen Verkehrsteilnehmern genutzten C2 zum gemeingefährlichen Mittel. Denn durch die vom Angeklagten I geschaffene hohe Gefahr für einen Verkehrsunfall hat er zugleich hiermit  eine unbestimmte Mehrzahl von Menschen an Leib oder Leben gefährdet. Zwar ist die Verursachung einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben Dritter nicht erforderlich, sondern die Eignung der Tötungshandlung zur Gefährdung einer unbestimmten Zahl von Menschen in der konkreten Situation ist ausreichend (BGHSt 38, 353, 354 und BGH NStZ 2007, 330). Es befanden sich zur Tatzeit mehrere Zeugen im Einwirkungsbereich des Rennens, insbesondere die vernommenen  Zeugen  N, T6, T7 und M. Hier war es jedoch sogar weitergehend so, dass neben der in ihrem Fahrzeug tödlich getroffene Frau Y auch die als Anwohnerin der C2 am Straßenrand befindliche Zeugin F2  in der realen Gefahr war, durch den wie ein Geschoss herumfliegenden Reifen tödlich getroffen zu werden und die Zeugin dem nur zufällig dadurch entging, dass sie sich zu ihrem Hund bückte. Der Angeklagte I wus ste auch, dass er durch seine Fahrweise zumindest zeitweilig weder selbst rechtzeitig anhalten und ausweichen konnte und dass andere  Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug aufgrund der starken Abweichung von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit falsch einschätzen und hierdurch ein Unfall entstehen kann, durch den aufgrund der Kollision selbst oder aber herumfliegender Fahrzeugteile eine unbestimmte Anzahl von Menschen in die Gefahr von Leib oder Leben geraten, ohne dass diese Gefahr für ihn beherrschbar ist. Er nahm dies  jedoch billigend in Kauf, um das Rennen durchzuführen. Damit bezog sich sein bedingter Vorsatz auch auf den Einsatz eines gemeingefährlichen Mittels.

Rechtfertigungsgründe sind nicht gegeben  und der Angeklagte I handelte auch schuldhaft.

Tateinheitlich (§ 52 StGB) hat sich der Angeklagte I auch der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge gemäß § 315 Abs.  1 Nr. 2, Abs. 2, 1. Alt, Abs. 5, 1. Alt  StGB  strafbar gemacht. Bei der Einführung von § 315d StGB hat der Gesetzgeber hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals des Rennens auf den bereits im Ordnungswidrigkeitenrecht (§ 29 Abs. 1 StVO) normierten Begriff und die diesbezügliche Konkretisierung durch die Rechtsprechung zurückgegriffen. Danach liegt ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen vor bei Wettbewerben zur Erzielung von Höchst- oder höchsten Durchschnittsgeschwindigkeiten mit mindestens zwei teilnehmenden Fahrzeugen, wobei es einer vorherigen Absprache zwischen den Teilnehmern nicht bedarf und es nicht auf die Länge der Strecke ankommt (vgl.   BT-Drs. 18/12964, S. 5 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf OLG Hamm, Beschluss vom 05.03.2013 – III-1 RBS 24/13). Die zwischen den Angeklagten verabredete Wettfahrt bei Maximalbeschleunigung stellt demnach ein Kraftfahrzeugrennen im Sinne von § 315 Abs. 1 Nr. 2 StGB dar. Durch dieses Rennen ist eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben anderer Menschen iSd § 315 Abs. 2 StGB entstanden. Denn die Fahrerin Frau Y kam durch den auf das Rennen zurückgehenden Unfall sogar ums Leben. Damit ist zugleich die Qualifikation des § 315d Abs. 5, 1. Alt StGB erfüllt. Der Angeklagte I handelte auch bezüglich des unerlaubten Rennens vorsätzlich. Da er sogar bedingten Tötungsvorsatz hatte, handelte er auch mit einem Gefährdungsvorsatz für Leib oder Leben anderer iSd § 315 Abs.2 StGB und  bezogen auf die  Qualifikation des § 315d Abs. 5, 1. Alt StGB nicht nur mit der nach § 18 StGB mindestens vorausgesetzten  Fahrlässigkeit, sondern ebenfalls mit bedingten Vorsatz.

2) Der Angeklagte T5 hat sich ebenfalls eines verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge gemäß § 315 Abs 1 Nr. 2, Abs. 2, 1. Alt, Abs. 5, 1. Alt  StGB  strafbar gemacht. Er nahm an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teil, das in eine so kritische Verkehrssituation mündete, dass Y nach der Kollision ihres Fahrzeugs mit dem Mercedes verstarb, so dass über die von Absatz 2 vorausgesetzte Rechtsgutgefährdung sogar eine Rechtsgutverletzung eintrat. Mit dem  Tod der Frau Y ist auch der objektive Qualifikationstatbestand nach § 315 Abs. 5 StGB eingetreten. Denn der Tod ging auf den Unfall und dieser wiederum auf das Rennen zurück. Hierbei wird nicht verkannt, dass  § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB ein eigenhändiges Delikt ist. Jedoch setzte T5 durch sein Rennverhalten wesentliche eigene Kausalbeiträge für den späteren Unfall, der zum Tod der Frau Y führte.  Denn der Angeklagte T5  fuhr entsprechend der obigen Feststellungen noch im Bereich der Einmündung T6 die Geschwindigkeit von mindestens 92 km/h und diese Geschwindigkeit geht auf eine Maximalbeschleunigung des Range Rover zurück. Dann aber hat der Angeklagte T5 noch in diesem Streckenbereich durch seine eigene Fahrweise Ursachen dafür gesetzt, dass der Angeklagte I ebenfalls – weiter – beschleunigte und auf der Gegenfahrspur verblieb.  Gerade eine Nebeneinanderfahrt bei Maximalbeschleunigung ist geprägt durch ein gegenseitiges Anspornen und Hochschaukeln und die Ausgangslage (T5 fährt im Range Rover vor I im Mercedes) war darauf angelegt, dass I auf der Gegenfahrbahn versuchen würde, „vorbeizuziehen“. Ohne die Fahrweise des Angeklagten T5 im Rahmen des Rennens wäre es nicht zu dem sogar noch gefährlicheren Fahrverhalten des Angeklagten I gekommen. Dass sich in einem Unfall des anderen Rennteilnehmers mit Todesfolge gerade die Eskalation durch das Rennen verwirklicht, die § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB dem Schutzzweck na ch verhindern will, führt zur Bejahung von Kausalität und Zurechenbarkeit für den Unfalltod auch hinsichtlich des nicht unmittelbar in den Unfall verwickelten Rennteilnehmers (vgl. v. Heintschel-Heinegg in Beck‘scher Online Kommentar StGB § 315d Rn. 51). T5 nahm auch vorsätzlich an dem nicht erlaubten Fahrzeugrennen teil. Ferner handelte er hinsichtlich der konkreten Gefährdung bedingt vorsätzlich. Denn auch er wusste, dass die Maximalbeschleunigung und das Befahren beider Fahrspuren insbesondere die von den Seitenstraßen in die C2 einbiegenden Verkehrsteilnehmer an Leib und Leben so konkret gefährden würde, dass das Ausbleiben eines Unfalls nur noch vom Zufall abhängt. Auch wenn ihm Beinahe-Unfälle mit anderen Personen sogar unerwünscht waren, hat er diese doch zur Durchführung des Rennens in Kauf genommen. Denn auch der Angeklagte T5 konnte angesichts der hiermit verbundenen Geschwindigkeiten der Angeklagtenfahrzeuge, der Örtlichkeit und der zu erwartenden anderen Verkehrsteilnehmer, welche die Verkehrssituation nicht einschätzen können, nicht erwarten und auch nicht darauf vertrauen, dass eine Umsetzung der Rennabsprache nicht zu einer konkreten Unfallgefahr mit Gesundheitsgefährdung anderer führt.

Hinsichtlich der Todesfolge kann nicht festgestellt werden, dass auch der Angeklagte T5 bedingt vorsätzlich handelte. Zwar kannte der Angeklagte T5 die erhebliche Gefahr für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer durch das Rennen und nahm diese billigend in Kauf.  Wegen der von dem Angeklagten T5 gefahrenen (zu hohen aber im Vergleich zum Mitangeklagten wesentlich niedrigeren) Geschwindigkeit und aufgrund seines Verbleibs auf der rechten Fahrspur kann nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass er darauf vertraute, dass durch das Rennen zumindest kein Mensch zu Tode kommt.

Der angeklagte T5 handelte jedoch hinsichtlich der Todesfolge fahrlässig. Denn die Durchführung eines Beschleunigungsrennens einschließlich Parallelfahrt beider Fahrzeuge durch die Baerler T-Straße beinhaltete objektiv die Todesgefahr für andere Verkehrsteilnehmer und dies war für den Angeklagten T5 auch subjektiv vorhersehbar. In dem Tod der Frau Y als weitere Verkehrsteilnehmerin hat sich auch gerade die spezifische Gefahr eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens verwirklicht.

Auch der Angeklagte T5 handelte rechtwidrig und schuldhaft.

V. Strafzumessung

1) Für den Angeklagten I war  die Strafe gemäß § 52 Abs. 2 StGB aus § 211 Abs.1 StGB abzuleiten.

Eine Strafrahmenverschiebung nach § 46b Abs. 1 StGB war nicht vorzunehmen. Es kommt nicht darauf an, ob seine Einlassung zur Rennabsprache mit T5 als Aufklärungshilfe anzusehen ist, weil eine Milderung nach § 46b Abs. 3 StGB schon dadurch ausgeschlossen ist, dass diese Einlassung erst nach Eröffnung der Hauptverhandlung erfolgte.

Eine Strafrahmenverschiebung nach § 46a StGB ist hier bereits deshalb ausgeschlossen, weil die die iSd § 46a StGB durch ein Straßenverkehrsdelikt verletzte Person durch die Tat getötet wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 04.12.2014 – 4 stR 213/14, BGHSt 60, 84; BGH Beschl. vom 06.06.2018 – 4 StR 166/18, NJW 2019, 319; LK-Theune, § 46a Rn. 14). Es kam auch weder zu einem kommunikativen Prozess mit der Seite der Geschädigten noch zu Zahlungen.

Es bestehen auch keine anderweitigen Strafmilderungsgründe, so dass die Tat des Angeklagten I mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu ahnden ist.

Eine Feststellung nach § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfolgt nicht. Hierüber ist in einer umfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit danach zu entscheiden, ob Umstände von besonderen Gewicht vorliegen, aufgrund derer das Tatbild so stark von den erfahrungsgemäß vorkommenden Mordfällen abweicht, dass die Aussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe nach 15 Jahren auch bei dann günstiger Prognose unangemessen wäre (vgl. BGH NStZ 09, 260 und BGH StV 2017, 522 f.). Im Hinblick auf das Alter des Angeklagten I bei Tatbegehung und das Teilgeständnis ist dies hier nicht der Fall..

Gemäß § 69a Abs. 1 S. 3 StGB war eine „isolierte“ Sperrfrist zur Erteilung für eine Fahrerlaubnis von 5 Jahren anzuordnen. Diese Sperrfrist ist auszusprechen weil  der Angeklagte I an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen (§ 315d StGB) teilnahm und er damit nach § 69 Abs. 2 StGB als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, hier einen die Regelvermutung widerlegenden Ausnahmefall anzunehmen, zumal I bei dem Fahrzeugrennen tateinheitlich einen Mord beging und zur Tatzeit nicht einmal einen Führerschein hatte. Die Dauer der Sperrfrist wurde daran orientiert, wie lange der Angeklagte I voraussichtlich zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet bleiben wird: Aus der massiven Verkehrsgefährdung, die hier zum Tod eines Menschen führte, bei nicht einmal vorhandener Fahrerlaubnis geht hervor, dass I in besonders starkem Maße charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Von einer lebenslangen Sperrfrist hat die Kammer nur deshalb abgesehen, weil der Angeklagte Y4r Tatzeit noch jung war und keine anderweitigen Verkehrsverstöße im Bundeszentralregisterauszug und Verkehrszentralregisterauszug erfasst sind. Erforderlich war es jedoch, die höchste zeitige Sperrfrist von 5 Jahren (§ 69a Abs. 1 S. 1 StGB) anzuordnen.

2) Beim Angeklagten T5 war vom Strafrahmen des § 315d Abs. 5 StGB auszugehen, der Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 10 Jahren umfasst.

Ein minder schwerer Fall iSd § 315 d Abs. 5 StGB liegt nicht vor: Ein minder schwerer Fall ist anzunehmen, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente  und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle so erheblich abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint (BGH, Urteil vom 21.06.2012 – 4 StR 77/12, BeckRS 2012, 14903 Rn. 3). Hier hat die Kammer zu seinen Gunsten insbesondere das Geständnis des Angeklagten T5, die damit verbundenen Aufklärungsbemühungen und sein noch junges Alter, die erhöhte Haftempfindlichkeit als junger Erstverbüßer, das Fehlen von Vorstrafen und den Umstand, dass er mit seinem Fahrzeug nicht unmittelbar in die Kollision eingebunden war und auch vor Ort versuchte, Frau Y leisten, berücksichtigt.

Auch sprach für ihn, dass möglicherweise ein Vorfahrtsverstoß (Verstoß gegen § 8 StVO) des Tatopfers mitursächlich für den tödlichen Verkehrsunfall war. Denn obwohl die Angeklagten T5 und I sich durch das Rennen und die erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung selbst grob verkehrswidrig verhalten haben und daher nicht mehr auf die auf die Vorfahrtsbeachtung durch andere Verkehrsteilnehmer vertrauen durften, haben sie ihr Vorfahrtsrecht hierdurch nicht verloren (vgl. BGH Beschl. v. 15.07.1986 – 4 StR 192/86, NJW 1986, 2651). Die mit dem Stopp-Schild (Zeichen 206 zu § 41 StVO) verbundene Haltepflicht dient gerade dazu, den Wartepflichtigen zu einer zutreffenden Erfassung und Bewertung der Verkehrssituation anzuhalten. Die Nebeneinanderfahrt der Angeklagten bot Anlass, deren Fahrzeuge eingehender zu beobachten, wodurch dann auch erkennbar gewesen wäre, dass die Angeklagten mit wesentlich überhöhter Geschwindigkeit fuhren.

Jedoch sprechen auch gewichtige Umstände zu Lasten des Angeklagten T5: Denn die Geschwindigkeitsüberschreitung in der F3 in Moers am 22.04.2019, das unerlaubte Entfernen vom Unfallort nach der Kollision zwischen dem Mercedes und dem Citroen und der Rotlichtverstoß noch in der gleichen Nacht belegen eine grob (verkehrs-) rechtsfeindliche Gesinnung des Angeklagten und zeigen auf, dass T5 nicht nur während des verbotenen Rennens verkehrswidrig handelt. Hinsichtlich des unerlaubten Entfernen vom Unfallortes gilt Folgendes: Zwar war insoweit eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung erfolgt. Jedoch hat die Kammer schon in dem Eröffnungsbeschluss und sodann nochmals in der Hauptverhandlung darauf hingewiesen (§ 265 StPO), dass diese eingestellte Tat im Rahmen der Beweiswürdigung und Strafzumessung berücksichtigt werden kann. Dann ist die Verwertung dieser eingestellten Tat im Rahmen der Strafzumessung weder widersprüchlich, noch liegt hierin ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens bzw. Vertrauensgrundsatz und sie beeinträchtigt auch gerade nicht die Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten T5 (vgl. auch BGH, Beschl. v. 23.09.2003 – 1 StR 292/03 –  und BGH, Beschl. v. 16.09.1997 – 5 StR 491/97 – ). Der Angeklagte T5 hat vorsätzlich gegen die Wartepflicht gemäß § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB verstoßen. Denn durch seine Teilnahme am Fahrzeugrennen, das in den tödlichen Unfall mündete, war er Unfallbeteiligter iSd § 142 Abs. 5 StGB. Wegen der erkannten Schwere des Unfalls hat er auch gerade nicht angemessene Zeit gewartet, obwohl mit einer Unfallaufnahme durch die Polizei zu rechnen war. Er handelte auch vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft. Eine freiwillige nachträgliche Ermöglichung der Feststellungen iSd § 142 Abs. 4 StGB liegt nicht vor.

Insbesondere aber ist das hohe Ausmaß der Pflichtwidrigkeit (vor allem das Ausmaß der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) strafschärfend zu berücksichtigen.

Im Rahmen der Gesamtabwägung aller zugunsten und zu Lasten des T5 sprechenden Umstände liegt kein minder schwerer Fall des § 315d Abs. 5 StGB vor.

Eine Strafrahmenverschiebung durch die Einlassung von T5 gemäß § 46b StGB ist ebenfalls schon nach § 46b Abs. 3 StGB dadurch ausgeschlossen, dass sie erst in der Hauptverhandlung erfolgte. Ebenfalls liegen die Voraussetzungen für eine Strafrahmenverschiebung nach § 46a StGB nicht vor (s.o. V.1).

Bei der Strafzumessung innerhalb des so gefundenen Strafrahmens wurden die oben bei Prüfung des minder schweren Falles genannten Gesichtspunkte nochmals erwogen. Insbesondere wurde zugunsten des Angeklagten T5 seine geständige Einlassung berücksichtigt. Zugunsten des Angeklagten T5 hat die Kammer ferner – neben den oben genannten anderen Milderungsgründen – nochmals besonders mildernd gewertet, dass er nicht vorbestraft ist und sein Verkehrszentralregisterauszug zur Tat auch keine Eintragungen aufwies. Zu Lasten des Angeklagten T5 wurden das hohe Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung und das unmittelbare Vor- und Nachtatverhalten (vgl. § 46 Abs. 2 StGB: „das Vorleben… sowie sein Verhalten nach der Tat“) berücksichtigt, nämlich die dargestellten weiteren Verkehrsverstöße vor der Tat (Geschwindigkeitsüberschreitung in der F3), im unmittelbaren Anschluss (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) und in der Nacht nach der Tat (Rotlichtverstoß mit Geschwindigkeitsverstoß)  berücksichtigt. Insbesondere der Rotlichtverstoß mit vorherigen Geschwindigkeitsverstoß zeigt auf, dass der Angeklagte T5 trotz Miterlebens eines besonders schweren Unfalls, der aus einem verbotenen Kraftfahrtrennen unter Beteiligung des Angeklagten T5, offenbar so wenig beeindruckt war, dass er  wenige Stunden später in der Nacht erneut einen vorsätzlichen schweren Verkehrsverstoß beging.

Nach Abwägung aller zugunsten und zu Lasten des Angeklagten sprechenden Umstände ist beim Angeklagten T5 eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten tat- und schuldangemessen.

Die Fahrerlaubnis des Angeklagten T5 wurde gemäß § 69 Abs. 1 StGB entzogen. Durch seine Beteiligung an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen ist T5 nach § 69 Abs. 2 Nr. 1a StGB als ungeeignet anzusehen. Es gibt keine Veranlassung, von dieser Regelvermutung abzusehen. Denn Folge des Rennens war der Tod einer Person. Ferner hat der Angeklagte T5 sich nach dem Rennen unerlaubt vom Unfallort entfernt und damit sogar ein weiteres Regelbeispiel des § 69 Abs. 2 StGB verwirklicht, auch wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren insoweit einstellte. Der von einer deutschen Behörde ausgestellte Führerschein des T5 war nach § 69 Abs. 3 S. 2 StGB einzuziehen. Die Dauer der Sperrfrist gemäß § 69a StGB wurde danach bemessen, wie lange der Angeklagte T5  voraussichtlich zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet bleiben wird. Auch wenn der Angeklagte T5 nicht unmittelbar in das Kollisionsgeschehen eingebunden war, hat er durch die Rennbeteiligung den Unfall und damit den Tod eines Menschen mit herbeigeführt. Aus dem Tatvorgeschehen und dem Nachtatgeschehen ergibt sich, dass Verkehrsverstöße ihm nicht wesensfremd sind. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass wegen der hier abgeurteilten Tat die Fahrerlaubnis bereits vorläufig entzogen worden war ist die Verhängung einer Sperrfrist von 4 Jahren erforderlich aber auch ausreichend.

VI. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465, 471 Abs. 4 S.2,  472 StPO.

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