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Unverhältnismäßigkeit – vorläufige Fahrerlaubnisentziehung bei sachwidriger Verfahrensverzögerung

Rückgabe des Führerscheins: Verfahrensverzögerung macht vorläufige Entziehung unverhältnismäßig

In einem bemerkenswerten Fall hat das Landgericht Leipzig entschieden, dass ein Beschuldigter seinen Führerschein zurückerhalten muss, da die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von Verfahrensverzögerungen unverhältnismäßig ist. Der Beschuldigte war ursprünglich wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr angeklagt. Ihm wurde vorgeworfen, alkoholisiert Auto gefahren und einen Unfall verursacht zu haben. Das Amtsgericht Leipzig hatte ihm daraufhin die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Das Hauptproblem in diesem Fall liegt in der Verhältnismäßigkeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis im Kontext von Verfahrensverzögerungen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 Qs 141/18  >>>

Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot

Das Landgericht Leipzig hob den Beschluss des Amtsgerichts auf, da die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis unverhältnismäßig war. Dies lag insbesondere an den vermeidbaren, auf sachwidriger Behandlung beruhenden Verzögerungen des Verfahrens. Das Gericht betonte, dass strafprozessuale Zwangsmaßnahmen, wie die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegen. Zudem wurde das Beschleunigungsgebot, also die Pflicht zur zügigen Durchführung des Verfahrens, erheblich verletzt.

Zeitliche Verzögerungen als entscheidender Faktor

Die zeitliche Verzögerung zwischen dem Eingang der Beschwerde beim Amtsgericht und der Vorlage an das Landgericht betrug fast fünf Monate. Diese Verzögerung wurde als so gravierend angesehen, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis keinen weiteren Bestand haben konnte. Das Gericht stellte klar, dass der Beschuldigte nicht auf unbestimmte Zeit ohne Fahrerlaubnis belassen werden dürfe, insbesondere wenn keine kurzfristige Endentscheidung zu erwarten ist.

Wahrscheinlichkeit einer endgültigen Entziehung

Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass es eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür gibt, dass dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis endgültig entzogen werden wird. Dies liegt an den rechtlichen Voraussetzungen, die im vorliegenden Fall erfüllt sind, einschließlich der Tatsache, dass der Beschuldigte wegen eines Vergehens nach § 315c und § 316 StGB verurteilt werden könnte.

Fahruntüchtigkeit und Alkoholkonzentration

Die Frage der Fahruntüchtigkeit des Beschuldigten war ebenfalls problematisch. Nach Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte zum Zeitpunkt des Unfalls fahruntüchtig war. Dies wurde durch eine Blutprobe bestätigt, die eine Blutalkoholkonzentration von 1,54 ‰ ergab. Für die Fahruntüchtigkeit gilt ein Grenzwert von 1,1 ‰, was als „absolute Fahruntüchtigkeit“ bezeichnet wird.

In diesem Fall zeigt sich, dass die Verhältnismäßigkeit und das Beschleunigungsgebot im Strafprozess eine entscheidende Rolle spielen können, insbesondere wenn es um die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis geht. Die Verfahrensverzögerungen führten hier zur Aufhebung der vorläufigen Entziehung, obwohl die Wahrscheinlichkeit einer endgültigen Entziehung hoch ist.

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Das vorliegende Urteil

LG Leipzig – Az.: 1 Qs 141/18 – Beschluss vom 10.08.2018

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 8.3.2018, Az. 226 Cs 502 Js 53352/17, wird aufgehoben.

2. Der Führerschein ist unverzüglich an den Beschuldigten herauszugeben.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Leipzig erließ das Amtsgericht Leipzig am 8.3.2018 einen Strafbefehl wegen – unter anderem – fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr (§§ 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 3 Nr. 2, 316 Abs. 1, 53 StGB) gegen den Beschuldigten … .

Darin wurde ihm unter anderem vorgeworfen, am 12.9.2017 gegen 15:15 Uhr mit dem PKW Daewoo, amtliches Kennzeichen … auf der Ferdinand-Lassalle-Straße in Leipzig gefahren zu sein, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Seine Fahruntüchtigkeit habe zur Folge gehabt, dass er mit dem PKW gegen das am Fahrbahnrand in Höhe der Hausnummer parkende Fahrzeug Citroën, amtliches Kennzeichen … gestoßen sei, wodurch ein Schaden in Höhe von 3.333,28 Euro entstanden sei.

Eine am 12.9.2017 um 18:33 Uhr entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration von 1,54 ‰ ergeben. Seine Fahruntüchtigkeit habe der Beschuldigte bei kritischer Selbstprüfung erkennen können und müssen, auch habe er wegen der erheblichen Alkoholisierung mit der Möglichkeit eines im Zustand der Fahruntüchtigkeit von ihm verursachten Unfalls und seinen Folgen rechnen müssen. Dadurch habe er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.

Darüber hinaus sei er nach dem Unfall mit dem PKW Daewoo davongefahren, obwohl er gewusst habe, dass er infolge des vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Auch hierdurch habe er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Mit Beschluss vom gleichen Tag entzog ihm das Amtsgericht Leipzig zudem gemäß § 111a StPO vorläufig die Fahrerlaubnis. Der Strafbefehl und der Beschluss wurden dem Beschuldigten am 15.3.2018, seinem Verteidiger am 19.3.2018 zugestellt.

Gegen den Strafbefehl legte der Verteidiger des Beschuldigten mit Schriftsatz vom 19.3.2018 Einspruch ein. Mit weiterem Schreiben vom 21.3.2018 legte er „Rechtsmittel“ gegen den Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 8.3.2018 ein. Das Amtsgericht Leipzig legte das Rechtsmittel als Beschwerde aus und half dieser nicht ab (Beschluss vom 26.3.2018, Bl. 219 d.A.). Mit Verfügung vom 6.8.2018 legte die Staatsanwaltschaft Leipzig die Sache dem Landgericht Leipzig zur Entscheidung vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat – vorläufig – Erfolg.

1.

Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen vermeidbarer, auf sachwidriger Behandlung beruhender Verzögerungen des Verfahrens unverhältnismäßig ist.

Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO ist, wie alle strafprozessualen Zwangsmaßnahmen verfassungsrechtlichen Schranken unterworfen, die sich im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und in dem Beschleunigungsgebot konkretisieren (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09. Februar 2005 – 2 Ws 15/05 -, Rn. 6, juris). Daraus folgt, dass die mit einem Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich eines Beschuldigten einhergehende Belastung in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen stehen muss. Dieses Übermaßverbot setzt der Zulässigkeit eines Eingriffs nicht nur bei dessen Anordnung und Vollziehung, sondern auch bei dessen Fortdauer Grenzen. Darüber hinaus erfordern das Rechtsstaatsgebot und Art. 6 Abs. 1 EMRK eine angemessene Beschleunigung des Strafverfahrens. Andernfalls wird bei Versäumnissen im Justizbereich und dadurch eintretenden erheblichen Verfahrensverzögerungen das Recht eines Beschuldigten auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren verletzt. Ermittlungsverfahren, in denen eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet wurde, sind daher mit besonderer Beschleunigung zu führen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09. Februar 2005 – 2 Ws 15/05 -, Rn. 7, juris m.w.N.).

Gegen dieses Beschleunigungsgebot ist im vorliegenden Fall in erheblicher Weise verstoßen worden. Dadurch ist eine so gravierende Verfahrensverzögerung eingetreten, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis keinen weiteren Bestand haben kann (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09. Februar 2005 – 2 Ws 15/05 -, Rn. 7, juris). Zwischen dem Eingang der Beschwerde beim Amtsgericht Leipzig und der Vorlage an das Landgericht Leipzig liegt ein Zeitraum von fast fünf Monaten. Es ist anerkannt, dass auch eine besonders lange Verfahrensdauer bei groben Verstößen gegen das Beschleunigungsgebot und erhebliche Verzögerungen die Aufhebung der Maßnahme erfordern können (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl. 2018, § 111a, Rn. 10 m.w.N.; vgl. auch LG Leipzig, Beschluss vom 23. September 2014 – 1 Qs 329/14 -, juris). Im hier gegebenen Fall hat das Amtsgericht die Fahrerlaubnis mit Beschluss vom 8.3.2018 entzogen. Am 21.3.2018 ging die Beschwerde des Beschuldigten beim Amtsgericht ein. Gleichwohl wurde die Sache dem Landgericht erst am 7.8.2018, also fast 20 Wochen nach Eingang der Beschwerde, zur Entscheidung vorgelegt.

Den Beschuldigten auf unabsehbare Zeit auf der Grundlage vorläufiger Erkenntnisse ohne Fahrerlaubnis zu belassen, widerspricht dem Rechtsstaatsgebot (vgl. LG Stuttgart, Beschluss vom 13. März 2013 – 18 Qs 14/13 -, Rn. 9, juris). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Amtsgericht bislang noch keine weitere Verfügung im Hinblick auf den Einspruch des Beschuldigten gegen den Strafbefehl getroffen hat und daher mit einer kurzfristigen Endentscheidung nicht zu rechnen ist.

2.

Allerdings weist die Kammer darauf hin, dass nach Lage der Akten eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis endgültig entzogen werden wird.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB entzieht das Gericht demjenigen die Fahrerlaubnis, der wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen hat, verurteilt wird. Dabei ist der Täter gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, wenn es sich bei der Tat um ein Vergehen nach § 315c oder § 316 StGB handelt. Diese Voraussetzungen liegen vor, denn nach Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte wegen eines Vergehens nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB und wegen eines Vergehens nach § 316 StGB verurteilt werden wird und er daher auch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sein wird.

Nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB macht sich strafbar, wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen und dadurch fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. Diese Voraussetzungen liegen vor. Problematisch ist hier alleine die Frage nach der Fahruntüchtigkeit des Beschuldigten. Die Kammer geht nach dem Akteninhalt allerdings davon aus, dass der Beschuldigte im Unfallzeitpunkt nach diesem Maßstab fahruntüchtig gewesen sein dürfte.

Der Zeuge … hat angegeben, er habe beim Beschuldigten bereits kurz nach dem Unfall, als der Beschuldigte seine Personalien hinterließ, Alkoholgeruch wahrgenommen, also bevor der Beschuldigte um ca. 15:20 Uhr den Unfallort verließ (Bl. 8, 45 d.A.). Auf dem Polizeirevier wurde am 12.9.2017 um 17:56 Uhr eine erste (1,54 ‰) und um 18:33 Uhr eine zweite Blutentnahme (1,40 ‰) durchgeführt (Bl. 68 d.A.). Auf der Grundlage dieser Blutentnahmen errechnete der rechtsmedizinische Gutachter eine Blutalkoholkonzentration im Unfallzeitpunkt von 1,60 ‰ ohne Berücksichtigung eines Nachtrunks. Für die Fahruntüchtigkeit gilt für den Führer eines Kraftfahrzeugs ein Grenzwert von 1,1 ‰ (sog. „absolute Fahruntüchtigkeit“, vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 316, Rn. 25 m.w.N.). Von einem relevanten Nachtrunk ist hier – nach Aktenlage – nicht auszugehen.

Zwar ist dem Beschuldigten seine Einlassung nicht zu widerlegen, er habe kurz vor dem Eintreffen der Polizeibeamten, nämlich zwischen 16:37 Uhr und 17:00 Uhr, 2,5 Flaschen Beck’s zu 0,5 Litern getrunken. Der Zeuge M…, der in der Werkstatt W… tätig ist, gab an, der Beschuldigte habe ihm den Fahrzeugschlüssel übergeben, dann geäußert, er gehe jetzt erstmal ein Bier holen und sei dann nach ca. 10 Minuten zurückgekehrt, um an der Werkstatt auf die Polizei zu warten. Er habe ihm nach seiner Rückkehr gesagt, er habe „jetzt schnell zwei Bier getrunken“ (Bl. 145 d.A.). Als die eingesetzten Polizeibeamten den Beschuldigten gegen 17 Uhr beim Werkstatthof W… antrafen, gab dieser ihnen gegenüber an, er habe sein Fahrzeug dort abgestellt, sei dann fußläufig zu einer Tankstelle und habe dort drei Flaschen Beck’s à 0,5 Liter erworben, von denen er bereits zwei getrunken habe. Den Kauf des Bieres belegte er durch einen auf 16:37 Uhr datierenden Kassenzettel. Eine halbleere Flasche hatte er noch bei sich (Bl. 9 d.A.). Die Auswertung von Videoaufnahmen aus der Tankstelle bestätigt den Kauf der drei Bier, die der Beschuldigte dann in seinem Rucksack verstaute, bevor er das Gelände der Tankstelle verließ (Bl. 58 ff. d.A.).

Als widerlegt anzusehen ist allerdings nach Aktenlage die Behauptung des Beschuldigten, er habe zusätzlich zu den 2,5 Flaschen Beck’s zuvor zwei weitere 0,33-Flaschen Bier bei Edeka am … Eck erworben und getrunken. Zwischen der Werkstatt W… (… Straße) und dem … Eck liegt, abhängig von der Route, eine Strecke von 1,2-1,3 Kilometern für die ein Fußgänger bei normalem Tempo ca. 14 Minuten benötigt. Nach den Ausführungen des Verteidigers (Bl. 119 d.A.) wollte der Beschuldigte zur S-Bahn-Station, um nach Hause zu fahren. Er sei dann zunächst zum Edeka (1,2 km, ca. 14 Minuten), dann nach einem Telefonat mit der Polizei zu der Tankstelle in der Braunstraße 1 (1,3 km, ca. 16 Minuten) und dann wieder in die Werkstatt gegangen sein.

Der Zeuge M… hat allerdings angegeben, der Beschuldigte habe von vornherein angegeben, er wolle Bier holen (Bl. 145 d.A.) und sei nach 10 Minuten wieder da gewesen. Die vom Verteidiger angegebene Route hätte allerdings bei normaler Gehweise ca. 30 Minuten (reine Wegstrecke ohne die Zeit im Edeka bzw. der Tankstelle und ohne Berücksichtigung des mit der Polizei geführten Telefonat) in Anspruch genommen, auch wenn der Beschuldigte schneller gegangen wäre, wäre sie in 10 Minuten jedenfalls nicht zu schaffen gewesen. Auch hat der Zeuge M… bekundet, dass der Beschuldigte ihm gegenüber geäußert habe, er habe jetzt „schnell zwei Bier“ getrunken (Bl. 145 d.A.). Dies deckt sich auch mit der Angabe des Beschuldigten gegenüber den Polizeibeamten. Die anderslautende Behauptung, er habe zusätzlich weitere zwei Flaschen Bier bei Edeka gekauft und sogleich getrunken, ist erstmals durch den Schriftsatz des Verteidigers vom 22.11.2017 (Bl. 113 d.A.) in die Akten gelangt.

Auch unterliegt es gewissen, im Rahmen der Hauptverhandlung ggf. aufzuklärenden Zweifeln, wenn der Verteidiger geltend macht, der Beschuldigte sei auf dem Weg zur S-Bahn-Station beim Edeka am … Eck vorbeigekommen. Von der Werkstatt W… aus hätte der Beschuldigte sinnvollerweise entweder zum S-Bahnhof Leipzig Nord, oder aber zum S-Bahnhof Sellerhausen gehen müssen. Der Edeka am … Eck liegt zwar – wenn man einen Umweg geht – auf dem Weg zum S-Bahnhof Sellerhausen.

Wenn der Verteidiger allerdings ausführt, dass der Beschuldigte weitergegangen sei, dann aber nach einem Telefonat umgedreht habe, und auf dem Rückweg noch bei der Tankstelle in der Braunstraße vorbeigegangen sei, so erschließt sich dies nicht. Denn die Tankstelle in der Braunstraße liegt nicht auf dem Weg vom S-Bahnhof Sellerhausen bzw. vom Permoser Eck zur Werkstatt W…, sondern läge allenfalls auf dem Weg zwischen dem S-Bahnhof Leipzig-Nord und der Werkstatt. An der Tankstelle kommt man auf dem Weg vom Edeka (bzw. vom S-Bahnhof Sellerhausen) zur Werkstatt nicht vorbei, vielmehr liegt die Tankstelle aus dieser Perspektive deutlich hinter der Werkstatt.

Insgesamt wird daher zu Gunsten des Beschuldigten allenfalls unterstellt werden können, dass der Beschuldigte 1,25 Liter Bier der Marke Beck’s zwischen dem Kauf um 16:37 Uhr und dem Eintreffen der Polizeibeamten um 17 Uhr getrunken hat. Das Amtsgericht wird insofern noch zu ermitteln haben, wie sich dieser allenfalls zu unterstellende Nachtrunk auf die Berechnung der Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt des Unfalls auswirken kann, da bislang nur Berechnungen zu einem hypothetischen Nachtrunk von zwei 0,33l-Flaschen unbekannten Bieres oder von zwei 0,33l-Flaschen unbekannten Bieres und zweieinhalb 0,5l-Flaschen Beck’s angestellt wurden, nicht aber zu einem Nachtrunk von zweieinhalb 0,5l-Flaschen Beck’s alleine. Im Übrigen versteht die Kammer die Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen zur Begleitstoffanalyse dahingehend, dass der vom Beschuldigten behauptete Nachtrunk das Begleitstoffspektrum nicht erklären kann und daher auch die Begleitstoffanalyse eher dafür spricht, dass der Beschuldigte bereits vor dem von ihm behaupteten Nachtrunk ganz erheblich alkoholisiert war (Bl. 246 d.A.). Das wird der Sachverständige im Rahmen der Hauptverhandlung unter Umständen näher auszuführen haben.

III.

Die Kosten des erfolgreichen Rechtsmittels waren analog § 467 StPO der Staatskasse aufzuerlegen.

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