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Sitzungspolizeiliche Anordnung – Aufsetzen Mund-Nasen-Bedeckung – Saalverweis gegen Verteidiger

OLG Oldenburg – Az.: 2 Ss(OWi) 8/23 – Beschluss 17.01.2023

Der Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Aurich vom 21.10.2022 zuzulassen, wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe:

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Zwar kommt bei Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze, wozu auch das Recht auf Mitwirkung eines Verteidigers gehört, eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Betracht. Eine solche Verletzung lässt sich der Verfahrensrüge aber nicht entnehmen:

Ein Vorsitzender war zu Hochzeiten der Pandemie gem. § 176 GVG grundsätzlich berechtigt, vom Verteidiger das Aufsetzen einer Mund-Nasen-Bedeckung zu verlangen (vergleiche OLG Celle, NdsRpfl 2021, 251; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 9.8.2021, 202 ObOWi 860/21, juris). Ob diese Anordnung allerdings auch im Oktober 2022 noch ermessensfehlfrei gewesen ist, erscheint zweifelhaft, da bereits ab 3.4.2022 in Niedersachsen die generelle Maskenpflicht für Innenräume weggefallen war. Das kann aber dahinstehen, da sich der Verteidiger der Anordnung letztlich gebeugt und an der Verhandlung nach kurzer Abwesenheit weiter teilgenommen hat.

Sollte der Verteidiger zuvor des Saales verwiesen worden sein, könnte dies -eine Angemessenheit der Anordnung unterstellt im Hinblick auf § 177 GVG problematisch sein, da dort Verteidiger nicht genannt sind und eine Ausnahme vom BGH (NJW 1977, 437) nur für Extremfälle als denkbar angesehen worden ist. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass sogar die Pflicht zum Tragen einer Robe bei grundsätzlicher Weigerung in Anwendung des § 176 GVG zur Zurückweisung für die Sitzung führen kann (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 65. Aufl. § 176 GVG RN 11). Ob die „Roben-Rspr.“ auch auf die Missachtung einer Anordnung, die dem Gesundheitsschutz dient, übertragen werden kann, ist gleichwohl zweifelhaft, auch wenn eine Aussetzung der Verhandlung und Auferlegung der Kosten nach § 145 Abs. 4 StPO allenfalls beim Pflichtverteidiger oder zumindest notwendiger Verteidigung in Betracht kommt (ablehnend: Kirch-Heim, Die Störung der Hauptverhandlung, NStZ 2014, 431).

Soweit die Generalstaatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des Senats vom 3.1.2022 (MDR 2022, 272) verweist, war die Anordnung von Ordnungsmitteln dort deshalb zulässig, weil – nicht: selbst dann, wenn – der Rechtsanwalt sich selbst verteidigt hat.

Ob ein Verweis aus dem Saal unter dem einen oder anderen Gesichtspunkt -Extremfall oder Anwendung der „Roben-Rspr.“- rechtmäßig gewesen wäre, bedarf aber ebenfalls keiner Klärung.

Eine Verletzung des Rechts auf Verteidigung hätte allenfalls dann angenommen werden können, wenn nach Verweis des Verteidigers aus dem Saal ein Antrag auf Unterbrechung bis zur -nach ca. 4 Minuten erfolgten Beschaffung einer Maske gestellt und abgelehnt worden wäre. Dass ein solcher Antrag gestellt worden ist, wird jedoch nicht geltend gemacht.

Soweit der Verteidiger insbesondere rügt, die Anordnung der Maskenpflicht sei deshalb unzulässig gewesen, weil er über ein Attest, dass ihn von dieser Pflicht befreie, verfüge, ist die Rüge unter diesem Gesichtspunkt nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden, weil der nähere Inhalt des Attestes nicht mitgeteilt wird, so dass der Senat nicht prüfen kann, ob das Amtsgericht überzogene Anforderungen an den Inhalt gestellt hat.

Der Senat weist darauf hin, dass er zumindest für zukünftige Hauptverhandlungen die Anordnung einer Maskenpflicht, von Ausnahmefällen -z.B. einer akuten Atemwegsinfektion der betreffenden Person abgesehen, als ermessensfehlerhaft ansehen würde, wobei in diesen Ausnahmefällen eine Maske gestellt oder Gelegenheit zur Beschaffung gegeben werden müsste.

Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 80 Abs. 4 S. 3 OWiG abgesehen.

 

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