AG Hamburg, Az.: 161 Gs 1067/16 – 5701 Js 9/16
Beschluss vom 23.06.2017
Der ….ist über ihren Rechtsanwalt . Akteneinsicht in dem Verfahrensakte gegen … mit Ausnahme von Bl. 1817-1825, 1951 und 1952 des Bandes 5 der Leitakte und der Sonderbände SB „hiesige elektronische Akte“, SB 1, SB 5, SB 6, SB 8, SB 11, SB 12 und 88 13 zu gewähren. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 29.09.2016 auf Versagung von Akteneinsicht wird in dem vorgenannten Umfang aufgehoben. Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung trägt die…. zu ½, im Übrigen die Staatskasse. Die Staatskasse hat zu ½ die notwendigen Auslagen der…. zu tragen.
Gründe
Der zulässige Antrag der…. gem. § 478 Abs. 3 S. 1 StPO ist teilweise begründet.
I.
Die …. wendet sich mit dem anwaltlichen Schreiben vom 10.10.2016 gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft vom 29.09.2016, ihr über Rechtsanwalt … keine Akteneinsicht zu gewähren. Gegen die…. wird ein eigenes Strafverfahren geführt. Nach Aktenlage wurde sie erstinstanzlich vom AG Celle zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Für die Entscheidung war offensichtlich die Aussage des dortigen Zeugen .. ganz maßgeblich (siehe Bl. 2141 ff. d.A.). Der Rechtsanwalt der … begehrt Akteneinsicht in die Verfahrensakte gegen …. und trägt insoweit vor, dass die Akteneinsicht nötig sei, da er den gesamten historischen Lebenssachverhalt, insbesondere das Verhalten und die Rolle des L., kennenlernen möchte. Aus der hiesigen Akte ist ersichtlich, dass der L. umfassend ausgesagt hat.
II.
Der Antrag der …. hatte teilweise Erfolg. Ihr ist über ihren Rechtsanwalt im tenorierten Umfang durch die Staatsanwaltschaft Hamburg Akteneinsicht gem. § 475 StPO zu gewähren.
Die … . ist selbst Angeklagte in einem Strafverfahren, in dem insbesondere der … als Zeuge ausgesagt hat. Die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil beruhen ausweislich von Bl. 2144 maßgeblich auf der Aussage des J….. Bestandteil der hiesigen Akte gegen … sind auch umfassende Aussagen des L. Sein Aussageverhalten wird somit auch für das Verfahren der … ggf. von Bedeutung sein können, weswegen die … auch ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 475 StPO an der Akteneinsicht hat. Anderenfalls wäre es ihr (über ihren Rechtsanwalt) nicht möglich, das Aussageverhalten des L. und seine Rolle umfassend zu ergründen.
Die Auskünfte aus der hiesigen Verfahrensakte können bzw. die Akteneinsicht kann jedoch nur soweit gehen, wie die schutzwürdigen Interessen der von der Auskunft betroffenen Dritten nicht entgegenstehen, 475 Abs. 1 S. 2 StPO. Zwar wird das hiesige Verfahren nur gegen den Beschuldigten …. geführt, doch könnten hier gleichwohl die schutzwürdigen Interessen vieler Dritter betroffen sein. Dies folgt aus der Besonderheit des Falles und dem Aussageverhalten des L., wodurch diverse strafrechtliche Verfahren eingeleitet wurden. Diesen Dritten war vor Gewährung von Akteneinsicht rechtliches Gehör zu gewähren.
Stichhaltige schutzwürdige Interessen, die die Akteneinsicht sperren könnten, wurden von diesen Dritten nicht vorgetragen. Der Wunsch, mit den eigenen Verfahren abzuschließen und hieran – sei es auch durch Akteneinsichtsgesuche – nicht weiter erinnert/konfrontiert zu werden, trägt nicht. Soweit zudem ein Eingriff in die Intimsphäre, persönliche schutzwürdige Interessen oder sonstige Nachteile privater oder beruflicher Art vorgebracht wurden, wurden diese durchweg nicht hinreichend dargelegt. Insoweit sind konkrete Nachteile durch die Akteneinsicht nicht zu befürchten, zumal die Akteneinsicht einem Rechtsanwalt gewährt wird, der zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.
Im Hinblick auf das Vorbringen des hiesigen Beschuldigten C. über seinen Rechtsanwalt F., dass die umfassende Akteneinsicht Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betreffen könnte, war die Akteneinsicht allerdings einzuschränken. Der Beschuldigte C. trägt insoweit vor, dass mit einer umfassenden Akteneinsicht Einblick in sämtliche Kundendaten, Finanztransaktionen und sonstige geschäftlichen Unterlagen gewährt würden, die Dritte selbst für geschäftliche Aktivitäten nutzen könnten. Auszunehmen von der Akteneinsicht waren demnach die Sonderbände 5 (enthält u.a. Rechnungen und anwaltliche Schreiben des …), 6 (enthält u.a. Rechnungen, Kassenbuch J.), 8 (enthält u.a. Rechnungen und Kontoauswertung), 13 (Finanzermittlungen …) und Bl. 1817-1825, 1951 und 1952 des Bandes 5 der Leitakte (enthält Rechnungen, Anmeldung Kursteilnehmer, Auswertung Stundenabrechnung).
Außerdem waren der SB „hiesige elektronische Akte“, SB 1 (elektronisches Aktendoppel), SB 11 (betrifft Asservate/Auswertung bzgl. D. inkl. Bankunterlagen), SB 12 (betrifft Finanzermittlungen bzgl. …) von der Akteneinsicht auszunehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 478 Abs. 3 S. 2, 473a StPO.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 478 Abs. 3 S. 3 StPO.