Das Akteneinsichtsrecht des Beschuldigten im Strafverfahren
I. Einleitung
Das Recht auf Akteneinsicht im Strafverfahren ist ein schneidiges Schwert für den Rechtsanwalt und bildet das Fundament für eine solide und effiziente Strafverteidigung. Ohne zuvor einen Blick in die Akte geworfen zu haben, ist die Festlegung einer optimalen Verteidigungsstrategie so gut wie unmöglich. Dabei lassen sich grundsätzlich drei Arten der Verteidigung unterscheiden: man kann sich schweigend verteidigen (dazu ausführlicher unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Schweigerecht im Strafrecht“), man kann den Tatvorwurf mit einer eigenen Einlassung zur Sache bestreiten oder aber sich geständig einlassen. Welche Verteidigungsstrategie sich in Ihrem Fall als die beste Strategie erweist, kann im Regelfall erst nach erfolgter Akteneinsicht umfassend und abwägend entschieden werden. Unter welchen Voraussetzungen das Recht auf Akteneinsicht grundsätzlich ausgeübt werden kann und wie Ihnen die Strafverteidiger der Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen dabei behilflich sein können, soll Gegenstand des nachfolgenden Beitrags sein.
II. Was ist überhaupt eine Strafakte bzw. Ermittlungsakte?
Die Straf- bzw. Ermittlungsakte wird von der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft angelegt und in ihr werden alle Dokumente, die im Rahmen eines Strafverfahrens (bzw. eines Ermittlungsverfahrens; dazu ausführlicher unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Ermittlungsverfahren Ablauf – Alles was Sie wissen müssen!“) anfallen, abgeheftet. In der Regel beginnt die Strafakte dann chronologisch mit der Strafanzeige, dem Strafantrag, den sichergestellten Beweismitteln, den einzelnen Zeugenaussagen, Vermerken der Polizei, etc. Sofern die Polizei aus ihrer Sicht alles „ausermittelt“ hat, gibt sie die Akte an die Staatsanwaltschaft ab, die wiederum weitere Ermittlungen anstellen kann oder aber den folgenden Vermerk in die Akte einträgt: „Die Ermittlungen sind abgeschlossen“ (§ 169a StPO). Durch die Fertigung einer Klageschrift und die Einreichung beim zuständigen Gericht, wird das Ermittlungsverfahren durch das sog. Zwischenverfahren abgelöst. Das Zwischenverfahren nach §§ 199 ff. StPO stellt eine Art Kontrollinstanz dar und beinhaltet eine (Über-)Prüfung der Entscheidung der Staatsanwaltschaft durch das Gericht der Hauptverhandlung. Bejaht auch das Gericht – unabhängig von der Staatsanwaltschaft – einen hinreichenden Tatverdacht, so erlässt es einen Eröffnungsbeschluss gem. § 203 StPO (dazu ausführlicher unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Der Ablauf der Hauptverhandlung“). Dabei ist stets dann von einem hinreichenden Tatverdacht auszugehen, wenn eine Verurteilung aufgrund der bisherigen Ermittlungen wahrscheinlich erscheint. Anderenfalls ergeht gem. § 204 StPO ein Nichteröffnungsbeschluss. Nicht zu verwechseln mit der Strafakte ist hingegen das sog. Bundeszentralregister, in dem u.a. gewisse Vorstrafen eingetragen sind (dazu ausführlicher unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Das Führungszeugnis – Auszug aus dem Bundeszentralregister“).
III. Wem steht das Recht auf Akteneinsicht zu?
Geregelt ist das Akteneinsichtsrecht in § 147 der Strafprozessordnung. Danach ist dieses Recht grundsätzlich dem Strafverteidiger vorbehalten. Dem Beschuldigten selbst kann nach § 147 Abs. 1 StPO keine Akteneinsicht gewährt werden. Dieses Recht steht nur dem Verteidiger zu, der es gewissermaßen für den Beschuldigten ausübt. Der Beschuldigte hat lediglich eine Art „Informationsrecht“ nach § 147 Abs. 7 StPO.
Danach sind dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, auf seinen Antrag Auskünfte und Abschriften aus den Akten zu erteilen, soweit dies zu einer angemessenen Verteidigung erforderlich ist, der Untersuchungszweck, auch in einem anderen Strafverfahren, nicht gefährdet werden kann und nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen. Neben dem Verteidiger haben aber auch die Anwälte des Privatklägers (§ 385 III StPO) und des Nebenklägers (§ 406e StPO) das Recht, die Akte einzusehen.
IV. Kann das Akteneinsichtsrecht auch beschränkt werden?
Ein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht besteht auch für den Strafverteidiger erst nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens (dazu ausführlicher unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Ermittlungsverfahren Ablauf – Alles was Sie wissen müssen!“). In der Praxis wird jedoch in der Regel frühzeitig Akteneinsicht gewehrt. Vor Abschluss der Ermittlungen kann dem Verteidiger die Einsicht jedoch verwehrt werden, wenn die Ermittlungsarbeit dadurch gefährdet würde (z.B. durch die Bekanntgabe geplanter Ermittlungsmaßnahmen wie beispielsweise einer Telefonüberwachung oder einer Durchsuchung). Diese Beschränkung gilt jedoch ausdrücklich nicht, wenn sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft (dazu ausführlicher unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Untersuchungshaft und Freiheitsstrafe“) befindet. In diesem Fall sind dem Strafverteidiger gemäß § 147 Abs. 2 S. 2 StPO die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen. In der Regel ist insoweit also Akteneinsicht auch schon vor Abschluss der Ermittlungen zu gewähren.
V. Wie und wo erfolgt die Akteneinsicht?
Der Verteidiger kann die Akte entweder vor Ort in den Räumlichkeiten der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichts einsehen, oder aber in seine Kanzlei mitnehmen, wo er die Akte dann in Ruhe einsehen und durcharbeiten kann. Der häufigste und zugleich praktischste Fall ist jedoch die Versendung der Akte auf dem Postweg. Dazu wird die Akte per Post in die Kanzleiräume des Rechtsanwalts versandt und er hat für einen gewissen Zeitraum die Möglichkeit, Kopien der Akte anzufertigen und diese durchzuarbeiten.
VI. Fazit
Das Akteneinsichtsrecht ist ein wesentlicher Pfeiler einer effektiven Strafverteidigung und versetzt den Strafverteidiger und somit auch den Beschuldigten durch die in der Strafakte enthaltenen Informationen gewissermaßen auf Augenhöhe zu den Strafverfolgungsbehörden, die bis dahin immer einen Wissensvorsprung haben. Treten Sie also rechtzeitig mit uns in Kontakt. Die Strafverteidiger der Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen werden umgehend Akteneinsicht beantragen, sobald Sie uns das Mandat erteilt haben. Sobald uns die Akten vorliegen werden wir Sie umfassend über den Stand der Ermittlungen informieren, um gemeinsam eine zielführende Verteidigungsstrategie zur Wahrung Ihrer Rechte und Interessen auszuarbeiten. Zögern Sie nicht und vereinbaren Sie noch heute einen Termin mit einem Strafverteidiger der Rechtsanwaltskanzlei Kotz oder nutzen Sie die Möglichkeit der Online-Rechtsberatung. Wir beraten Sie gerne ausführlich in allen strafrechtlichen Fragen und übernehmen auf Wunsch auch Ihre Verteidigung.
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