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Gericht verletzt Rechtliches Gehör: Antrag auf Befreiung ignoriert

Ein Amtsgericht verwarf den Einspruch eines Autofahrers gegen sein 42 km/h zu schnelles Fahren, da dieser trotz gestelltem Antrag nicht persönlich erschien. Diese Missachtung einer beantragten Entbindung von der Anwesenheitspflicht soll das Recht auf rechtliches Gehör verletzt haben.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORbs 150/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
  • Datum: 07.08.2025
  • Aktenzeichen: 1 ORbs 150/25
  • Verfahren: Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit
  • Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht, Verfahrensrecht, Verfassungsrecht

  • Das Problem: Ein Autofahrer beantragte, nicht persönlich vor Gericht erscheinen zu müssen. Das Gericht ignorierte den Antrag und verwarf seinen Einspruch, weil er nicht zur Verhandlung kam.
  • Die Rechtsfrage: Durfte das Gericht den Einspruch abweisen, obwohl der Betroffene zuvor um Befreiung von der Anwesenheitspflicht gebeten hatte?
  • Die Antwort: Nein. Das Gericht durfte den Einspruch nicht abweisen. Es muss über den Antrag auf Befreiung von der Anwesenheitspflicht entscheiden und darf ihn nicht einfach ignorieren. Das hat das Recht auf Rechtliches Gehör verletzt.
  • Die Bedeutung: Gerichte müssen gestellte Anträge auf Befreiung von der Anwesenheitspflicht immer prüfen und bescheiden. Das bloße Ignorieren eines solchen Antrags verletzt das Grundrecht auf rechtliches Gehör und macht das Urteil angreifbar.

Der Fall vor Gericht


Was geschah, als ein Richter einen entscheidenden Brief einfach überging?

Es war ein unscheinbarer Brief, der auf dem Schreibtisch eines Richters am Amtsgericht landete. Darin erklärte ein Autofahrer, der gegen einen Bußgeldbescheid kämpfte, zwei simple Dinge: Ja, er sei der Fahrer gewesen.

Das Gericht verweigerte dem Betroffenen das rechtliche Gehör; die Entbindung der Anwesenheitspflicht führt zur Verwerfung des Einspruchs.
OLG stellte Verletzung des rechtlichen Gehörs fest und verwies Verfahren an andere Abteilung | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Nein, mehr habe er zu dem Vorfall nicht zu sagen. Sein Anwalt stellte deshalb einen klaren Antrag: Der Mann möge von der Pflicht befreit werden, persönlich zum Gerichtstermin zu erscheinen. Der Richter aber bearbeitete diesen Antrag nicht. Als am Verhandlungstag niemand erschien, warf er den Einspruch des Mannes kurzerhand aus dem Rennen. Das ließ sich das höhere Gericht nicht bieten.

Warum wurde der Einspruch des Fahrers überhaupt verworfen?

Ein Fahrer war auf der Autobahn geblitzt worden – mit 42 km/h zu viel. Die Bußgeldstelle verhängte eine Geldstrafe und ein einmonatiges Fahrverbot. Der Mann legte Einspruch ein, der Fall landete vor dem Amtsgericht Oranienburg. Eine erste Verurteilung wurde vom Brandenburgischen Oberlandesgericht wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben. Alles ging zurück auf Anfang. Ein neuer Gerichtstermin wurde für den 3. April 2025 angesetzt.

An diesem Tag blieben der Platz des Betroffenen und der seines Verteidigers leer. Für den Amtsrichter war die Sache damit erledigt. Er zog das Gesetzbuch heran und handelte. Das Gesetz sieht für diesen Fall eine klare Regel vor: Erscheint ein Betroffener ohne ausreichende Entschuldigung nicht zur Hauptverhandlung, kann sein Einspruch ohne weitere Prüfung der Sachlage verworfen werden. Genau das tat der Richter. Er stellte fest, der Mann sei ordnungsgemäß geladen worden und nicht entschuldigt. Mit einem sogenannten Verwerfungsurteil beendete er das Verfahren. Der ursprüngliche Bußgeldbescheid wurde damit rechtskräftig.

Welchen Schachzug der Verteidigung hatte das Gericht ignoriert?

Mehr als zwei Wochen vor dem Termin hatte der Anwalt des Fahrers einen Schriftsatz eingereicht. Dieses Dokument enthielt eine wohlüberlegte prozessuale Weichenstellung. Der Fahrer räumte die Fahrereigenschaft ein. Das war ein wichtiges Zugeständnis, denn damit war die Frage „Wer saß am Steuer?“ vom Tisch. Gleichzeitig kündigte er an, sich in der Verhandlung nicht weiter zur Sache äußern zu wollen.

Auf dieser Basis stellte der Anwalt den Antrag, seinen Mandanten von der Anwesenheitspflicht zu befreien. Das ist ein gängiges und legitimes Mittel. Im Klartext bedeutet das: Da die Identität geklärt ist und vom Betroffenen keine weiteren Informationen zu erwarten sind, ist seine Anwesenheit zur Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr zwingend notwendig. Später schränkte der Fahrer seinen Einspruch sogar noch weiter ein – er wollte nur noch über die Höhe der Strafe streiten, nicht mehr über die Schuld an sich. Das Gericht hätte also nur noch über das Strafmaß befinden müssen. Doch der Richter ging auf den Antrag mit keinem Wort ein. Er verfügte lediglich die Akteneinsicht für den Anwalt und legte das Schreiben beiseite.

War das Vorgehen des Amtsgerichts ein schwerer Verfahrensfehler?

Ja, und zwar ein ganz grundlegender. Das Brandenburgische Oberlandesgericht, das den Fall als nächste Instanz prüfte, fand deutliche Worte. Das Amtsgericht hatte den Antrag des Fahrers nicht nur übersehen – es hatte ihn ignoriert. Damit verletzte es den Anspruch des Mannes auf rechtliches Gehör. Dieses Recht ist im Grundgesetz verankert und ein Pfeiler des deutschen Rechtsstaats. Es besagt, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nehmen und in seine Entscheidung einbeziehen muss.

Das Oberlandesgericht stellte klar: Ein Richter hat bei einem solchen Antrag keinen freien Ermessensspielraum. Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind – und das waren sie hier –, muss er den Betroffenen von der Anwesenheitspflicht entbinden. Die Identität war geklärt. Weitere Aufklärung durch den Fahrer war nicht zu erwarten. Die bloße Hoffnung, der Mann könnte es sich im Gerichtssaal vielleicht anders überlegen, rechtfertigt keine Ablehnung. Indem der Richter den Antrag unbeantwortet ließ und stattdessen das Fernbleiben mit einem Verwerfungsurteil bestrafte, traf er eine offenkundig falsche Entscheidung. Er hätte über den Antrag befinden müssen, statt den Einspruch abzuwürgen.

Wie korrigierte die höhere Instanz diesen Fehler?

Die Konsequenz des Oberlandesgerichts war unmissverständlich. Es pulverisierte das Verwerfungsurteil des Amtsgerichts. Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Doch das war nicht alles. Der Senat machte von einer besonderen Möglichkeit Gebrauch und ordnete an, dass die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Oranienburg gehen muss.

Dieser Schritt ist ein starkes Signal. Er zeigt, dass das Vertrauen in eine unvoreingenommene Fortführung des Verfahrens durch den bisher zuständigen Richter erschüttert war. Das Gericht hatte nicht zum ersten Mal in diesem Fall die prozessualen Rechte des Fahrers missachtet. Mit der Verweisung an einen neuen Richter stellte das Oberlandesgericht sicher, dass der Fall nun von Grund auf neu und vor allem verfahrensrechtlich sauber verhandelt wird.

Die Urteilslogik

Gerichte müssen prozessuale Anträge sorgfältig prüfen, um das Grundrecht auf rechtliches Gehör zu wahren.

  • Rechtliches Gehör gewährleisten: Gerichte müssen alle prozessualen Eingaben der Beteiligten sorgfältig prüfen und zur Kenntnis nehmen, da dies ein fundamentales Verfassungsrecht darstellt.
  • Anwesenheitspflicht entbinden: Gerichte müssen einem Betroffenen die Anwesenheitspflicht erlassen, sobald dessen Identität geklärt ist und keine weiteren Sachverhaltsaufklärungen durch ihn zu erwarten sind.
  • Einspruch korrekt verwerfen: Ein Gericht darf einen Einspruch nur verwerfen, wenn ein Betroffener ohne ausreichende Entschuldigung und ohne wirksame Entbindung von der Anwesenheitspflicht fernbleibt.

Diese Grundsätze betonen die strikte Pflicht der Justiz, Verfahrensrechte zu respektieren und das Vertrauen in faire Abläufe zu sichern.


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Wurde Ihr Einspruch verworfen, obwohl Sie um Befreiung von der Anwesenheitspflicht baten? Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihres Falls.


Experten Kommentar

Stellen Sie sich vor, Ihr Anwalt reicht einen wichtigen Antrag ein, klärt alles Wesentliche – und der Richter ignoriert das einfach, um Ihren Einspruch abzubügeln. Das höhere Gericht hat hier eine klare rote Linie gezogen: Solche Anträge sind keine reine Formsache, sondern ein Pfeiler des Rechts auf Gehör. Wer so agiert, kriegt nicht nur die Entscheidung um die Ohren gehauen, sondern muss den Fall im Zweifel sogar an eine komplett neue richterliche Hand abgeben. Eine deutliche Ansage für Richter und ein starker Schutz für jeden Betroffenen vor willkürlichem Vorgehen.


Symbolische Grafik zu FAQ - Häufig gestellte Fragen aus dem Strafrecht" mit Waage der Gerechtigkeit und Gesetzbüchern im Hintergrund

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann kann ich als Autofahrer vom Gerichtstermin befreit werden?

Sie können als Autofahrer von der Anwesenheitspflicht bei einem Gerichtstermin befreit werden, wenn Sie schriftlich Ihre Fahrereigenschaft einräumen und explizit erklären, dass Sie keine weiteren Angaben zur Sache machen werden. Ist die Identität geklärt und vom Gericht keine weitere Aufklärung durch Ihre Aussage zu erwarten, muss es dem Antrag auf Entbindung stattgeben. Das spart Ihnen wertvolle Zeit.

Juristen nennen das eine prozessuale Weichenstellung. Die zentrale Frage „Wer saß am Steuer?“ wird durch Ihr Zugeständnis schnell geklärt. Damit entfällt ein Hauptgrund für Ihre Anwesenheit. Der Gesetzgeber sieht vor, dass die persönliche Anwesenheit eines Betroffenen in der Hauptverhandlung dann nicht erforderlich ist, wenn der Sachverhalt auch ohne seine Anwesenheit geklärt werden kann. Erklären Sie daher klar, dass Sie sich nicht zur Sache äußern wollen.

Ihr Anwalt muss daraufhin einen formellen Antrag auf Entbindung von der Anwesenheitspflicht stellen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat das Gericht keinen freien Ermessensspielraum mehr. Es muss Sie von der Pflicht befreien. Ein Richter darf diesen Antrag nicht einfach ignorieren.

Denken Sie an ein Puzzle. Wenn alle Teile schon richtig liegen und kein neues Teil von Ihnen erwartet wird, müssen Sie nicht persönlich erscheinen, um das Bild zu vervollständigen. Ihre Anwesenheit wäre schlicht überflüssig.

Besprechen Sie sofort mit Ihrem Anwalt, ob und wie ein präziser Schriftsatz formuliert werden kann. Dieser sollte klar Ihre Fahrereigenschaft einräumen und die Absicht äußern, sich nicht weiter zur Sache zu äußern. Nur so schaffen Sie die notwendige Basis für einen erfolgreichen Anwesenheitsbefreiungsantrag. Verzichten Sie auf mündliche Andeutungen; nur ein schriftlicher, förmlicher Antrag ist prozessual wirksam.


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Muss das Gericht meinen Antrag auf Anwesenheitsbefreiung immer bescheiden?

Ja, das Gericht muss über Ihren Antrag auf Anwesenheitsbefreiung entscheiden, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Es hat keinen freien Ermessensspielraum, wenn Ihre Identität geklärt ist und Sie keine weiteren Aussagen machen wollen. Eine Nichtbeachtung dieses Antrags ist ein schwerwiegender Verfahrensfehler, der ein Urteil angreifbar macht.

Juristen nennen das den Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Gerichte sind verpflichtet, jedes form- und fristgerechte Vorbringen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu bescheiden. Ignoriert ein Gericht Ihren Antrag auf Entbindung von der Anwesenheitspflicht, obwohl Sie Ihre Fahrereigenschaft eingeräumt und angekündigt haben, sich nicht weiter zur Sache äußern zu wollen, verletzt es diesen fundamentalen Grundsatz.

Der Grund: In solchen Fällen ist Ihre persönliche Anwesenheit zur Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr zwingend notwendig. Die Richter haben hier keine Wahlfreiheit. Sind die Bedingungen erfüllt, muss der Antrag bewilligt werden. Ein Gericht darf Ihre Anwesenheit nicht einfach aus der vagen Hoffnung heraus erzwingen, Sie könnten Ihre Meinung doch noch ändern.

Denken Sie an die Situation eines festgelegten Spielzugs im Schach: Ist ein Zug einmal klar deklariert und regelkonform, muss der Schiedsrichter ihn anerkennen, selbst wenn er persönlich eine andere Strategie bevorzugen würde. Das Gericht hat hier die Rolle des Schiedsrichters.

Erhalten Sie bis kurz vor Ihrem Gerichtstermin keine explizite Entscheidung zu Ihrem Befreiungsantrag, sollten Sie sofort handeln. Bitten Sie Ihren Anwalt unverzüglich, eine schriftliche Nachfrage oder Erinnerung beim Gericht einzureichen. Eine formale Reaktion ist unerlässlich. Andernfalls riskieren Sie, trotz Antrag als unentschuldigt zu gelten und ein Verwerfungsurteil zu kassieren.


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Gibt es eine spezielle Beschwerde, wenn das Gericht meinen Antrag ignoriert?

Ja, wenn das Gericht Ihren Antrag auf Anwesenheitsbefreiung ignoriert und daraufhin ein Verwerfungsurteil fällt, ist das ein schwerwiegender Verfahrensfehler. Sie können diesen Mangel im Rahmen einer Rechtsbeschwerde oder Berufung erfolgreich rügen. Eine höhere Instanz wird das fehlerhafte Urteil dann in der Regel aufheben. Das sichert Ihr Recht auf ein faires Verfahren.

Juristen nennen das Ignorieren eines Antrags eine fundamentale Verletzung Ihres Rechts auf rechtliches Gehör. Dieses Recht ist im Grundgesetz verankert. Es garantiert, dass Ihr Anliegen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in die Entscheidung einbezogen werden muss. Wird Ihr Antrag auf Anwesenheitsbefreiung schlicht übergangen, verkennt das Gericht seine Pflicht. Eine solche Missachtung prozessualer Regeln ist kein Kavaliersdelikt. Bei einer Überprüfung durch ein höheres Gericht, wie beispielsweise das Oberlandesgericht, führt ein solcher Verfahrensfehler typischerweise zur Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils. Ihr Fall wird dann neu verhandelt.

Denken Sie an eine Hausaufgabe: Wenn Ihr Lehrer Ihre sorgfältig erarbeitete Lösung einfach ignoriert und Ihnen eine Sechs gibt, ohne sie auch nur anzusehen, fühlen Sie sich zu Recht ungerecht behandelt. Genauso verhält es sich mit dem Gericht: Es muss Ihre Eingaben prüfen. In gravierenden Fällen kann das höhere Gericht den Fall sogar an eine andere Abteilung desselben Gerichts verweisen, um sicherzustellen, dass Sie eine unvoreingenommene Chance erhalten.

Falls Sie also nach einem ignorierten Antrag ein Verwerfungsurteil erhalten haben, geben Sie keinesfalls auf. Die Fristen für eine Rechtsbeschwerde oder Berufung sind eng. Zögern Sie nicht: Kontaktieren Sie umgehend Ihren Anwalt. Besprechen Sie mit ihm die Einlegung der Rechtsbeschwerde oder Berufung, um Ihre Rechte durchzusetzen und ein fehlerhaftes Urteil anzufechten.


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Kann ich bei unbeantwortetem Befreiungsantrag dem Gerichtstermin fernbleiben?

Nein, bei einem unbeantworteten Antrag auf Anwesenheitsbefreiung können Sie dem Gerichtstermin nicht einfach fernbleiben. Ohne eine explizite gerichtliche Entbindung von der Anwesenheitspflicht bleiben Sie weiterhin zur Hauptverhandlung geladen. Ein unentschuldigtes Fehlen kann dazu führen, dass Ihr Einspruch verworfen wird, wie der Fall des geblitzten Autofahrers deutlich zeigt.

Die Regel lautet klar: Eine Ladung zum Gerichtstermin verpflichtet Sie zum persönlichen Erscheinen, solange kein gegenteiliger Beschluss vorliegt. Selbst wenn Ihr Anwalt bereits einen Antrag auf Befreiung gestellt hat, gilt diese formelle Pflicht weiterhin. Gerichte müssen zwar über solche Anträge entscheiden, doch ein bloßes Schweigen oder Ignorieren ersetzt keinen positiven Bescheid, auf den Sie sich verlassen könnten.

Verlassen Sie sich keinesfalls darauf, dass Ihr Antrag stillschweigend bewilligt wird. Juristen nennen das Risiko des Verwerfungsurteils. Erscheinen Sie trotz eines gestellten, aber unentschiedenen Antrags nicht, wertet der Richter Ihr Fernbleiben als unentschuldigt. Das Gesetz erlaubt ihm dann, Ihren Einspruch ohne weitere Prüfung der Sachlage zu verwerfen. Damit wird der ursprüngliche Bußgeldbescheid rechtskräftig.

Ein passender Vergleich ist ein Flugticket: Sie haben einen Flug gebucht und um eine Sitzplatzänderung gebeten. Solange die Airline Ihnen keine neue Bestätigung schickt, bleiben Sie an Ihren ursprünglichen Sitzplatz gebunden. Ohne offizielle Bestätigung können Sie nicht einfach woanders Platz nehmen. Genauso ist es mit dem Gerichtstermin: Ohne offizielle Entbindung müssen Sie erscheinen.

Handeln Sie proaktiv: Treten Sie oder Ihr Anwalt unverzüglich vor dem anstehenden Termin mit dem Gericht in Kontakt. Fragen Sie aktiv den Status Ihres Antrags ab. Drängen Sie auf eine zügige Entscheidung, damit Sie rechtzeitig Klarheit über Ihre Anwesenheitspflicht erhalten.


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Wie kann ich sicherstellen, dass meine Anträge im Gericht richtig bearbeitet werden?

Gerichte bearbeiten Anträge nur selten von selbst proaktiv. Um die korrekte Bearbeitung Ihrer Anliegen zu sichern, sollten Sie diese stets schriftlich und präzise formulieren. Idealerweise reichen Sie sie über einen spezialisierten Anwalt ein. Aktives Nachfassen bei ausbleibender Reaktion ist entscheidend, denn Gerichte können „unscheinbare Briefe“ sonst leicht übergehen.

Die Regel lautet: Gerichte sind verpflichtet, über jeden form- und fristgerechten Antrag zu entscheiden. Doch die Realität in überlasteten Justizapparaten kann anders aussehen. Zahlreiche Schriftsätze landen täglich auf den Schreibtischen der Richter. Ein Anliegen, das nicht klar als eigenständiger Antrag erkennbar ist oder in einem längeren Begleitschreiben versteckt wird, läuft Gefahr, übersehen zu werden. Juristen wissen um die Notwendigkeit, jedes Anliegen explizit und präzise zu adressieren. Nur so zwingt man das Gericht förmlich zur Kenntnisnahme und einer expliziten Entscheidung. Das sichert Ihr Recht auf rechtliches Gehör.

Ein passender Vergleich ist ein Großraumbüro: Eine E-Mail mit einem klaren Betreff „DRINGEND: Antrag auf Anwesenheitsbefreiung“ erhält deutlich mehr Aufmerksamkeit als eine beiläufige Notiz in einem langen Konversationsstrang. Präzision zahlt sich immer aus.

Lassen Sie jeden wichtigen Schriftsatz als separaten Antrag klar bezeichnen. Zum Beispiel nennen Sie ihn „Antrag auf Anwesenheitsbefreiung gemäß § XYZ StPO“. Senden Sie diesen Antrag nachweislich ein, etwa per Fax mit Sendebericht oder als Einschreiben mit Rückschein. Halten Sie das Versanddatum für etwaige Nachfragen griffbereit. Scheuen Sie sich nicht, bei ausbleibender Reaktion aktiv nachzuhaken.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Anwesenheitspflicht

Die Anwesenheitspflicht bedeutet, dass eine Person, zum Beispiel ein Betroffener in einem Bußgeldverfahren, persönlich zu einem Gerichtstermin erscheinen muss. Juristen verlangen dies in der Regel, um dem Gericht die unmittelbare Befragung zu ermöglichen und eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts sicherzustellen. Nur so können Richter einen persönlichen Eindruck gewinnen.

Beispiel: Obwohl der Anwalt die Entbindung von der Anwesenheitspflicht beantragt hatte, bestand die Pflicht für den Autofahrer weiterhin, da das Gericht seinen Antrag nicht bescheiden hatte.

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Ermessensspielraum

Der Ermessensspielraum beschreibt den Entscheidungsspielraum, den eine Behörde oder ein Gericht bei einer bestimmten Sachlage besitzt; er erlaubt die Wahl zwischen mehreren rechtlich zulässigen Optionen. Er ermöglicht es Gerichten, Einzelfällen gerecht zu werden und flexible Lösungen zu finden, wo das Gesetz bewusst keine starre Vorgabe macht.

Beispiel: Das Oberlandesgericht stellte klar, dass der Richter bei erfüllten Voraussetzungen keinen Ermessensspielraum hatte und den Fahrer von der Anwesenheitspflicht entbinden musste.

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Rechtliches Gehör

Das Recht auf rechtliches Gehör ist ein grundlegendes Verfassungsrecht, das jedem Prozessbeteiligten garantiert, dass das Gericht seine Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in seine Entscheidung einbezieht. Dieses fundamentale Recht bildet einen Pfeiler des Rechtsstaats und soll Fairness sowie die Chance auf Einflussnahme auf das Verfahren sicherstellen.

Beispiel: Das Oberlandesgericht rügte das Amtsgericht, weil es den Antrag des Fahrers ignoriert und damit dessen Recht auf rechtliches Gehör massiv verletzt hatte.

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Rechtsbeschwerde

Eine Rechtsbeschwerde ist ein spezielles Rechtsmittel gegen Entscheidungen in bestimmten Verfahren, wie Bußgeldsachen, das die Überprüfung auf Rechtsfehler durch eine höhere Instanz ermöglicht. Dieses Rechtsmittel dient der Rechtssicherung und soll gewährleisten, dass Gerichte die Gesetze korrekt anwenden und grundlegende Verfahrensfehler korrigiert werden können.

Beispiel: Der Anwalt des Autofahrers konnte die Verurteilung erfolgreich mittels Rechtsbeschwerde anfechten, da das Amtsgericht einen schweren Verfahrensfehler begangen hatte.

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Schriftsatz

Ein Schriftsatz ist ein schriftliches Dokument, das ein Anwalt oder eine Partei bei Gericht einreicht, um Anträge zu stellen, Erklärungen abzugeben oder rechtliche Argumente vorzubringen. Diese formalen Schriftstücke stellen sicher, dass alle relevanten Informationen und Anliegen offiziell und nachweisbar in das Gerichtsverfahren eingebracht werden, was Transparenz und Rechtssicherheit fördert.

Beispiel: Der Anwalt reichte einen Schriftsatz ein, in dem er die Fahrereigenschaft seines Mandanten einräumte und gleichzeitig die Entbindung von der Anwesenheitspflicht beantragte.

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Verwerfungsurteil

Ein Verwerfungsurteil ist eine gerichtliche Entscheidung, die einen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid für unzulässig erklärt, weil der Betroffene unentschuldigt nicht zur Hauptverhandlung erschienen ist. Juristen nutzen diese Regelung, um Verfahren effizient abzuschließen, wenn die Mitwirkung des Betroffenen fehlt. Das Gesetz will verhindern, dass Gerichtsverfahren durch unentschuldigtes Fernbleiben unnötig verzögert werden.

Beispiel: Der Amtsrichter erließ ein Verwerfungsurteil, weil der geblitzte Autofahrer ohne vorherige Entbindung von der Anwesenheitspflicht dem Termin ferngeblieben war.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)
    Jede Person hat das Recht, dass ein Gericht ihr Vorbringen und ihre Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Amtsgericht hat diesen Grundsatz verletzt, weil es den Antrag des Fahrers, von der Anwesenheitspflicht befreit zu werden, komplett ignoriert und nicht in seine Entscheidung einbezogen hat.
  • Entbindung von der Anwesenheitspflicht (§ 73 Abs. 2 OWiG i.V.m. § 340 Abs. 2 StPO)
    Ein Betroffener kann unter bestimmten Voraussetzungen von seiner Pflicht, persönlich vor Gericht zu erscheinen, befreit werden, insbesondere wenn seine Anwesenheit zur Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr nötig ist.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anwalt des Fahrers stellte einen solchen Antrag, da der Fahrer seine Fahrereigenschaft eingeräumt hatte und sich nicht weiter äußern wollte; der Richter ignorierte diesen Antrag, obwohl die Voraussetzungen für eine Entbindung erfüllt waren.
  • Verwerfung des Einspruchs bei Ausbleiben (§ 74 Abs. 2 OWiG)
    Erscheint ein Betroffener ohne ausreichende Entschuldigung nicht zur Hauptverhandlung, kann sein Einspruch ohne weitere Prüfung der Sache verworfen werden.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Amtsrichter wandte diese Regel an und verwarf den Einspruch des Fahrers, weil dieser nicht zum Termin erschien, obwohl der Richter zuvor dessen berechtigten Antrag auf Entbindung von der Anwesenheitspflicht unbeantwortet gelassen hatte.
  • Grundsatz der richterlichen Unvoreingenommenheit (Allgemeiner Rechtsgrundsatz)
    Ein Gerichtsverfahren muss fair ablaufen, und der zuständige Richter muss unvoreingenommen und neutral entscheiden, um das Vertrauen in die Justiz zu wahren.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Oberlandesgericht sah die Unvoreingenommenheit des ursprünglichen Richters als so stark erschüttert an, dass es den Fall zur erneuten Verhandlung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts verwies.

Das vorliegende Urteil


OLG Brandenburg – Az: 1 ORbs 150/25 – Beschluss vom 07.08.2025


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