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Eigenbedarfswegfall verschwiegen – Betrug am Mieter

Eine Hamburger Vermieterin wurde wegen Betrugs zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, nachdem sie einer Familie mit sieben Kindern wegen angeblichen Eigenbedarfs gekündigt hatte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Frau die Immobilie nie selbst nutzen wollte, sondern sie nur räumen ließ, um sie gewinnbringend zu verkaufen. Die Vermieterin hatte ihre wahren Absichten verschwiegen und die Mieterfamilie damit bewusst getäuscht.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Angeklagte wurde wegen Betrugs durch Unterlassen zu einer Geldstrafe verurteilt.
  • Der Vorwurf betrifft eine vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung, um Mieter zum Auszug zu bewegen.
  • Die Angeklagte plante ursprünglich, das Haus selbst zu nutzen, änderte jedoch ihre Pläne und beschloss, das Haus zu verkaufen.
  • Trotz Wegfall des Eigenbedarfs hielt die Angeklagte die Kündigung aufrecht und informierte die Mieter nicht über die geänderten Pläne.
  • Das Gericht sah in den E-Mails der Angeklagten Beweise dafür, dass sie keinen ernsthaften Nutzungswillen mehr hatte.
  • Die Angeklagte erzielte durch den Verkauf des Hauses einen erheblichen Gewinn.
  • Die gerichtliche Entscheidung basierte auf Zeugenaussagen und der Korrespondenz der Angeklagten.
  • Der Verkauf des Grundstücks wurde kurz nach dem Auszug der Mieter in die Wege geleitet.
  • Die Angeklagte muss Wertersatz leisten und die Verfahrenskosten tragen.
  • Das Urteil zeigt die Wichtigkeit, tatsächliche Nutzungsabsichten bei Eigenbedarfskündigungen nachweisen zu können.

Vermieter-Betrug: Gerichtsurteil zu falschen Kündigungsgründen

Jeder, der schon einmal eine Wohnung angemietet hat, kennt das Prinzip: Der Vermieter mietet die Wohnung an, um sie dem Mieter zu vermieten und daraus eine Rendite zu erzielen. Doch was passiert, wenn der Vermieter plötzlich selbst die Wohnung benötigt? In diesem Fall kann er das Mietverhältnis kündigen, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Dazu gehört der Nachweis des echten Eigenbedarfs und eine ordnungsgemäße Ankündigung der Kündigung. Doch was, wenn der Vermieter den tatsächlichen Grund für die Kündigung verschweigt? Kann man dann von einem Betrug sprechen? Diese Frage stellt sich immer wieder vor Gericht. Der Gesetzgeber hat für diese Fälle genaue Vorgaben entwickelt, die sicherstellen sollen, dass Mieter nicht unrechtmäßig aus ihren Wohnungen verdrängt werden.

Besonders schwierig wird es, wenn der Vermieter den tatsächlichen Grund für die Kündigung verschweigt. Das kann zum Beispiel vorkommen, wenn der Vermieter die Wohnung eigentlich für einen Familienangehörigen benötigt, aber dies gegenüber dem Mieter verschweigt, um einen späteren Rechtsstreit zu vermeiden. Um den Betrug zu beweisen, müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte vorliegen. In einem aktuellen Gerichtsfall, auf den wir im Folgenden näher eingehen, ging es genau um diesen Sachverhalt.

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Der Fall vor Gericht


Vortäuschung von Eigenbedarf: Vermieterin zu hoher Geldstrafe verurteilt

Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf hat eine Vermieterin wegen Betruges durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 600 Euro verurteilt. Die Angeklagte hatte einer Mieterfamilie mit sieben Kindern wegen angeblichen Eigenbedarfs gekündigt, obwohl sie tatsächlich nie vorhatte, die Immobilie selbst zu nutzen.

Hintergründe des Falls: Kündigung wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs

Im Jahr 2016 erwarb die Angeklagte ein Wohnhaus in Hamburg-Bergedorf aus einer Zwangsversteigerung. Kurz darauf kündigte sie den Mietern – einer Familie mit sieben teils lernbehinderten Kindern – wegen Eigenbedarfs. Als Begründung gab sie an, selbst mit ihrer Familie in das Haus einziehen und ein „Mehrgenerationenhaus“ errichten zu wollen.

Die Mieter wehrten sich zunächst juristisch gegen die Kündigung. Im April 2019 einigten sich die Parteien schließlich auf einen gerichtlichen Vergleich, wonach die Familie bis spätestens Ende Juni 2020 ausziehen sollte. Nach einer gerichtlichen Fristverlängerung räumte die Familie die Wohnung Ende August 2020.

Aufgegebene Umzugspläne und Verkauf der Immobilie

Wie sich später herausstellte, hatte die Vermieterin ihre Umzugspläne bereits im Oktober 2019 aufgegeben – fast ein Jahr vor dem tatsächlichen Auszug der Mieter. Stattdessen plante sie, die Immobilie gewinnbringend zu verkaufen. Tatsächlich veräußerte sie das Grundstück im Dezember 2020, nur wenige Monate nach dem erzwungenen Auszug der Mieter, für 960.000 Euro. Nach Abzug von Steuern und des ursprünglichen Kaufpreises verblieb ihr ein Gewinn von über 330.000 Euro.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte spätestens ab Oktober 2019 wusste, dass sie die Wohnung nicht mehr selbst nutzen würde. Dennoch unterließ sie es, die Mieter darüber zu informieren und die Kündigung zurückzunehmen. Stattdessen verfolgte sie den Räumungsprozess weiter, um das leerstehende Objekt anschließend gewinnbringend verkaufen zu können.

Rechtliche Bewertung und Urteilsbegründung

Das Gericht wertete das Verhalten der Vermieterin als Betrug durch Unterlassen. Es stellte fest, dass Vermieter eine besondere Garantenpflicht gegenüber ihren Mietern haben. Diese verpflichtet sie, die Mieter zu informieren, wenn der Grund für eine ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nachträglich wegfällt.

In der Urteilsbegründung betonte das Gericht die besondere Schutzbedürftigkeit von Mietern, gerade in Ballungsräumen mit Wohnungsknappheit. Die Garantenpflicht des Vermieters bestehe bis zur tatsächlichen Räumung der Wohnung – auch wenn zwischenzeitlich ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wurde.

Das Gericht sah in dem erzwungenen Auszug einen erheblichen Vermögensschaden für die Mieter. Der Besitzverlust an der Wohnung stelle bereits für sich genommen einen Vermögensschaden dar, unabhängig von konkreten finanziellen Einbußen. Zudem hob das Gericht die gravierenden Folgen für die Mieterfamilie hervor, insbesondere die psychischen Belastungen für die teils lernbehinderten Kinder.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil bekräftigt die weitreichende Garantenpflicht von Vermietern gegenüber ihren Mietern. Es stellt klar, dass ein vorgetäuschter Eigenbedarf als Betrug durch Unterlassen strafbar ist, wenn der Vermieter den Wegfall des Eigenbedarfs verschweigt. Die Entscheidung unterstreicht den hohen Stellenwert des Mieterschutzes und definiert den Besitzverlust an einer Wohnung als eigenständigen Vermögensschaden. Dies stärkt die Position von Mietern und erhöht die Anforderungen an Vermieter bei Eigenbedarfskündigungen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Mieter haben Sie durch dieses Urteil einen stärkeren Schutz vor vorgetäuschtem Eigenbedarf erhalten. Vermieter sind nun verpflichtet, Sie bis zum tatsächlichen Auszug zu informieren, falls der Eigenbedarf nachträglich wegfällt. Selbst wenn Sie bereits einem Räumungsvergleich zugestimmt haben, besteht diese Pflicht weiterhin. Unterlässt der Vermieter diese Information, kann dies als Betrug gewertet werden. Das Gericht erkennt den Verlust Ihres Besitzrechts an der Wohnung als eigenständigen Vermögensschaden an, unabhängig von finanziellen Einbußen. Bei Verdacht auf vorgetäuschten Eigenbedarf sollten Sie daher rechtliche Schritte in Erwägung ziehen.


FAQ – Häufige Fragen

Sie planen einen Umzug und sind auf der Suche nach einer neuen Wohnung? Dann könnte Ihnen der Vortäuschung von Eigenbedarf durch den Vermieter das Leben schwer machen. Erfahren Sie in unseren FAQs, welche Rechte Sie haben, wie Sie sich gegen unrechtmäßige Kündigungen wehren können und welche Fallstricke es bei der Vermietung zu beachten gilt.


Wie erkenne ich, ob mein Vermieter den Eigenbedarf nur vortäuscht?

Bei einer Eigenbedarfskündigung sollten Mieter aufmerksam prüfen, ob tatsächlich ein berechtigter Eigenbedarf vorliegt. Einige Anzeichen können auf einen vorgetäuschten Eigenbedarf hindeuten.

Widersprüchliche oder vage Angaben des Vermieters zur Eigenbedarfsperson oder zum Nutzungszweck lassen Zweifel aufkommen. Der Vermieter muss den Eigenbedarf konkret und nachvollziehbar darlegen. Fehlen plausible Erklärungen, warum gerade diese Wohnung benötigt wird, ist Skepsis angebracht.

Auch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Streitigkeiten mit dem Vermieter und der Eigenbedarfskündigung kann verdächtig sein. Ebenso wenn kurz zuvor eine Mieterhöhung abgelehnt wurde. In solchen Fällen könnte die Kündigung als Vorwand dienen, um unliebsame Mieter loszuwerden.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die angegebene Eigenbedarfsperson offensichtlich nicht zur Wohnung passt. Beispielsweise bei einer Dachgeschosswohnung ohne Aufzug für eine gehbehinderte Person. Oder wenn eine Großfamilie in eine kleine Wohnung einziehen soll. Solche Unstimmigkeiten deuten auf einen vorgeschobenen Eigenbedarf hin.

Nach dem Auszug der Mieter lohnt sich ein Blick auf Immobilienportale. Wird die Wohnung dort zur Neuvermietung oder zum Verkauf angeboten, spricht dies klar gegen einen echten Eigenbedarf. Auch eine schnelle Weitervermietung an Dritte ist ein starkes Indiz für eine Vortäuschung.

Mieter sollten genau dokumentieren, wenn der Vermieter nach der Kündigung widersprüchliche Aussagen trifft oder sein Verhalten nicht zum angegebenen Eigenbedarf passt. Diese Beobachtungen können in einem möglichen Rechtsstreit wichtige Beweise sein.

Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf hat in einem aktuellen Urteil vom 29.05.2024 (Az.: 412 Ds 25/23) einen Fall von Betrug am Mieter durch vorgetäuschten Eigenbedarf bestätigt. Der Vermieter hatte den Wegfall des Eigenbedarfs verschwiegen, obwohl dieser bereits vor dem Auszug des Mieters entfallen war. Das Gericht wertete dies als strafbaren Betrug.

Mieter haben grundsätzlich das Recht, vom Vermieter Auskunft über den Verbleib der Wohnung zu verlangen. Verweigert der Vermieter diese Auskunft oder gibt er nur ausweichende Antworten, kann dies ein weiteres Indiz für einen vorgetäuschten Eigenbedarf sein.

Bei begründetem Verdacht auf einen vorgetäuschten Eigenbedarf empfiehlt sich dringend die Konsultation eines Fachanwalts für Mietrecht. Dieser kann die Situation rechtlich einordnen und die nächsten Schritte planen. Möglicherweise lässt sich die Kündigung anfechten oder es bestehen Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter.

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Was kann ich tun, wenn ich den Verdacht habe, dass mein Vermieter den Eigenbedarf vortäuscht?

Bei einem Verdacht auf vorgetäuschten Eigenbedarf sollten Mieter zunächst Ruhe bewahren und systematisch vorgehen. Eine sorgfältige Prüfung und Dokumentation der Situation ist entscheidend.

Der erste Schritt besteht darin, die Eigenbedarfskündigung genau zu analysieren. Mieter sollten prüfen, ob die formalen Voraussetzungen erfüllt sind und ob der Vermieter den Eigenbedarf ausreichend begründet hat. Eine wirksame Kündigung muss den konkreten Bedarf und die Person, für die der Wohnraum benötigt wird, klar benennen.

Parallel dazu empfiehlt es sich, alle Kommunikation mit dem Vermieter schriftlich zu führen oder zumindest zu protokollieren. Jegliche Aussagen oder Verhaltensweisen des Vermieters, die auf einen vorgetäuschten Eigenbedarf hindeuten könnten, sollten sorgfältig dokumentiert werden. Dazu gehören etwa widersprüchliche Angaben zum angeblichen Bedarf oder Äußerungen über andere Pläne für die Wohnung.

Die Einholung von qualifiziertem rechtlichem Rat ist in dieser Situation dringend anzuraten. Ein auf Mietrecht spezialisierter Anwalt kann die Rechtmäßigkeit der Kündigung fachkundig einschätzen und weitere Handlungsoptionen aufzeigen. Viele Mietervereine bieten ihren Mitgliedern ebenfalls kompetente Beratung in solchen Fällen an.

Ein wichtiger Schritt ist das fristgerechte Einlegen eines Widerspruchs gegen die Kündigung. Dieser muss spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Vermieter eingehen. Im Widerspruchsschreiben sollten Mieter ihre Zweifel an der Echtheit des Eigenbedarfs darlegen und gegebenenfalls auf persönliche Härtegründe hinweisen, die gegen einen Auszug sprechen.

Zur Beweissicherung können Mieter auch eigene Nachforschungen anstellen. Das Beobachten der Wohnung nach dem eigenen Auszug oder das Befragen von Nachbarn kann Hinweise darauf liefern, ob tatsächlich die im Kündigungsschreiben genannte Person eingezogen ist. Allerdings ist hierbei Vorsicht geboten, um nicht in rechtliche Grauzonen zu geraten.

In besonders schwerwiegenden Fällen kann die Beauftragung eines Privatdetektivs in Erwägung gezogen werden. Dieser kann professionell ermitteln, ob der angegebene Eigenbedarf tatsächlich besteht. Die dadurch entstehenden Kosten tragen zunächst die Mieter selbst, können aber bei nachgewiesenem vorgetäuschten Eigenbedarf möglicherweise vom Vermieter zurückgefordert werden.

Stellt sich heraus, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, haben Mieter Anspruch auf Schadensersatz. Dies umfasst typischerweise die Kosten für den Umzug, eventuelle Maklergebühren für die neue Wohnung sowie die Differenz zwischen alter und neuer Miete für einen gewissen Zeitraum. In besonders gravierenden Fällen kann sogar ein Anspruch auf Wiedereinzug in die alte Wohnung bestehen.

Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf (Az.: 412 Ds 25/23 vom 29.05.2024) unterstreicht die Bedeutung der Mitteilungspflicht des Vermieters bei Wegfall des Eigenbedarfs. Verschweigt der Vermieter, dass der Eigenbedarf nach Ausspruch der Kündigung entfallen ist, kann dies als Betrug gewertet werden. Mieter sollten daher auch nach Erhalt der Kündigung aufmerksam bleiben und gegebenenfalls beim Vermieter nachfragen, ob der Eigenbedarf noch besteht.

Die rechtliche Auseinandersetzung um eine Eigenbedarfskündigung kann sich über einen längeren Zeitraum hinziehen. Mieter sollten sich darauf einstellen und parallel zur rechtlichen Klärung auch die Suche nach einer alternativen Wohnung in Betracht ziehen. Dies dient der Absicherung für den Fall, dass sich der Eigenbedarf als berechtigt erweist.

Abschließend ist zu betonen, dass jeder Fall von vermutetem vorgetäuschten Eigenbedarf individuell zu betrachten ist. Die konkreten Umstände und Beweise spielen eine entscheidende Rolle für den Erfolg eines Vorgehens gegen die Kündigung. Eine frühzeitige und umfassende rechtliche Beratung ist daher der Schlüssel zu einem effektiven Schutz der Mieterrechte in dieser komplexen Situation.

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Welche rechtlichen Schritte kann ich gegen eine vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung einleiten?

Bei einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung stehen Mietern verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung, um sich zu wehren.

Zunächst können Mieter der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Vermieter eingehen. Dabei sollten Mieter darlegen, warum sie von einem vorgetäuschten Eigenbedarf ausgehen.

Reicht der Vermieter trotz Widerspruch Räumungsklage ein, können Mieter sich im Gerichtsverfahren verteidigen. Hier liegt die Beweislast für den Eigenbedarf beim Vermieter. Er muss nachweisen, dass tatsächlich Eigenbedarf besteht. Mieter können Indizien vorbringen, die gegen einen echten Eigenbedarf sprechen. Wichtige Beweismittel sind etwa Zeugenaussagen von Nachbarn oder Dokumente, die den angeblichen Bedarf widerlegen.

Stellt sich nach dem Auszug heraus, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, haben Mieter Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB. Der Vermieter muss dann sämtliche durch den Auszug entstandenen Kosten ersetzen. Dazu gehören Umzugskosten, Maklergebühren, Renovierungskosten und auch die Differenz zu einer höheren Miete in der neuen Wohnung für einen angemessenen Zeitraum.

In besonders schweren Fällen kann eine vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung sogar strafrechtliche Konsequenzen haben. Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf verurteilte kürzlich einen Vermieter wegen Betrugs, der den Wegfall des Eigenbedarfs verschwiegen hatte (Az.: 412 Ds 25/23, Urteil vom 29.05.2024). Der Vermieter hatte eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen, den Mieter aber nicht informiert, als der Bedarf vor dem Auszug entfiel. Das Gericht wertete dies als strafbaren Betrug.

Um ihre Rechte durchzusetzen, sollten Mieter möglichst frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ein auf Mietrecht spezialisierter Rechtsanwalt kann die Erfolgsaussichten einschätzen und die richtigen rechtlichen Schritte einleiten. Auch Mietervereine bieten häufig Beratung und Unterstützung bei Eigenbedarfskündigungen an.

Mieter sollten zudem alle Kommunikation mit dem Vermieter schriftlich dokumentieren. Auch Fotos oder Videos der Wohnung vor dem Auszug können als Beweismittel dienen. Je mehr Beweise für einen vorgetäuschten Eigenbedarf vorliegen, desto besser stehen die Chancen, sich erfolgreich gegen die Kündigung zu wehren oder Schadensersatz durchzusetzen.

Bei begründetem Verdacht auf vorgetäuschten Eigenbedarf können Mieter auch einen Privatdetektiv beauftragen. Dieser kann etwa überprüfen, ob die Wohnung tatsächlich vom Vermieter oder dessen Angehörigen bezogen wird. Die Kosten hierfür können im Erfolgsfall ebenfalls als Schadensersatz geltend gemacht werden.

Mieter sollten bedenken, dass Gerichte einen tatsächlichen Eigenbedarf des Vermieters grundsätzlich als berechtigtes Interesse an der Kündigung anerkennen. Die Hürden für einen erfolgreichen Widerspruch sind daher hoch. Umso wichtiger ist es, stichhaltige Beweise für einen nur vorgetäuschten Bedarf zu sammeln und die rechtlichen Schritte sorgfältig abzuwägen.

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Welche Beweise benötige ich, um eine vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung nachzuweisen?

Um eine vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung nachzuweisen, benötigen Mieter stichhaltige Beweise. Zeugenaussagen spielen dabei eine wichtige Rolle. Nachbarn oder andere Personen mit Kenntnis der Umstände können wertvolle Informationen liefern, die den Verdacht des Mieters untermauern. Beispielsweise könnten Zeugen bestätigen, dass der Vermieter die Wohnung nach dem Auszug des Mieters nicht selbst bezogen oder an Dritte weitervermietet hat.

Schriftliche Dokumente sind ebenfalls bedeutsam. Dazu gehören sämtliche Korrespondenzen mit dem Vermieter, insbesondere das Kündigungsschreiben mit der Begründung des Eigenbedarfs. Mieter sollten diese Unterlagen sorgfältig aufbewahren und auf Unstimmigkeiten oder Widersprüche prüfen. Auch E-Mails, Textnachrichten oder andere schriftliche Mitteilungen können relevante Hinweise enthalten.

Fotos und Videos können den Zustand der Wohnung vor und nach dem Auszug dokumentieren. Sollte der Vermieter entgegen seiner Behauptung keine Renovierungsarbeiten durchführen oder die Wohnung nicht selbst beziehen, lässt sich dies anhand von Bildmaterial belegen. Aufnahmen des Klingelschilds oder Briefkastens können zeigen, wer tatsächlich in die Wohnung eingezogen ist.

Immobilienanzeigen sind ein weiteres wichtiges Beweismittel. Wird die Wohnung kurz nach dem Auszug des Mieters erneut zur Vermietung oder zum Verkauf angeboten, deutet dies auf einen vorgetäuschten Eigenbedarf hin. Mieter sollten regelmäßig Immobilienportale und lokale Anzeigen überprüfen und entsprechende Inserate sichern.

Die Befragung von Nachbarn kann zusätzliche Erkenntnisse liefern. Sie können Auskunft darüber geben, ob der Vermieter oder die im Kündigungsschreiben genannte Person tatsächlich eingezogen ist oder ob die Wohnung leer steht bzw. anderweitig genutzt wird.

Behördliche Auskünfte können in manchen Fällen hilfreich sein. Eine Melderegisterauskunft kann Aufschluss darüber geben, wer an der fraglichen Adresse gemeldet ist. Allerdings ist zu beachten, dass solche Auskünfte nur unter bestimmten Voraussetzungen und mit berechtigtem Interesse eingeholt werden können.

Detektivische Ermittlungen sind eine weitere Möglichkeit, Beweise zu sammeln. Professionelle Ermittler können die tatsächliche Nutzung der Wohnung über einen längeren Zeitraum beobachten und dokumentieren. Die Kosten für solche Ermittlungen können unter Umständen vom Vermieter erstattet werden, wenn sich der Verdacht bestätigt.

Indizien für eine Täuschungsabsicht des Vermieters sollten ebenfalls gesammelt werden. Dazu gehören beispielsweise frühere Konflikte mit dem Vermieter, Hinweise auf finanzielle Schwierigkeiten oder Pläne zur Umwandlung des Mietobjekts in Eigentumswohnungen.

Bei der Beweissammlung ist es wichtig, rechtliche Grenzen zu beachten. Illegale Methoden wie das Abhören von Gesprächen oder unbefugtes Betreten der Wohnung sind tabu und können sich negativ auf das Verfahren auswirken.

Die gesammelten Beweise sollten systematisch dokumentiert und chronologisch geordnet werden. Eine lückenlose Beweiskette erhöht die Chancen, vor Gericht erfolgreich zu sein. Es empfiehlt sich, frühzeitig einen auf Mietrecht spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen, der bei der Bewertung der Beweise und der weiteren Vorgehensweise unterstützen kann.

Zeitnahe Beweissicherung ist entscheidend. Viele Indizien für einen vorgetäuschten Eigenbedarf lassen sich nur unmittelbar nach dem Auszug feststellen. Mieter sollten daher zügig handeln und alle verfügbaren Informationen sammeln, selbst wenn sie zunächst nicht relevant erscheinen.

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Welche Folgen drohen einem Vermieter, der den Eigenbedarf vortäuscht?

Vermieter, die Eigenbedarf vortäuschen, müssen mit erheblichen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen rechnen. Das Gesetz sieht verschiedene Sanktionsmöglichkeiten vor, um Mieter vor missbräuchlichen Kündigungen zu schützen.

Ein zentraler Aspekt ist die Schadensersatzpflicht des Vermieters. Gemäß § 280 Abs. 1 BGB kann der Mieter Ersatz für sämtliche Schäden verlangen, die ihm durch den vorgetäuschten Eigenbedarf entstanden sind. Dazu gehören typischerweise die Kosten für den Umzug, eventuelle Maklergebühren für die Suche nach einer neuen Wohnung sowie Renovierungskosten. Besonders gravierend für den Vermieter kann die Erstattung der Mietdifferenz sein, wenn der Mieter in eine teurere Wohnung umziehen musste. Diese Differenz muss der Vermieter unter Umständen über einen längeren Zeitraum ausgleichen.

Strafrechtliche Konsequenzen drohen dem Vermieter ebenfalls. Die Vortäuschung von Eigenbedarf kann den Tatbestand des Betrugs nach § 263 StGB erfüllen. Der Vermieter täuscht den Mieter über Tatsachen, um ihn zum Auszug zu bewegen. Dadurch entsteht dem Mieter ein Vermögensschaden. Bei Verurteilung droht eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Die Beweislast für den vorgetäuschten Eigenbedarf liegt zwar grundsätzlich beim Mieter. Allerdings hat die Rechtsprechung hier Erleichterungen geschaffen. Wenn der Vermieter die Wohnung nach dem Auszug des Mieters nicht wie angekündigt nutzt, spricht der erste Anschein für eine Vortäuschung. Der Vermieter muss dann schlüssig darlegen, warum sich seine Pläne geändert haben.

Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf (Az.: 412 Ds 25/23 vom 29.05.2024) verdeutlicht die Brisanz des Themas. Das Gericht verurteilte einen Vermieter wegen Betrugs, weil er den Wegfall des Eigenbedarfs verschwiegen hatte. Der Vermieter hätte den Mieter umgehend informieren müssen, als sich seine Pläne für die Wohnung änderten. Das Verschweigen wurde als Täuschung durch Unterlassen gewertet.

Neben den genannten Konsequenzen droht dem Vermieter auch ein erheblicher Reputationsschaden. Mietervereine und Interessenverbände führen oft „schwarze Listen“ mit Vermietern, die durch unseriöse Praktiken aufgefallen sind. Dies kann die zukünftige Vermietung erheblich erschweren.

Vermieter sollten sich der Tragweite einer Eigenbedarfskündigung bewusst sein. Der tatsächliche Bedarf muss sorgfältig geprüft und dokumentiert werden. Ändert sich die Situation nach Ausspruch der Kündigung, besteht eine Informationspflicht gegenüber dem Mieter. Nur so lassen sich die schwerwiegenden Folgen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs vermeiden.

Für Mieter bedeutet dies im Umkehrschluss, dass sie bei Zweifeln an der Echtheit des Eigenbedarfs nicht zögern sollten, ihre Rechte wahrzunehmen. Die Einholung rechtlichen Rats und gegebenenfalls die Beauftragung eines Detektivs können helfen, einen vorgetäuschten Eigenbedarf aufzudecken. Die Kosten hierfür können im Erfolgsfall ebenfalls als Schadensersatz geltend gemacht werden.

Die rechtlichen Konsequenzen für vorgetäuschten Eigenbedarf sind somit vielfältig und können für den Vermieter äußerst kostspielig werden. Sie reichen von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen über strafrechtliche Sanktionen bis hin zu langfristigen Reputationsschäden. Diese Regelungen dienen dem Schutz der Mieter und sollen sicherstellen, dass Eigenbedarfskündigungen nur in tatsächlich berechtigten Fällen ausgesprochen werden.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB): Betrug liegt vor, wenn jemand durch Täuschung über Tatsachen einen Irrtum erregt und dadurch einen Vermögensschaden verursacht. Im vorliegenden Fall täuschte die Vermieterin einen Eigenbedarf vor, um die Mieter zum Auszug zu bewegen, was als Betrug gewertet wurde.
  • Unterlassen (§ 13 Abs. 1 StGB): Eine Straftat kann auch durch Unterlassen begangen werden, wenn jemand eine rechtlich gebotene Handlung unterlässt und dadurch einen Erfolg herbeiführt, der den Tatbestand einer Strafvorschrift erfüllt. Hier unterließ die Vermieterin es, die Mieter über den Wegfall des Eigenbedarfs zu informieren.
  • Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 1 BGB): Ein Vermieter kann das Mietverhältnis kündigen, wenn er die Wohnung für sich oder nahe Angehörige benötigt. Dies muss wahr und nachvollziehbar sein. Die Vermieterin täuschte hier vor, selbst einziehen zu wollen, um die Mieter loszuwerden.
  • Form und Begründung der Kündigung (§ 573 Abs. 3 BGB): Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs muss schriftlich erfolgen und den Grund klar angeben. Dies soll sicherstellen, dass der Mieter die Gründe nachvollziehen kann und sich gegebenenfalls dagegen wehren kann. Im Fall der Vermieterin war der angegebene Grund jedoch falsch.
  • Garantenpflicht: Diese Pflicht besteht, wenn jemand rechtlich dafür verantwortlich ist, einen bestimmten Erfolg abzuwenden. Im Mietrecht hat der Vermieter eine Garantenpflicht, den Mieter zu informieren, wenn der Grund für eine Eigenbedarfskündigung wegfällt. Die Vermieterin verletzte diese Pflicht, indem sie die Mieter nicht über den Wegfall des Eigenbedarfs informierte.
  • Vermögensschaden: Ein Schaden, der durch eine Beeinträchtigung des Vermögens entsteht. Im Mietrecht kann dies der Verlust der Wohnung sein, unabhängig von finanziellen Einbußen. Hier erkannte das Gericht den Besitzverlust der Wohnung als Vermögensschaden an, da die Mieter ihre Wohnung aufgeben mussten.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 263 Abs. 1 StGB (Betrug): Dieser Paragraph definiert den Tatbestand des Betrugs. Er besagt, dass jemand, der einen anderen durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen über einen Irrtum in einem Rechtsgeschäft zu täuschen, einen Vermögensschaden zuzufügen. Im vorliegenden Fall hat die Vermieterin die Mieter über ihre wahren Absichten getäuscht, indem sie einen Eigenbedarf vorgetäuscht hat, den es nicht gab.
  • § 13 Abs. 1 StGB (Begehen durch Unterlassen): Dieser Paragraph regelt das Begehen einer Straftat durch Unterlassen. Er besagt, dass, wer es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, so strafbar ist, als hätte er den Erfolg durch ein Tun herbeigeführt. Im vorliegenden Fall hat die Vermieterin es unterlassen, die Mieter über den Wegfall des Eigenbedarfs zu informieren, obwohl sie dazu verpflichtet war.
  • § 573 Abs. 1 BGB (Kündigung wegen Eigenbedarfs): Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs. Er besagt, dass der Vermieter das Mietverhältnis nur kündigen kann, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Im vorliegenden Fall hat die Vermieterin diesen Grund vorgetäuscht.
  • § 573 Abs. 3 BGB (Form und Begründung der Kündigung): Dieser Paragraph regelt die Form und Begründung einer Kündigung wegen Eigenbedarfs. Er besagt, dass die Kündigung schriftlich zu erfolgen und der Kündigungsgrund anzugeben ist. Im vorliegenden Fall hat die Vermieterin zwar die Kündigung schriftlich erklärt, aber den wahren Kündigungsgrund verschwiegen.
  • § 242 BGB (Treu und Glauben): Dieser Paragraph ist ein allgemeiner Grundsatz des Zivilrechts, der besagt, dass jeder sich nach Treu und Glauben zu verhalten hat. Im vorliegenden Fall hat die Vermieterin gegen diesen Grundsatz verstoßen, indem sie die Mieter über ihre wahren Absichten getäuscht hat.

Das vorliegende Urteil

AG Hamburg-Bergedorf – Az.: 412 Ds 25/23 – Urteil vom 29.05.2024

Lesen Sie hier das Urteil…

1. Die Angeklagte wird wegen Betruges durch Unterlassen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen verurteilt. Im Übrigen wird die Angeklagte freigesprochen.

2. Ein Tagessatz wird auf 600 Euro festgesetzt. Der Angeklagten wird gestattet, die Geldstrafe – in einer Gesamthöhe von 54.000 Euro in monatlichen Raten von 2.000 Euro, beginnend am 3. Werktag des auf die Rechtskraft folgenden Monats, zu zahlen. Diese Vergünstigung entfällt, wenn die Angeklagte mit einer Rate von 2 Wochen in Rückstand kommt.

3. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die Angeklagte, soweit sie verurteilt worden ist; hinsichtlich des Freispruchs trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die ausscheidbaren notwendigen Auslagen der Angeklagten.

 

4. Es wird Wertersatz in Höhe von 331.842,89 Euro eingezogen

5. Von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag wird abgesehen. Die gerichtlichen Auslagen hierfür trägt die Staatskasse.

Angewandte Vorschriften: §§ 263 Abs. 1, 13 Abs. 1, 73 Abs. 1, 73c Abs. 1 StGB

Gründe:

I.

II.

Zur Überzeugung des Gerichts steht nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung folgender Sachverhalt fest:

1. a) Die Angeklagte fasste im Jahr 2016 gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten, dem ebenfalls aus Hamburg-Bergedorf stammenden Zeugen, den Plan, von Zürich aus – wo sie zu dieser Zeit beruflich als Beraterin für das Unternehmen tätig war – in ihre Heimat Hamburg zurückzukehren. Die Angeklagte wollte gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten in Hamburg eine Familie gründen. Zugleich bestand die Perspektive, als Geschäftsführerin in das Unternehmen ihres Vaters zu wechseln, der bereits auf der Suche nach einer Nachfolge in der Geschäftsführung war. In der Folge wurde der Zeuge im Jahr 2016 auf eine sich in der Zwangsversteigerung befindliche Immobilie im in Hamburg-Bergedorf aufmerksam. Die Angeklagte interessierte sich für die Immobilie und plante, dass Gebäude im Falle eines Erwerbs zu sanieren, ggf. abreißen zu lassen und auf dem Grundstück ein „Mehrgenerationenhaus“ für ihre zukünftige Familie sowie für ihre in Bergedorf wohnenden Eltern zu errichten.

Das Grundstück war zu dieser Zeit mit einem Wohnhaus bebaut, welches von dem Zeugen und Adhäsionskläger mit seiner Ehefrau sowie sieben überwiegend schulpflichtigen, teilweise lernbehinderten bzw. autistisch veranlagten Kindern bewohnt wurde. Für die Ehefrau des Zeugen, die Zeugin, handelte es sich um das elterliche Haus, welches sie seit ihrer Geburt bewohnte. Der zugrunde liegende Mietvertrag sah, da es sich um eine Vermietung innerhalb der Familie handelte, keine Zahlung von Betriebskosten vor (Bl. 6, SB I). Zudem bewohnte – in einer separaten Wohnung – der Bruder des Zeugen das Haus. Die Angeklagte erwarb das Grundstück im September 2016 aus der Zwangsversteigerung zu einem Preis von 459.375,05 Euro.

Kurz nach dem Erwerb des Hauses sprach die Angeklagte die Kündigung aller noch laufenden Mietverträge für die Immobilie unter Verweis auf einen bestehenden Eigenbedarf aus.

Gegenüber dem Zeugen sowie seiner Ehefrau kündigte sie das Mietverhältnis mit Schreiben vom 25.10.2016 mit einer Kündigungsfrist zum 31.07.2017 (Anlage K2, SB I). Während der Bruder des Zeugen der Kündigung nachkam und die von ihm bewohnte Wohnung räumte, widersprachen der Zeuge sowie seine Ehefrau der Kündigung mit Schreiben vom 03.05.2017 (Anlage B1, SB I). Im Folgenden kam es zu einem Räumungsrechtsstreit, in welchem die Familie erstinstanzlich vor dem Amtsgericht Hamburg-Bergedorf durch Urteil vom 31.08.2018 zur Räumung verurteilt worden ist (Bl. 267, SB II). Im Rahmen der daraufhin folgenden Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Hamburg einigten sich die Parteien am 25.04.2019 auf einen Räumungsvergleich, wonach die Wohnung spätestens zum 30.06.2020 an die Angeklagte herauszugeben sei (Bl. 311, SB II). Zusätzlich sieht der Vergleich die Zahlung von Betriebskosten für das Jahr 2018 in Höhe von 2.000 Euro an die Angeklagte sowie Betriebskostenzahlungen für die Folgezeit bis zur Räumung nach Abrechnung durch die Angeklagte vor. Bereits ab dem Jahr 2016 bestand zwischen der Angeklagten und dem Zeugen Streit über die Verpflichtung des Zeugen zur Entrichtung von Betriebskosten. Der Zeuge hat daraufhin einmalig im Jahr 2016 die Zahlung von Nebenkosten beim Amtsgericht Hamburg hinterlegt (Bl. 76, hinzuverb. Verf.). Des Weiteren zahlte er die aus dem gerichtlichen Vergleich resultierenden Betriebskosten sowie mindestens ein weiteres Mal am 02.11.2020 Nebenkosten in Höhe von 1.037,19 Euro an die Angeklagte (Bl. 46, hinzuverb. Verf.).

Nach einer gerichtlichen Verlängerung der Räumungsfrist durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf vom 30.06.2020 bis zum 30.08.2020 (Bl. 347, SB II) und einer erfolglos hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde durch die Angeklagte vor dem Landgericht Hamburg räumten die Familie die Wohnung schließlich zum 29.08.2020 und zog in ein in ihrem Eigentum stehendes, renovierungsbedürftiges Haus in Sittensen/Niedersachsen um.

b) Die Angeklagte hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Abstand genommen von ihren Plänen, von Zürich aus zurück nach Hamburg zu ziehen und dort ein gemeinsames Haus für ihre Familie sowie ihren Eltern zu beziehen. Im Juni 2017 trennte sich die Angeklagte von ihrem damaligen Lebensgefährten, mit dem sie sich zu diesem Zeitpunkt bereits etwa acht Jahre in einer Beziehung verband. Sie lernte im August 2017 auf einem Festival den Zeugen, ihren jetzigen Verlobten kennen, der zu diesem Zeitpunkt in Hamburg lebte. Mit diesem führte sie zunächst eine Fernbeziehung, bevor der Zeuge kurze Zeit später zu der Angeklagten nach Zürich zog. Spätestens im Oktober 2019 gab die Angeklagte aufgrund eines andauernden Streits mit dem von ihr im Juni 2019 mit der Planung beauftragten Architekten ihre Pläne eines Umzuges nach Hamburg auf. Ein ernsthafter Wille bzw. Wunsch, die Wohnung in absehbarer Zeit für sich bzw. ihre Familie zu nutzen, bestand ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. Auch ihre Eltern waren spätestens zu diesem Zeitpunkt aufgrund eines Zerwürfnisses mit dem Architekten nicht mehr an einem Einzug interessiert, zumal der Einzug der Eltern untrennbar mit dem Einzug der Angeklagten verknüpft war.

Der Angeklagten war daher bekannt, dass die Voraussetzungen für die von ihr unter dem 25.10.2016 ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung mittlerweile weggefallen waren. Dennoch informierte sie den Zeugen bzw. dessen Ehefrau hierüber nicht. Stattdessen nahm die Angeklagte bereits Ende September 2020 – wenige Wochen nach der Räumung – konkrete Verkaufsgespräche mit dem Maklerbüro in Hamburg-Bergedorf auf und beauftragte dieses mit einem Verkauf der Immobilie. Am 23.12.2020 erfolgte der Verkauf des Grundstücks zu einem Kaufpreis von 960.000 Euro abzüglich Steuern in Höhe von 168.782,06 Euro. Mithin verblieb bei der Angeklagten nach Steuern sowie unter Abzug des ursprünglich gezahlten Kaufpreises ein Nettogewinn von 331.842,89 Euro. Die Angeklagte wohnte zu keiner Zeit zwischen 2016 und heute in Hamburg und hat ihre Pläne, nach Deutschland zurückzukehren mittlerweile gänzlich verworfen. Auch die Unternehmensnachfolge ihres Vaters wird sie nicht mehr antreten, da zwischenzeitlich ihr Bruder in das Unternehmen eingetreten ist.

c) Im Laufe des 08.06.2021 telefonierte die Angeklagte mit der Redakteurin des Hamburger Abendblattes, der Zeugin. Diese hatte mit der Angeklagten zuvor über ihr Instagram Account Kontakt aufgenommen, da sie aufgrund eines aus der Bezirksversammlung Hamburg-Bergedorf stammenden politischen Interesses an der zukünftigen Bebauung des Grundstücks am zu dieser Sache recherchierte. Aus Anlass eines geplanten Artikels in der Beilage „Bergedorfer Zeitung“ des Hamburger Abendblatts verabredete sich die Zeugin mit der Angeklagten zu einem Telefonat. Im Anschluss verwandte die Zeugin ohne Zustimmung der Angeklagten für einen Zeitungsartikel, der am 17.06.2021 in gedruckter Form in der Bergedorfer Zeitung erschien und bis heute im Internet abrufbar ist (Bl. 11 hinzuverb. Verf.) folgendes vermeintliches Zitat der Angeklagten: „Ich war kulant und geduldig, obwohl die Mieter nie Nebenkosten gezahlt haben.“ In dem Artikel werden sowohl die Angeklagte als auch die Ehefrau des Zeugen als Vormieter namentlich genannt.

III.

1. Die Angeklagte hat den auf den rechtlichen Hinweis des Gerichts neugefassten Tatvorwurf des Betrugs durch Unterlassen bestritten. Sie sei auch nach der Trennung von ihrem ehemaligen Lebensgefährten noch gewillt gewesen, mit ihrem neuen Lebensgefährten nach Hamburg zu ziehen und den Plan des Mehrgenerationenhauses in die Tat umzusetzen. Zwar habe sich ihre Lebensplanung im Hinblick auf die geplante Gründung einer eigenen Familie durch die Trennung von dem Zeugen geändert, jedoch sei auch ihrer neuer Lebensgefährte interessiert daran gewesen, mit ihr den Plan eines Umzuges und der Renovierung/Errichtung eines Neubaus auf dem von ihr erworbenen Grundstücks zu verfolgen.

Eine Finanzierung dieses Vorhabens sei von Vornherein nur durch die gleichzeitige Vermietung eines Teils des Gebäudes bzw. eines Verkaufs des später geplanten Penthouses im Dachgeschoss des Gebäudes zu realisieren gewesen. Der Umzug ihres Lebensgefährten zu ihr in die Schweiz habe lediglich dazu gedient, während der Zeit des andauernden Räumungsrechtsstreits Geld zu verdienen und Rücklagen für die Realisierung des Umzuges nach Hamburg zu bilden. An diesem Plan habe sie selbst dann festgehalten, als es zwischen ihr und dem von ihr beauftragten Architekten, dem Zeugen, sowie ihren Eltern aufgrund divergierender Vorstellungen über die Ausgestaltung des nunmehr geplanten Neubaus zu wachsenden Meinungsverschiedenheiten gekommen sei, welche auch das Verhältnis zwischen ihr und dem zwischenzeitlich schwer am Corona-Virus erkrankten Vater stark belastet hätten. Die Entscheidung, dass Grundstück zu verkaufen und auch die Pläne eines Einstiegs in das Unternehmen ihres Vaters nicht weiter zu verfolgen, habe die Angeklagte schließlich erst Anfang September 2020 – kurz nach dem Auszug der vormaligen Mieter – gefasst, nachdem ihre Eltern dem Zeugen in zwei Gesprächen mitgeteilt hätten, dass sie keine Grundlage für eine Realisierung des Penthouse nach ihren Wünschen sähen und daher von einem Einzug in das Haus Abstand nehmen wollten.

2. Die Einlassung der Angeklagten wird durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Die Feststellungen des Gerichts beruhen dabei auf den Zeugenaussagen des Zeugen, der Eltern der Angeklagte, der Zeugen … und sowie der E-Mail Korrespondenz zwischen der Angeklagten und dem Zeugen aus den Jahren 2019 und 2020, deren Existenz und Richtigkeit die Angeklagte nicht bestritten hat.

a) Mit E-Mail vom 02.10.2019 teilte die Angeklagte dem Zeugen, den sie als Architekten zwischenzeitlich mit der Planung eines neu zu errichtenden Wohnhauses beauftragt hatte, mit, dass „die Wahrscheinlichkeit eher gering ist, dass ich die für mich geplante Wohnung in nächster Zeit beziehen werde“. Die Angeklagte nehme hier „gerne Abstriche in Kauf und plane lieber für Mieter.“ (Bl. 80 HA). Darüber hinaus teilt sie dem Architekten in selbiger E-Mail mit: „Da dies doch eher ein Investitionsobjekt ist muss ich einfach schauen, dass jede Wohnung möglichst attraktiv ist […].“ Die E-Mail ist als Kopie an die Eltern der Angeklagte sowie ihren Lebensgefährten, den Zeugen adressiert. Von Seiten des Architekten heißt es daraufhin in einer E-Mail vom 15.10.2019 an die Angeklagte: „Der Schwerpunkt liegt somit nun vorrangig auf der Vermietbarkeit der Wohnungen.“ (Bl. 81 HA). Hierauf reagiert die Angeklagte in einer E-Mail vom selben Tag wie folgt: „Schwerpunkt auf Vermietbarkeit – Super!!“ sowie „Ist es möglich Whg 1 und Whg 2 im EG zu tauschen, da der Garten nach hinten geht, fände ich es sinnvoll, wenn die „Familie“ den Garten nutzen kann und das Pärchen mit max. 1 Kind im vorderen Bereich wohnt?“ (Bl. 81 f. HA). Hierdurch hat die Angeklagte nach Überzeugung des Gerichts deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich ihre Sichtweise auf die Nutzung des neu zu errichtenden Gebäudes und die damit verbundenen Pläne spätestens im Oktober 2019 dergestalt geändert hatten, dass sie nicht mehr konkret mit einem Umzug nach Hamburg rechnete und damit keinen ernsthaften Wunsch zur Nutzung der Immobilie im Eigenbedarf mehr verfolgte. Der von ihr verwendete Begriff „Investitionsobjekt“ in der E-Mail vom 02.10.2019 ist in dem vorliegenden Kontext und vor dem Hintergrund der betriebswirtschaftlichen Ausbildung der Angeklagten zudem als Verweis darauf zu verstehen, dass für die Angeklagte von diesem Zeitpunkt an im Vordergrund stand, das wirtschaftliche Potenzial des Grundstückes voll auszunutzen und die vormals geplante eigene Nutzung zugunsten einer marktoptimierten, auf die Interessen zukünftiger Mieter zugeschnittenen Verwertung, zurücktrat. Dies gilt für das Gericht umso mehr, als dass die E-Mail vom 02.10.2019 den Ausgangspunkt weiterer E-Mails mit dem Zeugen bildete, in denen die Angeklagte die Neuausrichtung und Schwerpunktsetzung auf die Vermietbarkeit anstelle der eigenen Nutzung mehrfach betont. So teilt sie dem Zeugen in einer weiteren E-Mail vom 18.10.2020 – wenige Wochen nach dem Auszug der vormaligen Mieter – ihre dezidierten Vorstellungen einer „marktoptimierten bauamtlichen“ Genehmigung des „Objektes“ mit, welche unter anderem auf einer „eingehenden Beratung durch diverse Maklerbüros“ beruhe (Bl. 83 HA). Es ist aufgrund der detaillierten Vorstellungen der Angeklagten sowie der vorab nach den Worten der Angeklagten stattgefundenen eingehenden Beratung durch diverse [sic!] Maklerbüros fernliegend, dass die Angeklagte die Pläne eines Verkaufs bzw. einer Vermarktung der Wohnungen an Dritte erst in dem vergleichsweisen kurzen Zeitraum von gerade einmal rund einem Monat nach dem Auszug der vormaligen Mieter und der schlussendlichen Kontaktaufnahme zu dem Maklerbüro gefasst haben will, die letztlich zu deren Beauftragung für einen Verkauf des Grundstücks geführt hat.

Soweit die Angeklagte sowie der Zeuge in der Hauptverhandlung darauf abgestellt haben, die E-Mails aus dem Oktober 2019 seien so zu verstehen, dass sie sich lediglich auf einen Teil der geplanten Wohnungen (nämlich die Wohnungen 1 und 3) bezögen und somit weiterhin einen Einzug in eine der beiden anderen Wohnungen geplant war, spricht hiergegen bereits der Wortlaut der Nachrichten: In diesen differenziert die Angeklagte nämlich gerade nicht zwischen einzelnen Wohnungen, wenn sie etwa am 15.10.2019 von der „Vermietbarkeit der Wohnungen“ (Bl. 81 HA, Hervorhebung durch Verf.) schreibt. Und auch die E-Mail vom 24.10.2019 enthält unter dem Stichwort „Schwerpunkt auf Vermietbarkeit – Super!!“ eine Auflistung von Änderungswünschen zu allen Wohnungen und nicht lediglich zu einzelnen Wohnungen, die zur Vermietung bestimmt gewesen wären.

b) Der anhand der E-Mail Korrespondenz gewonnene Eindruck wurde durch den Zeugen in der Hauptverhandlung bestätigt. So gab dieser an, zu Beginn seiner Planungen im Juni 2019 noch das Gefühl gehabt zu haben, die Angeklagte wolle das von ihr geplante Projekt eines Mehrgenerationenhaus tatsächlich umsetzen. Im Laufe der Zeit habe sich bei der Angeklagten jedoch ein Wandel vollzogen hin zur wirtschaftlichen Verwertung des Grundstückes, der sich in der E-Mail Korrespondenz aus dem Oktober 2019 ausdrücke („Es gab einen sich ändernden Eindruck. […] Sie wusste nicht selber, ob sie dann aus der Schweiz wiederkommt. Zu dem Zeitpunkt der E-Mail [vom 02.10.2019] dürfte das gewesen sein.“, Bl. 202 f. HA). Der Zeuge gab zudem an, dass nach seiner Erinnerung in den mit den Eltern der Angeklagten Anfang September 2020 geführten Gesprächen bereits klar gewesen sei, dass die Eltern die für sie geplante Wohnung nicht mehr beziehen wollten. So sei ihm bereits ganz zu Beginn der Planungen bei einem Besuch im Haus der Eltern von diesen mitgeteilt worden, dass diese die Wohnung nur beziehen würden, wenn auch ihre Tochter in das Haus einziehen würde, da insbesondere die Bildung einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit fremden Eigentümern für sie keine Option gewesen sei. Die Aussage des Zeugen war glaubhaft, der Zeuge glaubwürdig. Insbesondere zeigte der Zeuge trotz des gegen die Angeklagte geführten Zivilrechtsstreits über ausstehende Honorarforderungen keine erkennbaren Belastungstendenzen gegenüber der Angeklagten. Vielmehr zeigte sich der Zeuge während seiner gesamten Aussage überaus zurückhaltend und war ersichtlich darauf bedacht, die Angeklagte nicht unnötig zu belasten. Erst auf den Vorhalt der E-Mail Korrespondenz durch das Gericht schilderte der Zeuge etwa seinen Eindruck von der Angeklagten im Zeitraum Ende 2019. Gleichwohl war der Zeuge noch in für das Gericht ausreichender und nachvollziehbarer Weise im Stande, sich an die mit der Angeklagten und deren Eltern geführte Kommunikation zu erinnern. Dies erscheint dem Gericht trotz des Zeitablaufs auch plausibel, da es während der Abstimmung zu diversen Meinungsverschiedenheiten gekommen war, die der Zeuge als überaus „unglücklich“ wahrgenommen hat und die letztlich in der gerichtlichen Geltendmachung seiner Honorarforderung mündete.

c) Der durch das Gericht gewonnenen Überzeugen stehen auch die Aussagen der Eltern der Angeklagten sowie ihres Verlobten, dem Zeugen, nicht entgegen. Ungeachtet des Umstandes, dass es sich bei all diesen Zeugen um Lagerzeugen handeln dürfte, waren die getätigten Aussagen im Hinblick auf die zentrale Frage, wann die Angeklagte von ihrem Plan, nach Hamburg zu ziehen, Abstand genommen hat, bereits nicht ergiebig, respektive nicht glaubhaft.

So vermochte sich der Vater der Angeklagten auch auf mehrfache Nachfrage des Gerichts nicht daran zu erinnern, wann die Angeklagte ihm letztlich mitgeteilt hat, dass sie ihren Plan einer Rückkehr nach Hamburg aufgegeben hat. Er könne sich nicht einmal daran erinnern, ob er jemals mit der Angeklagten hierüber gesprochen habe. Vielmehr habe „man“ irgendwann schlicht gemerkt, „dass sie nicht nach Hamburg zurückkommt“ (Bl. 185 HA), ohne dass es hierzu ein Gespräch zwischen ihm und seiner Tochter gegeben habe. Dies erscheint vor dem Hintergrund der geplanten Nachfolge seiner Tochter in der Geschäftsführung seines Unternehmens und dem Umstand, dass der Zeuge im September 2017 in seiner Vernehmung im Räumungsrechtsstreit vor dem Amtsgericht Hamburg-Bergedorf bekundet hatte, er befinde sich in sehr engem Austausch mit seiner Tochter über ihre Pläne, da ihn diese schon aufgrund des geplanten Eintritts in die Geschäftsführung unmittelbar beträfen, nicht glaubhaft (Bl. 157 SB I). In Ansehung des Umstandes, dass der Vater der Angeklagten in die an den Zeugen formulierte E-Mail vom 02.10.2019 als Empfänger eingefügt war, erscheint es geradezu abwegig, dass der Vater der Angeklagten die dortige Formulierung, wonach die Angeklagte die Wahrscheinlichkeit als eher gering einstuft, die für sie geplante Wohnung zu beziehen, nicht zum Anlass genommen hat, mit der Angeklagten konkret über eine mögliche Änderung ihrer Zukunftspläne zu sprechen. Gleiches muss auch für die Mutter der Angeklagten gelten, die sich – trotz intensiven Austausches mit ihrer Tochter – nicht daran zu erinnern vermochte, ob und wann die Angeklagte ihr mitgeteilt hat, nicht zurück nach Hamburg zu kommen. Schließlich blieb auch die Aussage des Zeugen in diesem Punkt unergiebig. So referierte der Zeuge in seiner Vernehmung im Wesentlichen Informationen, die nicht auf eigenem Erleben beruhten, sondern auf ihm von außen zugetragenen Daten, etwa über die Gespräche zwischen den Eltern der Angeklagten und dem Zeugen. Auch er konnte zum genauen Zeitpunkt der Aufgabe der Rückkehrpläne keine Angaben machen.

d) Schließlich steht der Überzeugung des Gerichts nicht entgegen, dass der Mitgesellschafter des Vaters der Angeklagten, der Zeuge, in der Hauptverhandlung bekundete, der Vater der Angeklagten habe ihn erst am 08.03.2021 in einer internen Besprechung darüber in Kenntnis gesetzt, dass seine Tochter die geplante Nachfolge in der Geschäftsführung nicht antrete. Auch diese Aussage hält das Gericht nicht für glaubhaft. So räumte der Zeuge erst nach mehrfacher Nachfrage des Gerichts ein, dass die Bestimmung des genauen Datums der Besprechung zusammen mit dem Vater der Angeklagten im Rahmen einer gemeinsamen Durchsicht des Kalenders zur Vorbereitung von dessen Zeugenvernehmung in der Hauptverhandlung erfolgte (Bl. 289 HA). Auch könne er das Datum des Termins lediglich im Ausschlussverfahren anhand des Ortes der Besprechung – nämlich im Konferenzraum des Unternehmens – bestimmen (Bl. 288 HA). Konkrete Kalendereinträge, die auf den Inhalt des Gesprächs hinwiesen, gebe es keine. Ob es einen Anlass für die Besprechung gegeben habe und von wem die Initiative zur Anberaumung der Besprechung ausgegangen sei, erinnerte er ebenfalls nicht mehr. Nachfragen zu den Hintergründen der Entscheidung der Angeklagten, nun doch nicht mehr in die Geschäftsführung des Unternehmens nachzufolgen, habe er keine gehabt, obgleich die Information ihn bzw. sein Unternehmen unmittelbar berührten. Auch habe er den Vater der Angeklagten – trotz einer freundschaftlichen Verbindung und in Kenntnis der privaten Umstände der Familie – zu keinem Zeitpunkt vor dem 08.03.2021 von sich aus darauf angesprochen, ob die Angeklagte ihre Pläne noch weiterverfolge und ggf. welche Zeitplanung hierfür existiere. Diese Schilderungen hält das Gericht im Ergebnis nicht für glaubhaft. Dass der Zeuge zudem erst am 08.03.2021, gut ein halbes Jahr nach der Initiierung des Verkaufsprozesses durch die Angeklagte von dem Vater der Angeklagten und langjährigen Geschäftspartner hiervon erfahren haben will, erscheint schlichtweg abwegig.

e) Soweit die Zeugen und übereinstimmend bekundeten, dass eine erste Kontaktaufnahme zum Maklerbüro Ende September sowie eine Beauftragung Mitte Oktober 2020 erfolgte, hatte das Gericht keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Darstellung zu zweifeln. Aus Sicht des Gerichts ändert dies allerdings nichts daran, dass die Angeklagte den Entschluss, dass Grundstück nach erfolgter Räumung durch die vormaligen Mieter zu veräußern und nicht etwa selbst zu bewohnen, bereits vor der Räumung, nämlich im Oktober 2019, gefasst hatte. Hierzu konnten die Zeugen aus eigener Erinnerung nichts sagen. Gleiches gilt für die Zeugen und, die sich als Nachbarn zwar darüber gewundert hatten, dass das Grundstück bereits kurz nach dem Auszug der Mieter zum Verkauf stand und dadurch – auch gegenüber der Polizei – den Verdacht äußerten, der Eigenbedarf könnte nur vorgetäuscht gewesen sein (Bl. 14, 17 ff. HA). Zum Zeitpunkt der Änderung der Pläne der Angeklagten bezüglich der Nutzung des Grundstückes konnten diese naturgemäß keine Angaben machen.

Dies gilt schließlich auch für den Zeugen, der im Anschluss an die Beauftragung des Maklerbüros durch die Angeklagte per E-Mail ein Verkaufsexposé zugesandt bekommen hat.

f) Der Adhäsionskläger sowie dessen Ehefrau schilderten in der Hauptverhandlung glaubhaft und für das Gericht nachvollziehbar, welche Folgen der Umzug für die Familie – insbesondere die Kinder der Familie – hatte. So litten alle sieben Kinder unter sozialen Anpassungsstörungen, mitunter unter ärztlicherseits diagnostiziertem Asperger Autismus bzw. einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Sie berichteten etwa in nachvollziehbarer Weise und ohne erkennbare Tendenz einer Dramatisierung, dass bei ihrem Sohn ADHS diagnostiziert worden sei und dieser bereits vor dem Auszugstermin durch die Vorstellung von der Räumung psychisch sehr belastet gewesen sei. Im Anschluss an den Umzug sei er bis heute in psychiatrischer Behandlung und habe es nicht geschafft, sich in dem neuen Umfeld sozial zu verorten. Bei der Tochter sei ein sonderpädagogischer Förderbedarf attestiert worden, sodass diese in besonderer Weise auf kontinuierliche, ritualisierte Rahmenbedingungen angewiesen war, wie aus dem auszugsweise verlesenen Kurzbericht der Stadtteilschule Kirchwerder vom 06.06.2017 hervorgeht. Schließlich habe es sich bei dem Haus um das Elternhaus der Zeugin gehandelt, in dem diese seit ihrer Geburt gelebt habe.

3. Von dem Vorwurf der Verleumdung war die Angeklagte hingegen aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Das Gericht konnte sich aufgrund der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung letztlich nicht davon überzeugen, dass die Angeklagte die von der Zeugen in ihrem Beitrag in der Bergedorfer Zeitung vom 17.06.2021 zitierte Äußerung tatsächlich so getätigt hat. Die Angeklagte hat in der Hauptverhandlung auch diesen Tatvorwurf bestritten. Vielmehr habe sie gegenüber der Zeugin lediglich angegeben, die Mieter hätten „kaum“ Nebenkosten bezahlt. Die Zeugin gab demgegenüber zwar an, sich an die Verwendung des Wortes „nie“ im Kontext des Telefonats erinnern zu können. Zugleich gab sie an, das Gespräch wörtlich protokolliert zu haben. Die entsprechenden Unterlagen habe sie allerdings bereits vernichtet. Zudem konnte Zeugin die Umstände des Gesprächs nur noch sehr vage schildern. So konnte sie sich etwa nicht mehr daran erinnern, wo sie das Gespräch geführt hat und ob dieses aus der Redaktion heraus über das Festnetz der Redaktion oder im Home Office per Mobiltelefon geführt worden ist. Auch gab sie an, die Angeklagte sei während des Gesprächs sehr aufgebracht gewesen, was durch die glaubhaften Angaben der Angeklagten und das Vorspielen einer Sprachnachricht, die die Angeklagte unmittelbar nach dem Gespräch an ihre Familie gesandt hat, widerlegt werden konnte. Zudem hat die Angeklagte in der Hauptverhandlung für das Gericht glaubhaft und in Übereinstimmung mit den Angaben der Zeugen und bekundet, ihre Aussage zu den Nebenkosten darauf bezogen zu haben, dass die vormaligen Mieter während des laufenden Mietverhältnisses stets davon ausgegangen waren, keine Nebenkosten zahlen zu müssen und lediglich einmalig eine Hinterlegung von Nebenkosten beim Amtsgericht Hamburg unternommen hatte. Freiwillige Zahlungen habe es nie gegeben. Vielmehr seien weitergehende Zahlungen von Nebenkosten erst aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 24.09.2019 erfolgt. Insgesamt hatte das Gericht daher durchgreifende Zweifel an der tatsächlichen Äußerung des von der Zeugin verwendeten Zitats, sodass die Angeklagte von diesem Vorwurf unter Anwendung des Zweifelssatzes freizusprechen war.

IV.

Indem die Angeklagte es unterließ, den Zeugen bzw. dessen Ehefrau über den noch vor der endgültigen Räumung der Wohnung am 29.08.2020 weggefallenen Eigenbedarf zu informieren, hat sie sich wegen Betruges durch Unterlassen strafbar gemacht, §§ 263 Abs. 1, 13 StGB.

1. Eine Tatbegehung durch Unterlassen setzt – neben weiteren Voraussetzungen – in zentraler Hinsicht voraus, dass den Täter zum Zeitpunkt der Tat eine Garantenpflicht gegenüber dem Geschädigten trifft, welche den Täter in zumutbarer Weise zum Handeln verpflichtet hätte. Ob und insbesondere bis zu welchem Zeitpunkt eine Garantenpflicht in der vorliegenden Konstellation des nachträglichen Wegfalls eines einmal bestehenden Kündigungsgrundes besteht, ist umstritten. Nach der – soweit ersichtlich – vereinzelt gebliebenen Rechtsprechung und Literatur zu diesem Thema besteht weitgehend Einigkeit über das Bestehen einer strafrechtlich relevante Garantenpflicht des Vermieters, den Mieter auf die veränderten Rahmenbedingungen einer vormals ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung hinzuweisen (BayObLG, NJW 1987, 1654; OLG Karlsruhe, OLGZ 1982, 117; OLG Zweibrücken, NJW 1983, 694; Werle, NJW 1985, 2919; Saliger, in: Matt/Renzikowski, StGB, 2. Aufl. 2020, § 263 Rn. 77; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 263 Rn. 22 m.w.N.). Zur Begründung einer Garantenpflicht wird maßgeblich auf die vertragliche Beziehung der Mietvertragsparteien und die daraus resultierenden Aufklärungs- bzw. Nebenpflichten verwiesen. Zwar sei anerkannt, dass nicht schon jegliche vertragliche Aufklärungspflicht eine strafrechtliche relevante Garantenstellung zu begründen vermöge, vielmehr müsse ein besonderes Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Vertragsparteien zur Annahme einer Garantenstellung vorliegen (BayObLG, NJW 1987, 1654; Saliger, in: Matt/Renzikowski, StGB, 2. Aufl. 2020, § 263 Rn. 77). Ein solches, existenzielles Abhängigkeitsverhältnis liege im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter jedoch begründet, wie bereits die engen gesetzlichen Regelungen über Wohnraumkündigungen, die den Mieter in besonderem Maße in seinem existenziellen Lebensbedürfnis auf Wohnraum schützen wollen, zeigten (OLG Karlsruhe, OLGZ 1982, 117 Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 263 Rn. 22 m.w.N. Nicolai/Oğlakcıoğlu, JA 2021, 213 ff.; a.A. Hefendehl, in: MüKo StGB, 4. Aufl. 2022, § 263 Rn. 297 f.; Hellmann, JA 1988, 73 ff.; für eine Garantenpflicht aus Ingerenz Hillenkamp, JR 1988, 301 ff.)

Die Annahme einer Garantenstellung des Vermieters gegenüber dem Mieter überzeugt, ist sie doch geeignet, dem besonderen, sich von gewöhnlichen vertraglichen Austauschbeziehungen abhebenden, existenziellen Abhängigkeitsverhältnis des Mieters von seinem Vermieter Rechnung zu tragen. Sie entspricht im Übrigen dem im Mietrecht verankerten hohen Mieterschutzniveau und führt – insbesondere in Ballungsräumen mit erheblicher Wohnungsknappheit – nicht zu einer unangemessenen Beeinträchtigung des Vermieters in seinem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG. Vielmehr ist sie Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums aus Art. 14 Abs. 2 GG und steht im Einklang mit dem politischen und gesellschaftlichen Willen zur Eindämmung einseitiger profitorientierter Bestrebungen auf dem Wohnungsmarkt. Eine strafrechtliche Garantenpflicht des Vermieters vermag auch nicht dadurch zu entfallen, dass dem Mieter gegebenenfalls in zivilrechtlicher Hinsicht Schadensersatzansprüche im Umfang der durch die erzwungene Räumung entstandenen Kosten zustehen. Etwaige Schadensersatzansprüche können naturgemäß nämlich nur einen Teil des (materiell) entstandenen Schadens kompensieren, nicht jedoch die weitreichenden Folgen in Form einer sozialen Entwurzelung, die eine Räumung für Mieter in Ballungsräumen mit hohen Mieten und einer geringen Leerstandsquote regelmäßig mit sich bringen. Ein Verweis auf zivilrechtliche Schadensersatzansprüche würde einem Vorgehen wie dem der Angeklagten zudem gleichsam einen Anreiz setzen, da die entsprechenden Schadensersatzansprüche schlicht als Kostenfaktor in eine wirtschaftliche Gesamtrechnung eingepreist und in Märkten mit stetig und schnell steigenden Grundstückspreisen lediglich geringfügig ins Gewicht fallen dürften.

2. Im Hinblick auf die Dauer des Bestehens der Garantenpflicht des Vermieters stellt die Rechtsprechung auf den Zeitpunkt der endgültigen Räumung der Wohnung ab (BayObLG, NJW 1987, 1654; OLG Karlsruhe, OLGZ 1982, 117, Heger, in: Lackner/Kühl/Herger, StGB, 30. Aufl. 2023, § 263 Rn. 14 m.w.N.). Dies solle auch dann gelten, wenn der Mieter – wie hier – im Vertrauen auf das Vorliegen des Eigenbedarfs mit dem Vermieter einen rechtswirksamen gerichtlichen Räumungsvergleich abgeschlossen hat. Demgegenüber wird in der Literatur bisweilen die Auffassung vertreten, dass eine Garantenpflicht nur solange bestehen könne, wie die ursprüngliche, von Gesetzes wegen oder vom Vermieter eingeräumte Kündigungsfrist laufe (Seier, NJW 1988, 1617 ff.). Zur Begründung wird dabei angeführt, dass ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Räumung einem „Aufruf zur Verfahrensverschleppung“ (Seier, NJW 1988, 1617, 1621) gleichkomme, da er den von der Räumung bedrohten Mieter geradezu auffordere, einen Räumungsrechtsstreit mit dem Vermieter zu führen in der Hoffnung, dass in dessen Verlauf der Eigenbedarf des Vermieters wegfällt. Darüber hinaus führe die Sichtweise der Rechtsprechung zu einer Ungleichbehandlung von Vermietern und Mietern sowie einer übermäßigen Einschränkung des Eigentumsrechts des Vermieters. Im Ergebnis würden aktivistisch handelnde, „aussichtslose Abwehrmaßnahmen“ (Seier, NJW 1988, 1617, 1621) ergreifende und sich damit letztlich rechtsuntreu verhaltende Mieter gegenüber den die Kündigung akzeptierenden Mietern ungerechtfertigt privilegiert.

Letztere Auffassung überzeugt nicht. Abgesehen davon, dass die Ausschöpfung der gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittel kaum per se als rechtsuntreu bezeichnet werden kann und eine lange Dauer eines Räumungsrechtsstreits weniger vom Mieter als von der Arbeitsbelastung der jeweiligen Gerichte abhängen dürfte, würde die in der Literatur geäußerte Auffassung zu geradezu kuriosen Ergebnissen in der Praxis führen: So müsste etwa bei einem unter fünf Jahren laufenden Mietverhältnis der den Eigenbedarf rechtfertigende Umstand des Vermieters gerade einmal für die Dauer der gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten bestehen. Im Anschluss hieran könnte der Vermieter ohne weitere Anzeige-, Informations- oder Schadensersatzpflichten gegenüber dem Mieter jahrelang die Räumung der Wohnung betreiben, obgleich ihm beispielsweise bereits kurz nach Ablauf der Kündigungsfrist bekannt geworden ist, dass er die Wohnung nicht selbst nutzen will und diese im ungünstigsten Fall schlicht leerstehend lassen wird. Dies steht ersichtlich nicht im Einklang mit dem Grundgedanken der Gewährung eines hohen Mieterschutzstandards sowie der im Grundgesetz verankerten Sozialbindung des Eigentums. Vielmehr ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung davon auszugehen, dass eine Anzeige- bzw. Informationspflicht des Vermieters bis zum Zeitpunkt der faktischen Besitzaufgabe an der Wohnung besteht. Auch der zwischenzeitliche Abschluss eines Räumungsvergleichs – wie vorliegend am 25.04.2019 geschehen – vermag an diese Sichtweise nichts zu ändern, erfolgt dieser – wie hier – auf Seiten der Mieter doch regelmäßig nicht zuletzt unter dem Eindruck eines mit nicht unerheblichen psychischen und finanziellen Belastungen verbundenen Räumungsrechtsstreits (vgl. BayObLG, NJW 1987, 1654). Folglich wäre die Angeklagte bis zum Zeitpunkt der Räumung der Wohnung am 29.08.2020 verpflichtet gewesen, den Zeugen bzw. dessen Ehefrau über den Wegfall des Eigenbedarfs zu informieren.

3. a) In der durch die Räumung bedingten Aufgabe des Besitzes an der Wohnung liegt eine Vermögensverfügung zugunsten der Angeklagten. Die Erlangung des unmittelbaren Besitzes an dem Grundstück ist als Vermögensvorteil der Angeklagten im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB anzusehen. Die erforderliche „Stoffgleichheit“ zwischen Vermögensschädigung der Mieter und dem Vermögensvorteil der Angeklagten ist ebenfalls zu bejahen, da dem Verlust des Besitzes an der Wohnung durch den Mieter die Besitzerlangung an der Wohnung durch den Vermieter entspricht (OLG Zweibrücken, NJW 1983, 694; Werle, NJW 1985, 2919 Hefendehl, in: MüKo StGB, 4. Aufl. 2022, § 263 Rn. 603 f.).

b) Den Mietern entstand aufgrund der täuschungsbedingten Vermögensverfügung ein Vermögensschaden in Form des Besitzverlustes an der von ihnen bewohnten Wohnung. Nach herrschender Rechtsprechung und fast einhelliger Meinung im Schrifttum stellt auch der (rechtmäßige) Besitz an einer Sache für sich alleine schon einen Vermögensbestandteil dar, der – analog zum Eigentum – unter dem Schutz von Art. 14 GG steht (vgl. BGH, NJW 1962, 356; OLG Zweibrücken, NJW 1983, 694; BGH NStZ 2016, 596; Kindhäuser/Bülte, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Saliger, StGB, 6. Aufl. 2023, § 283 Rn. 9; Hefendehl, in: MüKo StGB, 4. Aufl. 2022, § 263 Rn. 603 f. m.w.N.). Einen Mindestschaden bzw. eine Bagatellgrenze sieht der Tatbestand des Betruges nicht vor. Durch die Räumung der Wohnung durch die Mieter und der damit verbundenen Besitzaufgabe hat sich damit das Vermögen der Mieter – unabhängig von einer konkreten Bezifferung des Wertes dieses Rechts – im Vergleich zum Zustand vor der Räumung verringert.

Dies muss nach Auffassung des Gerichts selbst dann gelten, wenn man im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtsaldierung in Rechnung stellt, dass die Mieter durch die Räumung von der Zahlung des an die Angeklagte geschuldeten Mietzinses frei geworden sind. Denn die Räumung war für die Mieter zwangsläufig damit verbunden, neuen Ersatzwohnraum für sich und ihre Familie zu beziehen, der bei Abschluss eines Mietvertrages für eine vergleichbare Wohnung in vergleichbarer Lage mit erheblich höheren Kosten für die Mieter verbunden gewesen wäre (BayOblG, NJW 1987, 1654, 1656). Dass – wie im vorliegenden Fall geschehen – die Mieter aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes in Hamburg letztlich auf ein in ihrem Eigentum stehendes, renovierungsbedürftiges Haus in Niedersachsen ausgewichen sind, kann nicht zum Wegfall eines Vermögensschadens führen, würde es doch den Eigentümer, der (gezwungenermaßen) auf sein Eigentum zurückgreifen muss und sich somit einer anderweitigen Nutzungsmöglichkeit seines Eigentums (etwa seinerseits durch Vermietung) begibt, gegenüber dem Mieter, der auf die Anmietung einer Ersatzwohnung angewiesen ist, in ungerechtfertigter Weise benachteiligen.

Auch der Vortrag der Angeklagten bzw. ihres Verteidigers, wonach die von den Mietern bewohnte, im Eigentum der Angeklagten gestandene Immobilie zum Zeitpunkt der Räumung stark renovierungsbedürftig gewesen sei und daher der Wert des Besitzrechts gegen Null tendiere, vermag nicht zu überzeugen. Denn bis zum Zeitpunkt einer wirksamen Kündigung des Mietvertrages sowie einer hierauf beruhenden gerichtlich ausgesprochenen Räumungsverpflichtung lag die vertragliche Verpflichtung bei der Angeklagten, die Bewohnbarkeit der Wohnung sicherzustellen bzw. in Abstimmung mit den Mietern Maßnahmen zur Herstellung ebenjener zu treffen. Wäre dies nicht so, läge es im Ergebnis beim Vermieter, eine von ihm vermietete Wohnung dergestalt bis zur Unbewohnbarkeit zu vernachlässigen, dass ein Auszug der Mieter unumgänglich ist und sich somit einer strafrechtlichen Verantwortung wegen Ausbleibens eines Vermögensschadens zu entziehen.

Vor diesem Hintergrund kann es im Ergebnis dahinstehen, ob auch die mit der Räumung verbundenen – von der Angeklagten bestrittenen – Kosten der Mieter, die diese für den Umzug in ihre neue Wohnung aufwenden mussten als Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB angesehen werden können.

Unstreitig ist insoweit, dass etwaige vertragliche Schadensersatz- bzw. Kompensationsansprüche der Mieter gegen den Vermieter keinen Vermögensschaden darstellen, da diese die Existenz eines Schadens gerade erst voraussetzen und somit nicht zugleich als Begründung für dessen Vorliegen dienen können (vgl. KG, NJW 1965, 703; Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl. 2023, § 263, Rn. 36a m.w.N.; anders bei einer täuschungsbedingten Vereitelung von Schadensersatzansprüchen, BGH, NStZ 2022, 166.). Allerdings stehen die den Mietern entstandenen Umzugskosten hier in einem untrennbaren zeitlichen und sachgedanklichen Zusammenhang zur Kündigung, da die Aufgabe der Wohnung zwangsläufig mit dem Bezug einer neuen Wohnung verbunden war, sodass vorliegend die Spiegelbildlichkeit zwischen täuschungsbedingter Vermögensverfügung und Vermögensschaden gegeben sein dürfte.

4. a) Der unterlassene Hinweis der Angeklagten an die Mieter entsprach grundsätzlich der Verwirklichung des Betrugstatbestands durch ein aktives Tun. Angesichts der bestehenden Garantenpflicht hatte das Unterlassen der Angeklagten die Qualität einer Täuschung, die ihrerseits – durch den Irrtum der Getäuschten vermittelt – zur Vermögensverfügung sowie dem eingetretenen Vermögensschaden führte

b) Der Angeklagten wäre die Abwendung dieses Taterfolges auch zuzumuten gewesen. Zwar kann bei einer dem Umfang und dem Grade nach erheblicher Gefährdung eigener billigenswerter Interessen die Erfüllung der Garantenpflicht nicht verlangt werden (BGH, NStZ 1984, 164; Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl. 2023, § 13 Rn. 5 m.w.N.). Davon kann hier jedoch keine Rede sein: Falls die Angeklagte nämlich durch ihr Unterlassen die Erzielung eines höheren Verkaufspreises des Grundstückes erreichen wollte – und nur darin kann hier ein Tatmotiv gesehen werden – war dieses Interesse jedenfalls nicht billigenswert. Zudem hätte eine Rücknahme der Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Angeklagte das Mietverhältnis nicht aus anderen Gründen – etwa im Wege einer Verwertungskündigung gem. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB zwecks Abrisses des Gebäudes oder der Durchführung grundlegender Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen hätte kündigen können.

5. Schließlich handelte die Angeklagte vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht. Hinsichtlich der unterlassenen Information an die Mieter nahm die Angeklagte jedenfalls billigend in Kauf, dass die Mieter angesichts der nicht erfolgten Information bis zuletzt davon ausgingen, ihre Wohnung räumen zu müssen und dadurch der Täuschung unterlagen.

Eine entsprechende Pflicht zur Offenlegung hätte ihr nicht zuletzt aufgrund des mittels anwaltlicher Unterstützung geführten Räumungsrechtsstreits und ihrer bis ins Jahr 2020 reichenden Bemühungen, sämtliche zivilrechtliche Möglichkeiten zur Räumung der Wohnung auszuschöpfen, bekannt sein müssen. Die Angeklagte handelte darüber hinaus auch in der Absicht, sich auf Kosten der geschädigten Mieter zu bereichern, indem sie ab Oktober 2019 ihren Fokus auf eine anderweitige Vermietbarkeit und Marktoptimierung der neu zu errichtenden Wohnungen gelegt hatte und dies für die Angeklagte zwangsläufig mit einer Besitzaufgabe durch die Mieter verbunden sein musste.

V.

Das Gesetz sieht für den Betrug gem. § 263 Abs. 1 StGB einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor.

Zu Gunsten der Angeklagte war innerhalb dieses Strafrahmens zu berücksichtigen, dass sie nicht vorbestraft ist und die Tat bereits mehrere Jahre zurückliegt. Zudem hat das Gericht strafmildernd berücksichtigt, dass die Angeklagte sich aufgrund des jahrelang geführten Räumungsrechtsstreits, den Verwerfungen mit dem Zeugen sowie den innerfamiliären Diskrepanzen mit ihrem Vater in einer für sie emotional belastenden Situation befand und sich mitunter überfordert gefühlt hat. Schließlich hat das Gericht auch die mediale Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräußerung des Grundstücks und die darin zum Ausdruck kommende tendenzielle Abwertung der Person der Angeklagten unter Nennung ihres vollständigen Namens strafmildernd berücksichtigt.

Zu Lasten der Angeklagten war hingegen zu berücksichtigen, dass die Räumung für die geschädigten Mieter mit einem Verlust ihres gefestigten sozialen Lebensraums, für die Zeugin gar mit dem Auszug aus ihrem Elternhaus verbunden war. Die Räumung hat zudem bei den Kindern der vormaligen Mieter, die – wie der Angeklagten bekannt war – unter psychischen Einschränkungen bzw. Lern- und Anpassungsschwierigkeiten litten, zu nicht unerheblichen psychischen Belastungen geführt, die bis heute nachwirken.

In Anbetracht dessen hielt das Gericht die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen.

Die Bemessung eines Tagessatzes richtete sich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten, wobei das Gericht die steuerlichen Abzüge der Angeklagten mit Wohnsitz in der Schweiz auf rund 25% geschätzt hat und damit zu einem jährlichen Nettoeinkommen von 216.000 Euro gelangt ist. Ratenzahlung war zu gewähren.

Eine Einstellung des Verfahrens – gegebenenfalls gegen eine Geldauflage, gem. § 153a Abs. 2 StPO – kam für das Gericht schon aufgrund der dem Urteil innewohnenden generalpräventiven Wirkung nicht in Betracht.

VI.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1, 467 Abs. 1 StPO.

2. Von der Entscheidung über den Adhäsionsantrag hat das Gericht gem. § 406 Abs. 1 S. 4, 5 StPO abgesehen und die Kosten hierfür in Ausübung des in § 472a Abs. 2 S. 2 StPO gewährten Ermessens dem Staat auferlegt.

3. Nach entsprechender Erteilung eines rechtlichen Hinweises durch das Gericht war Wertersatz in Höhe des aufgrund der Veräußerung des Grundstückes erzielten Gewinnes abzüglich Steuern und Anschaffungskosten des Grundstückes einzuziehen. Die Einziehung richtet sich vorliegend nach §§ 73 Abs. 1, 73c StGB. Danach ist eine Einziehung in Höhe des Wertersatzes des durch die Tat erlangten vorzunehmen. Grundlage für die Bemessung des Wertes ist der Verkehrswert der ursprünglich erlangten Vermögenswerte, und zwar der im Inland erzielbare Verkaufspreis bzw. Verwertungserlös (Eser/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 73c Rn. 10). Vorliegend hat die Angeklagte aufgrund ihrer Täuschung gegenüber den Geschädigten Besitz an dem Grundstück erlangt. Dieses hatte zu diesem Zeitpunkt im unvermieteten Zustand einen Verkehrswert in Höhe des durch die Angeklagte nur rund drei Monate nach der Räumung im Dezember 2020 realisierten Verkaufserlöses von 960.000 Euro. Die von der Angeklagten auf den Verkaufserlös entrichtete Einkommenssteuer in Höhe von 168.782,06 Euro ist von dieser bereits nicht erlangt worden und unterliegt somit nicht der Einziehung, da die Steuer unmittelbar mit der Veräußerung des Grundstückes an das Finanzamt zu entrichten war. Von dem so zu ermittelnden Nettoerlös waren in Anwendung des Bruttoprinzips aus § 73d Abs. 1 StGB die Kosten für die Anschaffung des Grundstücks im Jahr 2016 in Höhe von 459.375,05 Euro abzuziehen (BT-Drs. 18/9525, S. 68), sodass ein Tatertrag in Höhe eines Wertes von 331.842,89 Euro bei der Angeklagten verblieb. Etwaige weitere, von der Angeklagten in der Hauptverhandlung geltend gemachten Aufwendungen, wie etwa die Kosten für die Beauftragung eines Architekten sowie ihre mit dem Räumungsrechtsstreit verbundenen Anwaltskosten waren in Anwendung des Bruttoprinzips nicht abzugsfähig (vgl. Joecks/Meißner, in: MüKO StGB, 4. Aufl. 2020, § 73d Rn. 17). Darüber hinaus war auch keine weitere Differenzierung in Form einer (sachverständigen) Ermittlung des Wertes des Grundstückes im August 2020 im unvermieteten Zustand im Vergleich zum potentiellen Wert im vermieteten Zustand vorzunehmen: Der Gesetzgeber hat mit der Reform des Einziehungsrechts im Jahr 2017 ausdrücklich das Ziel verfolgt, die Einziehung zu vereinfachten und bis dahin bestehende Abschöpfungslücken zu schließen (RegE BT-Drs. 18/9525; Joecks/Meißner, in: MüKo StGB, 4. Aufl. 2020, Vorbem. zu § 73 Rn. 23). Beim Täter soll demnach möglichst der gesamte, aus der Tat herrührende Vermögensvorteil abgeschöpft werden.

Vor diesem Hintergrund erscheint auch eine Berücksichtigung etwaiger Wertsteigerungen des Grundstücks, die sich auch ohne das Zutun der Angeklagten realisiert haben mögen (sog. windfall profit), nicht angezeigt.


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