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Übersicht
- ✔ Kurz und knapp
- Rechtswidrige Durchsuchung: Gericht kippt Beschluss wegen Begründungsmängeln
- ✔ Der Fall vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen: Rechtmäßige Durchsuchungsbeschlüsse
- Was sind die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an einen Durchsuchungsbeschluss?
- Welche Angaben muss ein Durchsuchungsbeschluss zum Tatvorwurf enthalten?
- Welche Folgen hat es, wenn ein Durchsuchungsbeschluss den Mindestanforderungen nicht genügt?
- Welchen Zweck hat die Pflicht zur konkreten Beschreibung des Tatvorwurfs in einem Durchsuchungsbeschluss?
- Warum dürfen fehlende Verdachtsmomente in einem Durchsuchungsbeschluss vom Beschwerdegericht nicht nachgeholt werden?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Nürnberg-Fürth
✔ Kurz und knapp
- Thema: Rechtswidrige Durchsuchungsanordnung im Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung.
- Schwierigkeit: Der Durchsuchungsbeschluss erfüllt nicht die rechtsstaatlichen Mindestanforderungen.
- Entscheidung: Die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Nürnberg wird als rechtswidrig erklärt.
- Begründung: Der Beschluss enthält keine ausreichenden Tatsachenangaben über den Tatvorwurf und die wesentlichen Verdachtsmomente.
- Auswirkungen: Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers.
- Rechtliche Grundlagen: Der Durchsuchungsbeschluss muss gemäß Art. 13 Abs. 1, 2 GG und dem Rechtsstaatsprinzip klar definierte Tatvorwürfe enthalten.
- Gerichtliche Pflicht: Richter müssen Durchsuchungsbeschlüsse so formulieren, dass der Grundrechtseingriff messbar und kontrollierbar bleibt.
- Fehlende Konkretisierung: Der Beschluss benennt weder konkrete Handlungen noch wesentliche Verdachtsmomente, wodurch die Rechtswidrigkeit begründet ist.
- Rechtsmittel: Trotz der Vollziehung der Durchsuchung bleibt das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit bestehen.
- Kostenentscheidung: Basierend auf § 473 Abs. 4 StPO trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens.
Rechtswidrige Durchsuchung: Gericht kippt Beschluss wegen Begründungsmängeln
Eine Durchsuchung ist ein schwerwiegender Eingriff in die persönlichen Rechte und Freiheiten eines Menschen. Daher unterliegt sie im deutschen Rechtssystem besonderen gesetzlichen Auflagen und richterlicher Kontrolle. Das Grundgesetz gewährleistet das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und erlaubt Durchsuchungen nur unter engen, vom Gesetzgeber definierten Voraussetzungen.
Gerichte sind bei der Anordnung einer Durchsuchung gehalten, sorgfältig abzuwägen und in ihren Beschlüssen die wesentlichen Verdachtsmomente und Begründungen darzulegen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Eingriff in das Grundrecht verhältnismäßig ist und der Schutz der individuellen Rechte gewahrt bleibt.
In der Praxis kommt es jedoch immer wieder zu Urteilen, in denen Durchsuchungsanordnungen als rechtswidrig eingestuft werden, da sie diese rechtsstaatlichen Mindestanforderungen nicht erfüllen. Im Folgenden wird ein solcher Fall näher beleuchtet und analysiert.
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✔ Der Fall vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth
Mangelhafte Begründung des Durchsuchungsbeschlusses
In einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ordnete das Amtsgericht Nürnberg mit Beschluss die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Beschuldigten an. Dem Beschuldigten wurde darin die Hinterziehung verschiedener Steuern zu eigenen Gunsten sowie zu Gunsten der Firma B vorgeworfen. Die Durchsuchung wurde durchgeführt und dem Beschuldigten das Strafverfahren eröffnet.
Der Beschuldigte legte daraufhin durch seinen Rechtsanwalt Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss ein. Er führte unter anderem aus, dass der Beschluss unter Begründungsmängeln leide und ein Anfangsverdacht nicht gegeben sei. Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Akten dem Landgericht Nürnberg-Fürth als Beschwerdegericht vor.
Anforderungen an einen rechtmäßigen Durchsuchungsbeschluss
Das Landgericht stellte fest, dass der Durchsuchungsbeschluss rechtswidrig ergangen war. Er erfüllte nicht die sich aus dem Grundgesetz ergebenden rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an den Inhalt eines Beschlusses zur Durchsuchung einer Wohnung.
Insbesondere muss bei Wohnungsdurchsuchungen der Inhalt des Tatvorwurfs hinreichend konkret beschrieben werden. Es sind aussagekräftige Tatsachenangaben erforderlich, damit Umfang und Reichweite des dadurch legitimierten Grundrechtseingriffs deutlich werden. Die Umschreibung der aufzuklärenden Straftat muss den mit der Durchsuchung betrauten Beamten aufzeigen, worauf sie ihr Augenmerk richten sollen. Dadurch soll der Zugriff auf Beweisgegenstände bei der Durchsuchung begrenzt werden.
Unzureichende Darlegung des Tatvorwurfs
Im vorliegenden Beschluss fehlten jedoch derartige Ausführungen zum konkret erhobenen Tatvorwurf völlig. Es war nicht erkennbar, durch welche Handlung der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Steuerhinterziehung begangen haben soll. Der Beschluss ließ beispielsweise vermissen, ob und wann der Beschuldigte Steuererklärungen eingereicht hatte.
Die bloße Nennung der Tatvorwürfe – Hinterziehung verschiedener Steuerarten in bestimmten Jahren – reichte nicht aus, da daraus keine konkret vorgeworfene Tat hergeleitet werden konnte. Dem Beschuldigten wurde dadurch keine sachgerechte Prüfung ermöglicht, ob der Beschluss rechtmäßig ergangen war und ob eine Beschwerde dagegen angezeigt erschien.
Nachholung der Begründung nicht möglich
Das Landgericht führte weiter aus, dass es die fehlenden Verdachtsmomente in seiner Beschwerdeentscheidung auch nicht nachholen könne. Zwar führe eine unzureichende Begründung des Durchsuchungsbeschlusses nicht zwangsläufig zu dessen Rechtswidrigkeit. Die erforderliche Begründung könne in der Beschwerdeinstanz nachgeholt werden, wenn der Erstrichter die Voraussetzungen für den Erlass eigenständig geprüft habe und dies im Beschluss in ausreichendem Maße erkennbar sei.
Dies gelte jedoch nicht, wenn – wie hier – bereits kein strafrechtlich relevanter Sachverhalt geschildert werde. Vielmehr beziehe sich die Möglichkeit der Nachholung auf den Fall, dass lediglich die Begründung der den Sachverhalt stützenden Beweismittel nicht ausreichend erfolgt sei.
Daher stellte das Landgericht Nürnberg-Fürth fest, dass die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Nürnberg rechtswidrig war. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Beschwerdeführer entstandenen notwendigen Auslagen wurden der Staatskasse auferlegt.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Die Entscheidung verdeutlicht die hohen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung eines Durchsuchungsbeschlusses. Ein Beschluss muss die aufzuklärende Straftat und den konkreten Tatvorwurf so präzise umschreiben, dass der massive Grundrechtseingriff messbar und kontrollierbar bleibt. Fehlt es daran, ist der Beschluss rechtswidrig und kann auch in der Beschwerdeinstanz nicht mehr geheilt werden. Dies unterstreicht die Bedeutung des Richtervorbehalts als Kontrolle und Korrektiv gegenüber Eingriffen der Strafverfolgungsbehörden in die Grundrechte des Beschuldigten.
✔ FAQ – Häufige Fragen: Rechtmäßige Durchsuchungsbeschlüsse
Was sind die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an einen Durchsuchungsbeschluss?
Die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an einen Durchsuchungsbeschluss ergeben sich aus dem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Artikel 13 Grundgesetz. Der Richtervorbehalt verlangt, dass eine Durchsuchung grundsätzlich durch einen Richter angeordnet werden muss. Dieser muss die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme eigenverantwortlich prüfen.
Der Durchsuchungsbeschluss muss den Tatvorwurf so konkret wie möglich beschreiben. Es müssen tatsächliche Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten dargelegt werden, das unter einen bestimmten Straftatbestand fällt. Bloße Vermutungen reichen nicht aus. Außerdem muss der Beschluss den Rahmen für die Durchsuchung abstecken, indem er die zu durchsuchenden Räumlichkeiten und Gegenstände benennt. Dies ermöglicht eine Kontrolle der Maßnahme.
Die Durchsuchung muss verhältnismäßig sein. Das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass Zweck, Grund und Umfang der Durchsuchung in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat stehen. Je geringer der Verdachtsgrad, desto höher sind die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit. Durchsuchungen sind auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken.
Ferner muss der Durchsuchungsbeschluss innerhalb von sechs Monaten nach Erlass vollzogen werden. Andernfalls verliert er seine Rechtfertigung. Nur bei Gefahr im Verzug kann ausnahmsweise die Staatsanwaltschaft selbst eine Durchsuchung anordnen. Dies muss jedoch genau dokumentiert werden.
Welche Angaben muss ein Durchsuchungsbeschluss zum Tatvorwurf enthalten?
Ein Durchsuchungsbeschluss muss konkrete Angaben zum Tatvorwurf enthalten. Die bloße Nennung eines Straftatbestands reicht nicht aus. Vielmehr müssen die wesentlichen Umstände des dem Beschuldigten zur Last gelegten Verhaltens beschrieben werden. Dazu gehören in der Regel Angaben zu:
- Der vorgeworfenen Handlung oder Unterlassung des Beschuldigten
- Dem Tatzeitraum
- Gegebenenfalls dem Tatopfer oder Geschädigten
- Den Beweismitteln, nach denen gesucht werden soll
Diese Angaben müssen so detailliert sein, wie es nach dem aktuellen Ermittlungsstand möglich ist. Sie dienen dazu, den Rahmen für die Durchsuchungsmaßnahme abzustecken. Nur so kann der Beschuldigte die Rechtmäßigkeit überprüfen und Ausuferungen entgegentreten. Mängel bei der Tatumschreibung können im Beschwerdeverfahren nicht mehr geheilt werden.
Ausnahmen von den Begründungsanforderungen gelten, wenn die Bekanntgabe der Verdachtsmomente den Untersuchungszweck gefährden würde. In diesen Fällen kann eine knappe Darstellung ausreichen. Insgesamt müssen die Angaben aber so konkret wie möglich sein.
Welche Folgen hat es, wenn ein Durchsuchungsbeschluss den Mindestanforderungen nicht genügt?
Wenn ein Durchsuchungsbeschluss den rechtlichen Mindestanforderungen nicht genügt, hat dies weitreichende Folgen:
Rechtswidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses
Ein Durchsuchungsbeschluss, der die Mindestanforderungen nicht erfüllt, ist rechtswidrig. Die wesentlichen Mindestvoraussetzungen sind:
- Konkretisierung des Tatvorwurfs: Der Beschluss muss den Tatvorwurf so genau wie möglich umschreiben, damit der Rahmen für die Durchsuchung abgesteckt ist. Die wesentlichen Merkmale des Straftatbestands müssen benannt werden.
- Bezeichnung der Beweismittel: Die Art der zu suchenden Beweismittel (z.B. Verträge, Daten, E-Mails) muss im Beschluss angegeben sein.
- Eigenverantwortliche Prüfung: Aus dem Beschluss muss hervorgehen, dass der Ermittlungsrichter die Voraussetzungen eigenständig geprüft hat.
Fehlt es an einer dieser Mindestanforderungen, ist der Durchsuchungsbeschluss rechtswidrig. Mängel bei der Umschreibung von Tatvorwurf und Beweismitteln können im Beschwerdeverfahren nicht mehr geheilt werden.
Rechtswidrigkeit der Durchsuchung
Da der Durchsuchungsbeschluss die Grundlage für die Durchsuchungsmaßnahme bildet, ist auch die auf Basis eines rechtswidrigen Beschlusses durchgeführte Durchsuchung selbst rechtswidrig.
Beweisverwertungsverbot
Die bei einer rechtswidrigen Durchsuchung beschlagnahmten Beweismittel unterliegen regelmäßig einem Verwertungsverbot im Strafverfahren. Es gibt jedoch Ausnahmen, wenn nur ein formeller Mangel vorliegt und hypothetisch ein ordnungsgemäßer Beschluss hätte erlassen werden können.
Zusammengefasst führt ein Durchsuchungsbeschluss, der den Mindestanforderungen nicht genügt, zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses und der darauf basierenden Durchsuchung. Die Folge ist in der Regel ein Beweisverwertungsverbot für die sichergestellten Beweismittel.
Welchen Zweck hat die Pflicht zur konkreten Beschreibung des Tatvorwurfs in einem Durchsuchungsbeschluss?
Die Pflicht zur konkreten Beschreibung des Tatvorwurfs in einem Durchsuchungsbeschluss dient zwei zentralen Zwecken:
Erstens soll sie den äußeren Rahmen abstecken, innerhalb dessen die Durchsuchungsmaßnahme durchzuführen ist. Durch die Konkretisierung des Tatvorwurfs wird der Umfang der Durchsuchung begrenzt und verhindert, dass die Ermittlungsbehörden unkontrolliert nach Beweismitteln suchen können. Dies stellt eine wichtige Schranke dar, um unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe zu vermeiden.
Zweitens versetzt die Beschreibung des Tatvorwurfs den Betroffenen in die Lage, die Durchsuchung selbst zu kontrollieren und etwaigen Überschreitungen des gesetzten Rahmens von vornherein entgegenzutreten. Der Betroffene kann anhand der Angaben im Durchsuchungsbeschluss überprüfen, ob die Maßnahmen der Ermittler noch vom Tatvorwurf gedeckt sind. Auf diese Weise wird die Rechtsschutzfunktion des richterlichen Durchsuchungsbeschlusses gestärkt.
Die Begründungsanforderungen sollen also einerseits die Durchsuchung rechtsstaatlich begrenzen und andererseits eine effektive Kontrolle durch den Betroffenen ermöglichen. Nur wenn der Tatvorwurf hinreichend konkret umschrieben wird, kann der verfassungsrechtlich gebotene Richtervorbehalt seine Schutzfunktion entfalten. Pauschale oder unbestimmte Angaben würden diesen Zweck unterlaufen und die Durchsuchung zu einem unkontrollierbaren Eingriff machen. Die Konkretisierungspflicht ist daher ein unverzichtbares Korrektiv, um die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu wahren.
Warum dürfen fehlende Verdachtsmomente in einem Durchsuchungsbeschluss vom Beschwerdegericht nicht nachgeholt werden?
Fehlende Verdachtsmomente in einem Durchsuchungsbeschluss dürfen vom Beschwerdegericht nicht nachgeholt werden. Dies liegt daran, dass der Durchsuchungsbeschluss den Tatvorwurf so konkret beschreiben muss, dass der Rahmen für die Durchsuchungsmaßnahme abgesteckt wird. Fehlen im Beschluss bereits Angaben zu den wesentlichen Verdachtsmomenten, ist der Tatvorwurf nicht hinreichend umrissen. Das Beschwerdegericht kann in einem solchen Fall die fehlenden Verdachtsmomente nicht ergänzen.
Es besteht ein erheblicher Unterschied, ob lediglich die Begründung für den Tatverdacht unzureichend ist oder ob der Tatvorwurf selbst nicht genügend konkretisiert wurde. Nur im ersten Fall darf das Beschwerdegericht die Begründung für den Tatverdacht nachholen, sofern dem Ermittlungsrichter die entscheidungserheblichen Tatsachen bekannt waren. Fehlt hingegen bereits die Umschreibung des Tatvorwurfs, wäre eine Nachholung durch das Beschwerdegericht unzulässig. Anderenfalls könnte das Beschwerdegericht den Durchsuchungsbeschluss nachträglich selbst konkretisieren und damit in die Ermittlungshoheit der Staatsanwaltschaft eingreifen. Dies würde die gesetzliche Aufgabenteilung zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft verletzen.
Eine Nachholung der Verdachtsmomente ist daher nur statthaft, wenn die Umstände, aus denen sich der Tatverdacht ergibt, im Durchsuchungsbeschluss selbst geschildert wurden. Fehlt hingegen bereits die Schilderung des Tatvorwurfs, ist der Durchsuchungsbeschluss insgesamt rechtswidrig. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht die Rechtswidrigkeit des Beschlusses feststellen, ohne selbst eine Nachholung vorzunehmen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Art. 13 Abs. 1, 2 Grundgesetz (GG): Schützt die Unverletzlichkeit der Wohnung. Durchsuchungen dürfen nur aufgrund richterlicher Anordnung erfolgen und müssen eng begründet sein.
- § 105 Strafprozessordnung (StPO): Regelt die Voraussetzungen für Durchsuchungen im Ermittlungsverfahren. Ein Durchsuchungsbeschluss muss konkrete Tatsachenangaben enthalten.
- § 304 Abs. 1 StPO: Erlaubt die Beschwerde gegen gerichtliche Anordnungen wie Durchsuchungsbeschlüsse. Die Beschwerde bleibt zulässig, auch wenn die Durchsuchung bereits vollzogen wurde.
- Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG): Verpflichtet die Gerichte zur Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze bei der Anordnung von Durchsuchungen. Entscheidungen müssen nachvollziehbar und begründet sein.
- Prüfungsmaßstab im Beschwerdeverfahren: Das Beschwerdegericht prüft den Durchsuchungsbeschluss anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung, ohne nachträgliche Erkenntnisse zu berücksichtigen.
- Wesentliche Verdachtsmomente: Ein Durchsuchungsbeschluss muss wesentliche Verdachtsmomente konkret benennen, um dem Betroffenen eine sachgerechte Verteidigung zu ermöglichen.
- Mangelhafte Begründung: Ein unzureichend begründeter Durchsuchungsbeschluss kann nicht nachträglich durch das Beschwerdegericht ergänzt werden, wenn der Sachverhalt nicht strafrechtlich relevant geschildert ist.
- Kostenentscheidung (§ 473 Abs. 4 StPO): Bei rechtswidrigen Durchsuchungsbeschlüssen trägt die Staatskasse die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers.
⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Nürnberg-Fürth
LG Nürnberg-Fürth – Az.: 18 Qs 8/23 – Beschluss vom 15.05.2023
1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird festgestellt, dass die mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom [ ], Az.: 59 Gs 1279-1281/23, getroffene Durchsuchungsanordnung rechtswidrig war.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Beschwerdeführer hierbei entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Das Finanzamt [ ] führt gegen den Beschwerdeführer und Beschuldigten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.
Mit Beschluss vom [ ], Az.: 59 Gs 1279-1281/23, ordnete das Amtsgericht [ ] – Ermittlungsrichter – die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Beschuldigten an (Bl. [ ]). In diesem wurde dem Beschuldigten die Hinterziehung von [ ] zu Gunsten der B vorgeworfen. Auf den Sachverhalt und die Begründung wird Bezug genommen. Die Durchsuchung wurde am [ ] durchgeführt und dem Beschuldigten das Strafverfahren eröffnet (Bl. [ ]).
Mit Schriftsatz vom [ ] legte der Beschwerdeführer durch Rechtsanwalt [ ] Beschwerde gegen den Beschluss vom [ ] ein (Bl. [ ]). Das Amtsgericht half der Beschwerde mit Verfügung vom [ ] nicht ab ([ ]). Das Finanzamt [ ] legte die Akten unter dem [ ] dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vor (Bl. [ ]).
Eine Beschwerdebegründung vom [ ] ging unter dem [ ] bei Gericht ein. Zusammengefasst wurde darin unter anderem ausgeführt, der Beschluss leider unter Begründungsmängeln und ein Anfangsverdacht sei nicht gegeben. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Durchsuchungsbeschluss ist rechtswidrig ergangen.
1.
Die Beschwerden sind gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässig. Auch wenn sich die Durchsuchungsanordnungen mit ihrem Vollzug erledigt haben, besteht das Rechtsschutzinteresse an einer Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung fort, allein deshalb darf die Beschwerde nicht unter dem Gesichtspunkt prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden (MüKoStPO/Hauschild, 2. Aufl. 2023, StPO § 105 Rn. 41a m. w. N.). Prüfungsmaßstab bleibt im Beschwerdeverfahren allerdings die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Erlasses des Durchsuchungsbeschlusses (MüKoStPO/Hauschild, 2. Aufl. 2023, StPO § 105 Rn. 41c m. w. N.). Das Beschwerdegericht darf zur Begründung seiner Entscheidung daher keine Erkenntnisse heranziehen, die dem Ermittlungsrichter nicht bekannt waren, etwa weil sie erst durch die Durchsuchung gewonnen wurden (vgl. BVerfG (1. Kammer des Zweiten Senats), Beschluss vom 10. 9. 2010 – 2 BvR 2561/08).
2.
Die Beschwerde ist auch begründet. Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts [ ] vom [ ] (Az.: 59 Gs 1279-1281/23) und die hierauf gestützte Durchsuchung der Wohnräume des Beschwerdeführers sowie der Geschäftsräume sind rechtswidrig.
a.
Der Beschluss erfüllt nicht die sich aus Art. 13 Abs. 1, 2 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes ergebenden rechtsstaatlichen Mindestanforderungen, die an den Inhalt eines Beschlusses zur Durchsuchung einer Wohnung zu stellen sind.
Insbesondere bei Durchsuchungen, die in der Regel ohne vorherige Anhörung des Betroffenen ergehen, soll die Einschaltung des Richters für die gebührende Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten sorgen. Es ist die Aufgabe des Richters, die beabsichtigte Durchsuchungsmaßnahme eigenverantwortlich zu prüfen. Als Kontrollorgan der Strafverfolgungsbehörden trifft ihn die Pflicht, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt. Aus dieser richterlichen Pflicht folgt, dass der Durchsuchungsbeschluss bestimmten Mindestanforderungen genügen muss. Insbesondere sind bei Wohnungsdurchsuchungen auch tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs erforderlich, sofern sie nach dem Ermittlungsergebnis ohne weiteres möglich sind und den Zwecken der Strafverfolgung nicht zuwider laufen. Es sind also, wenn auch knappe, aber doch aussagekräftige Tatsachenangaben erforderlich (Meyer-Goßner, StPO, § 105, Rn. 5; Schäfer, in: Löwe/Rosenberg, StPO, § 105, Rn. 37 ff.).
Zwingend erforderlich ist, dass in dem Durchsuchungsbeschluss die aufzuklärende Straftat tatsächlich und rechtlich so genau umschrieben wird, dass Umfang und Reichweite des dadurch legitimierten Grundrechtseingriffs deutlich werden und klar ist, worauf sich die Durchsuchung bezieht. Diese Umschreibung muss den mit der Vollziehung der Anordnung betrauten Beamten aufzeigen, worauf sie ihr Augenmerk richten sollten, und damit den Zweck der Durchsuchungsanordnung erfüllen, den Zugriff auf Beweisgegenstände bei der Vollziehung der Durchsuchung zu begrenzen (BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 2015 – 2 BvR 1694/14, juris Rn. 25; Beschluss vom 1. August 2014 – 2 BvR 200/14, juris Rn. 14; Beschluss vom 24. März 2003 – 2 BvR 180/03, juris Rn. 2; Beschluss vom 6. März 2002 – 2 BvR 1619/00, juris Rn. 16).
b.
Derartige Ausführungen fehlen hier jedoch. Die Darlegungen hinsichtlich des dem Beschwerdeführer gemachten Tatvorwurfs sind, wie der Beschwerdeführer zutreffend anführt, völlig unsubstantiiert. Aus dem Beschluss ist nicht erkennbar, welche strafbare Handlung dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird. So lässt der Beschluss vermissen, durch welche Handlung der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Steuerhinterziehung begangen haben soll, ob und wann er beispielsweise Steuererklärungen eingereicht hat. Damit fehlt die Angabe jedenfalls der erforderlichen wesentlichen Verdachtsmomente. Hierfür reicht es namentlich nicht aus, dass der Beschluss ausführt, die Geldströme auf den Bankkonten sowie die Lebensführung des Beschuldigten entsprächen nicht den den Steuerbescheiden zu Grunde gelegten Einkommensverhältnissen. Auch die Nennung der Tatvorwürfe – namentlich der Hinterziehung der [ ] und des [ ] der Jahre [ ], der [ ] der Jahre [ ] und der [ ] der Jahre [ ] zu eigenen Gunsten sowie der Hinterziehung der [ ] der Jahre [ ] und der [ ] der Jahre [ ] zu Gunsten der B – vermag hieran nichts zu ändern, da auch daraus keine konkret vorgeworfene Tat hergeleitet werden kann. Dem Betroffenen wird dadurch keine sachgerechte, umfassende Prüfung ermöglicht, ob der Beschluss rechtmäßig ergangen ist, oder ob dies nicht der Fall war und es daher angezeigt erscheint, hiergegen im Wege der Beschwerde vorzugehen (vgl. BVerfG, NStZ 2004, 160 sowie BVerfGK 1, 51 [52]: „sachgerechte Verteidigung gegen den Vorwurf”). Darüber hinaus bezweckt das Gebot der umfassenden Begründung des Durchsuchungsbeschlusses die Erleichterung der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung durch das Beschwerdegericht.
c.
Die Kammer kann deshalb vorliegend auch nicht die Konkretisierung der den Akten zu entnehmenden, den Anfangsverdacht belegenden Umstände in seiner Beschwerdeentscheidung – soweit notwendig – nachholen. Zwar führt eine unzureichende Begründung des Durchsuchungsbeschlusses grundsätzlich für sich genommen nicht zur Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung. Die Begründung darf aber nur unterbleiben, wenn die Bekanntgabe der wesentlichen Verdachtsmomente den Untersuchungszweck gefährdet. Sie kann, wenn der Erstrichter die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung eigenständig geprüft hat und der Beschluss dies in seiner Gesamtheit in ausreichendem Maße erkennen lässt, in der Beschwerdeinstanz nachgeholt werden (BGH, Beschluss vom 18. 12. 2008 – StB 26/08; BVerfG, Beschl. v. 31. 8. 2007 – 2 BvR 1681/07). Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Denn die genannten Maßstäbe gelten nicht für den – hier gegebenen – Fall, dass bereits kein strafrechtlich relevanter Sachverhalt geschildert wird, sondern vielmehr dann, wenn die Begründung der erforderlichen Verdachtsmomente, also der den Sachverhalt stützenden Beweismittel nicht in ausreichendem Maß erfolgt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO.