Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Celle: Zuständigkeit für Anträge gegen Ermittlungsmaßnahmen bei Verfahrenstrennung – § 162 StPO im Fokus
- Ausgangssituation: Durchsuchung und die Folgen für einen unbeteiligten Wohnungsmieter wegen Ermittlungen gegen Dritte
- Streit um die Fotos: Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Löschung der Lichtbilder nach § 98 Abs. 2 StPO analog
- Juristisches Tauziehen: Wer ist zuständig? Amtsgericht oder Landgericht nach Anklageerhebung und Verfahrenstrennung?
- Die Entscheidung des OLG Celle: Landgericht Verden war unzuständig für die Anträge des Betroffenen zur Löschung der Fotos
- Begründung des OLG Celle: Ermittlungsrichter bleibt zuständig bei abgetrenntem Verfahren gegen andere Beschuldigte nach § 162 Abs. 1 StPO
- Kostenentscheidung und Rechtsmittel: Keine weitere Beschwerde möglich
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet es, wenn ein Ermittlungsverfahren „abgetrennt“ wird, und welche Folgen hat das für Betroffene?
- Welche Rechte habe ich als unbeteiligter Dritter, wenn meine Wohnung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen jemand anderen durchsucht wird?
- Was bedeutet der Begriff „Ermittlungsrichter“ und welche Rolle spielt er im Strafverfahren?
- Was bedeutet „Feststellung der Rechtswidrigkeit“ einer Ermittlungsmaßnahme und wann ist das relevant?
- Was bedeutet der Begriff „Beschwerde“ im juristischen Kontext, und wie lege ich eine solche ein?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 2 Ws 93/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Celle
- Datum: 14. April 2025
- Aktenzeichen: 2 Ws 93/25
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wurde die Wohnung eines Drittbetroffenen durchsucht und dabei wurden Lichtbilder gefertigt. Der Drittbetroffene beantragte, die Rechtswidrigkeit der Lichtbilder festzustellen und diese zu löschen. Nach Abtrennung des Verfahrens gegen einige Beschuldigte erklärte sich eine Kammer des Landgerichts für zuständig und lehnte die Anträge ab.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit und Löschung von Lichtbildern. Es ging darum, ob der Ermittlungsrichter oder das nach Anklageerhebung zuständige Hauptsachegericht entscheiden muss, besonders nach Abtrennung des Verfahrens gegen einige Beteiligte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht hat auf die Beschwerde hin den Beschluss des Landgerichts aufgehoben. Es hat nicht selbst über die Anträge entschieden. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens muss die Landeskasse tragen.
- Begründung: Das Oberlandesgericht begründete die Aufhebung damit, dass das Landgericht für die Entscheidung über die Anträge nicht zuständig war. Zuständig sei vielmehr weiterhin der Ermittlungsrichter. Bei Ermittlungseingriffen gegenüber Personen, gegen die ein gesondertes Verfahren geführt wird, bleibt die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters bestehen.
- Folgen: Der Beschluss des Landgerichts ist nun wirkungslos. Über die Anträge zur Rechtmäßigkeit und Löschung der Lichtbilder muss nun der Ermittlungsrichter entscheiden.
Der Fall vor Gericht
OLG Celle: Zuständigkeit für Anträge gegen Ermittlungsmaßnahmen bei Verfahrenstrennung – § 162 StPO im Fokus
Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat in einem Beschluss vom 14. April 2025 (Aktenzeichen: 2 Ws 93/25) eine wichtige Frage zur gerichtlichen Zuständigkeit im Strafverfahren geklärt.

Konkret ging es darum, welches Gericht über Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Ermittlungsmaßnahmen – hier die Anfertigung von Lichtbildern während einer Durchsuchung – und deren Löschung entscheiden darf, wenn ein Ermittlungsverfahren nachträglich aufgeteilt wurde. Diese Entscheidung beleuchtet die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen dem Ermittlungsrichter gemäß § 162 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) und dem nach Anklageerhebung zuständigen Gericht der Hauptsache gemäß § 162 Abs. 3 Satz 1 StPO. Besonders relevant ist dies für Fälle, in denen Ermittlungseingriffe Personen betreffen, gegen die in einem abgetrennten Verfahren weiterermittelt wird.
Ausgangssituation: Durchsuchung und die Folgen für einen unbeteiligten Wohnungsmieter wegen Ermittlungen gegen Dritte
Am Anfang stand ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Verden, das sich gegen drei Personen richtete: K., G. und S. Im Zuge dieser Ermittlungen ordnete der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Verden am 29. Juli 2024 die Durchsuchung der Wohnung eines Mannes an, der selbst nicht zu den Beschuldigten zählte. Diese Maßnahme, gestützt auf die §§ 103, 105 StPO, zielte darauf ab, den gesuchten Beschuldigten B. G. zu ergreifen. Außerdem sollten elektronische Kommunikationsmittel und andere Gegenstände oder Unterlagen des Wohnungsmieters beschlagnahmt werden, die Hinweise auf den Aufenthaltsort von G. geben könnten.
Die Durchsuchung fand am 5. August 2024 statt. Während dieser Maßnahme fertigten die Ermittlungsbeamten zahlreiche Lichtbilder in der Wohnung an. Der Wohnungsmieter, der von der Durchsuchung betroffen war, legte daraufhin am 18. August 2024 Beschwerde gegen den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss ein. Gleichzeitig stellte er, in Anlehnung an § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO, den Antrag festzustellen, dass die Anfertigung der Lichtbilder rechtswidrig gewesen sei, und forderte deren Löschung.
Streit um die Fotos: Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Löschung der Lichtbilder nach § 98 Abs. 2 StPO analog
Das Amtsgericht Verden half der ursprünglichen Beschwerde des Wohnungsmieters mit Beschluss vom 23. September 2024 nicht ab. Daraufhin befasste sich die zweite große Strafkammer des Landgerichts Verden, die als Beschwerdekammer fungierte, mit dem Fall. Mit Beschluss vom 1. November 2024 verwarf sie die Beschwerde gegen den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss. Bezüglich der Anträge, die sich auf die Rechtswidrigkeit der angefertigten Lichtbilder und deren Löschung bezogen, erklärte sich das Landgericht (Beschwerdekammer) jedoch für nicht zuständig. Es verwies darauf, dass hierüber zunächst das nach § 162 Abs. 1 StPO zuständige Amtsgericht Verden – also der Ermittlungsrichter – entscheiden müsse. Diese Vorschrift regelt die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters für richterliche Untersuchungshandlungen vor Erhebung der öffentlichen Klage.
Juristisches Tauziehen: Wer ist zuständig? Amtsgericht oder Landgericht nach Anklageerhebung und Verfahrenstrennung?
Die Situation verkomplizierte sich, als die Staatsanwaltschaft Verden am 5. November 2024 Anklage gegen die bereits am 26. Februar 2024 festgenommene K. erhob. Das Ermittlungsverfahren gegen die weiterhin flüchtigen Verdächtigen G. und S. wurde von der Staatsanwaltschaft abgetrennt und wird nun unter einem neuen Aktenzeichen gesondert fortgeführt.
Nachdem der Anwalt des Wohnungsmieters die Anträge bezüglich der Lichtbilder am 19. Februar 2025 nochmals ergänzend begründet hatte, entschied diesmal eine andere Kammer des Landgerichts Verden: die erste große Strafkammer, die für die Hauptverhandlung gegen die nunmehr angeklagte K. zuständig ist. Diese Kammer verwarf die Anträge des Wohnungsmieters mit Beschluss vom 3. März 2025 als unbegründet. Ihre Zuständigkeit begründete sie mit § 162 Abs. 3 StPO. Nach dieser Vorschrift geht die Zuständigkeit nach Anklageerhebung auf das Gericht der Hauptsache über. Die Kammer argumentierte, die Durchsuchungsmaßnahme habe vor Anklageerhebung stattgefunden und sich zu diesem Zeitpunkt gegen K., G. und S. gerichtet. Das Sonderheft zur Beschwerde des Wohnungsmieters sei Teil der Akten, die der Kammer übersandt wurden. Eine alleinige Zuordnung der Durchsuchung zum abgetrennten Verfahren gegen G. würde eine „unnatürliche Aufspaltung des Lebenssachverhaltes“ darstellen.
Gegen diesen Beschluss des Landgerichts Verden vom 3. März 2025 legte der Wohnungsmieter am 17. März 2025 erneut Beschwerde ein. Er rügte unter anderem die fehlende Zuständigkeit der ersten großen Strafkammer des Landgerichts. Die Kammer half dieser Beschwerde nicht ab, und die Generalstaatsanwaltschaft beantragte, die Beschwerde zu verwerfen.
Die Entscheidung des OLG Celle: Landgericht Verden war unzuständig für die Anträge des Betroffenen zur Löschung der Fotos
Das Oberlandesgericht Celle gab der Beschwerde des Wohnungsmieters statt und hob den Beschluss der ersten großen Strafkammer des Landgerichts Verden vom 3. März 2025 auf. Eine eigene Entscheidung des OLG Celle in der Sache selbst – also über die Rechtswidrigkeit der Lichtbilder und deren Löschung – war nicht notwendig. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Wohnungsmieters wurden der Landeskasse auferlegt.
Begründung des OLG Celle: Ermittlungsrichter bleibt zuständig bei abgetrenntem Verfahren gegen andere Beschuldigte nach § 162 Abs. 1 StPO
Das OLG Celle stellte fest, dass die Beschwerde des Wohnungsmieters gemäß § 304 StPO zulässig und begründet war. Der Kern der Begründung lag in der Unzuständigkeit der ersten großen Strafkammer des Landgerichts Verden.
Nach Auffassung des OLG Celle ist für die Entscheidung über die Anträge des Wohnungsmieters, die sich auf die Art und Weise des Vollzugs der Durchsuchung beziehen (konkret die Anfertigung der Lichtbilder), der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Verden zuständig. Wenn die richterliche Anordnung zur Durchsuchung selbst keine ausdrücklichen Regelungen zur Art und Weise des Vollzugs enthält – wie hier bezüglich der Lichtbilder – ist ein Antrag auf gerichtliche Überprüfung entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO zu stellen. Für solche Anträge ist bis zur Erhebung der öffentlichen Anklage gemäß § 98 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO der Ermittlungsrichter bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat. Im vorliegenden Fall ist das der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Verden.
Entscheidend war für das OLG Celle, dass die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters durch die spätere Anklageerhebung gegen K. nicht entfallen ist. Die erste große Strafkammer des Landgerichts hatte dies anders gesehen. Das OLG Celle führte aus, dass für Ermittlungseingriffe gegenüber Personen, gegen die wegen der Beteiligung an einer bereits angeklagten Tat noch ein gesondertes Ermittlungsverfahren geführt wird, weiterhin § 162 Abs. 1 StPO gilt und nicht § 162 Abs. 3 Satz 1 StPO. Letztere Vorschrift regelt den Übergang der Zuständigkeit an das Gericht der Hauptsache nach Anklageerhebung. Das OLG stützte sich dabei auf Kommentarliteratur zur Strafprozessordnung.
Genau ein solcher Fall lag hier vor: Die Staatsanwaltschaft Verden hatte das Verfahren gegen die Beschuldigten G. und S. abgetrennt und führte es unter einem neuen Aktenzeichen gesondert weiter. Die Tatsache, dass das Verfahren zum Zeitpunkt der Durchsuchung noch gemeinsam gegen K., G. und S. geführt wurde, spielte nach Ansicht des OLG Celle keine Rolle mehr. Der Zuständigkeitswechsel vom Ermittlungsrichter zum Hauptsachegericht, wie in § 162 Abs. 3 Satz 1 StPO vorgesehen, diene dazu, widersprüchliche Entscheidungen zu verhindern, die aus einer parallelen Zuständigkeit des Ermittlungsrichters und des mit der Hauptsache befassten Gerichts resultieren könnten. Eine solche Gefahr bestehe hier jedoch wegen der erfolgten Abtrennung des Verfahrens gegen G. und S. nicht mehr.
Auch die vom Landgericht angeführte „unnatürliche Aufspaltung des Lebenssachverhaltes“ sah das OLG Celle nicht als gegeben an. Die angeordnete Durchsuchung diente allein der Ergreifung des weiterhin flüchtigen Beschuldigten G. und der Sicherstellung von Beweismitteln, die seinen Aufenthaltsort betreffen. Daher fehle auch der vom Landgericht angenommene Sachbezug der Durchsuchungsmaßnahme zum Verfahren gegen die angeklagte K. Die Lichtbilder und deren mögliche Rechtswidrigkeit stehen somit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen G., das weiterhin beim Ermittlungsrichter angesiedelt ist, solange keine Anklage gegen G. erhoben wurde.
Da die erste große Strafkammer des Landgerichts Verden somit unzuständig für die Entscheidung über die Anträge des Wohnungsmieters war, musste ihr Beschluss aufgehoben werden. Nun muss der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Verden über die Anträge des Wohnungsmieters entscheiden.
Kostenentscheidung und Rechtsmittel: Keine weitere Beschwerde möglich
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO, wonach bei einem erfolgreichen Rechtsmittel die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen in der Regel der Staatskasse aufzuerlegen sind.
Gegen diesen Beschluss des Oberlandesgerichts Celle ist gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO kein weiteres Rechtsmittel gegeben. Die Entscheidung ist somit endgültig.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Celle klärt in dieser Entscheidung die Zuständigkeitsfrage für Anträge gegen Ermittlungsmaßnahmen nach Verfahrenstrennung. Bei einer Durchsuchung mit angefertigten Lichtbildern, die gegen einen abgetrennten, noch nicht angeklagten Beschuldigten gerichtet war, bleibt der Ermittlungsrichter (Amtsgericht) für Rechtswidrigkeitsanträge zuständig – nicht das Hauptsachegericht (Landgericht) des bereits angeklagten Mitbeschuldigten. Dies verhindert eine unnatürliche Aufspaltung von Entscheidungszuständigkeiten und schützt Betroffene vor unklaren Rechtswegen bei komplexen Ermittlungsverfahren gegen mehrere Verdächtige.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet es, wenn ein Ermittlungsverfahren „abgetrennt“ wird, und welche Folgen hat das für Betroffene?
Wenn in einem Ermittlungsverfahren, das mehrere Personen oder mehrere voneinander unabhängige Vorwürfe betrifft, eine „Abtrennung“ vorgenommen wird, bedeutet das, dass das ursprüngliche Verfahren in zwei oder mehr eigenständige Verfahren aufgeteilt wird.
Dieser Schritt wird von der Staatsanwaltschaft oder später vom Gericht oft aus praktischen Gründen entschieden. Ziel ist es meist, das Verfahren insgesamt zu beschleunigen oder übersichtlicher zu gestalten. Das kann sinnvoll sein, wenn zum Beispiel die Ermittlungen gegen einige Beteiligte länger dauern als gegen andere, die Beschuldigten an sehr unterschiedlichen Orten leben oder die einzelnen vorgeworfenen Taten sehr verschieden sind.
Für die Betroffenen bedeutet die Abtrennung, dass das bisherige Verfahren nun als separater, eigenständiger Fall behandelt wird. Jedes der abgetrennten Verfahren läuft von diesem Zeitpunkt an unabhängig weiter.
Das kann dazu führen, dass die abgetrennten Verfahren zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgeschlossen werden. Es ist auch möglich, dass diese eigenständigen Verfahren bei unterschiedlichen Gerichten oder verschiedenen Abteilungen desselben Gerichts verhandelt werden, wenn beispielsweise der Wohnort eines Beschuldigten ausschlaggebend für die Zuständigkeit ist.
Auch die Beweisführung konzentriert sich nach der Abtrennung auf den jeweiligen, nun eigenständigen Fall. Das kann die Verhandlung in jedem einzelnen Verfahren klarer und fokussierter machen. Ihre Rechte als Betroffener, wie zum Beispiel das Recht auf Akteneinsicht oder das Recht, sich zu den Vorwürfen zu äußern, gelten auch in dem abgetrennten Verfahren uneingeschränkt weiter. Wenn ein abgetrenntes Verfahren mit einem Urteil oder einer anderen Entscheidung endet, gelten die Regeln für Rechtsmittel (wie z.B. die Berufung oder Revision) für dieses spezifische Verfahren eigenständig.
Welche Rechte habe ich als unbeteiligter Dritter, wenn meine Wohnung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen jemand anderen durchsucht wird?
Auch wenn eine Durchsuchung Ihrer Wohnung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens stattfindet, das sich gegen eine andere Person richtet, haben Sie bestimmte grundlegende Rechte. Eine solche Maßnahme greift tief in Ihr Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ein.
Grundsätzlich darf eine Wohnung nur durchsucht werden, wenn ein Richter dies angeordnet hat. Dies geschieht in Form eines Durchsuchungsbeschlusses. Nur in sehr eiligen Fällen, bei sogenannter Gefahr im Verzug (wenn also keine Zeit ist, den Richter zu fragen), dürfen Staatsanwaltschaft oder Polizei auch ohne richterliche Anordnung durchsuchen. Auch wenn die Durchsuchung nicht Sie persönlich betrifft, sondern zum Beispiel einen Freund, Mitbewohner oder ehemaligen Mieter, kann Ihre Wohnung betroffen sein, falls vermutet wird, dass sich dort Beweismittel oder die gesuchte Person befinden.
Ihre Rechte während der Durchsuchung
Wenn die Ermittler Ihre Wohnung durchsuchen, stehen Ihnen mehrere Rechte zu:
- Anwesenheit: Sie haben das Recht, bei der Durchsuchung selbst anwesend zu sein oder – falls Sie verhindert sind – dafür zu sorgen, dass eine Vertrauensperson anwesend ist.
- Zeuge: Sie können verlangen, dass ein unabhängiger Zeuge hinzugezogen wird. Das kann eine Person aus der Nachbarschaft sein, die nicht bei Ihnen wohnt. Falls das nicht möglich ist, sollen nach dem Gesetz ein Vertreter der Gemeinde oder ein anderer Beamter, der nicht an der Durchsuchung beteiligt ist, als Zeuge dabei sein.
- Information: Die Beamten sind verpflichtet, Ihnen den Grund der Durchsuchung mitzuteilen. Das bedeutet, sie müssen Ihnen sagen, gegen wen ermittelt wird, welche Straftat im Raum steht und was genau gesucht wird (zum Beispiel bestimmte Dokumente, Speichermedien oder Gegenstände). Sie sollten sich den Durchsuchungsbeschluss (falls vorhanden) zeigen lassen und den Inhalt verstehen.
- Verzeichnis: Über die bei der Durchsuchung sichergestellten oder beschlagnahmten Gegenstände muss ein Verzeichnis erstellt werden. Sie haben das Recht, eine Kopie dieses Verzeichnisses zu erhalten. Dieses Verzeichnis listet auf, was genau mitgenommen wurde.
Was passiert nach der Durchsuchung?
Nach der Durchsuchung haben Sie das Recht zu erfahren, welche Möglichkeiten Sie haben, um die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung überprüfen zu lassen. Auch als unbeteiligter Dritter können Sie die gerichtliche Überprüfung der Durchsuchungsmaßnahme beantragen, falls Sie der Meinung sind, dass diese unrechtmäßig war oder Ihre Rechte verletzt wurden. Dies geschieht in der Regel durch die Einreichung einer sogenannten Beschwerde. Das Gericht prüft dann rückwirkend, ob die Voraussetzungen für die Durchsuchung erfüllt waren und ob die Durchführung korrekt ablief.
Für Sie bedeutet das, dass Sie auch als nicht beschuldigte Person nicht rechtlos sind, wenn Ihr Zuhause im Rahmen eines fremden Ermittlungsverfahrens betroffen ist. Ihre Rechte zielen darauf ab, die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu gewährleisten und Ihnen die Möglichkeit zu geben, sich gegen rechtswidrige Eingriffe zu wehren.
Was bedeutet der Begriff „Ermittlungsrichter“ und welche Rolle spielt er im Strafverfahren?
Der Ermittlungsrichter ist ein unabhängiger Richter, der im deutschen Strafverfahren frühzeitig tätig wird. Seine Hauptaufgabe ist es, bestimmte entscheidende Maßnahmen der Ermittlungsbehörden (wie Polizei oder Staatsanwaltschaft) richterlich zu überprüfen und zu genehmigen oder abzulehnen.
Die Rolle des Ermittlungsrichters
Stellen Sie sich vor, die Ermittlungsbehörden möchten eine Maßnahme durchführen, die stark in Ihre Rechte eingreift. Genau hier kommt der Ermittlungsrichter ins Spiel. Er agiert als eine Art Kontrollinstanz, um sicherzustellen, dass solche Maßnahmen rechtmäßig und verhältnismäßig sind.
Typische Entscheidungen, die ein Ermittlungsrichter trifft, sind zum Beispiel die Anordnung von:
- Durchsuchungen (z. B. einer Wohnung oder eines Büros)
- Beschlagnahmen (Wegnahme von Gegenständen)
- Haftbefehlen (Anordnung der Untersuchungshaft)
- Telekommunikationsüberwachungen
Bevor Polizei oder Staatsanwaltschaft solche Maßnahmen durchführen dürfen, müssen sie oft einen Antrag beim zuständigen Ermittlungsrichter stellen. Der Richter prüft dann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ob die Maßnahme im konkreten Fall notwendig ist. Dieses Vorgehen schützt die Bürger vor willkürlichen Eingriffen des Staates.
Zuständigkeit und Übergang zum Hauptsachegericht
Die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters beginnt, sobald die Staatsanwaltschaft im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens eine richterliche Entscheidung benötigt. Seine Rolle ist also auf das Ermittlungsverfahren beschränkt.
Grundsätzlich endet die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters, sobald die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen abgeschlossen hat und Anklage beim zuständigen Gericht erhebt.
Mit der Erhebung der Anklage geht die Zuständigkeit für weitere gerichtliche Entscheidungen im Verfahren auf das Gericht der Hauptsache über. Das ist das Gericht, das später auch über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet und gegebenenfalls die Hauptverhandlung durchführt. Alle richterlichen Maßnahmen, die ab diesem Zeitpunkt im Prozess notwendig werden (z. B. die Entscheidung über eine Fortdauer der Untersuchungshaft oder weitere Beweisanordnungen), werden dann von diesem Gericht getroffen, nicht mehr vom Ermittlungsrichter.
Zusammenfassend kann man sagen: Der Ermittlungsrichter ist der Richter der ersten Stunde, der über wichtige Freiheits- und Eingriffsrechte im Ermittlungsverfahren wacht. Seine Arbeit endet im Wesentlichen, wenn das Verfahren durch die Anklage in die nächste Phase beim Hauptsachegericht übergeht.
Was bedeutet „Feststellung der Rechtswidrigkeit“ einer Ermittlungsmaßnahme und wann ist das relevant?
„Feststellung der Rechtswidrigkeit“ bedeutet, dass geprüft und gerichtlich festgestellt wird, ob eine Handlung der Ermittlungsbehörden – also beispielsweise von Polizei oder Staatsanwaltschaft im Rahmen einer Untersuchung – nicht mit den geltenden Gesetzen oder der Verfassung in Einklang stand. Vereinfacht gesagt wird überprüft, ob eine bestimmte Maßnahme „illegal“ oder „fehlerhaft“ war, obwohl sie von staatlichen Stellen durchgeführt wurde. Es geht darum festzustellen, ob die Behörden bei ihrer Arbeit die Regeln eingehalten haben, die den Bürgern Schutz bieten sollen.
Warum ist eine solche Feststellung wichtig?
Diese Prüfung ist besonders dann relevant, wenn eine Ermittlungsmaßnahme nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, aber weiterhin Auswirkungen hat. Stellen Sie sich eine Hausdurchsuchung vor: Sie hat stattgefunden, die Beamten sind wieder gegangen. Die Durchsuchung selbst kann nicht „ungeschehen“ gemacht werden. Was aber bleibt, sind möglicherweise beschlagnahmte Gegenstände, sichergestellte Unterlagen oder eben auch gemachte Aufnahmen, wie zum Beispiel Lichtbilder (Fotos).
Auch wenn die Durchsuchung als Ganzes vielleicht von einem Richter angeordnet und damit grundsätzlich erlaubt war, können einzelne Handlungen während der Durchsuchung fehlerhaft gewesen sein. Zum Beispiel, wenn Fotos von Gegenständen gemacht wurden, die gar nichts mit dem Grund der Durchsuchung zu tun hatten, oder wenn die Aufnahmen ohne die nötige gesetzliche Grundlage erfolgten. Genau in solchen Fällen kann die „Feststellung der Rechtswidrigkeit“ dieser spezifischen Handlungen beantragt werden. Es geht also nicht immer nur um die Rechtmäßigkeit der gesamten Maßnahme (wie der Durchsuchung selbst), sondern auch um die Überprüfung von Details.
Welche Folgen kann eine Feststellung der Rechtswidrigkeit haben?
Wenn gerichtlich festgestellt wird, dass eine bestimmte Handlung der Ermittlungsbehörden rechtswidrig war, hat das in der Regel Konsequenzen für die Verwendung der dabei gewonnenen Informationen oder Gegenstände.
- Löschung oder Rückgabe: Im Beispiel der Lichtbilder kann die Folge sein, dass die Fotos gelöscht werden müssen, weil sie nicht hätten angefertigt werden dürfen. Ähnlich kann es bei rechtswidrig beschlagnahmten Gegenständen sein, die dann zurückgegeben werden müssen.
- Verwertungsverbot: In einem möglichen späteren Gerichtsverfahren kann das, was bei der rechtswidrigen Handlung gewonnen wurde (z.B. die Informationen auf den Fotos), nicht als Beweismittel verwendet werden. Es darf also nicht gegen die betroffene Person eingesetzt werden.
Für Sie als Betroffenen bedeutet die Möglichkeit, die Rechtswidrigkeit einer Maßnahme oder eines Teils davon feststellen zu lassen, eine Möglichkeit, sich gegen fehlerhaftes Vorgehen der Behörden zu wehren und sicherzustellen, dass dabei gewonnene rechtswidrige Informationen Sie nicht belasten können. Es ist ein wichtiger Punkt, um den Schutz Ihrer Rechte zu gewährleisten, auch nachdem eine Maßnahme bereits durchgeführt wurde.
Was bedeutet der Begriff „Beschwerde“ im juristischen Kontext, und wie lege ich eine solche ein?
Im juristischen Bereich versteht man unter einer „Beschwerde“ eine spezielle Art, eine Entscheidung eines Gerichts oder einer anderen Behörde anzufechten. Sie ist eine Möglichkeit, mit der Sie erreichen können, dass eine höhere Stelle die getroffene Entscheidung überprüft.
Stellen Sie sich das wie eine Art „zweite Meinung“ vor. Wenn ein Gericht oder eine Behörde eine Entscheidung trifft, mit der Sie nicht einverstanden sind, und das Gesetz die Beschwerde vorsieht, können Sie diese nutzen, um die nächsthöhere Instanz um eine Überprüfung zu bitten.
Wogegen kann man Beschwerde einlegen?
Eine Beschwerde ist nicht gegen jedes Urteil oder jeden Beschluss möglich. Das Gesetz legt genau fest, gegen welche Entscheidungen dieses Rechtsmittel zulässig ist. Oft richtet sich eine Beschwerde gegen richterliche Beschlüsse (Entscheidungen außerhalb eines endgültigen Urteils), die bestimmte Verfahrensfragen regeln oder vorläufige Maßnahmen betreffen.
Zum Beispiel kann in Zivilverfahren (wie Mietstreitigkeiten) eine Beschwerde oft möglich sein gegen Entscheidungen über:
- Die Bewilligung oder Ablehnung von Prozesskostenhilfe.
- Bestimmte verfahrensrechtliche Anordnungen.
- Manche Arten von einstweiligen Verfügungen.
Es ist sehr wichtig zu wissen, dass eine Beschwerde etwas anderes ist als eine Berufung oder Revision. Berufung und Revision richten sich meist gegen das endgültige Urteil in der Hauptsache, während die Beschwerde oft eher Vorentscheidungen oder prozessuale Nebenaspekte betrifft. Welche Art der Anfechtung im Einzelfall möglich ist, hängt immer von der konkreten Entscheidung und dem zugrundeliegenden Gesetz ab (z.B. Zivilprozessordnung für Mietfälle).
Wie legt man Beschwerde ein?
Die Einlegung einer Beschwerde ist an formale Voraussetzungen und strenge Fristen gebunden. Typischerweise gilt:
- Form: Die Beschwerde muss schriftlich erfolgen. Sie wird bei dem Gericht eingereicht, das die angefochtene Entscheidung getroffen hat, oder direkt bei dem Gericht, das über die Beschwerde entscheiden soll.
- Inhalt: Sie müssen klar benennen, welche Entscheidung Sie anfechten und warum Sie diese für falsch halten. Sie müssen also darlegen, welche Rechtsfehler oder sachlichen Fehler Ihrer Meinung nach vorliegen.
- Frist: Es gibt gesetzliche Fristen, innerhalb derer die Beschwerde eingelegt werden muss. Diese Fristen sind oft sehr kurz (oft nur wenige Tage oder Wochen) und können nicht verlängert werden. Wenn die Frist versäumt wird, wird die Beschwerde in der Regel als unzulässig abgewiesen, unabhängig davon, ob sie inhaltlich berechtigt wäre.
Die Erfolgsaussichten einer Beschwerde hängen stark vom Einzelfall ab – davon, ob die angefochtene Entscheidung tatsächlich rechtlich fehlerhaft ist und ob die formalen Voraussetzungen (insbesondere die Frist) eingehalten wurden. Eine Beschwerde ist eine Möglichkeit, Fehler korrigieren zu lassen, aber kein Garant für eine Änderung der Entscheidung.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Ermittlungsrichter
Der Ermittlungsrichter ist ein unabhängiger Richter, der im Strafverfahren frühzeitig tätig wird und insbesondere wichtige Ermittlungsmaßnahmen der Polizei oder Staatsanwaltschaft richterlich prüft. Er entscheidet zum Beispiel über Durchsuchungsbeschlüsse, Beschlagnahmen oder Haftbefehle, bevor diese Maßnahmen durchgeführt werden dürfen. Seine Zuständigkeit gilt grundsätzlich nur für die Phase vor der Erhebung der Anklage; danach übernimmt das Gericht der Hauptsache. Dadurch schützt der Ermittlungsrichter die Rechte der Betroffenen vor unverhältnismäßigen Eingriffen in der Ermittlungsphase.
Beispiel: Wenn die Polizei Ihre Wohnung durchsuchen möchte, muss sie dafür vom Ermittlungsrichter einen schriftlichen Durchsuchungsbeschluss einholen, der prüft, ob die Maßnahme rechtlich zulässig ist.
Verfahrenstrennung (Abtrennung eines Verfahrens)
Die Verfahrenstrennung bedeutet, dass ein laufendes Ermittlungsverfahren, das mehrere Beschuldigte oder unterschiedliche Tatvorwürfe umfasst, in zwei oder mehr eigenständige Verfahren aufgeteilt wird. Dies geschieht oft, um das Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren übersichtlicher und schneller zu gestalten. Nach der Trennung wird jeder Teil als ein separates Verfahren behandelt, das unabhängig voneinander weitergeführt wird, auch bei unterschiedlichen Gerichten oder Abteilungen.
Beispiel: Wenn in einem Verfahren gegen mehrere Personen die Ermittlungen gegen einige davon länger dauern oder gesondert behandelt werden sollen, kann die Staatsanwaltschaft diese Fälle trennen, sodass jeder Beschuldigte sein eigenes Verfahren bekommt.
Feststellung der Rechtswidrigkeit
Die Feststellung der Rechtswidrigkeit ist ein gerichtliches Verfahren, bei dem geprüft wird, ob eine konkrete Maßnahme der Ermittlungsbehörden (z. B. die Anfertigung von Lichtbildern bei einer Durchsuchung) gegen geltendes Recht verstoßen hat. Dabei wird rechtlich festgestellt, ob die Handlung illegal oder fehlerhaft war. Diese Feststellung ist wichtig, wenn die Maßnahme nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, aber ihre Folgen beseitigt oder die Verwendung der daraus gewonnenen Beweismittel ausgeschlossen werden sollen.
Beispiel: Wurde bei einer Durchsuchung ohne gesetzliche Grundlage ein Foto von privaten Angaben gemacht, kann man gerichtlich feststellen lassen, dass diese Handlung rechtswidrig war, und die Löschung der Fotos verlangen.
Beschwerde
Die Beschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem man gerichtliche Entscheidungen oder behördliche Maßnahmen anfechten kann, wenn man mit ihnen nicht einverstanden ist. Sie dient dazu, dass eine höhere Instanz die Entscheidung überprüft und gegebenenfalls ändert. Die Beschwerde gibt es nicht gegen jede Entscheidung und muss in der Regel innerhalb einer kurzen Frist schriftlich und mit Begründung eingereicht werden.
Beispiel: Wenn ein Gericht die Löschung von bei einer Durchsuchung angefertigten Fotos ablehnt, kann der Betroffene gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen, um eine Überprüfung durch ein übergeordnetes Gericht zu erreichen.
Zuständigkeit nach § 162 StPO (Übergang von Ermittlungsrichter zum Gericht der Hauptsache)
Nach § 162 der Strafprozessordnung (StPO) regelt sich die Zuständigkeit für richterliche Entscheidungen im Strafverfahren je nach Verfahrensphase: Vor der Anklageerhebung ist der Ermittlungsrichter zuständig (Abs. 1), danach geht die Zuständigkeit auf das Gericht der Hauptsache über (Abs. 3). Bei einer Verfahrenstrennung kann es jedoch dazu kommen, dass für den abgetrennten Teil weiterhin der Ermittlungsrichter zuständig bleibt, um widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden. Das ist besonders dann relevant, wenn Ermittlungen gegen verschiedene Beschuldigte getrennt geführt werden.
Beispiel: Wird ein Verfahren geteilt und gegen einen Beschuldigten Anklage erhoben, während gegen andere weiterhin ermittelt wird, entscheidet für die letzteren der Ermittlungsrichter weiter, obwohl für den ersten das Gericht der Hauptsache zuständig ist.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 162 Abs. 1 StPO: Regelt die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters für Entscheidungen über richterliche Untersuchungshandlungen vor Erhebung der öffentlichen Klage. Dieser ist für Beschwerden und Anträge zu Ermittlungsmaßnahmen zuständig, solange keine Anklage erhoben wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Celle stellte klar, dass der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Verden weiterhin für die Anträge des Wohnungsmieters zu den Lichtbildern zuständig ist, da das Verfahren gegen die betreffenden Verdächtigen abgetrennt und noch keine Anklage gegenüber ihnen erhoben wurde.
- § 162 Abs. 3 Satz 1 StPO: Bestimmt, dass nach Anklageerhebung das Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über Beschwerden gegen richterliche Entscheidungen im Ermittlungsverfahren zuständig wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht Verden berief sich auf diese Norm, um seine Zuständigkeit zu begründen, doch das OLG Celle verneinte deren Anwendung wegen der abgetrennten Verfahren, wodurch der Zuständigkeitsübergang nicht eintrat.
- § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO: Erlaubt den Betroffenen, die Rechtswidrigkeit von polizeilichen Maßnahmen – hier analog auf die Anfertigung von Lichtbildern – durch gerichtliche Feststellung überprüfen zu lassen und deren Beseitigung zu verlangen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Wohnungsmieter nutzte diesen Antrag, um die Löschung der Lichtbilder zu erwirken; das OLG stellte fest, dass hierfür die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters greift.
- § 103 StPO: Vorschrift zur richterlichen Anordnung von Durchsuchungen, die der Strafverfolgung dient und genaue Voraussetzungen und Grenzen setzt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Durchsuchung der Wohnung des unbeteiligten Mieters wurde nach dieser Norm angeordnet, weshalb die rechtmäßige Durchführung und Vollzugsmethoden (wie Lichtbilder) überprüft werden können.
- § 467 Abs. 1 StPO: Regelt die Kostenentscheidung bei Rechtsmitteln, wonach im Falle des Obsiegens des Beschwerdeführers die Kosten dem Staat auferlegt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Aufgrund des erfolgreichen Beschwerdeverfahrens gegen die Zuständigkeitsentscheidung wurden die Verfahrenskosten dem Landeskasse auferlegt.
- § 304 StPO (Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2): Bezieht sich auf die Beschwerde gegen Entscheidungen im Ermittlungsverfahren; Abs. 4 Satz 2 regelt, dass gegen die Entscheidung des OLG keine weiteren Rechtsmittel zulässig sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beschwerde des Wohnungsmieters gegen die unzuständige Kammer war zulässig und erfolgreich, und die OLG-Entscheidung ist endgültig.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Celle – Az.: 2 Ws 93/25 – Beschluss vom 14.04.2025
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