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Datenschutz verklagen: Falsche Daten in Strafakten – Behörde unzuständig?

Eine Bürgerin wollte fehlerhafte Einträge aus jahrealten Strafakten tilgen lassen und wandte sich an die Landesdatenschutzbeauftragte. Ihr Vorhaben scheiterte jedoch nicht am Inhalt, sondern an einer unerwarteten Zuständigkeitsfrage der Behörde.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 16 E 885/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Urteil in 30 Sekunden

  • Das Problem: Eine Bürgerin wollte angebliche Falschinformationen und persönliche Daten aus ihren Gerichtsakten entfernen lassen. Sie forderte die zuständige Datenschutzbehörde auf, dies bei der Justiz durchzusetzen.
  • Die Rechtsfrage: Kann eine Datenschutzbehörde die Löschung von Daten in Gerichtsakten anordnen, wenn eine Person deren Richtigkeit bestreitet?
  • Die Antwort: Nein. Das Gericht entschied, dass die Datenschutzbehörde hierfür nicht zuständig ist und Justizdaten nicht einfach gelöscht werden können. Gerichtsakten sind zudem keine „Dateisysteme“ im datenschutzrechtlichen Sinne, deren Inhalte löschbar wären.
  • Die Bedeutung: Gerichte und Staatsanwaltschaften sind für ihre Akten selbst verantwortlich und unterliegen speziellen Regeln. Eine allgemeine Datenschutzbehörde hat keine Befugnis, ihnen Weisungen zur Aktenführung zu erteilen.

Die Fakten im Blick

  • Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
  • Datum: 27.08.2025
  • Aktenzeichen: 16 E 885/23
  • Verfahren: Beschwerdeverfahren
  • Rechtsbereiche: Datenschutzrecht, Strafprozessrecht, Prozesskostenhilferecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Person, die die Löschung von persönlichen Daten und als unwahr bezeichneten Behauptungen aus Akten der Staatsanwaltschaft und der Strafgerichte erreichen wollte. Sie beantragte hierfür Prozesskostenhilfe, um die Landesdatenschutzbehörde zur Mithilfe bei der Löschung zu verpflichten.
  • Beklagte: Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationssicherheit Nordrhein-Westfalen. Sie wurde von der Klägerin verklagt, um auf die Löschung von Daten in Strafakten hinzuwirken.

Worum ging es genau?

  • Sachverhalt: Die Klägerin wollte, dass ihre persönlichen Daten und „objektiv unwahren Behauptungen“ aus Strafakten gelöscht werden. Sie beantragte Prozesskostenhilfe, um die Landesdatenschutzbehörde zur Mithilfe bei der Löschung zu verpflichten.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?

  • Kernfrage: Hatte die Klage der Frau, die die Landesdatenschutzbehörde zur Löschung ihrer Daten aus Strafakten verpflichten wollte, genügend Aussicht auf Erfolg, um Prozesskostenhilfe zu erhalten?

Entscheidung des Gerichts:

  • Urteil im Ergebnis: Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe wurde zurückgewiesen.
  • Zentrale Begründung: Das Gericht sah keine ausreichenden Erfolgsaussichten für die Klage, da die Landesdatenschutzbehörde für die beantragten Löschungen von Daten in Strafakten nicht zuständig ist und die rechtlichen Voraussetzungen für die Löschung nicht vorlagen.
  • Konsequenzen für die Parteien: Die Klägerin muss die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen und kann gegen diese Entscheidung nicht mehr vorgehen.

Der Fall vor Gericht


Gerichtsakten: Unveränderliches Gedächtnis oder angreifbare Datensammlung?

Gerichtsakten – sie sind das Gedächtnis der Justiz. Einmal angelegt, scheinen sie in Stein gemeißelt. Eine Bürgerin wollte dieses Gedächtnis um wichtige Details erleichtern.

Eine Bürgerin studiert den Beschluss des OVG NRW, der ihr Begehren zur Löschung fehlerhafter Einträge aus ihren Strafakten an der fehlenden Zuständigkeit der Landesdatenschutzbeauftragten scheitern lässt.
Oberverwaltungsgericht: Landesdatenschutzbeauftragte nicht zuständig für Löschung von Justizakten; Prozesskostenhilfe verweigert. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Sie forderte die Landesdatenschutzbeauftragte auf, aktiv zu werden und angebliche Falschinformationen sowie personenbezogene Daten aus jahrealten Strafakten zu entfernen. Doch die Akten zeigten sich hartnäckig. Das Recht sah das ähnlich.

Was verlangte die Bürgerin?

Die Bürgerin sah in staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Akten Einträge, die sie als „objektiv unwahre Behauptungen“ empfand. Zum Beispiel stand dort, sie habe einen Rechtsanwalt beauftragt. Dies, so ihre Argumentation, sei eine Lüge, da sie als Hartz-IV-Bezieherin die Gebühren nicht selbst tragen konnte. Solche Angaben und andere personenbezogene Daten in Akten der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, des Amtsgerichts Neuss, des Landgerichts Düsseldorf sowie des Oberlandesgerichts Düsseldorf sollten gelöscht oder als datenschutzwidrig festgestellt werden. Sie wollte die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationssicherheit Nordrhein-Westfalen verpflichten, hierfür aktiv zu werden – notfalls sogar ganze Aktenbestände vernichten zu lassen.

Welche Rolle sollte die Datenschutzbeauftragte spielen?

Aus Sicht der Bürgerin sollte die Landesdatenschutzbeauftragte als eine Art „Superheldin des Datenschutzes“ eingreifen. Sie sollte die Macht haben, auf die Staatsanwaltschaft und die Gerichte einzuwirken. So sollten die dort gespeicherten Daten der Bürgerin korrigiert oder gänzlich verschwinden. Diesen Anspruch wollte die Bürgerin durch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht durchsetzen. Um die dafür nötigen Kosten zu decken, beantragte sie Prozesskostenhilfe.

Was sagte die Landesdatenschutzbeauftragte dazu?

Die Beklagte, also die Landesdatenschutzbeauftragte, widersprach dem Ansinnen der Bürgerin. Sie argumentierte, die Zuständigkeit für Löschungen und die Verantwortung für die Daten liege bei den jeweiligen Stellen selbst – den Staatsanwaltschaften und Gerichten. Für den Bereich von Strafverfahren existieren zudem spezielle Regeln im Strafprozessrecht und im Bundesdatenschutzgesetz, die diesen Rahmen setzen. Die Landesdatenschutzgesetze seien hierfür oft nicht anwendbar.

Wie beurteilte das Gericht die Erfolgsaussichten der Klage?

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen prüfte die Beschwerde der Bürgerin. Es kam zu einem klaren Ergebnis: Die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Gründe waren vielfältig, zementierten die Entscheidung jedoch auf mehreren Ebenen.

Ist die Datenschutzbeauftragte überhaupt zuständig?

Hier lag ein entscheidender Knackpunkt. Das Gericht stellte fest, die Landesdatenschutzbeauftragte sei nicht der richtige Adressat für das Begehren der Bürgerin. Die Verantwortung für das Löschen von Daten in Strafakten liegt bei den Behörden, die diese Daten bearbeiten: der Staatsanwaltschaft und den Gerichten. Die Landesbeauftragte hat keine Befugnis, diese Stellen direkt zu Anweisungen zu zwingen. Für die Datenverarbeitung durch Gerichte in ihrer justiziellen Tätigkeit ist zudem eine Anrufung der Landesbeauftragten ausgeschlossen. Der Klageweg gegen die Datenschutzbeauftragte entbehrte damit einer prozessualen und materiellen Grundlage.

Zählen Justizakten als „Dateisysteme“, deren Inhalte löschbar sind?

Ein weiterer wichtiger Punkt betraf die Definition der Akten. Das Gericht verneinte, dass die betreffenden Akten der Staatsanwaltschaft und der Strafgerichte – seien es Papierakten oder elektronische Kopien – als sogenannte „Dateisysteme“ im Sinne der datenschutzrechtlichen Vorschriften des Strafprozessrechts gelten. Die speziellen Löschpflichten für Daten in Dateisystemen, wie § 489 StPO sie vorsieht, greifen damit nicht. Diese klare Unterscheidung durchkreuzte einen möglichen Löschanspruch.

Waren die Datenverarbeitungen der Justiz unzulässig?

Selbst wenn man die anderen Hürden überwunden hätte, fehlten die Voraussetzungen für eine Löschung. Die Verarbeitung personenbezogener Daten in Strafakten beruht in der Regel auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 161 Abs. 1 StPO – also im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen. Dies macht die Verarbeitung nicht „unzulässig“. Zudem sind diese Daten oft noch für die Aufgabenerfüllung der Justiz erforderlich. Die Justizaktenaufbewahrungsverordnung legt Aufbewahrungsfristen fest, die – je nach Aktenart – fünf, zehn oder sogar dreißig Jahre betragen. Da die Verfahren im Jahr 2020 stattfanden, waren diese Fristen noch lange nicht abgelaufen.

Sind „objektiv unwahre Behauptungen“ löschbare personenbezogene Daten?

Die Bürgerin rügte auch „objektiv unwahre Behauptungen“ in den Akten. Doch das Gericht sah darin vorwiegend rechtliche Bewertungen, keine unrichtigen personenbezogenen Tatsachen. Ob eine Hartz-IV-Empfängerin einen Anwalt beauftragen kann, ist eine rechtliche Einschätzung. Solche Bewertungen stellen als solche keine personenbezogenen Daten im Sinne der Datenschutzvorschriften dar. Persönliche Informationen können sie zwar enthalten, doch um einen Lösch- oder Berichtigungsanspruch zu begründen, braucht es konkret benannte, identifizierende und falsche Tatsachenangaben. Die Klage benannte solche nicht.

Durfte das Gericht die Prozesskostenhilfe ablehnen?

Ja, das Gericht durfte die Prozesskostenhilfe ablehnen. Prozesskostenhilfe wird nur gewährt, wenn die beabsichtigte Klage hinreichende Erfolgsaussichten besitzt. Das Gericht betonte, das Prozesskostenhilfeverfahren sei kein Werkzeug für eine summarische Vorentscheidung bei schwierigen Rechts- und Tatsachenfragen. Bei lediglich geringen oder fehlenden Erfolgsaussichten ist die Versagung von Prozesskostenhilfe rechtmäßig. Die Beschwerde der Bürgerin gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ihr Prozesskostenhilfe zu versagen, blieb daher ohne Erfolg.

Die Urteilslogik

Die Rechtsprechung verdeutlicht die besonderen Rahmenbedingungen, unter denen die Justiz personenbezogene Daten verwaltet und schützt.

  • Grenzen der Datenschutzaufsicht: Eine Landesdatenschutzbeauftragte besitzt keine Befugnis, gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Datenverarbeitung in Strafverfahren unmittelbar zu steuern oder zu korrigieren.
  • Charakter von Gerichtsakten: Justizakten fallen nicht unter die allgemeine Definition von „Dateisystemen“, was spezielle Löschpflichten nach dem Strafprozessrecht einschränkt.
  • Anspruch auf Datenberichtigung: Bürger löschen rechtliche Einschätzungen in Gerichtsakten nicht als „unwahre personenbezogene Daten“; ein solcher Anspruch setzt konkrete, identifizierende und tatsächlich falsche Tatsachen voraus.

Die Prinzipien des Strafverfahrensrechts prägen maßgeblich, wie Justizakten geführt werden und welche Korrekturmöglichkeiten bestehen.


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Das Urteil in der Praxis

Was nach einem Versuch klingt, das eigene juristische Gedächtnis zu schönen, ist in Wahrheit eine knallharte Lektion über die Grenzen des Datenschutzes gegenüber der Justiz. Das Gericht zieht einen dicken Strich: Weder ist die Datenschutzbeauftragte zuständig, noch gelten Strafakten als einfache Datensammlungen, die man mal eben bereinigt. Es ist eine unmissverständliche Ansage, dass die Justiz bei der Aktenführung eine Sonderstellung genießt. Einmal in der Akte, bleibt es da – eine bittere Pille für jeden, der seine gerichtliche Vergangenheit korrigieren möchte.


Symbolische Grafik zu FAQ - Häufig gestellte Fragen aus dem Strafrecht" mit Waage der Gerechtigkeit und Gesetzbüchern im Hintergrund

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Kann ich falsche oder alte Daten aus meinen Gerichts- und Staatsanwaltschaftsakten löschen lassen?

Es ist extrem schwierig bis nahezu unmöglich, falsche oder alte Daten aus Gerichts- und Staatsanwaltschaftsakten löschen zu lassen. Der Grund: Diese Akten gelten nicht als übliche „Dateisysteme“ im datenschutzrechtlichen Sinne, wodurch spezielle Löschpflichten (wie § 489 StPO) selten greifen. Die Justiz verarbeitet diese Informationen zur Aufgabenerfüllung rechtmäßig, und die Akten unterliegen sehr langen Aufbewahrungsfristen.

Juristen nennen das eine Spezialmaterie. Das Gericht verneinte beispielsweise, dass Strafakten – egal ob auf Papier oder elektronisch – als sogenannte „Dateisysteme“ im Sinne der Datenschutzvorschriften gelten. Das bedeutet: Paragraphen, die sonst eine Löschung ermöglichen würden, finden hier kaum Anwendung. Eine Datenverarbeitung in Strafakten ist zudem durch § 161 Abs. 1 StPO gesetzlich ermächtigt. Sie ist also nicht „unzulässig“, selbst wenn Sie Inhalte als „falsch“ empfinden.

Was Sie als „objektiv unwahre Behauptung“ bezeichnen, ist vor Gericht oft eine rechtliche Bewertung oder eine Einschätzung des Prozessgeschehens. Das ist wie der Unterschied zwischen einem nachweisbar falschen Geburtsdatum und der Meinung des Richters über Ihre Glaubwürdigkeit. Nur konkret benannte, identifizierende und nachweislich falsche Tatsachenangaben – keine Meinungen oder Bewertungen – können überhaupt einen Löschanspruch begründen. Sonst bleibt das Gerichtsgedächtnis unangetastet.

Prüfen Sie akribisch, ob ein strittiger Eintrag eine eindeutig beweisbare, falsche personenbezogene Tatsache ist oder lediglich eine rechtliche Bewertung, die Sie anders sehen.


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Wer ist zuständig, wenn ich Einträge in meinen Gerichtsakten korrigieren möchte?

Die Zuständigkeit für die Korrektur oder Löschung von Daten in Ihren Gerichts- und Staatsanwaltschaftsakten liegt ausschließlich bei den jeweiligen Gerichten und Staatsanwaltschaften selbst, die diese Akten führen. Die Landesdatenschutzbeauftragte ist hierfür nicht der richtige Ansprechpartner, was viele Betroffene frustriert.

Verzweiflung, wenn man sich im Ämterdschungel verliert, ist verständlich. Doch der Grund, warum die Datenschutzbeauftragte Ihnen hier nicht helfen kann, ist klar: Juristen nennen das Trennung der Gewalten. Für die Datenbearbeitung in Justizakten, insbesondere bei ihrer justiziellen Tätigkeit, agieren Gerichte und Staatsanwaltschaften autonom. Die Landesdatenschutzbeauftragte hat schlicht keine Weisungsbefugnis und darf nicht in diese Verfahren eingreifen.

Ein passender Vergleich ist der Versuch, Ihre Steuererklärung beim Einwohnermeldeamt abzugeben – völlig falsche Adresse. Das Oberverwaltungsgericht NRW bestätigte genau das in einem vielbeachteten Fall: Die Verantwortung für das Löschen von Daten in Strafakten liegt allein bei den Behörden, die diese Daten bearbeiten – den Staatsanwaltschaften und Gerichten selbst.

Vermeiden Sie daher Umwege: Identifizieren Sie das spezifische Gericht oder die Staatsanwaltschaft, die Ihre Akten führt, und richten Sie Ihr Anliegen direkt dorthin, idealerweise unter Angabe des Aktenzeichens.


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Wie funktioniert die Löschung oder Berichtigung von Daten in gerichtlichen Akten?

Die Löschung oder Berichtigung von Daten in gerichtlichen Akten ist ein hochkomplexer Prozess mit erheblichen rechtlichen Hürden. Diese Akten folgen spezialgesetzlichen Regeln; die Datenverarbeitung gilt dort als zulässig und erforderlich, es sei denn, es handelt sich um klar beweisbare, falsche Tatsachenangaben.

Juristen wissen: Justizakten sind keine normalen „Dateisysteme“ im datenschutzrechtlichen Sinne. Das bedeutet, allgemeine Löschpflichten, wie sie etwa § 489 StPO für andere Bereiche vorsieht, greifen hier schlicht nicht. Die Justiz verarbeitet personenbezogene Daten in Strafakten gemäß § 161 Abs. 1 StPO zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Solange gesetzliche Aufbewahrungsfristen laufen, ist diese Verarbeitung zulässig und erforderlich.

Einen Lösch- oder Berichtigungsanspruch erhalten Sie nur, wenn es um konkret benannte, identifizierende und nachweislich falsche Tatsachenangaben geht. Eine bloße „Unwahrheit“ aus Ihrer subjektiven Sicht genügt nicht. Gerichte unterscheiden messerscharf zwischen einer nachprüfbaren Faktenlage – etwa einem falschen Geburtsdatum – und einer rechtlichen Bewertung oder Behauptung im Verfahren. Letzteres ist nahezu unantastbar.

Sammeln Sie alle Beweismittel, die zweifelsfrei belegen, dass eine spezifische, identifizierende Aussage in der Akte eine faktische und nachprüfbare Falschinformation ist, die keine rechtliche Bewertung darstellt.


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Was tun, wenn meine Gerichtsakte angebliche Falschaussagen oder unwahre Behauptungen enthält?

Was Sie in Gerichtsakten als Falschaussagen oder unwahre Behauptungen wahrnehmen, sieht die Justiz oft anders. Gerichte werten diese meist als rechtliche Bewertung, Einschätzung oder schlicht als Prozessdarstellung, nicht als korrigierbare, unrichtige personenbezogene Tatsache. Dies erschwert Löschungsansprüche erheblich.

Die Krux liegt in einer juristischen Unterscheidung: Es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen einer subjektiv empfundenen Ungenauigkeit und einer objektiv nachweislich falschen Tatsache. Die Justiz trennt scharf zwischen ‚unrichtigen personenbezogenen Tatsachen‘ und ‚rechtlichen Bewertungen‘ oder bloßen Meinungsäußerungen in Akten. Ein Anspruch auf Löschung oder Berichtigung greift nur bei konkret benannten, identifizierenden und beweisbar falschen Tatsachenangaben, nicht bei bloßer subjektiver Uneinigkeit mit einer gerichtlichen Bewertung.

Juristen nennen dies eine rechtliche Einschätzung. Das Gericht sah zum Beispiel eine Behauptung zur Möglichkeit der Anwaltsbeauftragung für Hartz-IV-Beziehende nicht als löschbare unwahre Behauptung an. Es war eine Einschätzung, die keine unrichtige personenbezogene Tatsache im datenschutzrechtlichen Sinne darstellte.

Lassen Sie jede vermeintliche Falschaussage in Ihrer Akte von einem spezialisierten Rechtsanwalt rechtlich analysieren, ob es eine beweisbar unrichtige personenbezogene Tatsache oder lediglich eine rechtliche Bewertung ist.


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Wie lange werden meine personenbezogenen Daten in Gerichts- und Strafakten gespeichert?

Personenbezogene Daten in Gerichts- und Strafakten werden gemäß der Justizaktenaufbewahrungsverordnung für sehr lange Zeiträume gespeichert. Diese Fristen, die je nach Aktenart fünf, zehn oder sogar dreißig Jahre betragen können, lassen sich nicht vorzeitig auf Wunsch löschen. Wer hofft, dass alte Fälle nach wenigen Jahren automatisch „verjähren“, irrt sich.

Der Grund für diese beeindruckende Dauer ist simpel: Die Justiz benötigt die gespeicherten Daten zwingend für ihre Aufgaben. Das Gesetz macht hier klare Vorgaben, denn nur so lassen sich spätere Verfahren nachvollziehen oder Urteile überprüfen. Die Daten gelten schlicht als „erforderlich“, bis die gesetzliche Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist.

Ein passender Vergleich ist das Fundament eines Hauses: Es ist da, trägt das Ganze und wird nicht einfach entfernt, nur weil das Haus schon länger steht. Ein Verfahren aus dem Jahr 2020 zum Beispiel zeigt: Fünf Jahre sind da noch lange nicht vorbei, geschweige denn zehn oder dreißig. Eine schnellere Löschung? Kaum denkbar.

Ermitteln Sie das genaue Aktenzeichen und die Art des Verfahrens Ihrer Akte, um die spezifische, gesetzlich vorgesehene Aufbewahrungsfrist gemäß der Justizaktenaufbewahrungsverordnung zu recherchieren.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Dateisysteme (im datenschutzrechtlichen Sinne)

Als Dateisysteme definiert das Datenschutzrecht eine strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien organisiert und zugänglich gemacht wird, sei es digital oder in Papierform. Diese spezielle Einordnung ist entscheidend, weil nur für solche Systeme oft spezifische Löschpflichten und andere Datenschutzregeln greifen.

Beispiel: Das Oberverwaltungsgericht stellte klar, dass die betreffenden Akten der Staatsanwaltschaft und der Strafgerichte nicht als Dateisysteme im Sinne der datenschutzrechtlichen Vorschriften gelten.

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Justizaktenaufbewahrungsverordnung

Die Justizaktenaufbewahrungsverordnung ist eine amtliche Regelung, die die verbindlichen Fristen für die Aufbewahrung von Akten durch Gerichte und Staatsanwaltschaften vorschreibt. Mit dieser Verordnung stellt der Gesetzgeber sicher, dass alle relevanten Informationen über lange Zeiträume für die Rechtspflege verfügbar und nachvollziehbar bleiben.

Beispiel: Gemäß der Justizaktenaufbewahrungsverordnung unterliegen die Verfahrensakten aus dem Jahr 2020 noch sehr langen Aufbewahrungsfristen von bis zu dreißig Jahren.

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Justizielle Tätigkeit

Die justizielle Tätigkeit umfasst alle Handlungen und Entscheidungen, die Gerichte und Staatsanwaltschaften im Rahmen ihrer hoheitlichen Aufgaben der Rechtsprechung und Strafverfolgung ausführen. Für diesen Kernbereich der staatlichen Gewaltenteilung gelten besondere Regeln: staatliche Aufsichtsbehörden dürfen hier grundsätzlich nicht in die Unabhängigkeit der Justiz eingreifen.

Beispiel: Das Gericht betonte, dass eine Anrufung der Landesdatenschutzbeauftragten für die Datenverarbeitung bei justizieller Tätigkeit ausgeschlossen ist.

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Objektiv unwahre Behauptungen (im Prozessrecht)

Juristen verstehen unter objektiv unwahren Behauptungen in Gerichtsakten nachweislich falsche Tatsachenangaben, die sich belegen lassen und keine bloßen rechtlichen Bewertungen oder Meinungsäußerungen darstellen. Nur bei solchen eindeutig widerlegbaren Fakten kann ein Anspruch auf Berichtigung oder Löschung bestehen, um die sachliche Richtigkeit der Akten zu gewährleisten.

Beispiel: Die Bürgerin bezeichnete die Angabe, einen Anwalt beauftragt zu haben, als objektiv unwahre Behauptung, das Gericht sah dies jedoch als rechtliche Einschätzung.

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Prozesskostenhilfe

Prozesskostenhilfe ist die staatliche Unterstützung, die finanziell schwächeren Bürgern gewährt wird, um die Kosten eines Gerichtsverfahrens zu decken, falls sie diese nicht aus eigenen Mitteln aufbringen können. Sie ermöglicht es, trotz knapper Kassen rechtliche Schritte einzuleiten und den Zugang zur Justiz für alle zu sichern.

Beispiel: Das Gericht lehnte die Prozesskostenhilfe ab, da die beabsichtigte Klage der Bürgerin keine hinreichende Erfolgsaussicht besaß.

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§ 161 Abs. 1 StPO

Dieser Paragraf der Strafprozessordnung ist die gesetzliche Grundlage, die der Staatsanwaltschaft erlaubt, personenbezogene Daten zu erheben und zu verarbeiten, um den Sachverhalt in einem Strafverfahren zu erforschen und die Wahrheit herauszufinden. Die Norm legitimiert damit die notwendige Datensammlung im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen.

Beispiel: Die Gerichte stützen die Verarbeitung personenbezogener Daten in den Strafakten oft auf die gesetzliche Ermächtigung des § 161 Abs. 1 StPO.

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Zuständigkeit (im Recht)

Die Zuständigkeit legt verbindlich fest, welche Behörde oder welches Gericht die rechtliche Befugnis besitzt, ein bestimmtes Anliegen zu prüfen und darüber zu entscheiden. Dieses Prinzip sorgt für eine klare Aufgabenverteilung und leitet Bürger zur korrekten Anlaufstelle.

Beispiel: Ein entscheidender Punkt im Fall war die Frage der Zuständigkeit der Landesdatenschutzbeauftragten für das Löschen von Daten in Strafakten.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Kompetenzgrenzen von Datenschutzaufsichtsbehörden im Justizbereich (Allgemeines Rechtsprinzip)
    Datenschutzaufsichtsbehörden sind in der Regel nicht befugt, Gerichten und Staatsanwaltschaften in ihrer justiziellen Tätigkeit Weisungen zu erteilen oder ihre Datenverarbeitung zu überprüfen.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Landesdatenschutzbeauftragte war nicht der richtige Adressat für das Begehren der Bürgerin, weil sie keine Befugnis hat, Gerichte oder Staatsanwaltschaften anzuweisen, Daten in Strafakten zu löschen oder zu korrigieren.
  • Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zu Strafverfolgungszwecken (§ 161 Abs. 1 StPO)
    Im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen ist die Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten durch Staatsanwaltschaften gesetzlich erlaubt und somit grundsätzlich rechtmäßig.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die in den Strafakten der Bürgerin gespeicherten Daten wurden gemäß dieser gesetzlichen Ermächtigung im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen verarbeitet und waren daher nicht „unzulässig“, was einen Löschanspruch erschwert.
  • Begriffsbestimmung von „Dateisystem“ im Strafprozessrecht (§ 489 StPO)
    Strafakten, ob in Papierform oder als elektronische Kopien, werden nicht als „Dateisysteme“ im Sinne der datenschutzrechtlichen Löschvorschriften des Strafprozessrechts betrachtet.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die betreffenden Akten keine „Dateisysteme“ sind, greifen die speziellen Löschpflichten, die § 489 StPO für solche Systeme vorsieht, für die von der Bürgerin beanstandeten Strafakten nicht.
  • Unterscheidung zwischen Tatsachenbehauptungen und Rechtsbewertungen im Datenschutzrecht (Allgemeines Rechtsprinzip)
    Datenschutzrechtliche Ansprüche auf Löschung oder Berichtigung beziehen sich primär auf unrichtige tatsächliche Angaben, nicht jedoch auf rechtliche Einschätzungen oder Bewertungen.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass die von der Bürgerin als „objektiv unwahr“ empfundenen Einträge, wie die Beauftragung eines Anwalts trotz Hartz-IV-Bezugs, eher rechtliche Bewertungen darstellten und keine konkret benannten, unrichtigen personenbezogenen Tatsachen, die einen Löschanspruch begründet hätten.
  • Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 114 Abs. 1 ZPO)
    Prozesskostenhilfe wird nur gewährt, wenn die beabsichtigte Klage eine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und die Partei die Kosten des Verfahrens nicht selbst tragen kann.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Bürgerin erhielt keine Prozesskostenhilfe, weil das Gericht ihre Klage bereits im Vorfeld als aussichtslos einstufte, da die rechtlichen Hürden für ihr Begehren zu hoch waren.

Das vorliegende Urteil


Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 16 E 885/23 – Beschluss vom 27.08.2025


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