Wiederholungstäter vor Gericht: Schwelmer Urteil nach gefährlicher Körperverletzung
Im Bereich des Strafrechts gibt es zahlreiche Delikte, die das Zusammenleben der Gesellschaft regeln und sicherstellen sollen. Ein zentrales Thema, das immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen ist, betrifft die Körperverletzung. Hierbei geht es um Handlungen, bei denen Personen physisch verletzt werden.
Das Urteil eines Amtsgerichts kann dabei auf verschiedenen Faktoren basieren, wie dem Vorleben des Angeklagten, der Schwere der Tat oder den Umständen, unter denen sie begangen wurde. Oftmals spielen auch Aspekte wie Bewährung, Vorsatz oder die Notwendigkeit einer Pflichtverteidigung eine Rolle. Ein Urteil in solchen Fällen ist das Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung all dieser Faktoren, wobei das Ziel stets darin besteht, Gerechtigkeit im Einklang mit dem geltenden Recht zu gewährleisten.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Der Angeklagte wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Urteil des Amtsgerichts Schwelm vom 13.10.2015: Der Angeklagte wird wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
- Die Freiheitsstrafe von einem Jahr wird zur Bewährung ausgesetzt.
- Ein bei der Tat sichergestelltes Handmesser des Angeklagten wird eingezogen.
- Der Adhähsionsantrag des Geschädigten M. wird wegen doppelter Rechtshängigkeit zurückgewiesen.
- Der Angeklagte, 1992 in Hagen geboren, hat bereits fünfmal strafrechtlich in Erscheinung getreten.
- Am 05.07.2014 verletzte der Angeklagte den Zeugen M. mit einem Faustschlag und einem Messer.
- Bei der Strafzumessung wurden sowohl mildernde als auch belastende Umstände berücksichtigt, einschließlich früherer Straftaten und Alkoholkonsum zum Tatzeitpunkt.
- Das Gericht erwartet, dass der Angeklagte in der Zukunft keine weiteren Straftaten begeht und sein Leben straffrei führt.
Übersicht
Ein aufsehenerregendes Urteil im Strafrecht
Am 13. Oktober 2015 fällte das Amtsgericht Schwelm ein Urteil, das im Bereich des Strafrechts für Aufsehen sorgte. Der Angeklagte, ein 1992 in Hagen geborener Mann, wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Doch was genau war vorgefallen?
Gewalttätiger Vorfall in Schwelm
Der Kern des Falles dreht sich um einen Vorfall, der sich am 5. Juli 2014 in Schwelm ereignete. Der Angeklagte versetzte dem Zeugen M. ohne rechtfertigenden Grund einen Faustschlag, der diesen in der linken Kopfhälfte zwischen Auge und Ohr traf. Doch damit nicht genug: Der Angeklagte zog ein Einhandmesser und fügte dem Zeugen eine etwa zwei Zentimeter lange Schnittverletzung am rechten Oberarm zu, die später mit vier Stichen genäht werden musste.
Die Vorstrafen des Angeklagten
Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der Schwere der Tat und den vorangegangenen Straftaten des Angeklagten. Laut Bundeszentralregisterauszug vom 15. September 2015 war der Angeklagte bereits fünfmal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Unter anderem wurde er wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt. Diese Vorstrafen, insbesondere die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung, spielten bei der aktuellen Verhandlung eine entscheidende Rolle.
Das Urteil und seine Begründung
Das Gericht musste die Zusammenhänge zwischen den früheren Straftaten des Angeklagten und der aktuellen Tat berücksichtigen. Die Feststellungen zur Tat basierten auf der teilweise geständigen Einlassung des Angeklagten sowie den glaubhaften Aussagen der Zeugen M., H. und T. Diese Zeugen bestätigten, dass der Zeuge M. vom Angeklagten mit einem Faustschlag und einem Messer verletzt wurde.
Das Gericht entschied, dass der Angeklagte sich der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat und verurteilte ihn gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Gericht sowohl mildernde als auch belastende Umstände. Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht sein Geständnis und die Tatsache, dass er die Tat bereute. Zudem war er zum Tatzeitpunkt alkoholisiert. Allerdings stand er zum Zeitpunkt der Tat bereits unter Bewährung, was gegen ihn sprach.
Die Freiheitsstrafe von einem Jahr wurde zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht äußerte die Erwartung, dass der Angeklagte in der Lage sein wird, in Zukunft ein straffreies Leben zu führen. Die Entscheidung, die Strafe zur Bewährung auszusetzen, basierte auf dem Eindruck, den der Angeklagte während der Hauptverhandlung hinterließ. Das Gericht ging davon aus, dass er durch das Strafverfahren ausreichend beeindruckt und von weiteren Straftaten abgeschreckt wurde.
Zusätzlich zu der Bewährungsstrafe wurde ein bei der Tat sichergestelltes Handmesser des Angeklagten eingezogen. Ein Adhähsionsantrag des Geschädigten M. wurde wegen doppelter Rechtshängigkeit zurückgewiesen, da bereits ein vollstreckbarer Mahnbescheid existierte.
Das Fazit dieses Urteils zeigt, dass das Gericht sowohl die Schwere der Tat als auch die individuellen Umstände des Angeklagten berücksichtigte. Es verdeutlicht die Bedeutung von Vorstrafen bei der Urteilsfindung und die Notwendigkeit, alle Aspekte eines Falles zu berücksichtigen, bevor ein Urteil gefällt wird.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was bedeutet ein Adhähsionsantrag im rechtlichen Kontext?
Ein Adhäsionsantrag ist ein rechtlicher Begriff, der im Kontext des deutschen Strafprozessrechts verwendet wird. Er bezieht sich auf die Möglichkeit, zivilrechtliche Ansprüche, die aus einer Straftat resultieren, direkt im Strafprozess geltend zu machen, anstatt sie in einem separaten zivilgerichtlichen Verfahren zu verhandeln. Dieses Verfahren wird als Adhäsionsverfahren bezeichnet und ist in den §§ 403 ff. der Strafprozessordnung (StPO) geregelt.
Der Adhäsionsantrag ist der erste Schritt zur Einleitung eines Adhäsionsverfahrens. Antragsberechtigt ist der Verletzte, also die Person, die behauptet, unmittelbar aus der Tat des Beschuldigten einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen ihn zu haben. Dies kann beispielsweise ein Schadensersatzanspruch sein. Der Antragsteller muss prozessfähig im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften sein, um einen wirksamen Adhäsionsantrag stellen zu können. Minderjährige müssen sich durch ihren gesetzlichen Vertreter vertreten lassen, geschäftsunfähige Personen durch einen rechtlichen Betreuer.
Das Adhäsionsverfahren wurde ursprünglich geschaffen, um der Justiz in Kriegszeiten eine doppelte Inanspruchnahme zur Feststellung desselben Sachverhalts im Strafverfahren und im Zivilprozess zu ersparen. Es dient den Opfern von Straftaten, die einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch ausgelöst haben. Die Adhäsion ermöglicht es, über diesen Anspruch im Strafverfahren mit zu entscheiden, statt ihn einem gesonderten Zivilprozess zu überlassen.
Es ist jedoch zu beachten, dass das Gericht die Entscheidung über einen Adhäsionsantrag ablehnen kann, wenn es der Meinung ist, dass der Antrag selbst unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die damit verbundene Verzögerung des Verfahrens als unzumutbar angesehen wird.
Trotz seiner Vorteile wird das Adhäsionsverfahren in der Praxis selten genutzt. Der prozentuale Anteil von Adhäsionsentscheidungen liegt im einstelligen Prozentbereich. Eine der größten Schwächen des deutschen Adhäsionsverfahrens ist, dass der Strafrichter die Entscheidung über einen Adhäsionsantrag aus Gründen ablehnen kann, die in weitem Umfang in seinem Ermessen liegen.
Welche Bedeutung hat § 56 Abs. 1 StGB im Zusammenhang mit der Bewährung?
§ 56 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) spielt eine zentrale Rolle im Kontext der Bewährung in Deutschland. Dieser Paragraph legt fest, dass das Gericht bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aussetzen kann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Die wichtigste Voraussetzung für die Bewilligung einer Strafaussetzung zur Bewährung ist die begründete Erwartung, dass der Verurteilte sich die Verurteilung zur Warnung dienen lässt und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Bei der zu treffenden Prognoseentscheidung ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, bei der namentlich die Persönlichkeit des Täters, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen sind, die von der Strafaussetzung für ihn zu erwarten sind.
Die Dauer der Bewährungszeit wird vom Gericht bestimmt und darf fünf Jahre nicht überschreiten und zwei Jahre nicht unterschreiten. Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden und wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
Sollte der Verurteilte während der Bewährungszeit eine Straftat begehen, kann die Bewährung widerrufen werden. In diesem Fall muss der Verurteilte die ursprünglich ausgesetzte Freiheitsstrafe tatsächlich verbüßen. Es ist zu betonen, dass die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung Aufgabe des Tatrichters ist und dass die Art der begangenen Straftat für die Frage der Strafaussetzung grundsätzlich ohne Bedeutung ist.
Das vorliegende Urteil
Amtsgericht Schwelm – Az.: 50 Ds-500 Js 454/14-274/14 – Urteil vom 13.10.2015
Der Angeklagte wird wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr kostenpflichtig verurteilt.
Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Der Adhähsionsantrag des Geschädigten M. wird wegen doppelter Rechtshängigkeit (vollstreckbarer Mahnbescheid existiert) zurückgewiesen.
Dass bei der Tat sichergestellte ein Handmesser des Angeklagten wird eingezogen.
Angewendete Vorschriften: §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 74 StGB
Gründe
(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz StPO)
I.
Der 1992 in Hagen geborene Angeklagte ist lediglich, lebt bei seiner Mutter und hat keine Kinder. Er ist bei den Unternehmen P. derzeit bis zum eine 30.10.2015 beschäftigt, wobei eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses angekündigt ist. Der Bewährungshelfer hat dargelegt, dass der Angeklagte auf ihn einen guten Eindruck mache, in gesicherten familiären Verhältnissen lebe und nach einem Kontaktabbruch im Mai 2015 nunmehr regelmäßig Kontakt hält.
Der Angeklagte ist ausweislich des Bundeszentralregisterauszuges vom 15.09.2015 Bytes fünfmal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Die hier relevanten Eintragungen lauten:
1.
Verurteilung des Amtsgerichts Schwelm vom 03.04.2012 wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe in Tateinheit mit Bedrohung und Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20 EUR.
2.
Verurteilung des Amtsgerichts Schwelm vom 26.02.2013 wegen Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 EUR, wobei eine andere Strafe einbezogen wurde.
3.
Verurteilung des Amtsgerichts Schwelm vom 30.01.2014 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung.
II.
Der Angeklagte versetzte am 05.07.2014 in Schwelm dem Zeugen M. ohne rechtfertigenden Grund einen Faustschlag, der diesen in der linken Kopfhälfte zwischen Auge und Ohr traf. Sodann öffnete er ein Einhandmesser, mit dem er dem Zeugen eine ca. zwei Zentimeter lange Schnittverletzung am rechten Oberarm beibrachte, die mit vier Stichen genäht werden musste.
III.
Zu seinen persönlichen Verhältnissen hat sich der Angeklagte so eingelassen wie festgestellt.
Die Feststellungen zu den früheren Strafverfahren des Angeklagten ergeben sich aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszug.
Die Feststellungen zur Tat ergeben sich aus der teilweise geständigen Einlassung des Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung, an deren Wahrheitsgehalt zu zweifeln keine Veranlassung besteht. Soweit der Angeklagte angibt, ein Leck Aufgrund massiven Alkoholkonsums gehabt zu haben, in dem sich die Feststellungen aus den glaubhaften Aussagen der glaubwürdigen Zeugen M., H. und T..
Die 3 Zeugen gaben, wenn auch mit aufgrund des Alkoholkonsums anlässlich eines Deutschlandspiels im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft und Zeitablaufs vorliegenden Erinnerungslücken, an, dass der Zeuge M. vor dem Angeklagten mit einem Faustschlag und einem Messer verletzt wurde. Wenngleich der Beginn der Streitigkeiten und der exakte Ablauf unklar sind, konnten sich die Zeugen nachvollziehbar an diese Ausschnitte erinnern.
IV.
Der Angeklagte hat sich durch die festgestellten Taten der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht; strafbar gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
V.
Im Rahmen der Strafzumessung waren folgende Umstände maßgeblich:
Der Strafrahmen hinsichtlich der gefährlichen Körperverletzung war dem § 224 StGB zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht.
Zu Gunsten des Angeklagten hat das Gericht gewürdigt, dass der Angeklagte sich hinsichtlich aller Taten geständig eingelassen hat, soweit es ihm möglich war und er die Taten offensichtlich bereut. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sich der Angeklagte entschuldigt hat. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt nicht unwesentlich alkoholisiert war.
Zu seinen Lasten war die einschlägige Straftat zu berücksichtigen, hinsichtlich derer er unter Bewährung steht.
Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hielt das Gericht die Verhängung folgende Strafe für tat- und schuldangemessen:
Freiheitsstrafe von einem Jahr
Gemäß § 56 Abs. 1 StGB konnte die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Das Gericht hat die Erwartung, dass der Angeklagte in Zukunft genügend Stabilität erreichen wird, um auch ohne die Begehung weiterer Straftaten sein Leben meistern zu können. Nach Durchführung der Hauptverhandlung und dem persönlichen Eindruck, den der Angeklagte im Hauptverhandlungstermin hinterlassen hat, geht das Gericht davon aus, dass dieser hinreichend durch das Strafverfahren beeindruckt und von der Begehung weiterer Straftaten abgeschreckt ist.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464 ff. StPO.