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Betäubungsmitteldelikt – Bestellung im Internet

AG Freiburg (Breisgau) – Az.: 28 Ds 620 Js 19369/16 – Beschluss vom 10.03.2017

Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten trägt die Staatskasse.

Gründe

I.

Dem Angeschuldigten wird mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 10.11.2016 vorgeworfen, im Zeitraum 09.10.2012 bis 04.08.2013 unter dem Accountnamen „b“ auf der Internetplattform „The Silk Road anonymous marketplace“ in 20 Fällen Betäubungsmittel bei verschiedenen Verkäufern bestellt zu haben. In den Fällen Ziff. 8, 17 und 18 soll der Ange schuldigte bei W. bestellt haben, der das Pseudonym „N.W.“ benutzte. In den übrigen Fällen soll bei Personen bestellt worden sein, deren Klarnamen nicht bekannt sind. In den Fällen Ziffer 4, 5, 6 sollen die Betäubungsmittel aus unbekannten Gründen nicht an den Angeschuldigten ausgeliefert worden sein. In den übrigen Fällen soll eine Auslieferung an die damalige Anschrift des Angeschuldigten in der K.-Straße in F. erfolgt sein. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den An geklagten des vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 17 Fällen (Ziff. 1.-3. und 7.-20.) und des versuchten unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (Ziff. 4.-6.).

Aus dem wesentlichen Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft ergibt sich folgendes: Aus den Kundendaten des getrennt verfolgten und bereits wegen Betäubungsmittelverkäufen über die Plattform Silk Road rechtskräftig verurteilten W. sei zu entnehmen, dass sich unter dem Pseudonym „b“ der Angeschuldigte verberge. Der Angeschuldigte ist mit Name und der Anschrift K.-Straße in den Kundendaten des W. erfasst.

Aus den von den Ermittlungsbehörden ausgewerteten Silkroad-Transaktionsdaten ergeben sich die übrigen unter dem Pseudonym „b“ erfassten Transaktionen.

Die verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittel seien nicht sichergestellt worden.

Der Angeschuldigte hat bislang keine Angaben zur Sache gemacht.

II.

Es besteht hinsichtlich der Anklagepunkte Ziffer 1.-20. kein hinreichender Tatverdacht im Sinne des § 203 StPO.

1.

Betäubungsmitteldelikt - Bestellung im Internet
(Symbolfoto: Von GolF2532/Shutterstock.com)

Der unter Ziffern 4, 5 und 6 der Anklage dargestellte Sachverhalt stellt nach Auffassung des Gerichts schon kein strafbares Verhalten dar, sondern – die Nachweisbarkeit vorausgesetzt – eine straflose Vorbereitungshandlung. Beim Erwerb von Betäubungsmitteln ist die Grenze von der Vorbereitungshandlung zum Versuch dann überschritten, wenn nach dem Tatplan der Abschluss des Geschäfts im engeren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zu den Verhandlungen unmittelbar in die Übertragung der Verfügungsmacht an den Betäubungsmitteln einmünden soll. Das Verpflichtungsgeschäft eines Konsumenten ohne Erfüllungsgeschäft ist bloße Vorbereitung des Erwerbs und noch kein Versuch (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtmG, 8.A. 2016, § 29 Teil 10 Rn. 36f).

Die bloße Bestellung in den Fällen Ziffern 4., 5. und 6. stellt deshalb kein strafbares Verhalten dar. Weshalb auf die vorgeworfenen Bestellungen keine Auslieferung erfolgte, ist nicht bekannt. Mithin ist unklar bzw. kann nicht aufgeklärt werden, ob der Verkäufer die Bestellung bereits abgesendet hatte und die Grenze der straflosen Vorbereitungshandlung überschritten gewesen sein könnte. Da nach dem Ermittlungsergebnis bei den Ziffern 4., 5. und 6. nicht bekannt ist, welche Personen sich hinter den Verkäufer-Pseudonymen verbergen, bestehen auch keine Ermittlungsansätze zu einer weiteren Aufklärung.

2.

In den übrigen Fällen Ziff. 1.-3. und 7.-20. ist bei vorläufiger Tatbewertung eine Verurteilung des Angeschuldigten nicht wahrscheinlich. Nach Aktenlage wird der Angeschuldigte bei den gegebenen Beweismöglichkeiten wahrscheinlich nach dem Grundsatz in dubio pro reo freizusprechen sein.

Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis liegen zwar erhebliche Indizien dafür vor, dass es sich bei dem Angeklagten um diejenige Person handelt, die sich hinter dem Pseudonym „b“ verbirgt. Dies ergibt sich aus den Kundendaten des W. und dem Umstand, dass der Angeschuldigte im Tatzeitraum unter der in den Kundendaten enthaltenen Anschrift K.-Straße gemeldet war.

Nach Aktenlage ist jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit nachweisbar, dass die bestellten Betäubungsmittel tatsächlich versendet und geliefert wurden und die Grenze zum strafbaren Versuch bzw. zur vollendeten Tat überschritten wurde. Es kann für jeden Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass es gar nicht zu einer Versendung des bestellten Rauschgifts kam.

Die Betäubungsmittel wurden nicht sichergestellt. Es gibt keine Belege eines Postunternehmens zu den Lieferungen. Soweit die Verkäufer mehrheitlich nicht identifiziert bzw. die Personalien nicht bekannt sind, kann weder anhand der Vernehmung der Verkäufer noch anhand einer Auswertung ihrer Kundendaten nachvollzogen werden, ob die Ware versendet und geliefert wurde. Dass die Transaktionen in den Silkroad-Transaktionsdaten als abgeschlossen aufgeführt sind, ist kein hinreichend sicherer Nachweis für eine tatsächliche Versendung und Lieferung der Betäubungsmittel.

In den Fällen Ziffer 8, 17 und 18 bestehen zwar grundsätzlich denkbare Aufklärungsmöglichkeiten durch die Vernehmung des namentlich bekannten Verkäufers W. und die Auswertung seiner Daten. Ausweislich des Ermittlungsberichts des KHK V. vom 07.08.2015, AS 21, kann aber dennoch nicht mit hinreichender Sicherheit nachvollzogen werden, ob jede einzelne Bestellung zur Versendung gelangte. So wird unter Ziffer 4 „Transaktionen des „N.W.“ auf Silkroad 1.0″ (AS 27) festgestellt: „Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil der 2748 Transaktionen an die Besteller aus den Kundendaten versandt wurde, da W. in seiner Vernehmung am 14.04.2015 angab, erst ab Mai oder Juni 2013 auch auf anderen Plattformen verkauft zu haben.“

Mithin kann zu Gunsten des Angeschuldigten, der bislang von seinem Schweigerecht Gebrauch macht, bei jeder einzelnen Bestellung nicht ausgeschlossen werden, dass es – aus welchen Gründen auch immer – zu keiner Versendung kam und das Stadium einer straflosen Vorbereitungshandlung nicht überschritten war, zumal die unter Ziffern 17. und 18. genannten Bestellungen vom 28.06.2013 und 04.07.2013 gerade in die Zeit ab Mai oder Juni 2013 fallen, in denen W. zusätzlich auch über andere Plattformen verkaufte.

III.

Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher gemäß § 204 Abs. 1 StPO aus tatsächlichen Gründen abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 StPO.

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