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Begründungsanforderungen an die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: (2) 53 Ss 133/19 (48/19) – Beschluss vom 28.11.2019

1. Auf die Revisionen des Angeklagten wird das Urteil der 5. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Juni 2019 im Rechtsfolgenausspruch mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an eine andere Strafkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) zurückverwiesen.

2. Die sofortige Beschwerde gegen die im Urteil des Landgerichts getroffene Kostenentscheidung und die Beschwerde gegen den Bewährungsbeschluss des Landgerichts vom 13. Juni 2019 sind gegenstandslos.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Fürstenwalde/Spree verhängt gegen den Angeklagten durch Urteil vom 7. August 2018 wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung eine Freiheitsstrafe von acht Monaten. Auf die Berufung des Angeklagten hiergegen erkannte das Landgericht Frankfurt (Oder) durch Urteil vom 13. Juni 2019 wegen Sachbeschädigung auf eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von vier Monaten.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagten Revision eingelegt, mit der er das Verfahren und die Verletzung materiellen Rechts beanstandet.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beantragt, das angefochtene Urteil auf die Revision des Angeklagten im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen und die Revision im Übrigen als unbegründet zu verwerfen.

II.

1. Die Revision ist zulässig und hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch.

Die weitergehende Revision dagegen ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Verfahrensrügen dringen aus den von der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg in der Stellungnahme vom 30. Oktober 2019 zutreffend dargelegten Gründen nicht durch. Die aufgrund der Sachrüge veranlasste Überprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs keine materiell-rechtlichen Fehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

Das angefochtene Urteil unterliegt jedoch der Aufhebung im Strafausspruch, weil sich das Landgericht bei seiner Entscheidung über die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe mit den insoweit geltenden Voraussetzungen nur unzureichend auseinandergesetzt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat sich hierzu u.a. wie folgt geäußert:

Begründungsanforderungen an die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe
(Symbolfoto: Von Joyseulay/Shutterstock.com)

„Nach § 47 Abs. 1 StGB darf eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten nur verhängt werden, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Die Sanktionsentscheidung nach § 47 Abs. 1 StGB bedarf – dem Ausnahmecharakter der Norm entsprechend – einer besonderen und eingehenden Begründung (vgl. OLG Naumburg StraFo 2012, 285; KG StV 2007, 35). Aus den Urteilsgründen muss nachvollziehbar hervorgehen, dass sich die Sanktion bei Gesamtwürdigung der die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar erweist (vgl. BGH StV 2003, 485). Erforderlich ist die umfassende Feststellung und erschöpfende Würdigung aller tat- und täterbezogenen Umstände, die unter Beachtung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses für und gegen die Unverzichtbarkeit einer freiheitsentziehenden Einwirkung sprechen (vgl. BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 7; OLG Naumburg StraFo 2012, 285; HansOLG Hamburg StV 2000, 353) Dies gilt umso mehr, wenn die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird (vgl. BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 1; HansOLG Hamburg StV 2000, 353).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann das angegriffene Urteil keinen Bestand haben. Die Strafzumessungserwägungen sind lückenhaft. Die Ausführungen der Kammer zu den Voraussetzungen des § 47 StGB beschränken sich darauf, dass die erhebliche Vorstrafenbelastung des Angeklagten das Vorliegen besonderer Umstände gemäß § 47 Abs. 1 StGB begründet und die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Angeklagten unerlässlich machen. Die Urteilsgründe lassen die erforderliche umfassende Feststellung und erschöpfende Würdigung aller tat- und täterbezogenen Umstände vermissen. Die Berufungskammer hat sich insbesondere im Rahmen der Erörterung der Unerlässlichkeit nicht damit auseinandergesetzt, ob die von ihr anlässlich der Frage der positiven Sozialprognose vorgenommenen Erwägungen zur persönlichen Situation des Angeklagten trotz der Vielzahl und Einschlägigkeit der Vorstrafen des Angeklagten die Unerlässlichkeit der Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe entfallen lassen (vgl. dazu BGH StV 2003, 485; OLG Zweibrücken StV 1992, 323; OLG Frankfurt am Main StV 1995, 27, 28 f.; KG, Beschlüsse vom 31.07.2007 – [3] 1 Ss 178/07 [59/07] – und 04.11.2008 – [4] 1 Ss 375/08 [249/08] – juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 13.08.2015 – 2 Rv 94/15 – juris).“

Diese Einschätzung der Sach- und Rechtslage ist zutreffend und wird vom Senat geteilt.

Da nicht auszuschließen ist, dass das Urteil auf dem Erörterungmangel beruht, bedarf es zum Strafausspruch einer erneuten tatgerichtlichen Entscheidung.

2. Soweit der Angeklagte darüber hinaus den Bewährungsbeschluss des Landgerichts vom 13. Juni 2019 beanstandet, ist sein Rechtsmittel als Beschwerde auszulegen, die im Hinblick auf die Entscheidung des Senats über die Revision gegenstandslos geworden ist. Entsprechendes gilt hinsichtlich der sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil.

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