Oberlandesgericht Brandenburg: Akteneinsicht für Nebenkläger auch bei schweren Straftaten
Das Recht auf Akteneinsicht stellt im Strafprozessrecht ein wesentliches Element dar, um die Wahrung der Rechte aller Prozessbeteiligten zu garantieren. Insbesondere für Nebenkläger, die häufig Opfer einer Straftat sind, eröffnet die Akteneinsicht eine bedeutsame Möglichkeit, sich umfassend über den Stand des Verfahrens und die gegen den Angeschuldigten erhobenen Vorwürfe zu informieren. Dieser Zugang zu den Verfahrensakten ermöglicht es Nebenklägern, ihre Interessen im Rahmen des Strafverfahrens effektiver zu vertreten und eine aktive Rolle im Prozess der Wahrheitsfindung und Gerechtigkeitsausübung einzunehmen.
Gleichzeitig birgt die Gewährung der Akteneinsicht für Nebenkläger auch Herausforderungen. Die Abwägung zwischen dem Interesse der Nebenkläger an einer umfassenden Information und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Angeschuldigten, insbesondere in Bezug auf sensible Daten, stellt eine rechtliche Gratwanderung dar. Diese Spannung wird besonders relevant, wenn die Inhalte der Akten potenziell die Integrität des Strafverfahrens beeinträchtigen könnten, beispielsweise durch eine Beeinflussung von Zeugenaussagen.
In diesem Kontext ist die Frage der Zulässigkeit und des Umfangs der Akteneinsicht für Nebenkläger von zentraler Bedeutung. Sie berührt fundamentale Grundsätze des Strafrechts, wie das Fairnessgebot im Strafverfahren, den Opferschutz sowie die Rechte der Verteidigung. Die juristische Auseinandersetzung mit dieser Thematik erfordert eine differenzierte Betrachtung und eine sorgfältige Interessenabwägung, die sowohl die Rechte des Angeschuldigten als auch die des Nebenklägers berücksichtigt.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigt das Recht auf Akteneinsicht für Nebenkläger im Strafprozess und betont die Bedeutung der Balance zwischen Opferschutz und den Rechten des Angeschuldigten.
Liste der zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Ablehnung der Beschwerde: Das OLG Brandenburg hat die Beschwerde des Angeschuldigten gegen den Beschluss des Landgerichtes Neuruppin abgewiesen.
- Kostentragung: Der Angeschuldigte muss die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin tragen.
- Anklage wegen schwerer Straftaten: Dem Angeschuldigten wird vorgeworfen, mehrere Vergewaltigungen begangen zu haben.
- Status der Geschädigten: Die Geschädigte, die Ehefrau des Angeschuldigten, hat sich als Nebenklägerin dem Verfahren angeschlossen.
- Gewährung der Akteneinsicht: Das Gericht hat der Nebenklägerin über ihren Verletztenbeistand Akteneinsicht gewährt.
- Interessenabwägung: Das Gericht wägt die Interessen der Nebenklägerin gegen die schutzwürdigen Interessen des Angeschuldigten ab.
- Bedeutung der Akteneinsicht: Die Entscheidung unterstreicht die Wichtigkeit der Akteneinsicht für Nebenkläger zur effektiven Wahrnehmung ihrer Rechte.
- Keine Gefährdung der Untersuchung: Das Gericht sieht keine Beeinträchtigung des Untersuchungszwecks durch die Akteneinsicht.
Übersicht
Die Relevanz der Akteneinsicht für Nebenkläger im Strafprozess
Im Zentrum des aktuellen Urteils des Oberlandesgerichts Brandenburg, Aktenzeichen 1 Ws 141/23, steht die Akteneinsicht für Nebenkläger im Strafrecht. Der Fall betrifft einen Angeschuldigten, der von der Staatsanwaltschaft Neuruppin beschuldigt wird, im Zeitraum von Januar bis November 2019 zehn Vergewaltigungen begangen zu haben, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung. Die Geschädigte, die Ehefrau des Angeschuldigten, hat sich als Nebenklägerin dem Verfahren angeschlossen. Dieses Vorgehen wirft wesentliche Fragen bezüglich der Rechte von Nebenklägern und des Umgangs mit sensiblen Daten im Strafprozess auf.
Der rechtliche Kontext und die Herausforderung des Falles
Eine Kernherausforderung in diesem Fall war die Gewährung der Akteneinsicht an die Nebenklägerin. Der stellvertretende Vorsitzende der Strafkammer des Landgerichts Neuruppin hatte der von der Nebenklägerin beauftragten Rechtsanwältin Einsicht in die Akten gewährt. Die Akteneinsicht stellt eine sensible Frage im Strafrecht dar, da sie das Spannungsfeld zwischen den Rechten der Nebenkläger und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Angeschuldigten berührt. Der Angeschuldigte legte gegen den Beschluss Beschwerde ein, die jedoch vom OLG Brandenburg abgewiesen wurde.
Die Entscheidungsgründe des Gerichts
Das OLG Brandenburg entschied, dass die Beschwerde des Angeschuldigten unbegründet sei. Nach § 406 e Abs. 1 StPO hat die Verletzte über ihre Rechtsanwältin einen Anspruch auf umfassende Einsicht in die Verfahrensakten, auch ohne Darlegung eines berechtigten Interesses. Das Gericht wog die Interessen der Betroffenen gegeneinander ab und kam zu dem Schluss, dass das Interesse der Nebenklägerin, den vollständigen Akteninhalt kennenzulernen, von hohem Gewicht ist. Zudem sah das Gericht keine Gefährdung des Untersuchungszwecks durch die Akteneinsicht, da die Rechtsanwältin der Nebenklägerin versichert hatte, ihrer Mandantin weder die Akte samt Gutachten zur Verfügung zu stellen noch ihr Inhalte zur Kenntnis zu geben.
Auswirkungen des Urteils auf die Rechtspraxis
Das Urteil des OLG Brandenburg unterstreicht die Bedeutung des Rechts auf Akteneinsicht für Nebenkläger im Strafrecht. Es setzt einen wichtigen Präzedenzfall für den Umgang mit sensiblen Daten und den Schutz der Rechte von Nebenklägern, insbesondere in Fällen schwerer Straftaten. Die Entscheidung betont, dass die Wahrung der Rechte der Nebenkläger und die Gewährleistung eines fairen Verfahrens für alle Beteiligten von zentraler Bedeutung sind. Dieser Fall zeigt deutlich, dass im Strafrecht ein sorgfältiger Ausgleich zwischen den Rechten der Nebenkläger und den Beschuldigten gefunden werden muss, um eine gerechte und effektive Rechtsprechung zu gewährleisten.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was bedeutet Akteneinsicht im Strafprozess?
Akteneinsicht im Strafprozess bezieht sich auf das Recht eines Beschuldigten oder seines Rechtsanwalts, Einsicht in die Ermittlungsakten zu nehmen, die im Rahmen eines Strafverfahrens geführt werden. Dieses Recht ist von zentraler Bedeutung, da es dem Beschuldigten ermöglicht, sich über den Stand der Ermittlungen zu informieren und auf Augenhöhe mit den Strafverfolgungsorganen agieren und reagieren zu können.
Während des Ermittlungsverfahrens hat die Staatsanwaltschaft die Aktenhoheit und entscheidet grundsätzlich nach eigenem Ermessen darüber, ob, wann und in welchem Umfang sie dem Verteidiger die Akten zur Einsichtnahme herausgibt. Nach Erhebung einer Anklage ist das Gericht bzw. der Vorsitzende Richter zuständig, darüber zu entscheiden, an wen und wie die Strafakten herausgegeben werden.
Der Kreis derjenigen, die ein Recht auf Akteneinsicht im Strafverfahren haben, ist begrenzt. Das Akteneinsichtsrecht kann nach § 147 Abs. 1 StPO vom Verteidiger oder nach § 147 Abs. 4 Satz 1 StPO vom unverteidigten Beschuldigten in allen Stadien des Strafverfahrens durch Antrag wahrgenommen werden. Auch Opfer von Straftaten können im Rahmen einer Nebenklage über ihren Anwalt Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen. Für den Verletzten ergibt sich das Recht auf Akteneinsicht aus § 406e StPO.
Die Akteneinsicht dient dem Strafverteidiger in erster Linie zur Informationsbeschaffung und zur Ausarbeitung der Verteidigungsstrategie. Entscheidende Weichenstellungen werden im Rahmen einer effektiven Strafverteidigung bereits vor Anklageerhebung gestellt. Stellungnahmen des Strafverteidigers im Ermittlungsverfahren sollten ausschließlich nach gewährter Akteneinsicht erfolgen und können in vielen Fällen zur Einstellung des Verfahrens führen.
Das vorliegende Urteil
OLG Brandenburg – Beschluss vom 13.09.2023 – Az.: 1 Ws 141/23
Die Beschwerde des Angeschuldigten gegen den Beschluss des Landgerichtes Neuruppin vom 04. August 2023 wird als unbegründet verworfen.
Der Angeschuldigte hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenklägerin zu tragen.
Gründe
I.
Dem Angeschuldigten wird mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Neuruppin vom 13. April 2023 vorgeworfen, zum Nachteil der Nebenklägerin im Zeitraum vom Januar 2019 bis Ende November 2019 in zehn Fällen eine Vergewaltigung, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, begangen zu haben. Bei der Geschädigten handelt es sich um die Ehefrau des Angeschuldigten. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist noch nicht entschieden.
Die Geschädigte hat am 12. Juni 2020 ihren Anschluss als Nebenklägerin erklärt. Mit Beschluss vom 23. November 2020, Az.: 89 Gs 1797/20 hat das Amtsgericht Neuruppin der Verletzten einen Verfahrensbeistand gemäß § 406 h StPO bestellt (Bl. 79 d. A.). Am 04. Mai 2023 hat die zum Verletztenbeistand bestellte Rechtsanwältin Akteneinsicht beantragt. Unter dem 15. Juni 2023 hat die als Verletztenbeistand tätige Rechtsanwältin erklärt, sie werde nach Absprache mit der Verletzten dieser weder die Akte samt Gutachten zur Verfügung stellen noch ihr Inhalte zur Kenntnis geben. Die begehrte Akteneinsicht hat der stellvertretende Vorsitzende der Strafkammer mit Entscheidung vom 04. August 2023 bewilligt, allerdings deren tatsächliche Gewährung für den Fall der Beschwerdeerhebung bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichtes zurückgestellt. Der gegen den Beschluss gerichteten Beschwerde des Angeschuldigten vom 09. August 2023, die mit dem anwaltlichen Schriftsatz vom 14. August 2023 begründet wurde, hat der stellvertretende Vorsitzende der Strafkammer mit Vermerk vom 17. August 2023 nicht abgeholfen.
Die Akten sind unter dem 17. August 2023 zur Entscheidung über die Beschwerde des Angeschuldigten gegen den Beschluss des Landgerichtes Neuruppin vom 04. August 2023 an das Brandenburgische Oberlandesgericht übersandt worden und dort am 04. September 2023 eingegangen.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat beantragt, die Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 04. August 2023 als unbegründet zu verwerfen. Der Angeschuldigte hatte Gelegenheit zur Stellungnahme, wovon er Gebrauch gemacht hat.
II.
1.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 304 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 406 e Abs. 5 Satz 4 StPO statthaft, denn die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen abgeschlossen und Anklage erhoben.
2.
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
a)
Die Verletzte hat gemäß § 406 e Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 StPO über ihre Rechtsanwältin auch ohne Darlegung eines berechtigten Interesses einen Anspruch auf umfassende Einsicht in die Verfahrensakten, denn es liegt ein in § 395 StPO genannter Fall vor. Die Verletzte ist laut der Anklage vom 13. April 2023 durch rechtswidrige Taten nach §§ 177 und 223 StGB verletzt, so dass sie sich nach § 395 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StPO der öffentlichen Klage mit der Nebenklage anschließen kann. Es steht lediglich die Entscheidung des Gerichtes über die Befugnis zum Anschluss aus.
b)
Es ist nicht zu beanstanden, dass der stellvertretende Vorsitzende der Strafkammer die beantragte Akteneinsicht gewährt und nicht nach § 406 e Abs. 2 StPO abgelehnt hat.
aa)
Nach § 406 e Abs. 2 Satz 1 StPO ist die Einsicht in die Akten zu versagen, soweit überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen. Bei der Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht sind daher die Interessen der Betroffenen gegeneinander abzuwägen. Vorliegend sind bei der Abwägung insbesondere die Schwere der gegen den Angeschuldigten erhobenen Tatvorwürfe und der Umstand zu berücksichtigen, dass angesichts der Erhebung der öffentlichen Klage ein erheblicher Verdachtsgrad gegen ihn besteht. Hiernach kommt dem Interesse der mutmaßlichen Verletzten und künftigen Nebenklägerin, den vollständigen Akteninhalt kennenzulernen, ein hohes Gewicht zu. Besonders sensible Daten des Angeschuldigten, wie sie etwa in medizinischen oder psychiatrischen Gutachten enthalten sein können, sind vorliegend nicht Aktenbestandteil; der den Angeschuldigten betreffende Auszug aus dem Bundeszentralregister enthält einige Eintragungen bezüglich Vorstrafen sowie Suchvermerke, allerdings wird er ohnehin im Falle der Eröffnung des Hauptverfahrens Gegenstand der mündlichen Erörterung in der Hauptverhandlung. Soweit Zeugen genannt sind, enthält die Akte keine sensiblen Daten, die über die Schilderung der dem Angeschuldigten zur Last gelegten Straftaten hinausgehen.
bb)
Ein Versagungsgrund nach § 406 e Abs. 2 Satz 2 StPO besteht ebenso wenig. Nach dieser Vorschrift kann dem Berechtigten die Akteneinsicht versagt werden, soweit der Untersuchungszweck gefährdet erscheint. Eine Gefährdung des Untersuchungszwecks kann angenommen werden, wenn zu befürchten ist, dass bei Gewährung der Akteneinsicht die Sachaufklärung beeinträchtigt wird, weil etwa – wie hier vom Verteidiger insbesondere im Hinblick auf das erstellte aussagepsychologische Gutachten geltend gemacht – die Kenntnis der Verletzten vom Akteninhalt die Zuverlässigkeit und den Wahrheitsgehalt einer von ihr noch zu erwartenden Zeugenaussage beeinträchtigen kann (vgl. KG, NStZ 2016, 438; OLG Braunschweig, NStZ 2016, 629). Allein die Rolle der Verletzten als Zeugin in dem anhängigen Strafverfahren und die deshalb durch das Akteneinsichtsrecht grundsätzlich eröffnete Möglichkeit einer „Präparierung“ ihrer Aussage anhand des Akteninhalts reicht für eine Versagung der Akteneinsicht nicht aus (vgl. Beschluss des Senates vom 06. Juli 2020, Az.: 1 Ws 81/20; Hanseatisches OLG Hamburg, NStZ 2015, 105). Denn zum einen geht mit der Wahrnehmung des gesetzlich eingeräumten Akteneinsichtsrechts nicht typischerweise eine Entwertung des Realitätskriteriums der Aussagekonstanz einher (vgl. BGH, NStZ 2016, 367; OLG Braunschweig NStZ 2016, 629). Zum anderen würde durch die generalisierende Annahme, dass mit der Akteneinsicht durch den Verletztenbeistand die Glaubhaftigkeit der Angaben eines Verletzten stets in besonderer Weise in Zweifel zu ziehen sei, seine freie Entscheidung, Akteneinsicht zu beantragen, beeinträchtigt werden; gerade denjenigen, die Opfer einer Straftat geworden sind, würden damit die Schutzfunktionen der §§ 406 d f. StPO entzogen (vgl. BGH, a.a.O.; der Senat a.a.O.; KG, NStZ 2016, 438; KG, Beschluss vom 21. November 2018, Az.: 3 Ws 278/18, juris; OLG Düsseldorf, StV 1991, 202).
Auch unter Berücksichtigung der vorliegenden Aussagekonstellation erscheint die Annahme eines geringen Grades der Gefährdung des Grundsatzes der Wahrheitsermittlung angesichts der von der als Verletzenbeistand tätigen Rechtsanwältin abgegebenen Zusicherung, ihrer Mandantin weder die Akte samt Gutachten zur Verfügung zu stellen noch ihr Inhalte zur Kenntnis zu geben, und der möglichen Vernehmung der Verletzten als Zeugin zu dieser Frage nicht ermessensfehlerhaft (vgl. der Senat a.a.O.; OLG Braunschweig, a.a.O.). Der Senat geht davon aus, dass Rechtsanwältin („Name 02“) als erfahrene Vertreterin der Nebenklage mit den erhöhten Anforderungen des Bundesgerichtshofes an die tatrichterliche Beweiswürdigung vertraut ist, wie sie in einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation auch in Bezug auf die Bedeutung der Konstanzanalyse gelten, und infolgedessen auch bemüht sein wird, den Beweiswert der Aussage ihrer Mandantin nicht zu reduzieren.
Zwar ist dem Beschwerdeführer insoweit zuzustimmen, dass die Einhaltung einer solchen Zusage weder erzwungen noch sanktioniert werden könnte. Die Einhaltung der Verzichtserklärung ist indes für das Tatgericht überprüfbar. Denn es kann und muss die Verletzte als Zeugin befragen. Anders als der Angeschuldigte, später möglicherweise der Angeklagte, ist die Verletzte und künftige Nebenklägerin als Zeugin zur Wahrheit verpflichtet und muss für den Fall einer Lüge mit einer erheblichen Strafe rechnen. Eine „Präpararation“ durch ihren Beistand anhand der aus der Akte gewonnenen Erkenntnissen, insbesondere des erstellten aussagepsychologischen Gutachtens dürfte einer erfahrenen Vernehmungsperson, zu denen Strafrichter zu zählen sind, in aller Regel nicht verborgen bleiben. Die mögliche Aktenkenntnis der künftigen Zeugin kann hiernach bei der Beweiswürdigung – soweit erforderlich – berücksichtigt werden (vgl. BGH, NJW 2005, 1519). Dabei dürfte es sich im Ergebnis eher zu Gunsten als zu Lasten des Angeklagten auswirken, wenn eine festgestellte Konstanz in der Aussage der Verletzten wegen einer vorherigen Akteneinsicht an Wert für die Beurteilung ihrer Angaben als richtig verliert.
c)
Eine Versagung der Akteneinsicht nach § 406 e Abs. 2 Satz 3 StPO wegen drohender erheblicher Verfahrensverzögerung kommt ersichtlich nicht in Betracht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.