Eine Frau täuschte einen Schlüsseldienst, um sich Zutritt zur Wohnung ihres Ex-Partners zu verschaffen und beging einen Wohnungseinbruchsdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung. Obwohl die Tat mit einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe geahndet wurde, sorgte ein Geständnis für eine überraschende Wende im Urteil.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Warum ein Wohnungseinbruchsdiebstahl nicht zwangsläufig ins Gefängnis führt
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Gilt Diebstahl in der Ex-Wohnung nach einer Trennung als Wohnungseinbruchsdiebstahl?
- Kann ich trotz Verurteilung wegen Wohnungseinbruchsdiebstahl noch eine Bewährungsstrafe erhalten?
- Welche „besonderen Umstände“ führen zur Bewährung bei über einem Jahr Haftstrafe?
- Zählt das Täuschen eines Schlüsseldienstes zur Zutrittsverschaffung juristisch als Einbruch?
- Wie beeinflussen ein Geständnis und Reue meine Strafzumessung bei schwerem Diebstahl?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 25 Ls 27/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Velbert
- Datum: 28.03.2025
- Aktenzeichen: 25 Ls 27/24
- Verfahren: Strafverfahren
- Rechtsbereiche: Strafrecht, Strafprozessrecht
- Das Problem: Eine Frau verschaffte sich nach der Trennung durch Täuschung Zutritt zur Wohnung ihres Ex-Partners. Sie entwendete Geld und Wertgegenstände und verursachte erhebliche Zerstörungen in der Wohnung.
- Die Rechtsfrage: Hat die Frau mit dem heimlichen Betreten der Ex-Wohnung und dem Diebstahl einen schweren Wohnungseinbruchsdiebstahl begangen und wie wird sie bestraft?
- Die Antwort: Ja, das Gericht sah die Tat als schweren Wohnungseinbruchsdiebstahl an. Sie wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
- Die Bedeutung: Der unrechtmäßige Zugang zu einer dauerhaft genutzten Wohnung, selbst unter Nutzung früherer Meldeadressen, gilt als Diebstahl mit erhöhtem Strafrahmen. Persönliche Umstände wie Reue, Schwangerschaft und ein straffreies Vorleben können eine Aussetzung der Strafe ermöglichen.
Warum ein Wohnungseinbruchsdiebstahl nicht zwangsläufig ins Gefängnis führt
Ein Wohnungseinbruch gilt als einer der gravierendsten Eingriffe in die Privatsphäre. Das Gesetz sieht dafür empfindliche Strafen vor. Doch was geschieht, wenn die Täterin die schwangere Ex-Partnerin ist, die sich in einem Akt der Verzweiflung und Wut mit einem Trick Zutritt zur ehemals gemeinsamen Wohnung verschafft? Das Amtsgericht Velbert musste in seinem Urteil vom 28. März 2025 (Az. 25 Ls 27/24) genau diese komplexe menschliche und juristische Gemengelage bewerten. Es fällte eine Entscheidung, die zeigt, wie das Strafrecht die Härte des Gesetzes mit einer individuellen Betrachtung der Lebensumstände in Einklang bringt und warum eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr dennoch zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Was war nach der Trennung genau passiert?
Die Beziehung zwischen der Angeklagten und ihrem Partner war zerbrochen. Sie war ausgezogen, hatte die Schlüssel zur gemeinsamen Eigentumswohnung zurückgegeben und damit, so sah es das Gericht, ihr Aufenthaltsrecht verloren. Obwohl sie offiziell noch dort gemeldet war und einige persönliche Gegenstände zurückgelassen hatte, war die Wohnung nun rechtlich gesehen sein alleiniges Reich.
An einem Tag, fast drei Jahre vor der Gerichtsverhandlung, fuhr die im siebten Monat schwangere Frau zu dieser Wohnung. Ihr Vorgehen war planvoll: Sie überklebte das Klingelschild mit ihrem eigenen Namen und rief einen Schlüsseldienst. Dem Mitarbeiter legte sie ihren Personalausweis vor. Die Meldeadresse stimmte, der Name auf der Klingel ebenso. Er öffnete ihr gutgläubig die Tür.
In der Wohnung entwendete die Angeklagte Bargeld in Höhe von insgesamt 1.845 Euro, diverse persönliche Unterlagen ihres Ex-Freundes, eine wertvolle Rolex-Uhr, eine Gabel und eine Mikrowelle. Einige Markenkleidungsstücke ihres Ex-Partners verschenkte sie kurzerhand an den Mitarbeiter des Schlüsseldienstes mit der Bemerkung, sie würden ihm nicht mehr passen. Ein unbekannter Helfer wartete währenddessen in einem Auto und nahm einen Teil der Beute entgegen.
Die Tat eskalierte jedoch über den reinen Diebstahl hinaus. In einem Wutanfall zertrümmerte die Frau das Kochfeld und mehrere Tische, schüttete Rotwein auf die Couch und riss Vorhänge herunter. Später verbrannte sie die gestohlenen Unterlagen und warf die Rolex in den Rhein. Die Tat hatte für sie unmittelbare Konsequenzen: Ihr damaliger Arbeitgeber kündigte ihr fristlos.
Vor Gericht legte die Angeklagte ein umfassendes und von Reue getragenes Geständnis ab. Sie bestritt die Kerntaten nicht, sondern schilderte ihre emotionale Ausnahmesituation nach der Trennung.
Welche Gesetze spielten hier die entscheidende Rolle?

Im Zentrum dieses Falles stehen mehrere zentrale Vorschriften des Strafgesetzbuches (StGB). Zunächst der Grundtatbestand des Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB. Dieser ist erfüllt, wenn jemand eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, sie sich rechtswidrig zuzueignen.
Der Fall wird jedoch durch § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB erheblich verschärft. Dieser Paragraph qualifiziert einen einfachen Diebstahl zu einem Wohnungseinbruchsdiebstahl. Das Gesetz schützt hier nicht nur das Eigentum, sondern in besonderem Maße den Frieden und die Sicherheit des persönlichen Lebensraums – der Wohnung. Der Strafrahmen erhöht sich dadurch drastisch. Entscheidend ist hier, dass der Täter zur Ausführung der Tat in eine Wohnung „einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält“.
Für besonders schwere Fälle sieht § 244 Abs. 4 StGB sogar eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vor, wenn der Diebstahl eine „dauerhaft genutzte Privatwohnung“ betrifft.
Für die Urteilsfindung ist schließlich die Strafzumessung nach § 46 StGB entscheidend. Dieses Gesetz gibt dem Gericht den Rahmen vor, innerhalb dessen es alle Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, abwägen muss.
Zuletzt spielt § 56 StGB eine wesentliche Rolle. Er regelt die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung. Bei Strafen von über einem Jahr, aber maximal zwei Jahren, setzt dies laut § 56 Abs. 2 StGB nicht nur eine Positive Sozialprognose voraus, sondern auch das Vorliegen „besonderer Umstände“.
Warum entschied das Gericht so – und nicht anders?
Das Gericht verurteilte die Frau wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, setzte die Vollstreckung dieser Strafe aber zur Bewährung aus. Diese auf den ersten Blick widersprüchlich wirkende Entscheidung ist das Ergebnis einer präzisen juristischen Abwägung.
Galt die Täuschung des Schlüsseldienstes als Einbruch?
Das Gericht bejahte dies eindeutig. Der Tatbestand des Einbruchs erfordert nicht zwangsläufig das Aufhebeln eines Fensters. § 244 StGB erfasst auch das Eindringen mittels eines „anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeugs“ oder – wie hier – das Sich-Zutritt-Verschaffen durch Täuschung. Indem die Angeklagte den Schlüsseldienstmitarbeiter über ihre Zutrittsberechtigung täuschte, machte sie ihn unwissentlich zu ihrem Werkzeug. Aus Sicht des Gesetzes ist das Ergebnis dasselbe: Sie verschaffte sich widerrechtlich Zugang zu einem geschützten Raum. Die Tatsache, dass sie dort noch gemeldet war, änderte nichts daran. Mit der Rückgabe der Schlüssel hatte sie ihr Recht, die Wohnung zu betreten, aufgegeben.
Was sprach bei der Strafhöhe gegen die Angeklagte?
Die Richter sahen mehrere strafschärfende Aspekte. Zum einen der erhebliche Sachschaden, den sie durch die Verwüstungen in der Wohnung angerichtet hatte. Dieser ging weit über die eigentliche Wegnahme von Gegenständen hinaus und zeugte von einer hohen kriminellen Energie. Zum anderen wog die Tatsache schwer, dass sie persönliche und unwiederbringliche Dokumente ihres Ex-Freundes vernichtet hatte. Auch der beträchtliche Wert der gestohlenen Gegenstände, insbesondere der Rolex-Uhr, floss negativ in die Bewertung ein. Das planvolle Vorgehen, inklusive des Einsatzes eines Helfers, sprach ebenfalls gegen eine milde Beurteilung.
Welche Umstände sprachen für die Angeklagte?
Dennoch identifizierte das Gericht eine Reihe gewichtiger Milderungsgründe. An erster Stelle stand ihr glaubhaftes und umfassendes Geständnis. Ein solches Geständnis vereinfacht nicht nur das Verfahren, sondern wird vom Gericht als Zeichen von Reue und Verantwortungsübernahme gewertet. Weiterhin berücksichtigten die Richter, dass die Frau zuvor ein straffreies Leben geführt hatte. Die Tat war zudem das Ergebnis einer emotionalen Ausnahmesituation nach einer schmerzhaften Trennung. Das Gericht anerkannte, dass dies die Hemmschwelle für die Tat herabgesetzt hatte. Schließlich lag die Tat zum Zeitpunkt des Urteils bereits fast drei Jahre zurück, und die Angeklagte hatte in dieser Zeit gezeigt, dass sie ihr Leben geordnet hatte: Sie befand sich in einer festen, gut bezahlten Anstellung und erwartete ein Kind.
Warum wurde die Freiheitsstrafe trotz ihrer Höhe zur Bewährung ausgesetzt?
Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten ist keine Kleinigkeit. Das Gesetz verlangt für eine Bewährung in dieser Höhe nach § 56 Abs. 2 StGB „besondere Umstände“. Das Gericht sah diese hier als gegeben an. Es führte eine Gesamtschau aller mildernden Aspekte durch. Die Kombination aus dem aufrichtigen Geständnis, der langen straffreien Zeit seit der Tat, der emotionalen Drucksituation und vor allem der positiven Lebensentwicklung (fester Job, Schwangerschaft) bildete in der Summe diese besonderen Umstände. Die Richter gelangten zu der Überzeugung, dass die Angeklagte keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt und eine Inhaftierung ihre mühsam aufgebaute soziale und berufliche Existenz zerstören würde. Die Bewährungsstrafe erschien dem Gericht daher als das bessere Mittel, um sie von weiteren Straftaten abzuhalten.
Welche Lehren lassen sich aus diesem Urteil ziehen?
Dieses Urteil illustriert eindrücklich mehrere grundlegende Prinzipien des deutschen Strafrechts, die über den konkreten Fall hinausweisen. Es bietet Perspektive darauf, wie das Recht auf menschliche Tragödien reagiert, ohne seine schützende Funktion aufzugeben.
Die Entscheidung macht unmissverständlich klar, dass die rechtlichen Grenzen einer Wohnung absolut sind. Nach einer Trennung und der Rückgabe der Schlüssel wird die ehemals gemeinsame Wohnung zu einem fremden, geschützten Raum. Eine offizielle Meldeadresse oder zurückgelassene persönliche Gegenstände begründen kein Recht, sich eigenmächtig oder durch List Zutritt zu verschaffen. Das Gesetz schützt den Hausfrieden rigoros, unabhängig von der vorangegangenen persönlichen Beziehung der Beteiligten.
Gleichzeitig zeigt der Fall, dass Strafzumessung kein rein mechanischer Prozess ist. Das Gesetz schreibt keine starren Strafen vor, sondern gibt einen Rahmen, den der Richter mit Leben füllen muss. Gemäß § 46 StGB blickt das Gericht nicht nur auf die Tat, sondern auch auf den Täter als Mensch. Seine Lebensgeschichte, seine Motive und seine Entwicklung nach der Tat sind entscheidend für ein gerechtes Urteil. Die Schwangerschaft und die gefestigten sozialen Verhältnisse der Angeklagten waren hier nicht nur Nebensächlichkeiten, sondern zentrale Faktoren für die Prognose, dass sie keine weiteren Straftaten begehen wird – die wichtigste Voraussetzung für eine Bewährung.
Zuletzt unterstreicht das Urteil die enorme Bedeutung eines glaubwürdigen Geständnisses. Es ist mehr als nur ein prozessuales Manöver zur Strafmilderung. Für das Gericht ist es ein starkes Indiz dafür, dass der Täter die Unrechtmäßigkeit seines Handelns eingesehen hat und bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Diese Haltung ist oft der erste und wichtigste Schritt auf dem Weg zurück in ein straffreies Leben und kann, wie hier, den Ausschlag dafür geben, ob eine Gefängnistür offen oder geschlossen bleibt.
Die Urteilslogik
Das Strafrecht balanciert die rigide Verfolgung schwerer Straftaten mit der individuellen Betrachtung der emotionalen und sozialen Umstände des Täters aus.
- [Unrechtmäßiges Eindringen durch Täuschung]: Wer sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen der Hilfe eines Dritten (z. B. eines Schlüsseldienstes) bedient, um Zugang zu einem geschützten Raum zu erhalten, begeht ein Eindringen im Sinne des Wohnungseinbruchsdiebstahls.
- [Absolute Schutzgrenze der Wohnung]: Die Rückgabe von Wohnungsschlüsseln beendet das Aufenthaltsrecht, wodurch die ehemals gemeinsame Wohnung zu einem strafrechtlich geschützten, fremden Raum wird, unabhängig von der ehemaligen Beziehung.
- [Besondere Umstände der Bewährung]: Richter setzen selbst eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr zur Bewährung aus, wenn die Summe aus aufrichtigem Geständnis, emotionaler Ausnahmesituation bei der Tat und einer gefestigten positiven Sozialprognose die besonderen Umstände nach § 56 Abs. 2 StGB bejaht.
Die richterliche Strafzumessung verwirklicht die Gerechtigkeit dadurch, dass sie die zerstörerische Wucht der Tat nicht von der menschlichen Entwicklung des Täters trennt.
Benötigen Sie Hilfe?
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Experten Kommentar
Wer in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung einbricht, muss eigentlich mit dem Schlimmsten rechnen – aber dieses Urteil erinnert uns daran, dass das Strafrecht nie nur rückwärts schaut. Die wahre Lehre liegt hier nicht in der Bestätigung, dass die Täuschung des Schlüsseldienstes als Wohnungseinbruch gilt; diese juristische Abgrenzung ist konsequent und schützt den Hausfrieden kompromisslos. Entscheidend ist die immense Bedeutung der Zeit nach der Tat. Wenn jemand über Jahre hinweg ein glaubhaftes Geständnis ablegt und die Lebensumstände konsequent ordnet, kann diese positive Prognose selbst eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr zur Bewährung kippen. Das zeigt, dass selbst bei schweren Delikten der Wille zur Reue und ein stabiler Neuanfang im Zweifel mehr wiegt als die reine Härte des Gesetzes.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Gilt Diebstahl in der Ex-Wohnung nach einer Trennung als Wohnungseinbruchsdiebstahl?
Ja, der Diebstahl in der ehemals gemeinsamen Wohnung erfüllt den Tatbestand des Wohnungseinbruchsdiebstahls nach § 244 StGB. Sobald Sie die Schlüssel nach einer Trennung zurückgegeben haben, gilt die Wohnung juristisch als fremder, geschützter Raum. Ihr Aufenthaltsrecht ist mit dem Auszug und der Schlüsselübergabe erloschen. Dies gilt selbst dann, wenn Sie dort noch gemeldet sind oder persönliche Gegenstände zurückgelassen haben.
Das Gesetz schützt rigoros den Hausfrieden des aktuellen Bewohners, nicht die Eigentumsansprüche oder die Meldeadresse des Täters. Richter interessieren sich dabei nicht für die emotionale Vorgeschichte der Trennung. Entscheidend ist die juristische Qualifizierung der Wohnung als dauerhaft genutzte Privatwohnung. Jeder unbefugte Zutritt zu solch einem geschützten Raum in Diebstahlsabsicht qualifiziert die Tat. Der Gesetzgeber will den Schutz des privaten Lebensraumes absolut gewährleisten.
Die rechtliche Konsequenz des Wohnungseinbruchsdiebstahls ist erheblich, da es sich um eine Qualifikation des einfachen Diebstahls handelt. Für diese Tat droht gemäß § 244 Abs. 4 StGB eine erhöhte Mindeststrafe von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe. Die Argumentation, die Tat sei wegen des eigenen Eigentums gerechtfertigt gewesen, kann die Schwere des Delikts nicht mindern. Ein planvolles Vorgehen, etwa durch das Täuschen eines Schlüsseldienstes, verstärkt die strafrechtliche Bewertung zusätzlich.
Suchen Sie im Trennungs- oder Auszugsvertrag das Datum der formellen Schlüsselübergabe, um den Beginn des fremden Rechtsraumes genau zu dokumentieren.
Kann ich trotz Verurteilung wegen Wohnungseinbruchsdiebstahl noch eine Bewährungsstrafe erhalten?
Ja, eine Bewährungsstrafe ist auch bei einer Verurteilung wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls möglich, solange die verhängte Freiheitsstrafe zwei Jahre nicht überschreitet. Zwei Jahre sind die absolute Obergrenze für die Aussetzung. Erhält der Verurteilte eine Strafe zwischen einem und zwei Jahren, muss das Gericht allerdings strengere Voraussetzungen prüfen, da die Tat als besonders schwerwiegend gilt.
Für Strafen von über einem Jahr greift die Bewährung nicht mehr automatisch bei einer bloß positiven Prognose. Gemäß § 56 Absatz 2 des Strafgesetzbuches verlangt das Gericht zusätzlich das Vorliegen von besonderen Umständen. Diese Umstände müssen die Aussetzung der Vollstreckung zwingend erforderlich machen, um die Zielsetzung der Strafe nicht zu konterkarieren. Die Richter müssen darlegen, dass eine Inhaftierung eine bereits mühsam wieder aufgebaute Existenz oder wichtige soziale Bindungen des Täters mutwillig zerstören würde.
Die wichtigste Voraussetzung bleibt dennoch die positive Sozialprognose: Das Gericht muss sicher sein, dass der Täter zukünftig keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt und straffrei bleibt. Besondere Umstände ergeben sich oft aus der Kumulation mildernder Faktoren, wie einem aufrichtigen Geständnis, einer längeren straffreien Zeit nach dem Delikt oder nachweisbar gefestigten sozialen Verhältnissen. Die Begründung muss klar zeigen, dass der Täter die Unrechtmäßigkeit seiner Handlung eingesehen hat.
Dokumentieren Sie lückenlos alle Anstellungsnachweise, Mietverträge und positiven Entwicklungen seit der Tat, um Ihre gefestigten sozialen Verhältnisse belegen zu können.
Welche „besonderen Umstände“ führen zur Bewährung bei über einem Jahr Haftstrafe?
Die Hürde für eine Bewährungsstrafe bei einer Freiheitsstrafe zwischen einem und zwei Jahren ist bewusst hoch angesetzt. Gemäß § 56 Abs. 2 StGB verlangt das Gericht das Vorliegen besonderer Umstände, die die Aussetzung der Strafe zwingend erforderlich machen. Diese ergeben sich nicht aus einem einzelnen Faktor, sondern aus der positiven Gesamtschau gewichtiger mildernder Aspekte. Im Fokus steht dabei die Frage, ob der Täter in der Lage ist, sich auch ohne die Erfahrung der Haft künftig straffrei zu führen.
Der zentrale Punkt ist die glaubhafte Demonstration, dass die Haftstrafe in diesem spezifischen Fall ihren Zweck verfehlen würde. Hierbei zählt primär die positive Entwicklung des Verurteilten nach der Tat. Ein aufrichtiges Geständnis ist unerlässlich, da es tiefe Reue und die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme signalisiert. Entscheidend ist zudem, wenn die Tat klar aus einer situativen, emotionalen Ausnahmesituation – wie einer tiefen Trennungskrise – heraus begangen wurde. Ein solches Motiv senkt die Hemmschwelle und wird anders bewertet als kriminelle Energie.
Die Gerichte legen größten Wert auf den Nachweis einer gefestigten Lebensführung seit dem Delikt. Konkret muss der Angeklagte eine lange, straffreie Phase vorweisen. Er muss belegen, eine stabile soziale und berufliche Existenz aufgebaut zu haben, beispielsweise durch eine feste Anstellung oder ein intaktes familiäres Umfeld. Diese Kumulation von Faktoren überzeugt das Gericht davon, dass eine Inhaftierung die mühsam wiedererlangte Stabilität zerstören und damit die Resozialisierung gefährden würde.
Um diese besonderen Umstände zu belegen, sollten Sie therapeutische Aufarbeitung und die Stabilität der letzten Jahre durch schriftliche Stellungnahmen von Beratern bestätigen lassen.
Zählt das Täuschen eines Schlüsseldienstes zur Zutrittsverschaffung juristisch als Einbruch?
Ja, die Täuschung eines Dienstleisters, um unbefugt in eine Wohnung zu gelangen, erfüllt den Tatbestand des Wohnungseinbruchsdiebstahls. Gerichte bejahen diese Qualifikation eindeutig, auch wenn der Täter keine physische Gewalt angewendet hat, um die Tür aufzuhebeln. Das Eindringen gilt rechtlich als gleichwertig mit einem klassischen Einbruch im Sinne des § 244 StGB.
Das Strafgesetzbuch definiert den Einbruchstatbestand sehr weit. Es ist keine gewaltsame Überwindung eines Schlosses notwendig, solange der Zugang nicht zur ordnungsgemäßen Nutzung erfolgte. Juristisch wird der unwissende Schlüsseldienstmitarbeiter in diesem Fall zum „Werkzeug“ des Täters. Durch die gezielte Täuschung über die Zutrittsberechtigung verschafft sich der Täter den widerrechtlichen Zugang. Dieser Zugang mittels List wird als „Eindringen mittels eines anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeugs“ gewertet.
Konkret liegt die Schwere der Tat darin, dass die Täterin planvoll gehandelt hat, um den besonders geschützten Hausfrieden des Bewohners zu verletzen. Die Täterin nutzte falsche Angaben oder Nachweise, etwa zum Klingelschild oder zur Meldeadresse, um den Dienstleister zur Öffnung zu bewegen. Diese Vorgehensweise qualifiziert den anschließenden Diebstahl als schweren Diebstahl und führt zur Anwendung der deutlich höheren Mindeststrafe nach § 244 Abs. 4 StGB.
Überprüfen Sie alle Nachweise, die dem Dienstleister vorgelegt wurden, da sie die planvolle Vorgehensweise und damit die juristische Qualifizierung der Tat belegen.
Wie beeinflussen ein Geständnis und Reue meine Strafzumessung bei schwerem Diebstahl?
Ein Geständnis ist ein zentraler mildernder Faktor bei der gerichtlichen Strafzumessung nach § 46 StGB. Gerichte werten ein umfassendes und aufrichtiges Geständnis als den stärksten Beweis für Reue und die Übernahme von Verantwortung. Diese Einsicht in das eigene Unrecht ist oft entscheidend für die Beurteilung Ihrer zukünftigen Sozialprognose und kann eine Bewährungsstrafe ermöglichen.
Der juristische Wert des Geständnisses liegt in seiner Signalwirkung. Es bestätigt dem Gericht, dass Sie die Unrechtmäßigkeit Ihrer Tat verstanden haben und aktiv zur Aufklärung beitragen. Dadurch wird nicht nur das Verfahren erheblich vereinfacht, sondern es ermöglicht dem Gericht auch, eine zukünftige Straffreiheit anzunehmen. Ein solches Geständnis senkt das konkrete Strafmaß innerhalb des gesetzlichen Rahmens deutlich.
Allerdings hängt der Wert des Geständnisses von seiner Qualität ab. Es darf kein nur strategisches Manöver sein, das die Schuld primär auf äußere Umstände schiebt. Nur wenn Sie die volle Verantwortung für die Kerntaten übernehmen und ehrliche Reue über den angerichteten Schaden zeigen, wirkt sich dies maximal strafmildernd aus. Diese Haltung ist besonders relevant, um bei einer drohenden Freiheitsstrafe über einem Jahr die notwendigen „besonderen Umstände“ für eine Aussetzung zur Bewährung zu erfüllen.
Erstellen Sie daher gemeinsam mit Ihrem Rechtsbeistand ein umfassendes Protokoll, das die Taten bestätigt und explizit Ihre tiefe Reue beinhaltet.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Aussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB)
Wenn ein Gericht eine Freiheitsstrafe verhängt, aber deren Vollstreckung für eine bestimmte Zeit zurückstellt, spricht man von der Aussetzung zur Bewährung. Das Gesetz verfolgt damit das Ziel, Verurteilten eine zweite Chance zu geben und ihre Resozialisierung zu fördern, solange keine Gefahr besteht, dass sie rückfällig werden.
Beispiel: Obwohl das Gericht die Angeklagte zu einem Jahr und zwei Monaten verurteilte, wurde die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt, um ihre mühsam wieder aufgebaute soziale Existenz nicht zu zerstören.
Besondere Umstände (§ 56 Abs. 2 StGB)
Als besondere Umstände gelten im Strafrecht jene stark mildernden Tatsachen, die bei einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr zwingend vorliegen müssen, um die Vollstreckung der Haft noch aussetzen zu können. Diese hohe gesetzliche Hürde soll sicherstellen, dass nur in Ausnahmefällen auf die abschreckende Wirkung der Inhaftierung verzichtet wird, wenn die Tat als besonders schwerwiegend eingestuft wurde.
Beispiel: Im vorliegenden Fall bildete die Kombination aus ehrlichem Geständnis, der Schwangerschaft und einer gefestigten Anstellung die notwendigen besonderen Umstände für die erfolgreiche Bewilligung der Bewährung.
Positive Sozialprognose
Eine positive Sozialprognose meint die richterliche Erwartung, dass der Verurteilte in Zukunft keine weiteren Straftaten begehen wird und ein straffreies Leben führen kann. Ohne diese zukunftsgerichtete Einschätzung ist eine Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgeschlossen, da der Schutz der Allgemeinheit immer Vorrang vor den Interessen des Täters hat.
Beispiel: Das Gericht beurteilte die Sozialprognose der Angeklagten als positiv, weil sie seit dem Wohnungseinbruchsdiebstahl fast drei Jahre straffrei gelebt und sich beruflich stabilisiert hatte.
Strafzumessung (§ 46 StGB)
Juristen bezeichnen mit Strafzumessung den komplexen Prozess, bei dem das Gericht alle strafschärfenden und strafmildernden Faktoren abwägt, um eine gerechte Strafe innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu finden. Dieses Verfahren stellt sicher, dass die Strafe sowohl der Schwere der Tat als auch der individuellen Schuld und den persönlichen Verhältnissen des Täters angemessen Rechnung trägt.
Beispiel: Bei der Strafzumessung wog das Gericht den hohen Sachschaden und das planvolle Vorgehen gegen das umfassende Geständnis und die emotionale Ausnahmesituation nach der schmerzhaften Trennung ab.
Wohnungseinbruchsdiebstahl (§ 244 StGB)
Der Wohnungseinbruchsdiebstahl ist eine stark qualifizierte Form des einfachen Diebstahls, die vorliegt, wenn der Täter zur Ausführung des Diebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung eindringt. Durch die drastische Erhöhung des Strafrahmens schützt das Gesetz nicht nur das Eigentum, sondern vor allem den besonders hohen Wert des Hausfriedens und die Sicherheit des persönlichen Lebensraums.
Beispiel: Das Gericht bejahte den Wohnungseinbruchsdiebstahl, weil die Täterin den Schlüsseldienst durch Täuschung über ihre Zutrittsberechtigung dazu nutzte, sich widerrechtlich Zugang zur ehemals gemeinsamen Wohnung zu verschaffen.
Das vorliegende Urteil
Amtsgericht Velbert – Az.: 25 Ls 27/24 – Urteil vom 28.03.2025
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