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Verbindung eines noch nicht eröffneten Strafverfahrens mit einem bereits eröffneten

Gerichtsurteil zur Verfahrensverbindung in Betrugsverfahren

Das Oberlandesgericht Hamm hat beschlossen, das Strafverfahren des Amtsgerichts Detmold gegen einen Angeklagten wegen Betrugs zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit einem ähnlich gelagerten Fall des Landgerichts Essen zu verbinden, um eine effiziente Rechtsprechung zu gewährleisten, obwohl das Detmolder Verfahren noch nicht eröffnet wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 (s) Sbd 1 – 1/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das OLG Hamm verbindet zwei Betrugsverfahren gegen denselben Angeklagten aus Essen und Detmold zur gemeinsamen Verhandlung.
  • Die Entscheidung ermöglicht eine einheitliche Verhandlung trotz noch nicht eröffnetem Verfahren in Detmold.
  • Der Angeklagte wird beschuldigt, in mehreren Fällen Betrug durch den Verkauf nicht existierender Gegenstände begangen zu haben.
  • Die Verbindung der Fälle beruht auf einem rechtlichen Zusammenhang und der Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft Hamm.
  • Der Beschluss folgt den rechtlichen Vorschriften der Strafprozessordnung, die eine Verbindung auch vor Eröffnung des Hauptverfahrens erlauben.
  • Dieser Schritt dient der Prozesseffizienz und einer kohärenten Beurteilung der zusammenhängenden Straftaten.
  • Das Oberlandesgericht Hamm handelt nach § 4 Abs. 1 StPO, der die Verbindung von Verfahren bei wesentlichen Übereinstimmungen in den Tatmodalitäten zulässt.

Verzahnung von Strafverfahren

Bei strafbaren Handlungen kann es vorkommen, dass mehrere Delikte vorgeworfen werden. In solchen Fällen ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, verschiedene Strafverfahren miteinander zu verbinden. Eine Zusammenlegung kann sinnvoll sein, um eine effiziente und einheitliche Rechtsprechung zu gewährleisten.

Die Strafprozessordnung regelt die Möglichkeit, anhängige Verfahren gegen denselben Beschuldigten vor einem Gericht zu bündeln. Dies erleichtert die Beweisaufnahme und kann Kosten und Zeit sparen. Voraussetzung ist jedoch, dass zwischen den Fällen ein rechtlicher Zusammenhang besteht.

➜ Der Fall im Detail


Die Verbindung zweier Strafverfahren durch das OLG Hamm

Im Zentrum des Falls steht die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, zwei separate Strafverfahren zu einem gemeinsamen Prozess zu verbinden. Der Beschuldigte wird in beiden Fällen des Betrugs beschuldigt, wobei er in neun Fällen aus den Jahren 2010 und 2011 vor dem Landgericht Essen und in vier weiteren Fällen aus dem Jahr 2013 vor dem Amtsgericht Detmold angeklagt ist. In beiden Fällen behauptete der Angeklagte fälschlicherweise, er könne Gegenstände aus Insolvenzmassen, vor allem Kraftfahrzeuge, zu günstigen Preisen verkaufen, und kassierte dafür Geld, ohne die Waren zu liefern.

Zuständigkeit und rechtliche Grundlagen der Verfahrensverbindung

Das OLG Hamm ist nach § 4 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) zuständig, die Verbindung der beiden Verfahren zu beschließen. Diese Anordnung basiert auf § 4 Abs. 1 StPO und zielt darauf ab, die Verfahrenseffizienz zu steigern und Widersprüche in der Beweisführung und Urteilsfindung zu vermeiden. Die Verbindung ist rechtlich zulässig, da beide Fälle gegen dieselbe Person gerichtet sind und die Tatumstände in hohem Maße übereinstimmen.

Prozessstrategische Überlegungen

Die Entscheidung zur Verbindung der Verfahren spiegelt eine prozessstrategische Überlegung wider, die darauf abzielt, eine kohärente Behandlung der verwandten Anschuldigungen zu gewährleisten. Das Hauptverfahren im Detmolder Fall war noch nicht eröffnet, doch die Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft Hamm ermöglichte eine vorläufige Verbindung, um eine einheitliche Beweisaufnahme und Verhandlung vor dem Landgericht Essen zu ermöglichen.

Rechtliche Erwägungen und Argumentation

Die Entscheidung des Gerichts stützt sich auf den rechtlichen Rahmen der StPO, der die Verbindung von Verfahren bei ähnlichen Tatmodalitäten und identischen Angeklagten erlaubt. Dies soll eine effiziente Rechtsprechung sicherstellen und verhindern, dass unterschiedliche Gerichte möglicherweise divergierende Entscheidungen zu ähnlichen Sachverhalten treffen. Die Entscheidung betont die Bedeutung einer sachgerechten und effizienten Prozessführung.

Auswirkungen auf die beteiligten Parteien

Für den Angeklagten bedeutet die Verbindung der Verfahren eine zentralisierte Verhandlung seiner Fälle, was die Prozessdauer verkürzen und die Verteidigungsstrategie beeinflussen könnte. Auf Seiten der Justiz ermöglicht diese Vorgehensweise eine einheitliche Beurteilung des Sachverhalts und eine konsistente Anwendung der Rechtsnormen, was wiederum die Rechtssicherheit stärkt.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um zwei Strafverfahren zu verbinden?

Für die Verbindung von zwei Strafverfahren müssen gemäß der Strafprozessordnung (StPO) folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Es muss ein Zusammenhang zwischen den Strafsachen bestehen (§ 3 StPO). Das bedeutet, die Taten müssen entweder von derselben Person begangen worden sein oder in einem sachlichen Zusammenhang stehen, z.B. wenn sie Teil einer fortgesetzten Handlung sind.

Die Strafsachen müssen bei demselben Gericht anhängig sein (§ 4 Abs. 1 StPO). Eine Verbindung ist nur möglich, wenn die Verfahren bei der gleichen Instanz geführt werden, also entweder beide beim Amtsgericht oder beide beim Landgericht.

Die Verbindung dient dem Zweck der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 237 StPO). Durch die gemeinsame Beweisaufnahme und Urteilsfindung soll der Prozess vereinfacht und beschleunigt werden.

Die Verbindung darf nicht zu einer Verzögerung des Verfahrens führen (§ 4 Abs. 1 StPO). Wenn absehbar ist, dass die Zusammenlegung das Verfahren erheblich in die Länge ziehen würde, ist von einer Verbindung abzusehen.

Bei Heranwachsenden gelten Sonderregeln. Verfahren gegen Heranwachsende und Erwachsene können nur unter zusätzlichen Voraussetzungen verbunden werden, um den besonderen Belangen des Jugendstrafrechts Rechnung zu tragen.

Die Verbindung kann von Amts wegen oder auf Antrag angeordnet werden, auch noch nach Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 4 Abs. 1 StPO). Eine Verbindung durch bloße Vereinbarung der Beteiligten ohne gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.

Was bedeutet eine Verfahrensverbindung für die Prozessbeteiligten?

Eine Verfahrensverbindung hat für die Prozessbeteiligten folgende wesentliche Auswirkungen:

Für den oder die Angeklagten bedeutet die Verbindung, dass sie nun in einem gemeinsamen Verfahren abgeurteilt werden. Dadurch werden sie automatisch zu Mitangeklagten und können in der Hauptverhandlung nicht mehr als Zeugen vernommen werden. Das kann die Verteidigungsstrategie erschweren, wenn man sich gegenseitig belasten könnte.

Außerdem kann sich die Hauptverhandlung durch die Verbindung erheblich verlängern, da der Prozessstoff umfangreicher wird. Die Beweisaufnahme muss sich nun auf die Vorwürfe aller verbundenen Verfahren erstrecken. Das erhöht auch die Gefahr, dass sich für die Angeklagten belastende Querverbindungen ergeben.

Für die Staatsanwaltschaft hat die Verbindung den Vorteil, dass der gesamte Tatkomplex in einem Verfahren verhandelt und entschieden werden kann. Das vereinfacht die Beweisführung und ermöglicht eine einheitliche Strafzumessung. Allerdings muss die Anklage ggf. erweitert und angepasst werden.

Das Gericht muss bei einer Verbindung darauf achten, dass die Verfahrensrechte aller Angeklagten gewahrt bleiben. Insbesondere die Förmlichkeiten der Terminierung und Ladung sind für jeden Angeklagten einzeln zu beachten. Auch ein faires Verfahren darf durch eine zu komplexe Verbindung nicht gefährdet werden.

Zusammengefasst bedeutet eine Verfahrensverbindung für alle Beteiligten eine Konzentration, aber auch eine Komplexitätssteigerung des Prozesses. Die Vor- und Nachteile müssen daher sorgfältig abgewogen werden.

Wie wird die Zuständigkeit für die Entscheidung einer Verfahrensverbindung festgelegt?

Die Zuständigkeit für die Entscheidung über eine Verfahrensverbindung richtet sich nach § 4 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO):

Zuständig ist das Gericht höherer Ordnung, wenn die zu verbindenden Verfahren bei Gerichten anhängig sind, die zu seinem Bezirk gehören. Das heißt, wenn die Strafsachen bei verschiedenen Amtsgerichten eines Landgerichtsbezirks anhängig sind, entscheidet das übergeordnete Landgericht über die Verbindung.

Fehlt ein solches gemeinsames übergeordnetes Gericht, weil die Verfahren bei Gerichten verschiedener Landgerichtsbezirke anhängig sind, entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht, also das Oberlandesgericht.

Die Verbindung kann auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder eines Angeklagten, aber auch von Amts wegen durch Beschluss angeordnet werden, und zwar auch noch nach Eröffnung des Hauptverfahrens.

Eine Verbindung durch bloße Vereinbarung der beteiligten Gerichte und Staatsanwaltschaften ohne Beschluss des zuständigen übergeordneten Gerichts ist unzulässig, wie der BGH klargestellt hat.

Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass die Entscheidung über eine Verfahrensverbindung, die ja die Zuständigkeit verändert, stets durch ein höherrangiges Gericht getroffen wird. So werden Kompetenzstreitigkeiten vermieden und die Objektivität der Entscheidung gewahrt.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

§ 4 Abs. 1 StPO (Strafprozessordnung) Regelt die Verbindung von Strafverfahren, wenn mehrere Strafsachen gegen dieselbe Person anhängig sind und ein Zusammenhang zwischen den Taten besteht. Im vorliegenden Fall ermöglicht dieser Paragraph die Zusammenlegung zweier Betrugsverfahren gegen denselben Angeklagten.

§ 3 StPO Definiert den Begriff des Zusammenhangs zwischen Strafsachen, welcher für eine Verfahrensverbindung erforderlich ist. Im genannten Fall wird die Verbindung dadurch begründet, dass beide Fälle identische Tatmodalitäten aufweisen und sich gegen dieselbe Person richten.

§ 4 Abs. 2 Satz 2 StPO Legt fest, dass das Oberlandesgericht in Fällen wie dem vorliegenden als gemeinschaftliches oberes Gericht zuständig ist, wenn die zu verbindenden Verfahren bei verschiedenen Gerichten anhängig sind. Dies erklärt die Zuständigkeit des OLG Hamm im vorliegenden Urteil.

§ 263 StGB (Strafgesetzbuch) – Betrug Der Angeklagte wird in beiden Verfahren wegen Betruges beschuldigt, einer Straftat, die nach diesem Paragraphen definiert ist. Betrug besteht darin, dass durch Täuschung bei anderen Personen ein Irrtum erregt wird, der zu einer Vermögensverfügung führt, welche den Getäuschten oder einen anderen schädigt.

§ 6 StPO Ermöglicht die Zuständigkeit eines höheren Gerichts zur Entscheidung über die Verbindung von Verfahren, wenn die Verfahren an verschiedenen Gerichten geführt werden. Dies unterstützt das Prinzip der Prozessökonomie und Justizeffizienz, das hinter der Entscheidung zur Verfahrensverbindung steht.

§ 338 StPO Betrifft die absolute Revisionsgründe, welche relevant sein könnten, falls die Verfahrensverbindung fehlerhaft wäre und einer der Prozessparteien dadurch ein Nachteil entstünde. Dies gewährleistet, dass der Grundsatz des fairen Verfahrens auch bei einer Verfahrensverbindung beachtet wird.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: 3 (s) Sbd 1 – 1/14 – Beschluss vom 23.01.2014

Das Strafverfahren 4 Ls 44 Js 1260/13 (84/13) AG Detmold wird zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem Strafverfahren 51 KLs 20 Js 336/11 (33/13) LG Essen verbunden, wobei das letztgenannte Verfahren führt.

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Essen legt dem Angeklagten mit ihrer zur Hauptverhandlung vor dem Landgericht Essen – große Strafkammer – zugelassenen Anklage vom 5. Januar 2012 (20 Js 336/11) zur Last, sich zwischen Dezember 2010 und September 2011 wegen Betruges in neun Fällen strafbar gemacht zu haben. Der Angeklagte habe jeweils wahrheitswidrig vorgegeben, aus Insolvenzmassen stammende Gegenstände, vornehmlich Kraftfahrzeuge, kostengünstig verkaufen zu können. Von den Geschädigten habe er sodann jeweils Kaufpreiszahlungen vereinnahmt, ohne die Kaufgegenstände jemals tatsächlich zu liefern.

Die Staatsanwaltschaft Detmold legt dem Angeklagten in ihrer vor dem Amtsgericht Detmold – Schöffengericht – erhobenen, bislang noch nicht zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage vom 5. Dezember 2013 (44 Js 1260/13) zur Last, sich im Juli 2013 wegen Betruges in vier Fällen strafbar gemacht zu haben. Auch hier soll der Angeklagte der Wahrheit zuwider angegeben haben, Gegenstände aus Insolvenzmassen verkaufen zu können, und Kaufpreiszahlungen ohne entsprechende Gegenleistungen vereinnahmt haben.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm beantragt, die beiden vorbezeichneten Strafsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung vor dem Landgericht Essen zu verbinden.

II.

Das Oberlandesgericht Hamm ist nach § 4 Abs. 2 Satz 2 StPO als gemeinschaftliches oberes Gericht für die Entscheidung über die Verbindung der beiden Strafsachen zuständig. Die Anordnung der Verbindung beruht auf § 4 Abs. 1 StPO. Die beiden Verfahren weisen einen Zusammenhang im Sinne des § 3 StPO auf, weil sie sich gegen dieselbe Person richten. Die Verbindung der beiden Verfahren ist wegen der im Wesentlichen übereinstimmenden Tatmodalitäten auch sachgerecht.

Dass in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Detmold das Hauptverfahren noch nicht eröffnet ist, steht der Verbindung nicht entgegen. Eine Verbindung nach § 4 Abs. 1 StPO ist auch dann möglich, wenn in der bei dem Gericht niedrigerer Ordnung anhängigen Sache das Hauptverfahren noch nicht eröffnet ist und die Staatsanwaltschaft – hier die Generalstaatsanwaltschaft Hamm – der Verbindung zustimmt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. [2013], § 4 Rdnr. 4 m.w.N.).

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