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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort – Fahrerlaubnisentziehung – Schadenshöhe

AG Gießen – Az.: 507 Gs – 804 Js 5325/22 – Beschluss vom 02.06.2022

In dem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des unerlaubten Entfernens vom Unfallort hat das Amtsgericht – Strafprozessabteilung – Gießen durch den Richter am Amtsgericht am 02.06.2022 beschlossen:

wird der Antrag der Staatsanwaltschaft vom 30.03.2022, der Beschuldigten gemäß § 111a StPO vorläufig die Fahrerlaubnis zu entziehen, zurückgewiesen.

Gründe

Vorliegend kann es aktuell dahinstehen, ob die Beschuldigte den Unfall bemerkt hat und demzufolge vorsätzlich bezüglich des § 142 StGB handelte. Objektive Anhaltspunkte (Verweildauer nach der Kollision, Umsetzen in eine andere Parklücke) dürften gegeben sein. Allerdings ist nicht jede Straftat nach § 142 StGB automatisch mit der Maßregel des § 69 StGB verknüpft.

Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO erfordert (über den Tatverdacht bzgl. des § 142 StGB hinausgehend) dringende Gründe für die Annahme, dass die Fahrerlaubnis auch nach Durchführung der Hauptverhandlung entzogen werden wird, §§ 69 StGB, 111a Abs. 1 S. 1 StPO. Es ist ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass das Gericht d. Beschuldigten als ungeeignet zum Fahren von Kraftfahrzeugen ansehen wird.

Die Voraussetzungen für die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 S. 3 StGB sind vorliegend (zumindest nach derzeitigem Sachstand) nicht gegeben.

Ein „bedeutender Schaden“ im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB wird nach unterschiedlicher Rechtsprechung immer dann angenommen, wenn die Schadenssumme 1.200,- € bzw. 1.300,€ (teilweise auch erst ab 1.500,- €) beträgt. Die Anknüpfung auf Blatt 4 der Akte lässt jedoch eine objektivierte Grundlage vermissen. Überdies ist aus dem sich aus den Lichtbildern ergebendem Gesamtzustand des geschädigten Fahrzeugs (BI. 11, Bild 006) eine derartige Schadenshöhe nach den Grundsätzen des Zivilrechts nicht ableitbar: Ein Gutachten oder ein Kostenvoranschlag liegt gleichwohl nicht vor.

Insofern kann es vorliegend dahinstehen, dass die rein objektive Schadenshöhe aus einem späteren Gutachten für sich genommen ohnehin für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht ausreicht. Vielmehr ist im Rahmen der Entscheidung nach § 111a StPO zu prüfen, ob die- Beschuldigte subjektiv wissen konnte, bei dem Unfall einen solchen Sachschaden verursacht zu haben.

Die Indizwirkung des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB setzt gerade voraus, dass der Täter weiß oder wissen kann, dass erhebliche Folgen eingetreten sind. Hierbei reicht es aus, dass er die objektiven Umstände erkennen konnte, die die rechtliche Bewertung des Schadens als „bedeutend“ begründen. Zwar ist vorliegend auf den Lichtbildern des Fahrzeuges des Geschädigten zu erkennen, dass dieses im Seitenbereich der Stoßstange Verschrammungen und Lackspuren des Täterfahrzeuges aufweist. Dass die Beschuldigte als Laie mit einem Sachschaden in der genannten Größenordnung rechnen musste, ist daher nicht erkennbar. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt, an dem sie die Unfallstelle verließ. Ob sich nachträglich ein höherer Schaden herausstellt, ist insoweit nicht entscheidend.

Dafür lassen sich aus den Ermittlungsakten auch unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen keine belastbaren Angaben herleiten.

 

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