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Besorgnis der Befangenheit bei Schöffen

Antrag auf Ablehnung von Schöffin in Brandstiftungsfall abgelehnt

In einem Brandstiftungsverfahren hat das Landgericht Oldenburg einen Antrag auf Ablehnung einer Schöffin wegen Befangenheit zurückgewiesen. Der Angeklagte hatte der Schöffin vorgeworfen, durch das Verteilen von Schokoladen-Marienkäfern ihre Unparteilichkeit in Frage zu stellen.

Direkt zum Urteil: Az.: 12 Ns 380 Js 80809/21 (299/22) springen.

Keine Zweifel an Unvoreingenommenheit der Schöffin

Das Gericht stellte fest, dass die Verteilung von Schokoladen-Marienkäfern in der konkreten Situation keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Schöffin begründet. Zwar sei das Verteilen von Süßigkeiten in einem Strafverfahren grundsätzlich unangemessen, jedoch ließe dies nicht den Schluss zu, dass die Schöffin der Staatsanwaltschaft eher gewogen sei als dem Angeklagten oder seinem Verteidiger.

Dienstliche Äußerung der Schöffin glaubhaft

Die Schöffin gab an, dass sie auch dem Verteidiger ein Schokoladenpräsent übergeben wollte, dies aber nach der Zurückweisung durch den Staatsanwalt nicht mehr getan habe. Es gibt keine Gründe, die Glaubhaftigkeit der dienstlichen Äußerung der Schöffin in Zweifel zu ziehen. Ihr Gesamtverhalten und die Klarstellung im Rahmen ihrer dienstlichen Äußerung legen nahe, dass sie der Seite des Angeklagten, insbesondere dem Verteidiger, nicht weniger gewogen ist als der Staatsanwaltschaft.

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Das vorliegende Urteil

LG Oldenburg – Az.: 12 Ns 380 Js 80809/21 (299/22) – Beschluss vom 24.04.2023

In der Strafsache wegen Brandstiftung hat das Landgericht – 12. kleine Strafkammer – Oldenburg durch den Vorsitzender Richter am Landgericht pp. am 24.04.2023 beschlossen:

Der in der Hauptverhandlung am 03.04.2023 gestellte Antrag des Angeklagten, gerichtet auf Ablehnung der Schöffin pp. wegen Besorgnis der Befangenheit, wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Besorgnis der Befangenheit bei Schöffen
(Symbolfoto: Amnaj Khetsamtip/Shutterstock.com)

Die Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn aus Sicht eines vernünftigen Ablehnungsberechtigten Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Unabhängigkeit des Richters bestehen (MüKoStPO/Conen/Tsambikakis, 1. Aufl., StPO § 24 Rn. 15 m.w.N.). Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters ist demnach gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 24 Rn. 8 m.w.N.). Bei der Ablehnung von Schöffen gilt das Gleiche; die Befangenheitsgründe gehen nicht weiter als bei den Berufsrichtern (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 31 Rn. 2).

Die beanstandete Verteilung von Schokoladen-Marienkäfern durch die Schöffin pp. vor Beginn der Hauptverhandlung am 03.04.2023 begründet jedenfalls in der konkreten Situation und unter Berücksichtigung der dienstlichen Äußerung der Schöffin aus Sicht eines vernünftigen Angeklagten keine Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit. Zwar erscheint die Verteilung von Süßigkeiten in einem Strafverfahren grundsätzlich unangemessen (vgl. LG Flensburg, Beschl. vom 20.01.2021 — V KLs 2/19, juris). Doch lässt dies in der konkreten Situation gerade nicht den Schluss zu, dass die Schöffin dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft eher gewogen ist als dem Angeklagten oder seinem Verteidiger.

Unabhängig davon, dass der Angeklagte sich zum Zeitpunkt der Verteilung der Süßigkeiten nicht im Saal befand, hat der Erste Staatsanwalt pp. in der Hauptverhandlung erklärt, er habe den Vorgang bereits als unangemessen empfunden, der Schöffin dies mitgeteilt und das Schokoladenpräsent auch nicht angenommen. Die Schöffin hat im Rahmen ihrer dienstlichen Äußerung erklärt, dass sie durchaus vorgehabt habe, dem Verteidiger auch ein Schokoladenpräsent zu übergeben, dies aber angesichts der Zurückweisung durch den Staatsanwalt nicht mehr getan habe. Die Äußerung lässt darauf schließen, dass der Schöffin die Unangemessenheit ihres Verhaltens erst anschließend klargeworden ist.

Es bestehen keine Gründe, die Glaubhaftigkeit der dienstlichen Äußerung der Schöffin in Zweifel zu ziehen. Die Stellungnahme des Verteidigers vom 06.04.2023 begründet solche Zweifel ebenfalls nicht — im Gegenteil: Seine Ausführungen zeigen vielmehr, dass die Schöffin ihm gegenüber ausgesprochen freundlich und zugewandt gefragt habe, ob der Sitzungssaal bereits offen sei, oder ob sie ihm die Saaltür öffnen solle. Dass sie bei dieser Gelegenheit oder anschließend, als sie offenbar der Protokollführerin ebenfalls ein Stück Schokolade auf den Tisch gelegt hat, nicht daran gedacht hat, dies bereits diesem Zeitpunkt auch dem Verteidiger anzubieten, stellt daher keinen Befangenheitsgrund dar. Denn die Schöffin hat durch ihr Gesamtverhalten und — spätestens durch die Klarstellung im Rahmen ihrer dienstlichen Äußerung — nachvollziehbar kein Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass darauf schließen lässt, dass sie der Seite des Angeklagten, insbesondere dem Verteidiger, weniger gewogen ist, als der Staatsanwaltschaft.

Die Besorgnis der Befangenheit der Schöffin pp. ist nach alledem nicht gerechtfertigt.

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