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Beschlagnahmefreiheit von Bankunterlagen zu einem Notaranderkonto

LG Kiel – Az.: 3 Qs 22 – 24/18 – Beschluss vom 19.12.2018

Die angefochtenen Beschlüsse des Amtsgerichts Kiel vom 06.08., vom 09.08. und vom 31.08.2018 werden aufgehoben.

Die Kosten der Beschwerdeverfahren sowie die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer trägt die Landeskasse.

Gründe

Die Beschwerden der Drittbetroffenen gegen die o.a. Beschlüsse des Amtsgerichts Kiel haben in der Sache Erfolg.

Die Durchsuchung in den Geschäftsräumen der N-Sparkasse, die Beschlagname von dabei aufgefundenen Unterlagen sowie die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Zeugen M waren im Ergebnis rechtswidrig, weil insoweit jeweils die Vorschriften der §§ 53, 53a StPO entgegen stehen.

Die Vernehmung des Zeugen M sowie die Durchsuchungsmaßnahme bei der N-Sparkasse hatten zum Ziel, Erkenntnisse über ein dort geführtes notarielles Anderkonto zu gewinnen, insbesondere zu der Frage der Auszahlungsvorgänge im Hinblick auf den Verbleib des Verkaufserlöses aus einem notariellen Grundstückskaufvertrag.

Nach § 53 StPO erstreckt sich das Zeugnisverweigerungsrecht des Notars auf die ihm bei der Berufsausübung anvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen, soweit sie in unmittelbarem und inneren Zusammenhang mit der Erfüllung der beruflichen Aufgabe stehen. Entscheidend ist danach, dass die Tatsache dem Notar in funktionalem Zusammenhang mit seiner Berufsausübung zur Kenntnis gelangt ist.

Die Einrichtung und Führung eines Anderkontos ist ein wesentlicher Teil der den Beruf eines Notars kennzeichnenden Tätigkeit. So sieht § 58 BeurkG vor, dass der Notar die ihm anvertrauten Gelder unverzüglich einem Sonderkonto für fremde Gelder (Notaranderkonto) zuzuführen hat, welches bei Kreditinstituten im Amtsbereich des Notars eingerichtet werden soll.

Zum geschützten Bereich gehören danach auch die Aufzeichnungen und Unterlagen über die Abwicklung von Zahlungen vom Anderkonto aus einem Grundstücksverkauf (zB Auszahlungsanweisungen des Notars, Kontounterlagen).

Die kontoführende Bank bzw. die sie repräsentierenden Vertreter und Mitarbeiter sind über § 53 a StPO in diesen Schutzbereich mit einbezogen. Diese Vorschrift dehnt das Zeugnisverweigerungsrecht der in § 53 bezeichneten Berufsgeheimnisträger auf solche Personen aus, die im Rahmen eines Vertragsverhältnisses (Nr.1) oder einer sonstigen Hilfstätigkeit (Nr. 3) an deren beruflichen Tätigkeit mitwirken.

Nach der Neufassung dieser Vorschrift im Jahre 2017 ist der Kreis der zeugnisverweigerungsberechtigten Personen erweitert worden, indem der bisherige zu enge Begriff der „Hilfspersonen“ durch den der „mitwirkenden Personen“ ersetzt wurde. Entscheidend für die Begründung des abgeleiteten Zeugnisverweigerungsrechts ist dabei nicht, ob die Hilfstätigkeit innerhalb eines ständigen Beschäftigungsverhältnisses oder aufgrund der Beauftragung etwa eines externen Unternehmens erfolgt.

Danach wirkt die kontoführende Bank in Bezug auf ein Notaranderkonto an der Aufgabe des Notars als eigentlicher Berufsgeheimnisträger im Sinne dieser Vorschrift mit. Allerdings ist anerkannt, dass auch nach der Neufassung künftig nicht jeder mittelbare, sondern nur ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Mitwirkung und der beruflichen Tätigkeit des Hauptberufsträgers das Zeugnisverweigerungsrecht des § 53a begründen kann (Löwe-Rosenberg, 27.Aufl., Rn 2 zu § 53a StPO). Die Abgrenzung ist Frage des Einzelfalls, wobei je nach Fallgestaltung personenbezogene oder aber tätigkeits- bzw. funktionsbezogene Kriterien herangezogen werden können.

So ist nach Meyer-Goßner, 61.Aufl., Rn 2 zu § 53a StPO der unmittelbare Zusammenhang gegeben, wenn der Berufsgeheimnisträger die mitwirkende Person mit Aufgaben betraut, bei deren Erfüllung sie in Kontakt mit dem geheimnisgeschützten Bereich kommt.

Ähnlich soll nach Löwe-Rosenberg a.a.O. entscheidend sein, dass der Schutzzweck der Norm die Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechts des Berufsgeheimnisträgers nach § 53 StPO verhindern soll. Hilfsperson im Sinne des § 53a ist damit derjenige, der aufgrund seiner Tätigkeit für den Hauptberufsträger über Kenntnisse aus dem geschützten Vertrauensverhältnis verfügt, die bei dem Hauptberufsträger in den Bereich des Zeugnisverweigerungsrechts fallen.

Die Kammer hält es für zutreffend, im Ausgangspunkt auf den Schutzzweck des § 53a abzustellen. § 53a soll gerade die Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechtes der Berufsgeheimnisträger verhindern, indem über den geschützten Bereich die jeweiligen Personen vernommen werden, die an der beruflichen Tätigkeit mitwirken. Ist die Art und Weise ihrer Mitwirkung dergestalt, dass sie dadurch Kenntnisse aus dem eigentlich geschützten Vertrauensbereich erlangen, ist das Unmittelbarkeitserfordernis erfüllt mit der Folge, dass die Mitwirkung und die dabei erlangten Kenntnisse in den Regelungsbereich des § 53a fallen. So liegen die Dinge auch hier. Die kontoführende Bank bzw. deren Mitarbeiter erlangen zwangsläufig Kenntnisse u.a. über den Verwendungszeck des jeweiligen auf dem Notaranderkonto eingehenden Kaufpreises aufgrund der Buchungsunterlagen und insbesondere aufgrund der vom Notar stammenden Auszahlungsanweisungen. Gerade dies aber sind Umstände, über die der Notar selbst keine Auskunft zu erteilen bräuchte. Diese Fallgestaltung ist nicht vergleichbar mit Fällen, in denen etwa ein Rechtsanwalt als Treuhänder fungiert, weil insoweit die Treuhänderfunktion gerade nicht zum Kernbereich seiner anwaltlichen Tätigkeit gehört.

Danach war der Zeuge M nicht verpflichtet, Angaben zu Auszahlungsvorgängen bzw. notariellen Auszahlungsanordnungen in Bezug auf das Notaranderkonto zu machen. Seine diesbezügliche Weigerung durfte folglich auch nicht mit einem Ordnungsgeld sanktioniert werden.

Die vom den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Kiel vom 06.08.2018 erfassten Unterlagen über ein bei der Drittbetroffenen geführtes Notaranderkonto sowie über die Verwendung des Kaufpreises aus der Grundstücksveräußerung sind nach den o.a. Darlegungen gemäß §§ 97 Abs. 3 StPO i.V.M. §§ 97 Abs. 1 Nr.1, 53 Abs. 1 Satz 1 Nr.3, 53a Abs. 1 StPO beschlagnahmefrei. Auch die Vorschrift des § 97 soll eine Umgehung von Zeugnisverweigerungsrechten verhindern.

Durchsuchungen sind dann nicht zulässig, wenn von vornherein anzunehmen ist, dass nur Beweismittel aufgefunden werden (sollen), die nicht der Beschlagnahme unterliegen. Die nicht der Beschlagnahme unterliegenden Gegenstände dürfen auch nicht durchsucht werden (KK, 7.Aufl., Rn 25 zu § 97 StPO).

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