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Beleidigung und Ehrennotwehr – Erwiderung auf der Stelle

Beleidigung und Ehrennotwehr: Ein Blick auf das OLG Köln-Urteil

In einem bemerkenswerten Fall, der vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln verhandelt wurde, stand die Frage im Mittelpunkt, ob eine Beleidigung als Reaktion auf rechtswidrige polizeiliche Maßnahmen als Ehrennotwehr gerechtfertigt sein kann.

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Die Kernproblematik des Falles

Beleidigung und Ehrennotwehr - Erwiderung auf der Stelle
Beleidigung als Ehrennotwehr: OLG Köln urteilt über die Rechtmäßigkeit von Reaktionen auf rechtswidrige Polizeimaßnahmen. (Symbolfoto: guruXOX /Shutterstock.com)

Der Angeklagte wurde ursprünglich des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und der vorsätzlichen Körperverletzung beschuldigt. Das Gericht prüfte die Vorwürfe und kam zu dem Schluss, dass das Verhalten des Angeklagten gegenüber den polizeilichen Maßnahmen nicht den Straftatbestand des Widerstands erfüllte. Interessanterweise wurde auch die Frage der vorsätzlichen Körperverletzung diskutiert, wobei das Gericht feststellte, dass keine entsprechenden Feststellungen getroffen wurden.

Die Rolle der Zeugenaussagen

Die Zeugenaussagen spielten eine entscheidende Rolle in diesem Fall. Einige Zeugen beschrieben das Verhalten des Angeklagten als passiv, während andere Zeugen das Verhalten des Angeklagten als aggressiv darstellten. Die Diskrepanz in den Zeugenaussagen führte zu weiteren Untersuchungen und Überlegungen des Gerichts.

Beleidigung als Reaktion

Ein zentraler Punkt des Falles war die Beleidigung, die der Angeklagte gegenüber den Polizeibeamten ausgesprochen hatte. Das Gericht musste entscheiden, ob diese Beleidigung als Reaktion auf die rechtswidrigen polizeilichen Maßnahmen gerechtfertigt war. Das OLG Köln kam zu dem Schluss, dass der Angeklagte in dieser speziellen Situation das Recht auf Ehrennotwehr hatte. Dies bedeutet, dass seine Beleidigungen als Reaktion auf die rechtswidrigen Handlungen der Polizei gerechtfertigt waren.

Die rechtliche Bewertung

Das OLG Köln stellte fest, dass die tatsächlichen Feststellungen des Falles den Schuldspruch tragen, aber die rechtliche Bewertung des Tatgerichts korrigiert werden musste. Das Gericht entschied, dass der Angeklagte zu Recht freigesprochen wurde und legte die Kosten des Verfahrens der Staatskasse auf.

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Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: III-1 RVs 188/19 – Urteil vom 18.02.2020

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft und unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels wird das Urteil der 3. kleinen Strafkammer des Landgerichts Köln vom 5. April 2019 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Angeklagte ist der Beleidigung schuldig. Er wird für straffrei erklärt.

Im Übrigen wird die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 9. Mai 2018 als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.

– §§ 185, 194, 199 StGB –

Gründe

I.

Durch Urteil des Amtsgerichts Köln vom 9. Mai 2018 ist der Angeklagte vom Anklagevorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung (Anklagevorwurf zu 1.) sowie der falschen Verdächtigung (Anklagevorwurf zu 2.) aus tatsächlichen Gründen freigesprochen worden. Dem zugrunde liegt ein Geschehen vom 3./4. Juli 2016 anlässlich des Christopher Street Days in A, an dessen Umzug der Angeklagte teilgenommen und in dessen Verlauf er sich an der Örtlichkeit B-Filiale C 2-8/Ecke D nahe des A E aufgehalten hatte; verfahrensgegenständlich sind die dort und beim anschließenden Transport in den Polizeigewahrsam gegen die polizeilichen Einsatzkräfte gerichteten Handlungen des Angeklagten sowie eine von ihm am Folgetag verfasste F-Nachricht über das Geschehen.

Die gegen das freisprechende Erkenntnis gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat die 3. kleine Strafkammer des Landgerichts Köln mit Urteil vom 5. April 2019 als unbegründet verworfen. Zu dem im Revisionsverfahren allein noch maßgeblichen Geschehen vom 3. Juli 2016 (Anklagevorwurf zu 1.) hat die Kammer die folgenden Feststellungen getroffen:

„Er (der Angeklagte) fuhr gemeinsam mit dem Zeugen G auf einem der Wagen des Umzugs mit. Während des Umzugs konsumierte der Angeklagte – ohne viel gegessen zu haben – 0,5 bis 0,6 Liter Sekt aus Piccolodöschen. Außerdem nahm er – nach eigenen Angaben unwissentlich – über Gebäck Cannabis ein.

Nachdem er zum Ende des Umzugs nach 16 Uhr „seinen Wagen“ verlassen hatte, begab er sich zur B-Filiale nahe des A E in der B 2-8 an der Ecke zur D und dort zur Toilette. Diese liegt im Erdgeschoss im rückwärtigen Bereich. Dort kam es zu einem Disput zwischen zwei Frauen, die vor der Herrentoilette anstanden, und einem Mann, der offensichtlich sein Vorankommen zur Herrentoilette beeinträchtigt sah.

Der Angeklagte, der unmittelbar gar nicht involviert gewesen war, verteidigte die Frauen und sagte dem – namentlich nicht bekannten gewordenen – Mann, er solle die Frauen in Ruhe lassen. Der Mann verhielt sich dem Angeklagten (von ihm so erlebt) gegenüber aggressiv, es kam zu einer Rempelei und verbal lautstarkem Streit.

Im Verlauf der Auseinandersetzung erhielt das – damals neunjährige – Kind H, das sich mit seiner Mutter, der Zeugin I, früher H, in der B-Filiale befand, einen Schlag oder Stoß gegen ihre linke Schläfe. Die Mutter kümmerte sich um ihre Tochter, ohne eine Verletzung festzustellen.

Währenddessen war ein (männlicher) Mitarbeiter von B hinzugetreten, um den Streit zu schlichten. Er trennte die streitenden Personen und hielt den Angeklagten fest. Dieser wollte sich losreißen und rief: „Lass mich los“. Der – unbekannt gebliebene – Mann verließ die B-Filiale.

Die Zeugin K, an ihrer Kleidung als Restaurantchefin der B-Filiale zu erkennen, trat hinzu. Sie stellte sich dem Angeklagten, der vom Restaurant-Mitarbeiter inzwischen losgelassen worden war, von Angesicht zu Angesicht, wies ihn auf das Hausrecht hin und bat ihn mehrfach zu gehen. Dies tat der Angeklagte nicht.

Die Zeugin K hatte zuvor die Polizei informiert und teilte dies dem Angeklagten mit. Der Angeklagte nannte die Zeugin darauf eine „Scheiß Ausländerin“.

Der Angeklagte setzte sich – mit dem Rücken zur Wand – auf einen Hocker, der im Vorbereich der Toiletten stand und dem Toilettenpersonal als Sitzgelegenheit diente. Er fühlte sich erschöpft, es war ihm zu viel. Der Angeklagte weinte.

Nunmehr betraten der Zeuge POK L und die Zeugin PK’in M die B-Filiale. Beide waren üblicherweise im Bereich der Polizei-Inspektion (PI) A-N eingesetzt, anlässlich des CSD 2016 indes im Rahmen der BAO (Besondere Aufbauorganisation) CSD im weiteren Bereich der B-Filiale zu Fuß im Einsatz.

Der Zeuge L ging – ohne zuvor Kontakt mit den Mitarbeitern der B-Filiale, insbesondere der Restaurantleiterin K, aufgenommen zu haben – auf den Angeklagten zu. Seiner Erinnerung nach hatte er kurz mit der Mutter des Kindes, der Zeugin I, gesprochen und erfahren, dass es nicht zu einer Verletzung gekommen war und kein Strafantrag gestellt werde.

Ohne die Zeugin K, die inzwischen etwas vom Angeklagten entfernt stand, zu fragen, ging der Zeuge L an der Zeugin K vorbei, sprach den Angeklagten an und forderte diesen mindestens zweimal auf, mit ihm das Restaurant zu verlassen. Er wolle die Sache „vor der Tür regeln“. Der Angeklagte reagierte nicht.

Der Zeuge L fasste den Angeklagten an den oberen Arm im Bereich der (linken) Schulter und forderte ihn auf, das Restaurant zu verlassen. Der Angeklagte bewegte seine Schulter hin und her und machte eine abwehrende Bewegung, um den Handkontakt des Zeugen L „los zu werden“. Er traf den Zeugen L dabei nicht mit seiner Hand. Der Zeuge L versetzte dem Angeklagten daraufhin einen „Blendschlag“ mit der rechten Hand gegen die linke Gesichtsseite des Angeklagten. Ein „Blendschlag“ ist ein von Polizisten eingesetzter Schlag, um über überraschende Wirkung und Schmerzzufügung den jeweiligen Gegner zu kontrollieren und die Beherrschung über die Situation zu bekommen bzw. zu behalten. Der rechte Hinterkopf des Angeklagten schlug aufgrund des Schlages des Zeugen L heftig gegen die Wand, der Angeklagte sank zu Boden und verlor das Bewusstsein.

Der Angeklagte war mehrere Minuten (wie) bewusstlos und lag regungslos am Boden.

In der Zwischenzeit war der Zeuge PHK O, gemeinsam mit den Zeuginnen POK’in P und KA’in Q eingetroffen. (Die Zeugin Q war damals als Kommissaranwärterin in der Ausbildung, der Zeuge O einer ihrer Tutoren.) Sie waren zu dritt in der PI 1 (Mitte) im Streifendienst tätig, mit dem Dienst-Kraftfahrzeug unterwegs und hatten dieses auf dem Kreisverkehr C/ R /S abgestellt. Der Zeuge O übernahm die Leitung des Einsatzes.

Er setzte beim Angeklagten einen Schmerzreiz durch Zwicken in den Oberarm, dann festen Bewegungsdruck durch Reiben mit den Fingerknöcheln im Bereich des Brustbeins des Angeklagten, der immer noch regungslos am Boden lag. Der Angeklagte kam zu sich, er bewegte sich und schrie laut.

Der Zeuge O fesselte die Hände des Angeklagten mit Handschellen auf dessen Rücken. Der Angeklagte versuchte, die Fesselung los zu werden und bewegte sich, er rief und schrie.

Der Zeuge O nahm den Angeklagten – seiner Aussage vor der Kammer folgend – (nach Polizeirecht) in Gewahrsam und stellte (auf Grundlage der Strafprozessordnung, StPO) die Identität des Angeklagten fest.

Zu diesem Zwecke entschied er, mit Hilfe von zwischenzeitlich eingetroffenen Kräften der Bereitschaftspolizei den Angeklagten in den zentralen Polizeigewahrsam der Polizei A zu verbringen.

Vier (männliche) Polizeibeamte fassten den Angeklagten im Bereich der Extremitäten, zudem wurde der Angeklagte links und rechts von zwei weiteren Polizeibeamten flankiert. Mit dem Kopf voraus und dem Gesicht nach unten wurde der Angeklagte aus der B-Filiale und bis zum Polizeifahrzeug getragen, das auf dem oben genannten Kreisverkehr an der C stand. Der Angeklagte war dabei im Wesentlichen regungslos und wehrte sich nicht.

Am Polizeifahrzeug angekommen ließen die Polizeibeamten den Angeklagten aus einer Höhe von 40 bis 50 cm – in einer fallähnlichen Bewegung – an der Richtung Westen (S) gelegenen rechten Seite des Fahrzeugs zu Boden.

Am Boden liegend wurden die bereits mit Handschellen auf dem Rücken gefesselten Hände des Angeklagten mit einem Kabelbinder an den Handschellen an dem Gürtel der Hose des Angeklagten fixiert.

Der Angeklagte war zu diesem Zeitpunkt von mindestens neun Polizeibeamten umringt, die unter der Führung des Zeugen PHK O standen, darunter die Zeuginnen P und Q sowie Polizeibeamte der Bereitschaftspolizei.

Der Zeuge O trat den Angeklagten in dieser Konstellation mindestens einmal mit dem beschuhten Fuß in den Rückenbereich.

Der Zeuge O schlug den Angeklagten in dieser Konstellation mindestens einmal mit der Faust (im schwarzen Dienst-Handschuh) in den Rücken.

Diese Konstellation beobachteten unter anderem der Zeuge T und der Zeuge U. Der Zeuge T, von Beruf Fotograf, fertigte ein Farbfoto.

Etwa 10 Minuten nach Ankunft am Polizeifahrzeug wurde der Angeklagte mit dem Kopf nach vorne in das Polizeifahrzeug verbracht.

Die Zeugin P führte sodann während der Fahrt in den Polizeigewahrsam das Fahrzeug, die Zeugin Q war Beifahrerin. Der Zeuge O setzte sich hinter den Fahrersitz und neben den Angeklagten, der sich hinter dem Beifahrersitz befand, auf die Rückbank.

Während des Verlaufs der Fahrt in den zentralen Polizeigewahrsam der Polizei A im Polizeipräsidium A in A-V fixierte der Zeuge O den Angeklagten mit dem rechten Arm und Ellbogen (gegen die linke Gesichtshälfte des Angeklagten gedrückt) mit dessen rechter Gesichtsseite und dem rechten Ohr gegen die C-Säule der Beifahrerseite (rechtsseitig der Rückbank).

Der Zeuge O sagte zum Angeklagten, während dieser sich im Fahrzeug befand und noch vor der Abfahrt in den Polizeigewahrsam: „Das brauchst du doch, du dumme Schwuchtel“. Der Angeklagte bezeichnete den Zeugen O als „Nazi“, „Arschficker“ und „Wixer“. Er protestierte und fragte, was das alles solle. Er teilte mit, HIV-positiv zu sein und dass er wünsche, dass die Polizeibeamten sich bei ihm anstecken. Er schnäuzte sich und spuckte Sekret aus.

Der Zeuge O versah das Gesicht des Angeklagten vor Ankunft am Polizeigewahrsam mit einer Spuckmaske. …“

Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt und diese form- und fristgerecht mit der Rüge materiellen Rechts, deren Ausführungen (allein) das Geschehen vom 3. Juli 2019 betreffen, begründet. Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.

1.

Die Revision der Staatsanwaltschaft ist – wirksam – auf den Freispruch des Angeklagten wegen der Tat vom 3. Juli 2016 (Anklagevorwurf zu 1.) beschränkt. Die Revisionsbegründung vom 13. Juni 2019 enthält allein Ausführungen zu dem verfahrensgegenständlichen Geschehen in und vor der B-Filiale am Tag des CSD, nicht hingegen Beanstandungen hinsichtlich des Freispruchs wegen des F-Posts am Folgetag: das Geschehen um den F-Post vom 4. Juli 2016 ist mithin nicht Gegenstand des Rechtsmittelangriffs.

2.

Die auf die Sachrüge gebotene Nachprüfung des angefochtenen Urteils anhand der Revisionsbegründung hat keinen Rechtsfehler aufgedeckt, soweit die Strafkammer die Berufung gegen den erstinstanzlichen Freispruch wegen des Vorwurfs des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verworfen hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

a)

Die Strafkammer hat auf der Grundlage von rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen und einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung zu Recht angenommen, dass das Verhalten des Angeklagten gegenüber den im Urteil im Einzelnen festgestellten polizeilichen Maßnahmen unter keinem Gesichtspunkt den Straftatbestand des § 113 Abs. 1 StGB erfüllt; dies gilt sowohl für die Handlungen des Angeklagten zunächst in der B Filiale, insbesondere gegenüber dem Zeugen POK L, als auch für die Handlungen im Zusammenhang mit dem Verbringen aus der B-Filiale zum Polizeifahrzeug und im Fahrzeug auf dem Weg in den zentralen Polizeigewahrsam nach A-V, vor allem gegenüber dem den Einsatz leitenden Zeugen PHK O. Insbesondere weist die Würdigung der Berufungsstrafkammer auch nicht die von der Revision monierten Lücken oder Widersprüche auf:

So hat sich das Tatgericht unter Ziffer V.1 der Urteilsgründe, S 33 bis 35 UA, im Rahmen seiner Beweiswürdigung namentlich mit dem Geschehen innerhalb des Restaurants bis zum „Blendschlag“ des Zeugen POK L umfassend und erschöpfend auseinandergesetzt und dabei keine Feststellungen zu einer eventuellen Notwehrsituation des Zeugen L aufgrund einer etwa schlagenden oder gezielt abwehrenden Handbewegung des Angeklagten treffen können; in diesem Zusammenhang erfolgt auch eine ausdrückliche Würdigung der Aussage der von der Generalstaatsanwaltschaft herausgestellten Zeugin K, die eine „Handbewegung“ – aber eben auch nicht mehr – wahrgenommen hat. Vor diesem Hintergrund, namentlich der lückenlosen und auf alle relevanten Aussagen und Umstände eingehenden tatrichterlichen Würdigung, erschließt sich nicht, unter welchem Gesichtspunkt das Beweisergebnis – wie die Generalstaatsanwaltschaft meint – die Feststellung einer eine „abwehrenden“ bzw. „zur Wehr setzenden“ Bewegung „nahelegen soll“. Die Generalstaatsanwaltschaft setzt insoweit lediglich ihre eigene Würdigung der Beweise an die Stelle derjenigen des Tatgerichts, ohne zugleich revisionsrechtlich relevante Rechtsfehler aufzuzeigen.

Entsprechendes gilt in Bezug auf die Beweiswürdigung hinsichtlich des Verhaltens des Angeklagten gegenüber dem Zeugen PHK O. Zwar ist den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft zuzugeben, dass die diesbezügliche Würdigung der Kammer, die ausweislich der pauschalen Formulierung S 55 2. Absatz UA die Aussage des Zeugen PHK O offenbar für tragfähig und glaubhaft erachtet, auf den ersten Blick nicht im Einklang damit steht, dass sich in den Feststellungen keine Angaben oder Anhaltspunkte zu dem von dem Zeugen unter anderem geschilderten „willentlichen“ Schlagen, Kratzen und Spucken des Angeklagten, vgl. S 36 UA, finden. Jedoch ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass die Kammer der Aussage des Zeugen PHK O zu dieser isoliert von der Generalstaatsanwaltschaft herausgegriffenen und hervorgehobenen Tatsache jedenfalls in der Gesamtschau der erhobenen Beweise, namentlich in Ansehung aller anderen auf S 37-45 dargestellten und gewürdigten Zeugenaussagen, nicht gefolgt ist. Danach hat kein anderer der im Urteil bezeichneten Zeugen entsprechende Handlungen des Angeklagten bekundet; alle anderen Zeugen haben das Verhalten des Angeklagten beim Verbringen zum Polizeifahrzeug etwa als „wie ein Sack“, „wehr- und regungslos“, „wie bewusstlos“ oder „eher ruhig“ beschrieben.

b)

Soweit die Revision beanstandet, dass die Strafkammer keine Feststellungen zu einer etwaigen Strafbarkeit des Angeklagten wegen (tateinheitlich verwirklichter) vorsätzlicher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB getroffen und dadurch die den Untersuchungsgegenstand bildende Tat nicht unter allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten aufgeklärt und abgeurteilt habe, ist ihr zuzugeben, dass die strafprozessuale Einordnung der tatrichterlichen Feststellung, „eine Verurteilung wegen Körperverletzung“ sei von der Staatsanwaltschaft im Berufungsverfahren „nicht mehr begehrt“ (vgl. S 5 UA) bzw. „der Vorwurf der Körperverletzung sei von der Berufungsrechtfertigung nicht mehr aufrechterhalten“ (vgl. S 29 UA) worden, rechtlich nicht unbedenklich und jedenfalls missverständlich ist. Eine prozessual relevante und wirksame Rechtsmittelbeschränkung resp. daraufhin erfolgte Verfahrensbeschränkung ist nach dem Urteils- und sonstigen Akteninhalt nicht erfolgt. Gleichwohl ergibt sich auch in dieser Hinsicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass die Kammer entsprechende Feststellungen nicht – wie die Generalstaatsanwaltschaft meint – „allein deshalb, weil sie irrig annahm, das Geschehen nicht unter dem Gesichtspunkt der Körperverletzung würdigen zu müssen“, unterlassen hat. Aus dem Kontext der Urteilsgründe folgt vielmehr noch hinreichend, dass die Strafkammer nach umfassender Erhebung und erschöpfender Würdigung aller in Betracht kommenden Aussagen und Beweismittel – und insoweit offensichtlich erkennbar auch im Einklang mit der Sitzungsvertretung der Staatsanwaltschaft, die nach dem im Urteil wiedergegebenen Plädoyer keine Verurteilung (auch) wegen Körperverletzung beantragt hat (vgl. S 77 UA) – keine Feststellungen dahingehend treffen konnte, dass das Verhalten des Angeklagten den Straftatbestand einer Körperverletzung erfüllt hätte. Soweit sich die Generalstaatsanwaltschaft auch in diesem Zusammenhang auf die Aussage des Zeugen PHK O bezieht, stellt dies – wie bereits unter Ziffer II 1. a) ausgeführt – eine unzulässig isolierte, den Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe vernachlässigende Betrachtung dar. Zu der Würdigung der Kammer fügt sich im Übrigen die (Kontroll)Überlegung, dass es schlechterdings kaum vorstellbar ist, dass das Verhalten eines Täters gegenüber Polizeibeamten- was das Tatgericht wie ausgeführt rechtsfehlerfrei verneint hat – in tatsächlicher Hinsicht zwar nicht als Widerstandshandlung den Straftatbestand des § 113 Abs. 1 StGB erfüllt, gleichwohl aber eine tatbestandsmäßige Körperverletzungshandlung zum Nachteil derselben Polizeibeamten begründen könnte.

3.

Soweit allerdings die Strafkammer den erstinstanzlichen Freispruch auch hinsichtlich des von der Anklage erhobenen Vorwurfs der Beleidigung gemäß § 185 StGB zum Nachteil der handelnden Polizeibeamten, namentlich des Zeugen PHK O, bestätigt hat, hält die Überprüfung des angefochtenen Urteils revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

a)

Die tatrichterlichen Feststellungen sind zwar entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft mit Blick auf etwaige Äußerungen des Angeklagten „vor seiner Verbringung in das Polizeifahrzeug, auf dem Boden liegend“ nicht lückenhaft. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft auch insoweit die Aussage des Zeugen PHK O zu diesem Punkt herausgreift, der bekundet hat, dass der Angeklagte bereits zu diesem Zeitpunkt „Wichser“ gesagt habe, gelten die obigen Erwägungen zum Kontext der Urteilsgründe entsprechend. Keiner der anderen Zeugen, insbesondere auch nicht die Zeugin Q, hat die Verlautbarung eines Schimpfwortes seitens des Angeklagten bereits zu diesem Zeitpunkt bestätigt. Die Staatsanwaltschaft setzt auch in diesem Zusammenhang lediglich ihre eigene Würdigung des Beweisergebnisses an die Stelle derjenigen des Tatgerichts, ohne damit zugleich relevante Rechtsfehler aufzuzeigen.

b)

Soweit allerdings die Strafkammer ausgehend von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beleidigung verneint hat, weil der Angeklagte nicht rechtswidrig gehandelte habe, begegnet die Annahme eines Rechtfertigungsgrundes, vgl. S 65 bis 67 UA, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

aa)

Die Kammer hat unter Ziffer VIII. 1.10. der Urteilsgründe zur rechtlichen Bewertung des Geschehens im Streifenwagen auf dem Transport in den Polizeigewahrsam die folgenden Ausführungen gemacht:

„1.10

Bezeichnung des Zeugen O als „Nazi“, „Arschficker“ und „Wixer“

Der Angeklagte beging tatbestandlich eine Beleidigung, § 185 StGB, indem er den Zeugen O als „Nazi“, „Arschficker“ und „Wixer“ bezeichnete.

Gleichwohl ist der Angeklagte nicht gemäß § 185 StGB zu bestrafen. Denn der Angeklagte handelte in der rechtlichen Würdigung der Kammer nicht rechtswidrig.

Die Kammer hat erwogen, die Straflosigkeit der vom Angeklagten ausgesprochenen Beleidigung unter den Gesichtspunkt der „Sozialen Adäquanz“ zu fassen (vgl. nur Schönke/Schröder – Sternberg-Lieben, StGB, 30. Auflage 2019, vor 32 ff. StGB, Rn. 107b f.), hat dies im Ergebnis aber verworfen.

Vielmehr steht dem Angeklagten der Rechtfertigungsgrund der „Ehrennotwehr“ zur Seite. Seine Äußerungen waren in der konkreten Lebenssituation (Kette rechtswidriger Polizeimaßnahmen, massive Ausübung körperlicher Gewalt, körperliche Unterlegenheit und Wehrlosigkeit, vorausgegangene Beleidigung ihm gegenüber) unter dem Gesichtspunkt der „Ehrennotwehr“ als „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ gemäß § 32 Abs. 1 StGB gerechtfertigt (vgl. zur „Ehrennotwehr“ Schönke/Schröder – Perron/Eisele, StGB, 30. Aufl. 2019, § 32 StGB, Rn. 36a; Schönke/Schröder – Eisele/Schittenhelm, a.a.O., § 185 StGB, Rn. 15; Hilgendorf in: Leipziger Kommentar, 12. Auflage 2009, § 185 StGB, Rn. 42; vgl. auch Rönnau/Hohn in: Leipziger Kommentar, 12. Auflage 2007, § 32 StGB, Rn. 166 ff.).

Aus Sicht der Kammer waren diese Beleidigungen ein – wenn auch verzweifelter – Versuch, mit „dem letztmöglichen Mittel“, nämlich verbal, sich zu wehren, nachdem der Angeklagte im Übrigen gefesselt und wehrlos war.

Hilfsweise: Der Angeklagte ist nicht zu bestrafen, weil er in einer Situation rechtfertigenden Notstands gemäß § 34 StGB handelte.

Schließlich wäre (für den Fall, dass ein Rechtfertigungsgrund nicht greift) die Tat des Angeklagten entschuldigt. Ein normgemäßes Verhalten war dem Angeklagten in der konkret gegebenen Situation nicht (mehr) zumutbar.

Rechtsprechung und herrschende Lehre sehen die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens als Grundprinzip der Entschuldigungsgründe an (s. Schönke/Schröder, a.a.O., vor § 32 ff., Rn. 110), in der Literatur auch diskutiert in Verbindung mit einer Unrechtsminderung (Schönke/Schröder, a.a.O., Rn. 111). Erforderlich ist jedenfalls eine besondere Not- und Ausnahmesituation, die bei wertender Betrachtung das Verhalten des Täters exkulpiert und das Entfallen der Strafbarkeit nach sich zieht.

Der Angeklagte ist nicht zu bestrafen, weil er in einer Situation entschuldigenden Notstands gemäß § 35 StGB handelte.

Noch weiter hilfsweise: Der Angeklagte ist zumindest aus dem Rechtsgedanken des § 60 StGB nicht zu bestrafen, von einer Strafe wäre abzusehen, weil die Folgen der Tat, die den Angeklagten trafen, so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre.“

bb)

Die festgestellten Äußerungen des Angeklagten im Inneren des Streifenwagens gegenüber dem Zeugen PHK O stellen – wovon auch die Strafkammer zutreffend ausgeht – tatbestandlich eine Beleidigung nach Maßgabe des § 185 StGB dar; Strafantrag ist gestellt. Indes greift zugunsten des Angeklagten keiner der von der Strafkammer angenommenen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe ein:

Insbesondere auf den vom Tatgericht in erster Linie bejahten Tatbestand einer „Ehrennotwehr“ vermag sich der Angeklagte nicht zu stützen. Das Eingreifen einer möglichen Rechtfertigung wegen „Ehrennotwehr“ betrifft in der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung die Frage, ob und inwieweit Notwehr gegen eine Beleidigung geübt werden kann (vgl. RGSt 29, 240, 241, zitiert nach juris). In dieser Konstellation ist nach Maßgabe des § 32 StGB (besonders sorgfältig) zu prüfen, ob bei einem ehrverletzenden Angriff durch Worte eine tätliche Abwehr nach Art und Maß erforderlich ist (vgl. BGHSt 3, 217, 218, zitiert nach juris; vgl. auch Schönke-Schröder-Perron/Eisele, Strafgesetzbuch, 30. Auflage, § 32 Rn. 36a). Hier liegt der Fall umgekehrt; die Strafkammer prüft, ob die verbalen Äußerungen des Angeklagten gegen die „Kette rechtswidriger Polizeimaßnahmen“ und die „Ausübung massiver körperlicher Gewalt“ gerechtfertigt waren.

Auch wenn man aber mit der Kommentarliteratur (vgl. Schönke-Schröder-Eisele/Schnittenheim, 30. Auflage, § 185 Rn. 15; Leipziger Kommentar-Hilgendorf, StGB, 12. Auflage, § 185 Rn. 42) – abweichend von der dazu zitierten Rechtsprechung – den Begriff der „Ehrennotwehr“ ausdehnt und darunter im Ansatz auch prüft, ob eine Notwehrhandlung, die in einer Beleidigung besteht, zur Abwehr einer noch nicht beendigten Ehrenkränkung erforderlich ist, führt dies vorliegend nicht zu einer Rechtfertigung des Angeklagten. Nach allgemeinen strafrechtlichen Rechtfertigungsgrundsätzen muss eine Verteidigungshandlung nach Maßgabe der §§ 32, 34 StGB geeignet und erforderlich sein, den Angriff zu beenden bzw. die Gefahr abzuwenden (vgl. Fischer, StGB, 67. Auflage, § 32 Rn. 28, § 34 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Selbst wenn an die Eignung der Verteidigungshandlung keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen und es ausreicht, wenn ein Abwehrerfolg, und sei es auch nur in Form einer Abschwächung oder Verzögerung des Angriffs oder einer Verringerung der Gefahr einer Verletzung, nicht von vornherein aussichtslos erscheint (vgl. Schönke-Schröder-Perron/Eisele, a.a.O., Rn. 35), kann eine entsprechende Eignung jedenfalls dann nicht festgestellt werden, wenn Handlungen zur Verbesserung der Lage des angegriffenen Rechtsgutes objektiv und aus Sicht des Angegriffenen überhaupt nichts beitragen können (vgl. Fischer, a.a.O., § 32 Rn. 29). So liegt der Fall hier. Die in Rede stehenden verbalen Äußerungen des Angeklagten waren objektiv und aus Sicht des Angeklagten zu keinem Zeitpunkt geeignet, sich gegen die polizeilichen Maßnahmen erfolgreich, d.h. mit der Aussicht auf Abschwächung oder gar Beendigung zur Wehr zu setzen; der Angeklagte hätte durch seine Äußerungen die zum maßgeblichen Zeitpunkt fortdauernde Ingewahrsamnahme und seinen Transport nach A-V durch die Polizeibeamten weder beeinflussen noch verhindern können. Dementsprechend bezeichnet auch die Strafkammer – ohne jedoch konsequent die Geeignetheit der Verteidigungshandlung zu prüfen – die ausgesprochenen Beleidigungen als „verzweifelten“ Versuch, sich mit dem „letztmöglichen Mittel“, nämlich verbal zu wehren, nachdem der Angeklagte im Übrigen gefesselt und wehrlos war, vgl. S 66 UA.

Entsprechendes gilt, soweit die Kammer die Tat hilfsweise als entschuldigt angesehen hat.  Auch der Tatbestand des entschuldigenden Notstandes gemäß § 35 StGB setzt voraus, dass eine Gefahr u.a. „nicht anders abwendbar“ ist. Auch die Notstandshandlung hätte demnach zur Gefahrabwendung geeignet und erforderlich sein müssen, was aus den dargelegten Gründen nicht der Fall war.

cc)

Soweit die Strafkammer „noch weiter hilfsweise“ die Auffassung vertritt, der Angeklagte sei zumindest aus dem Rechtsgedanken des § 60 StGB nicht zu bestrafen, vgl. S 67 UA, kann der Senat offen lassen, ob die Verhängung von Strafe nach Maßgabe dieser Vorschrift „offensichtlich verfehlt“ wäre. Eine Anwendung des § 60 StGB würde jedenfalls nicht zum Freispruch führen, vielmehr wäre der Angeklagte unter Feststellung seiner Schuld zu verurteilen, vgl. § 260 Abs. 4 S 4 StPO.

Zum selben Ergebnis führt aber die – aus Sicht des Senats naheliegendere – Anwendung des § 199 StGB, dessen Tatbestandsvoraussetzungen der Senat auf der Grundlage der durch das Tatgericht getroffenen Feststellungen zu bejahen und dementsprechend den Urteilstenor in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO zu ändern vermag.

Der Angeklagte hat durch die Bezeichnungen „Nazi“, „Arschficker“ und Wichser“ während der Fahrt in den Gewahrsam den sich neben ihm auf der Rückbank des Streifenwagens befindlichen Zeugen PHK O nach Maßgabe des § 185 StGB beleidigt; dies erfolgte wie dargelegt rechtswidrig und schuldhaft. Anhaltspunkte dafür, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt vollständig nach Maßgabe des § 20 StGB aufgehoben war, bestehen nicht, weder in Ansehung der vom Tatgericht zur Person getroffenen Feststellungen noch angesichts des situativen Kontextes.

Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hatte der Zeuge PHK O zuvor zu dem Angeklagten, während dieser sich bereits im Fahrzeug befand und noch vor der Abfahrt in den Polizeigewahrsam, gesagt „Das brauchst du doch, du dumme Schwuchtel“, vgl. S 14, 46 UA. Diese Äußerung stellt sich ihrerseits als strafbare Beleidigung zum Nachteil des Angeklagten dar. Die Äußerungen erfolgten auch gemäß § 199 StGB „wechselseitig“ in dem Sinne, dass der Angeklagte auf die gegen ihn gerichtete Bezeichnung als „Dumme Schwuchtel“ mit den festgestellten Schimpfworten „auf der Stelle erwidert“ hat. Das Tatbestandsmerkmal „auf der Stelle“ ist nicht nur zeitlich, sondern vor allem psychologisch zu verstehen (vgl. Fischer, a.a.O., § 199 Rn. 6 m.w.N.). Vorliegend war auch in Ansehung des Umstandes, dass die Äußerung des Zeugen PHK O noch vor Abfahrt des Streifenwagens, aber bereits im Fahrzeug, die Äußerungen des Angeklagten demgegenüber während der Fahrt erfolgten, der räumlich-zeitliche Zusammenhang noch hinreichend gegeben. Jedenfalls bestand aber ein enger „psychologischer“ Zusammenhang der Äußerungen, da der nach den Feststellungen auf der Fahrt fixierte und körperlich wehrlose Angeklagte offensichtlich unter dem Eindruck der zuvor gegen ihn ergriffenen polizeilichen Maßnahmen, den gegen seine Person gerichteten Tätlichkeiten und der Verbaläußerung des Zeugen PHK O stand.

4.

Ist bei Retorsion nach § 199 StGB nicht auf einen Schuldspruch mit Straffreierklärung, sondern auf Freispruch erkannt worden, so kann das Revisionsgericht den Urteilstenor in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO jedenfalls dann ändern, wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt, dass der Angeklagte den Tatbestand des § 185 StGB rechtswidrig und schuldhaft verwirklicht hat (vgl. OLG Celle, Urteil vom 14. Februar 1989, 1 Ss 308/88, zitiert nach juris). Von dieser Möglichkeit macht der Senat zur Vermeidung einer sonst erforderlich werdenden Aufhebung und Zurückverweisung Gebrauch. Sie ist nach seiner Auffassung nicht lediglich für den Fall eröffnet, dass – wie im zitierten Urteil des Oberlandesgerichts Celle der Tenor des dort angefochtenen Urteils –  falsch formuliert wurde, sondern auch in der vorliegenden Konstellation, in der die rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen den Schuldspruch tragen und lediglich die rechtliche Bewertung des Tatgerichts durch das Revisionsgericht zu korrigieren ist. Weder wird dadurch der Instanzenzug verkürzt noch werden dem Angeklagten Verteidigungsmöglichkeiten genommen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 468, 473 StPO. Die Straffreierklärung nach § 199 StGB ist von der starren Kostenregelung des § 465 Abs. 1 StGB ausgenommen. Mit Blick auf das deutliche Überwiegen des Gewichts der Anklagevorwürfe, wegen derer der Angeklagte zu Recht freigesprochen worden ist, hat der Senat von der nach § 468 StPO in seinem Ermessen stehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten insgesamt der Staatskasse aufzuerlegen.

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