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Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

Nicht geringe Menge bei synthetischen Rauschmitteln

LG Ravensburg, Az.: 2 KLs 23 Js 21719/13, Urteil vom 06.03.2015

1. Der Angeklagte ist schuldig der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln, sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 2 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitten an Minderjährige in 16 Fällen, im andern Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 2 Fällen.

2. Der Angeklagte wird deshalb zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten verurteilt.

3. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Angewandte Vorschriften: § 29Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3, § 29 aAbs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4, Abs. 2 BtMG, §§ 21, 49 Abs. 1,47,52,53 StGB

Gründe

I.

Feststellungen zur Person des Angeklagten:

Der Angeklagte stammt aus bürgerlichen Verhältnissen. Er wuchs ohne Auffälligkeiten auf.

Allerdings hatte er die Anlage zu einer Schizophrenie-Erkrankung, die bei ihm im frühen Alter ausbrach und einen schweren Verlauf nahm. Eine effektive Behandlung wurde bis heute dadurch verhindert, dass der Angeklagte keinerlei Krankheits- und Behandlungseinsicht zeigte und es vorzog, weiter Drogen zu konsumieren.

Zu den Tatzeiten lag und gegenwärtig liegt bei ihm ein schweres Residualsyndrom vor. Er ist mit einem Grad von 50 % schwerbehindert.

Im Einzelnen:

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
Symbolfoto: Von Lipik Stock Media /Shutterstock.com

1. Herkunftsfamilie und Werdegang:

Der Angeklagte wuchs ohne nennenswerte Auffälligkeiten in der Familie in sozial und finanziell geordneten Verhältnissen im Raum B S auf. Nach dem Besuch des Kindergartens wurde er altersgerecht eingeschult und wechselte nach der Grundschule auf die Realschule.

Ab der 7. Klasse verschlechterten sich dort seine Leistungen, weil der Angeklagte den Schwerpunkt seines Interesses auf die Freizeitgestaltung legte. Schließlich schaffte er auch im 2. Versuch die 9. Klasse nicht.

Im Anschluss besuchte der Angeklagte von 2007 bis 2009 die Metallfachschule in Bad Saulgau und erwarb so die mittlere Reife. Den dann anvisierten Platz an einer kaufmännischen Schule erhielt er nicht. Eine andere Ausbildung lehnte er ab. Zudem erkrankte er in dieser Zeit an einem schmerzhaften Steißbeinabszesses, der eine langwierige Behandlung erforderte.

Schließlich begann der Angeklagte ab Januar 2011 eine berufsvorbereitende Maßnahme in Pfullendorf. Während dieser Maßnahme dekompensierte der Angeklagte erstmals psychotisch. Nach einem darauf folgenden ersten stationären Aufenthalt in der Psychiatrie bis Mitte 2011 setzte er die Ausbildungsmaßnahme nicht fort. Er wohnte bei den Eltern und lebte in den Tag hinein. Erst Anfang 2012 ließ er sich auf eine Rehabilitations-Maßnahme ein.

Diese Maßnahme brach er aber nach 2 Monaten ab, da er, was für eine Fortführung unerlässlich gewesen wäre, seinen Suchtmittelkonsum nicht einstellen wollte. Er reiste für mehrere Wochen nach Holland und widmete sich dem Drogenkonsum. Nach der Rückkehr wohnte er wieder bei den Eltern, lebte wieder in den Tag hinein und konsumierte Drogen.

Im Januar 2013 begann er eine Behandlung in der Tagesklinik, wo er schließlich auch die Mitpatientin … B kennen lernte und eine Beziehung mit ihr begann.

In der Folge lebte er wahlweise bei ihr in deren Wohnung in Ravensburg, … straße …, oder bei seinen Eltern.

2014 kam es wieder zu mehreren (teil-)stationären Aufenthalten in der Psychiatrie. Der Angeklagte war während der letzten Behandlung im Sommer 2014 trotz sozialarbeiterischer Hilfestellung nicht bereit, an einem Zukunftskonzept mitzuwirken. Er wurde schließlich in die Obdachlosigkeit entlassen, bald aber wieder von den Eltern aufgenommen.

Seitdem lebt der Angeklagte wieder im Haushalt der Eltern. Für ein betreutes Wohnen wird er seitens der Kostenträger als nicht ausreichend stabil erachtet. Ihm wird von den Eltern das Kindergeld überlassen. Sonstiges Einkommen hat er nicht. Ein Arbeitsversuch als Erntehelfer scheiterte infolge fehlender Belastbarkeit des Angeklagten. Er verbringt den Tag mit Lesen und Spazierengehen. Die Beziehung zu … B ist, wenngleich noch nicht ausdrücklich beendet, so doch von ständigem Abbruch bedroht.

Der Angeklagte lebt zwar seit einer Weile abstinent. Eine ernsthafte Bewältigung seiner Suchtproblematik hat der Angeklagte aber noch nicht begonnen. Zwar führt er gelegentlich Gespräche mit der Suchtberatung. Ein seiner Problematik angemessenes Behandlungskonzept wurde aber bislang nicht erstellt. Der Angeklagte hat zwar wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung die Kostenzusage für eine Heilbehandlung beantragt. Eine realistische Vorstellung über die Anforderungen einer Therapie hat er jedoch nicht.

Einen Entschluss zur medikamentösen Behandlung seiner psychischen Erkrankung hat er trotz des Drängens der Ärzte immer noch nicht gefasst. Zwar sucht er seit Herbst 2014 regelmäßig die Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) auf. Die ihm empfohlene Medikation verweigert er aber wegen Nebenwirkungen, die er nicht in Kauf nehmen will.

2. Der Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten:

Der Angeklagte begann mit ca. 15 Jahren zu rauchen und Alkohol zu trinken. Seit dem 18. Lebensjahr trinkt er selten und in Maßen.

Mit 17 Jahren, ca. 2008, konsumierte er erstmals THC. Der Konsum fand danach gelegentlich an Wochenenden statt, intensivierte sich aber im Zusammenhang mit der später auftretenden Abszesserkrankung. Nach deren Abklingen reduzierte sich der Konsum wieder.

Seit dem 19. Lebensjahr, 2010, rauchte der Angeklagte – das JHW-018 enthaltende – Spice und andere bewusstseinsverändernde Kräutermischungen. MPA konsumierte er erstmals gegen Spätherbst 2013, teils täglich mit Tagesdosen von 0,3 bis 0,5 g. Parallel dazu fand gelegentlich Amphetaminkonsum oder der Konsum von LSD, Psilocybin, Bendzodazepinen und Ecstasy statt. Opiate konsumierte er nie.

3. Die Erkrankung des Angeklagten und deren Behandlung:

Der Angeklagte leidet an einer prozesshaft verlaufenden, wohl paranoiden Schizophrenie.

Die erste psychotische Dekompensation im Rahmen der beruflichen Maßnahme erfolgte im Zusammenhang mit dem Konsum synthetischer Cannabinoide, u. a. von Spice, einer Kräutermischung, in der die 2009 verbotene Substanz JHW-018 enthalten war. Der Angeklagte zeigte nun u. a. massive Todesängste, hatte nächtelang bei den Eltern im Bett geschlafen und sich in der Überzeugung, Männer seien im Haus, die ihn töten wollten, aus Angst im elterlichen Schlafzimmer eingeschlossen.

Während der darauf folgenden ersten stationären Behandlung vom 10.5. bis 1.6.2011 in der … R W wurde eine akute schizophreniforme psychotische Störung nebst polytoximanem Substanzkonsum diagnostiziert. Der Angeklagte zeigte u. a. formale Denkstörungen und berichtete, es kribble ihn am Hinterkopf, wenn die Mutter an ihn denke.

Eine dort zunächst begonnene Medikation beendete der Angeklagte wegen Nebenwirkungen rasch. Nur eine geringe – therapeutisch nicht ausreichende – Medikation mit dem milden Neuroleptikum Abilify duldete er. Nach der Entlassung wurde ihm weiter Abilify verordnet, das er dann aber während eines anschließenden Ägyptenurlaubs wegen „Unruhe in den Beinen” absetzte.

Während einer im Januar 2012 angetreten, aber schon am 12.3.12 von ihm abgebrochenen Rehabilitationsmaßnahme im Rehabilitationskrankenhaus … zeigte die testpsychologische Abklärung ein gutes kognitives Leistungsniveau des Angeklagten. Der Angeklagte war jedoch nicht bereit, abstinent zu bleiben. Vielmehr verlangte er nachhaltig die Vergabe von Methylphenidat (Ritalin). Kontrollen, die ihn in der Abstinenz hätten bestärken könne, lehnte er ab. Bald brach er die Reha-Maßnahme ab, die bei konsequenter Durchführung und bei zumutbarer Medikation mit hoher Wahrscheinlichkeit seine Leistungsfähigkeit wiederhergestellt hätte.

Nachdem er nach der Rückkehr aus Holland erneut psychotische Symptome gezeigt hatte, wurde er am 9.6.12 wieder in die … aufgenommen. Am Folgetag verließ er aber aus Angst vor Mitpatienten die Klinik.

Vom 25.2. bis 10.5.13 besuchte er die Tagesklinik. Erstmals wurde nun eine paranoide Schizophrenie mit einem schizophrenen Residuum diagnostiziert. Eine niedrig dosierte neuroleptische Medikation mit Abilify beseitigte die psychotischen Symptome nicht. Eine höhere Dosierung lehnte der Angeklagte aber wegen Nebenwirkungen ab. Im Verlauf der Maßnahme zeigte sich u. a. eine schnelle Überlastung des Angeklagten. Die Medikation führte er nach Abbruch der Maßnahme nicht fort.

Nach einem gewalttätigen Übergriff auf … B am 18.4.14 während einer erneuten psychotischen Dekompensation wurde der Angeklagte wieder in die … aufgenommen. Danach erneut vom 21.5. bis 16.7.14. Der 2. Unterbringung lag eine Auseinandersetzung mit dem Vater zugrunde. Der Angeklagte hatte sich dabei hochaggressiv gezeigt.

Diese beiden Aufenthalte beruhten auf Beschlüsse nach dem UBG. Auf eigenen Wunsch wurde der Angeklagte jeweils aus der Unterbringung entlassen, als keine Eigen- und Fremdgefährdung mehr festgestellt wurde. Unter antimanischer Medikation hatte sich eine Stabilisierung gezeigt. Auch hier forderte er während der Behandlung nachhaltig die Vergabe von Methylphenidat, obwohl eine Testung auf ADHS negativ verlaufen war und eine Indikation für die Einnahme von Methylphenidat nicht bestand.

4. Vorstrafen:

Ein erstes Verfahren gegen den Angeklagten wegen Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetzt wurde 2006 von der Staatsanwaltschaft Ravensburg wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Der Angeklagte ist aber, wenngleich eher geringfügig, einschlägig vorgeahndet. Wegen Erwerbs von Betäubungsmittelnverhängte das Amtsgericht Bad Saulgau im Strafbefehl vom 11.04.13, rechtskräftig seit 19.06.13, gegen den Angeklagten eine Gesamtgeldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 10 €. Der Angeklagte hatte von Oktober 2011 bis Februar 2012 im Stadtgebiet von Bad Saulgau in 5 Fällen Haschisch für 25 € – 50 € pro Kauf erworben.

II.

Sachverhalt:

Tat 1:

Der Angeklagte konsumierte – mit entsprechendem Kostenaufwand – im Herbst 2013 verschiedene Betäubungsmittel – insbesondere täglich THC – in Mengen, die er sich mit seinen legalen Einkünften nicht leisten konnte, so u. a. 0,3 bis 0,5 g MPA, das ihn im Einkauf in kleinen Mengen ca. 10 € pro Gramm kostete und mindestens 0,5 g Haschisch, das ihn ca. 8 € – 10 € pro Gramm kostete. Bei ihm lag hinsichtlich des THC bereits eine psychische Abhängigkeit vor. Pro Tag hatte der Angeklagte somit einen finanziellen Bedarf für Drogen von ca. 8 bis 10 €.

Er hatte zwar keine Wohnkosten, zumal er wahlweise bei den Eltern und der Freundin lebte. Er hatte jedoch nur in der Form des ihm von den Eltern überlassenen Kindergeldes von monatlich 120 € ein legales Einkommen, das ihm höchstens zur Deckung seines sonstigen Lebensunterhalts, nicht jedoch seines Konsums genügte. … B, die zusammen mit ihrem Kind von der öffentlichen Hand lebte, war nicht in der Lage, den Angeklagten finanziell zu unterstützen.

Deshalb beschloss er, durch den Verkauf von Drogen ein regelmäßiges, für seinen nicht unbeträchtlichen Konsum genügendes Einkommen zu erzielen.

Hierzu wollte er maßgeblich einerseits das wie Amphetamin wirkende Methiopropamin (MPA) günstig in einer größeren Menge an- und dann in Kleinmengen verkaufen, andererseits u. a. mit der wie THC wirkenden Substanz 5 F AKB-48 (= AKB – 48 F, eine mit einem Fluratom versehene strukturgleiche Substanz zur „Muttersubstanz” AKB -48), die er ebenfalls in einer größeren Menge kaufen wollte, Kräutermischungen zum Rauchen herstellen und diese verkaufen. Der Angeklagte wusste, dass es sich bei AKB-48 F um eine wie THC wirkende, das Bewusstsein verändernde Substanz handelte. Die Wirkungen von MPA waren ihm ebenfalls bekannt.

Beide Stoffe unterfallen – ebenso wie Ethyphendidat – seit 17.7.2013 dem Betäubungsmittelgesetz. AKB-48 F und Ethylphenidat werden ab diesem Zeitpunkt in Anlage II des BtMG als nicht verschreibungsfähig aufgeführt, MPA in Anlage I des BtMG als nicht verkehrsfähig. Damit rechnete der Angeklagte auch und nahm dies billigend in Kauf. Gleichzeitig nahm er billigend in Kauf, dass diese Drogen, insbesondere AKB-48 F, auch starke Wirkungen haben können. Er rechnete damit, mit dem Erwerb und Verkauf der Substanzen gegen geltendes Recht zu verstoßen und sich – auch erheblich – strafbar zu machen.

Er war jedoch aufgrund der Auswirkungen seiner psychischen Erkrankung nur vermindert fähig, sich entsprechend dieser Einsicht zu verhalten. Vielmehr hatte er aufgrund seines Residualsyndroms und der damit einhergehenden Verflachung seiner Werte eine von ihm nur eingeschränkt kontrollierbaren Neigung, die Befriedigung seiner aktuellen Bedürfnisse über andere Gesichtspunkte und über die Einhaltung von Gesetzen zu stellen.

Er bestellte in Umsetzung seines Entschlusses für rund 770 € im Internet bei dem englischen Unternehmen Plantpalacefood am 14.10.13 unter anderem 50 g MPA – hiervon 40 g Base –, 27 g AKB-48 F und 5 g Ethylphenidat, aber auch 17 g B-22.

Während das – wie Ritalin wirkende – Ethylphenidat vor allem dem Eigenkonsum des Angeklagten diesen sollte, waren ca. 50 % des MPA – somit rund 20 g MPA-Base – und ca. 50 % des AKB-48 F – nach Herstellung von Kräutermischungen – zum gewinnbringenden Weiterverkauf auch an die zu seinem weiteren Umfeld zählenden minderjährigen Drogenkonsumenten bestimmt. Nach Zahlung der – möglicherweise aus früheren Drogengeschäften stammenden – Kaufsumme durch Überweisung vom 4.11.13 wurde die Ware abgeschickt und kam am 15. November 2013 in der Wohnung der … B an.

Das MPA war in einer durchsichtigen Tüte verpackt mit dem Aufdruck „MPA” nebst einer korrekter Darstellung der chemischen Struktur und dem Hinweis, die Substanz sei nur als Laborreagenz nutzbar. In einer gleichen Verpackung wurde das AKB- 48 F übersandt, wobei auch hier ein Aufkleber mit der chemischen Struktur und der Bezeichnung 5F-AKB-48 aufgebracht waren und auch hier vermerkt war, dass nur eine Verwendung als Laborreagenz zulässig sei.

In der Folge verkaufte er ca. 20 g des MPA für je 10 € pro Gramm in seinem Umfeld, teils nachdem er das Pulver in blaue Gelatinekapseln gefüllt hatte, weil es sich so leichter konsumieren und verkaufen ließ. Selbst konsumierte er bis zum 18.11.13 ca. 3 g. Einen Teil konsumierte Lisa Brücher.

In der Wohnung der B stellte der Angeklagte auch die Kräutermischungen her, die er verkaufen wollte. Ca. 19 Gramm des AKB-48 F (= 5F-AKB-48) löste er hierzu in Aceton auf und sprühte die Lösung dann mittels einer Sprühflasche von Hand auf diverses Pflanzenmaterial, insbesondere auf Teeblätter und Tabak. Dabei rechnete er damit, dass infolge dieser Applikationsform keine gleichmäßige Verteilung der Lösung erfolgte und eine zuverlässige Dosierung bei Konsum deshalb kaum möglich war. Welche Menge an Kräutermischung er so erzeugte, ist nicht bekannt.

Einen kleinen Teil dieser Kräutermischung mit ca. 1-2 g AKB-48 F rauchte er in den nächsten Tagen selbst. Den überwiegenden Teil verkaufte er – ebenfalls gewinnbringend – u. a. in der damaligen Szene für den Handel und Konsum von Kräutermischungen, die sich im Hirschgraben in Ravensburg gebildet hatte. U. a. waren der dort häufig verkehrende R und der ebenfalls oft im Hirschgraben aufhältliche und, wie der Angeklagte ahnte und in Kauf nahm, erst 16 Jahre alte P J seine Abnehmer.

J erwarb aber auch von anderen Personen Kräutermischungen. Am 17.11.13 konsumierte er Kräutermischungen und weitere psychotrope Substanzen. Nach massiven körperlichen Beschwerden und hohem Fieber verstarb er. Der Konsum von Kräutermischungen, die er beim Angeklagten erworben hatte, waren nicht todesursächlich.

Weil der Angeklagte u. a. von R gegenüber der Polizei beschuldigt worden war, den Tod des J verschuldet zu haben, erfolgte am 18.11.13 eine Durchsuchung der gemeinsame Wohnung in der … straße . in Ravensburg, wo der Angeklagte zu dieser Zeit lebte. Dort wurden noch 7,88 g AKB-48 F und 17,35 g MRA sichergestellt; darüber hinaus 0,48 g Haschisch, 0,14 g Marihuanablüten, 1,21 g THC-haltiges Material in Brockenform, 0,19 g Kräutermischung mit den Inhaltsstoffen JHW-122 und AKB-48 F, 0,55 g Kräutermischung mit den Inhaltsstoffen THC und AKB-48 F und 0,12 g metamphetaminhaltiges Pulver.

Bei einer weiteren, ergänzenden Durchsuchung am 22.11.13 wurden in der genannten Wohnung weitere 1,75 g MPA, 0,99 g Ethylphenidat, ein Tütchen mit Cannabissamen und 0,15 Gramm mit AKB-48 F versetzter Tabak sichergestellt, die bei der ersten Durchsuchung übersehen worden waren.

Tat 2 (Fälle 2- 17 der Anklage):

Der Umstand, dass bei ihm zweimal durchsucht und dabei Rauschgift aufgefunden worden war, und dass deshalb gegen ihn ein Ermittlungsverfahren lief, beeindruckte den Angeklagten, der auch vor dem Hintergrund der Residualsymptomatik eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber Gesetzten aufweist, nicht. Er wollte weiter Drogen konsumieren und diesen Konsum nun durch den fortlaufenden Gewinn aus dem Verkauf von Marihuana finanzieren.

Hierzu erwarb er von einer unbekannt gebliebenen Person im Dezember 2013 50 g Marihuana mit einem Wirkstoffanteil von ca. 5 %. Von diesem Rauschgift konsumierte er 25 g selbst. Den Rest veräußerte er gewinnbringend in den folgenden Wochen bis zum 12.02.14 zum Grammpreis von ca. 16 €, somit für insgesamt ca. 400 € an verschiedene – teils minderjährige – Abnehmer. Soweit, wie im Folgenden beschrieben, ein Verkauf an Minderjährige erfolgte, hatten alle bereits Erfahrung im Umgang von Marihuana und traten jeweils zum Kauf auf den Angeklagten zu.

Dabei verkaufte und übergab der Angeklagte im Dezember 2013 an 10 verschiedenen Tagen jeweils zwischen 0,5 bis 3 g an den 15 Jahre alten … B, insgesamt ca. 8 g und erzielte hierbei ca. 130 € Verkaufserlös. Ebenfalls im Dezember 2013 und je ein weiteres Mal im Januar und Februar 2014 verkaufte und übergab der Angeklagte an den 14 Jahre alten … B ca. 1,2 g für jeweils 20 €. Im Januar 2014 verkaufte und übergab der Angeklagte für 10 € ca. 0,6 g an … B und die beide 15 Jahre alten … T und <j. Ende Januar 2014 veräußerte der Angeklagte an M und den 15 Jahre alten … K 3 g für 50 €. Weitere ca. 1,5 g für 30 € veräußerte er Anfang Februar 2014 an … K und den 14 Jahre alten L.

Tat 3:

Wegen des Verdachts der Rauschgiftabgaben an Minderjährige wurde am 12.2.2014 zum dritten Mal die damalige Wohnung des Angeklagten in der … straße … in Ravensburg durchsucht. Dabei wurden 3 g Marihuana, Cannabissamen und – stängel, 3,7 g Marihuana-Gemisch, 1,38 g THC-haltige Substanz, 0,6 g Amphetamin, 5 ganze Ecstasy-Tabletten und ein kleines Tablettenbruchstück und 0,48 g Methylphenidat aufgefunden und sicher gestellt. Zu Gunsten des Angeklagten wird davon ausgegangen, dass das Marihuana noch aus der im Dezember 2013 erworbenen Menge (Tat 2) stammt. Das restliche Rauschgift war zwar überwiegend zum Eigenkonsum bestimmt. Zumindest die Ecstasy-Tabletten sollten jedoch dem Weiterverkauf dienen.

Tat 4:

Auch die dritte Durchsuchung bewegte den Angeklagten nicht zu einer Verhaltensänderung. Er wollte weiter Drogen konsumieren und den Konsum weiterhin durch den fortlaufenden Gewinn aus dem Verkauf von Marihuana finanzieren.

Hierzu erwarb er von einer unbekannt gebliebenen Person nach der eben genannten Durchsuchung aber noch im Februar 2014 30 g Marihuana mit einem Wirkstoffanteil von ca. 5 %. Von diesem Rauschgift konsumierte er 15 g selbst. Den Rest veräußerte er für insgesamt ca. 240 € an verschiedene – teils minderjährige – Abnehmer u. a. im Februar 2014 gleichzeitig an … H 1, 5 g und an … K 1,9 g für insgesamt 30 €. Im März 2014 verkaufte er gleichzeitig an den 13 Jahre alten … M 1,2 g für 20 €, an … B 1,2 g für 20 € und an … H 0,6 g für 10 €.

Bei den genannten vier Taten war die Fähigkeit des Angeklagten, gemäß vorhandener Unrechtseinsicht zu handeln, jeweils aufgrund der Residualsymptomatik erheblich vermindert. In Jedem Fall wusste er, dass er die zum Umgang mit Betäubungsmitteln i. S. des BtMG erforderliche Erlaubnis nicht hatte.

Hinsichtlich weiterer Vorwürfe wurde gem. § 154 Abs. 2 StPO verfahren. Dies betraf zum einen die Verfolgung einer Körperverletzung z. N. von … B am 18.4.14, angeklagt im zunächst beim Amtsgericht Ravensburg anhängigen Verfahren 11 Cs 12 Js 10310/14, zum anderen die Verfolgung wegen Besitzes von Betäubungsmittel am 04.04.14 In Ravensburg, angeklagt im zunächst beim Amtsgericht Ravensburg anhängigen Verfahren 11 Cs 24 Js 8181/14.

III.

Beweiswürdigung:

1.

a) Der Angeklagte hat sich entsprechend den Feststellungen zu seinem Werdegang eingelassen. Das Einlassungsverhalten des Angeklagten war dabei überaus auffällig. Der Angeklagte zeigte sich bei seiner Einlassung geradezu lethargisch, wie es die Kammer in dieser Form bislang selten erlebt hat. Auch auf überaus ernste Vorhalte wegen seines bisherigen verantwortungslosen Umgangs mit seiner Krankheit reagierte er äußerlich nahezu ungerührt, zeigte nur gelegentlich Anzeichen von Verunsicherung. Er erklärte dann, seine Krankheit nehme er schon ernst. Dabei war er jedoch trotz seiner zweifellos guten intellektuellen Ausstattung nicht in der Lage, sein – von ihm nur in wenig zutreffenden Schlagworten („manisch affektiv”) benanntes – Krankheitsbild und die notwendige Behandlung schlüssig darzulegen. Momentan, so der Angeklagte zu seinem Residualsyndrom, habe er Depressionen. Er gab an, er nehme nur wegen der Nebenwirkungen keine Medikamente. Hierzu befragt gab er an, die machten ihn extrem müde; er habe auch unruhige Beine. Auch hier konnte er nicht ansatzweise vermitteln, inwiefern die von ihm beschriebenen Nebenwirkungen an objektiver Schwere die Auswirkungen der Krankheit auch nur erreichten, zumal er selbst angab, er leide unter den gegenwärtigen Depressionen. Dass er Müdigkeit und unruhige Beine tatsächlich als schlimmer empfindet, als eine Depression, konnte die Kammer nicht nachvollziehen. Auf die Frage, ob ihn nicht bereits das erste Auftreten einer Dekompensation nach Konsum von Drogen verängstigt und von weiterem Konsum abgehalten habe, erklärte er abwehrend, die Krankheit komme nicht von THC. Normales Cannabis vertrage er gut. Synthetisches Cannabis habe die Krankheit ausgelöst. Das habe er aber trotzdem genommen.

Ergänzt wurden seine Angaben zu seiner Krankheit und deren Behandlung im Detail durch den Sachverständigen Dr. A, der die – seinen Angaben in der Hauptverhandlung inhaltlich entsprechenden – Angaben, die der Angeklagte ihm gegenüber während des Explorationsgesprächs gemacht hat, aber auch den Inhalt der Unterlagen über bisherige (teil-) stationäre Aufenthalte glaubhaft referierte und ebenso glaubhaft die im Rahmen der stationären und teilstationären Aufenthalte erhobenen Befunde darlegte.

b) Die Feststellungen zu seinem Werdegang beruhen auf den Angaben des Angeklagten.

Die Feststellungen zum Vorliegen der psychischen Erkrankung und ihrer bisherigen Behandlung und zur Abhängigkeit des Angeklagten beruhen auf der schlüssigen und detailliert begründeten fachlichen Bewertung des bereits genannten Sachverständigen Dr. … A Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Forensische Psychiatrie, Chefarzt der Abteilung Behandlung und Rehabilitation … des …, der der Kammer seit Jahren als fachlich kompetent und besonders sorgfältig bekannt ist.

Er führte aus, in der Zusammenschau der bisherigen Behandlungsbefunde bestehe kein Zweifel an einer psychotischen Grunderkrankung. Diese sei bei der ersten Dekompensation noch im Rahmen des damaligen Substanzkonsums als drogeninduziert angesehen worden. Der spätere Krankheitsverlauf und das Vorliegen massiver Leistungseinbußen, die klar als Residualsyndrom zu werten seien, belege aber das Vorliegen einer prozesshaften psychotischen Erkrankung. Wenngleich ein aggressiver Übergriff auf Lisa Brücher im April 2014 eine maniforme Symptomatik zeige, spreche der Gesamtverlauf der Erkrankung am ehesten für eine paranoide Schizophrenie mit psychotischen Dekompensationen, die zumindest teilweise durch Drogenkonsum ausgelöst worden seien. Im Rahmen dieser Dekompensationen seien typische Symptome eine schizophrenen Psychose im Sinne von Ich-Störungen mit Gedankenentzug aufgetreten, aber auch Zweitrangsymptome mit u. a. paranoidem Wahnerleben und formalen Denkstörungen.

Gegenwärtig würden zwar produktiv-psychotische Symptome vom Angeklagten verneint und seien auch nicht offensichtlich. Die erkennbare Verunsicherung des Angeklagten in Gesprächen lasse jedoch vermuten, dass keine wirkliche Remission der Erkrankung erfolgt sei.

Dass der Angeklagte keine therapeutisch sinnvolle Medikation dulde, könne er, der Arzt, nicht verstehen. Zwar hätten die Medikamente teils Nebenwirkungen. Diese stünden jedoch außer Verhältnis zu den Beeinträchtigungen, die die Krankheit brächte. So sei eine vorübergehende Müdigkeit infolge der Medikation sicher nicht schlimmer, als die völlige Leistungseinbuße des Angeklagten, die gegenwärtig vorliege.

Die Krankheit gehe zwar nicht auf den Konsum von Drogen zurück. Sie sei anlagebedingt. Allerdings sei er sich nahezu sicher, dass ohne den Konsum die Krankheit später ausgebrochen und der Verlauf leichter gewesen sei. Man könne dem Angeklagten zwar seine Krankheit nicht vorwerfen. Ihn träfe aber die Verantwortung am Umgang mit der Erkrankung, nämlich eine sinnvolle Medikation zu verweigern und weiter zu konsumieren.

Zudem sei der multiple Substanzkonsum des Angeklagten als polytoxikomaner schädlicher Gebrauch von Cannabinoiden, Stimulanzien und Halluzinogen zu werten, wobei hinsichtlich der Cannabinoide möglicherweise schon ein Abhängigkeitssyndrom bestehe.

Die Kammer hat die Ausführungen sorgfältig durchdacht und nachvollzogen. Sie war auch aufgrund eigenen Eindrucks vom Angeklagten von ihrer Richtigkeit überzeugt. Sie war sich auch gewiss, dass die vom Angeklagten gezeigte Lethargie Folge seiner schweren Erkrankung ist. Die Kammer hatte Verständnis für seine Erkrankung, war jedoch nach der Darstellung des Sachverständigen überzeugt, dass der Angeklagte, der trotz seiner Erkrankung noch die Möglichkeit hatte, sich vernünftig zu entscheiden, über Jahre hinweg trotz intensiver ärztlicher Aufklärung niemals ihm zahlreich angebotene fachliche Hilfe angenommen hat und niemals ernsthaft bereit gewesen ist, seinen Rauschgiftkonsum dauerhaft einzustellen oder im Interesse einer Rehabilitation unvermeidbare aber zumutbare und vorübergehende Nebenwirkungen der Medikation hinzunehmen.

2. Der Angeklagte hat sich – weitgehend über seinen Verteidiger, dessen Vortrag er sich dann zu Eigen machte – auch entsprechend den Feststellungen zur Sache eingelassen. Insgesamt versuchte er seine Taten völlig zu verharmlosen.

Er versuchte sich dabei, was den Einkauf der Drogen in England betraf, als leichtgläubigen Konsumenten darzustellen, der weder gewusst habe, dass die bestellten Drogen MPA, AKB- 48 F und Ethylphenidat verboten seien, und der keine Vorstellungen über ihre Wirkung gehabt habe.

In ähnlich unglaubhafter Weise behauptete er, die zwei Flaschen Aceton, die am 18.11.13 bei ihm aufgefunden worden seien, hätten zum Putzen gedient, räumte jedoch auf Vorhalt, der auf Lichtbildern dokumentierte und von den Ermittlungsbeamten beschriebene Zustand der Wohnung als überaus vernachlässigt, lege keinesfalls die Annahme nahe, in der Wohnung sei überhaupt oder gar in einer für Industriebetriebe bekannten, professionellen Weise geputzt worden, ein, er habe mit dem Aceton und der Sprühflasche Kräutermischungen hergestellt.

Ihm sei es, so der Angeklagte unglaubhaft, auch „nicht so ums Geld gegangen”, ihm habe es vor allem Spaß gemacht, anderen etwas geben zu können. Er stellte auch in Frage, in der typischen Art eines Dealers vorgegangen zu sein. Er habe zwar sein Rauschgift in einer Box verpackt versteckt gebunkert, habe aus dem Versteck bei Nachfrage etwas geholt. Ein System habe er nicht gehabt. Andere hätten mehr System. Er sei P genannt worden, das sei aber nur ein Spitz-, kein Deckname.

Insgesamt zeigte er keine ernsthafte Auseinandersetzung mit seinem Tun, zog nur das Fazit, er sei eben komplett geblendet gewesen, wie im Traum. Auch hinsichtlich der Zukunft zeigte er sich oberflächlich. Jetzt wolle er etwas erreichen. Er wolle jetzt eine Langzeittherapie von 6 bis 9 Monaten machen, habe hierzu vor 10 Tagen die Kostenzusage beantragt. Nähere Ausführungen, inwiefern er meine, die von ihm anvisierten Therapieeinrichtungen seien gerade auf seinen schweren psychischen Befund ausgerichtet, machte er nicht, beharrte auf der pauschalen Bemerkung, die behandelten auch Doppeldiagnosen.

3. Die Einlassung war, soweit sie den Feststellungen entsprach, glaubhaft, zumal sie sich insoweit mit den von den Ermittlungsbeamten berichteten Ermittlungsergebnissen deckte.

So ergaben sich die Bestellungs-, Lieferungs- und Zahlungsdaten zu Tat 1 auch aus dem Bericht der Beamten zu den bei der Durchsuchung gesicherten Unterlagen. Auch gaben die Beamten an, bei den Durchsuchungen nicht nur Raucherutensilien, sondern auch auf Handel weisende Indizien, z. B. Feinwaagen und dealertypische Griptütchen, aber auch blaue Gelatine-Kapseln gefunden zu haben, in denen der Angeklagte nach Zeugenberichten zum Verkauf Substanzen füllte.

Eine – schon vor Herbst erfolgte – intensive Verkaufstätigkeit des Angeklagten – auch mit Kräutermischungen – hätten ebenfalls mehrere Zeugen berichte, so u. a. der Abnehmer R. Dabei hätten Zeugen auch berichtet, der Angeklagte habe stets einen auffällig gefüllten Geldbeutel gehabt.

Diese Angaben hätten die Möglichkeit eröffnet, dass der Angeklagte tatsächlich dem J die Kräutermischung verkaufte, die er vor dem Tod konsumiert hatte. Zweifelsfrei belegt werden habe dies nicht können, da auch andere Personen mit Kräutermischungen gehandelt hätten. Dabei legte insbesondere der Beamte R die damalige Kräutermischungen-Szene nach den polizeilichen Erkenntnissen aus zahlreichen Ermittlungsverfahren dar. Er führte auch aus, es sei mehrfach zu Zusammenbrüchen von Personen gekommen. Leute seien einfach umgekippt, völlig überhitzt gewesen. Gelegentlich sei ein Rettungswagen gerufen worden, oft habe man, um keine Schwierigkeiten zu bekommen, die Betroffenen auch nur an den Rand des Hirschgrabens geschleppt und sich selbst überlassen.

Die von dem Beamten weiter berichtete Auswertung des Handys des Angeklagten belegte zahlreiche Kontakte mit bekannten Drogenkonsumenten. Zudem berichteten die Beamten – auch anhand von Lichtbildern – über die Ergebnisse der Durchsuchungen und die dabei sichergestellten Stoffe.

Die weiteren Feststellungen zu den Rauschgiften beruhen in qualitativer und quantitativer Hinsicht auf den Untersuchungsergebnissen des LKA Stuttgart. Die Sachverständige Dr. J berichte dabei auch, das untersuchte MPA habe 80 % MPA-Base enthalten.

Unglaubhaft war nach alledem die Behauptung des Angeklagten, er habe in dem kurzen Zeitraum zwischen der Lieferung der Bestellung und der Durchsuchung bereits die Hälfte des nicht mehr vorhandenen AKB-48 F bzw. MPA selbst konsumiert. Eine solche Konsummenge binnen wenigen Tagen ist auch vor dem Hintergrund des von ihm zuvor berichteten Konsums nicht glaubhaft. Allerdings konnte die Kammer nicht ausschließen, dass auch die Lebensgefährtin den Angeklagten von dem MPA einnahm, zumal ein entsprechender, bei ihr durchgeführter Test den Angaben des Ermittlungsbeamten R zufolge positiv verlief. Zudem war nicht auszuschließen, dass eine kleine Menge MPA auch bei der 2. – gründlicheren – Durchsuchung übersehen oder eine bei der ersten Durchsuchung zusätzlich übersehene Menge anderswo versteckt wurde. Dennoch hatte die Kammer keinen Zweifel, dass höchsten 10 g MPA vom Angeklagten und seiner Freundin selbst konsumiert bzw. bei zwei Durchsuchungen übersehen oder zur Seite gebracht wurden und dass ca. 20 g des Angeklagten MPA entsprechend der eingeräumten Absicht des Angeklagten schon verkauft worden waren, zumal der Angeklagte weitere Einnahmen ja auch u. a. für weitere Drogenkäufe, insbesondere den Marihuana-Kauf im Dezember benötigte.

Auch hält die Kammer für höchst unwahrscheinlich, dass der Angeklagte in dem kurzen Zeitraum zwischen Lieferung und Durchsuchung am 18.11.13 ca. 9 g AKB-48 F selbst konsumiert hatte. Auch hier ist die Kammer überzeugt, dass das meiste – nicht sicher gestellte – Rauchgift schon abgesetzt war und der Angeklagte dabei höchstens 2 g selbst konsumiert hatte. Dies beruht auf dem unten näher beschriebenen Umstand, dass diese Substanz um ein vielfaches potenter ist als THC und in Reinsubstanz vorlag. Wie sich aus den späteren Ausführungen ergibt, entsprechen 2 g AKB-48 F ungefähr der Wirkung von 6-7 g THC. Um dieses zu konsumieren, müsste der Angeklagte 60 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 10 % rauchen. Dass er in den vier bis fünf Tagen nach Erhalt der Lieferung bis zur Sicherstellung einen höheren Konsum als diese Menge hatte, erscheint der Kammer eher abwegig.

Die Kammer hatte auch keine Zweifel, dass der Angeklagte bei der Bestellung billigend in Kauf genommen hat, dass die von ihm bestellten Rauschmittel illegal waren und dass er für den Umgang mit ihnen eine Erlaubnis benötigt hätte, die er nie bekommen hätte. Dabei ist der Kammer bekannt, dass von Konsumenten vor allem deshalb auf synthetische Drogen ausgewichen wird, weil diese (noch) nicht verboten sind. Allerdings weiß jeder erfahrene Konsument von Kräutermischungen, wie es der Angeklagte auch nach seiner Darstellung ist, dass diese Stoffe wie schon verbotene Substanzen wirken und es deshalb stets nur eine Frage der Zeit ist, bis auch die neuen Substanzen verboten werden, wie dies, was auch in Userkreisen bekannt ist und was sicher auch der früher Spice konsumierende Angeklagte weiß, in der Vergangenheit insbesondere im Jahr 2009 zur Modedroge Spice der Fall war, die vor allem aus dem Stoff JHW-018 bestand.

Jeder auch nur einigermaßen erfahrene Konsument synthetischer Drogen rechnet deshalb stets damit, dass ein Verbot auch hinsichtlich bislang noch nicht dem BtMG unterfallender, derart wirkender Stoffe erfolgen wird. Er nimmt beim Erwerb solcher

Stoffe, sofern er sich über deren gesetzlichen Status nicht über zuverlässige Quellen informiert – wozu Auskünfte anderer Konsumenten oder ungeprüfte Angaben in Internetforen sicher nicht zählen –, stets in Kauf, dass ein solches Verbot bereits erfolgt ist. Dabei hat er in der Regel vor, sich notfalls dumm zu stellen und die Schutzbehauptung vorzugeben, er habe geglaubt, die Droge sei legal. Eine Veranlassung, gerade dem Angeklagten diese Dummheit abzunehmen, hat die Kammer allerdings nicht ansatzweise.

Die Kammer hat dem Angeklagten auch seine Behauptung, er habe keine Vorstellung gehabt, wie die Drogen wirken, nicht abgenommen. Der Angeklagte ist ein erfahrener Drogenkonsument. Er hat Erfahrung mit – bereits verbotenen – synthetischen Cannabinoiden, Er hat früher das in Form von „Spice” vertriebene JHW-018 konsumiert, dessen Wirkung er somit aus eigener Erfahrung kennt. JHW-018 ist, wie später ausgeführt wird, aber weitaus potenter als THC. Die Kammer schließt auch hinsichtlich des MPA aus, dass der Angeklagte die tatsächliche Wirkung der Substanz nicht kannte. Grund zur Annahme, der Angeklagte wäre so naiv, mit entsprechendem hohen finanziellen Aufwand „ins Blaue hinein” Drogen zu bestellen, die er selbst konsumieren – aber auch verkaufen – will, ohne eine Vorstellung über die Wirkung zu haben, hatte die Kammer nicht.

Soweit er gemeint haben mag, die Menge werde rechtlich nicht als nicht geringe Menge angesehen und der Einkauf deshalb milde bestraft, ist dies als Subsumtionsirrtum unbeachtlich.

Die Feststellungen zur Wirkung und zur Gefährlichkeit der Drogen beruht auf den Darlegungen der Sachverständigen Diplom-Chemikerin Dr. J, die seit vielen Jahren im Kriminaltechnischen Institut des LKA Baden-Württemberg für das gesamte Bundesland laufend Untersuchungen auch zu psychotropen Substanzen vornimmt. Die Kammer ist überzeugt, dass sie aufgrund ihrer beruflichen Befähigung und Tätigkeit nicht nur die ihr vorgelegten Substanzen in chemischer Hinsicht einwandfrei bestimmen kann und den aktuellen Stand der Wissenschaft zur pharmakologisch-toxischen Beurteilung der Stoffe kennt, sondern auch einen Überblick über gegenwärtige Tendenzen zum Umgang mit solchen Substanzen hat.

Die Kammer war danach überzeugt, dass AKB-48 F eine gefährliche Droge ist, weil sie – insbesondere bei der Herstellungsmethode des Angeklagten – nicht sicher dosierbar ist.

Die Wirkungen insbesondere von AKB-48 F legte die Sachverständige Dr. J im Rahmen ihres Untersuchungsberichts überaus anschaulich dar. Sie führte aus, Vergiftungen – die bei THC selten vorkämen – könnten u. a. Krampfanfälle oder Atemstillstand auslösen und zu lebensbedrohlichen Zuständen führen. Berichtet werde u. a. über nicht kontrollierbare Veränderungen des Gemütszustandes, Angstzustände, Panikattacken, Halluzinationen, Desorientiertheit, Tachykardie, Übelkeit, Erbrechen, Muskelspasmen und Koordinationsverlust. Anders als bei THC könnten Vergiftungen auch tödlich verlaufen. Allein in Baden-Württemberg habe es 2014 fünf Todesfälle im Zusammenhang mit dem Konsum von Kräutermischungen gegeben.

Die Vergiftungsgefahr beruhe auf der hohen Potenz von AKB-48 F. Sie legte diese Potenz- wie später ausgeführt – anschaulich dar und errechnete als Beispiel, 10 g AKB-48 F ergebe bei einer – sehr hoch – angesetzten Erstkonsumenten-Konsumeinheit von 5 mg 200 Konsumeinheiten. Um solche 200 Erstkonsumenten-Konsumeinheiten bei THC zu erreichen, benötige man 3 g THC. Man müsse also mindestens eine Menge von 300 g Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 10 % haben, um dieselben Wirkung zu erzeugen, wie sie 10 g AKB-48 F hätten.

Die Substanz werde beim Rauchen nach wenigen Minuten im Körper aufgenommen. Sei ein Joint überdosiert – was bei den im Milligrammbereich liegenden Konsummengen leicht der Fall sein könne – träte noch während des Rauchens schnell eine Vergiftung ein.

Die Kammer hat dies sorgfältig nachvollzogen und sich von der Richtigkeit der Ausführungen überzeugt.

Die Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Marihuanas bei den Taten 2 und 4 beruhen auf einer Schätzung. Das Gericht hatte keine Veranlassung, bei dem Marihuana, das offensichtlich gut verkäuflich war, von einer schlechteren Qualität auszugehen. Auf einer Schätzung aufgrund von Erfahrungswerten beruhen auch die von der Kammer festgestellten Preise, zu denen der Angeklagte die selbst konsumierten Drogen in kleinen Dosen ankaufte, bevor er größere Mengen erwarb.

3. Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit beruhen auf den Ausführungen des Sachverständigen Dr. … A. Er führte aus, die beim Angeklagten bestehende Psychose sei eine krankhafte seelische Störung i. S. d. § 20 StGB. Der Substanzmissbrauch bzw. die eventuell beginnende Abhängigkeit bewerte er aufgrund des Umstandes, dass er in der Vergangenheit mehrere Dekompensationen mitausgelöst habe, die letztlich massiv die allgemeine Lebensführung und die Belastbarkeit des Angeklagten tangierten und in sämtliche Lebensbereiche auswirkten, als schwerwiegend, so dass die Abhängigkeit als andere schwere seelische Abartigkeit einzustufen sei.

Ausgewirkt habe sich bei den Taten aber nur das Residualsyndrom. Psychotisch sei der Angeklagte da – anders als bei der eingestellten Tat z. N. der … B – nicht gewesen; Hinweise, dass das Abhängigkeitssyndrom mit drohenden oder eingetretenen Entzugssymptomen den Angeklagten habe motivieren können, fehlten.

Zu den mit dem Residualsyndrom verbunden Funktionseinbußen äußerte der Sachverständige sich ausführlich. Das Residualsyndrom zeige sich in einer Antriebsminderung, einer verminderten Belastbarkeit und einer verminderten Fähigkeit, Ziele zu erreichen. Aktuelle Bedürfnisse gingen längerfristigen Überlegungen stets vor.

Die Einsichtsfähigkeit sei bei diesen Taten beim Angeklagten zweifelsfrei vorhanden gewesen. Hinweise auf eine Wahndeterminierung bei den Taten fehlten.

Allerdings habe sich das seit Residualsyndrom auf der Motivationsebene und damit hinsichtlich der Steuerungsfähigkeit ausgewirkt. Das innere Wertesystem gerate nach und nach durcheinander. Vor diesem Hintergrund halte er es für möglich, dass der Angeklagte auch gesellschaftliche Normen als geringwertiger betrachte, als eigene aktuelle Bedürfnisse. Ähnlich wie ein Dissozialer ordne der Angeklagte möglicherweise Gesetze seinen eigenen Bedürfnissen einfach unter. Nur könne der Dissoziale hierüber frei entscheiden, wohingegen der Angeklagte durch die Krankheit in dieser Entscheidungsfreiheit eingeschränkt sei. Er könne deshalb nicht ausschließen, dass infolge der gegenwärtig in Form eines Residualsyndroms bestehenden Psychose die Willensfreiheit beim Angeklagten erheblich eingeschränkt und seine Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei.

Für eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit spräche aber nichts. So stellten sich alle vom Angeklagten und Zeugen berichteten Handlungsabläufe als geplant und zielgerichtet dar. Störungen oder Brüche seine nicht erkennbar. Insbesondere die von ihm durchgehend getroffenen Absicherungsmaßnahmen gegen Entdeckung wiesen klar auf eine erhaltene Steuerungsfähigkeit hin.

Die Kammer hat auch dies sorgfältig nachvollzogen und sich von der Richtigkeit des Ausführungen überzeugt. Auch die Kammer war sich danach sicher, dass infolge der psychischen Erkrankung das Wertesystem des Angeklagten und dessen Fähigkeit, sich an Normen zu halten, so gestört ist, dass von ihm in weitaus geringerem Umfang verlangt werden kann, sich normgerecht zu verhalten. Grund zur Annahme, er sei krankheitsbedingt unfähig zu normgerechtem Verhalten, hatte die Kammer allerdings nicht.

IV.

Rechtliche Würdigung:

1.

Tat 1 ist strafbar als Verbrechen der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, das gem. § 52 StGB in Tateinheit steht mit einem Verbrechen des Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge gem. § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmittel an Minderjährige gem. § 30Abs. 1 Nr. 2, 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG.

Die Grenze zur nicht geringen Menge war dabei hinsichtlich des Methiopropamins (MPA) und des AKB-48 F überschritten. Die Grenze zur nicht geringen Menge hat die Kammer dabei bei 10 g MPA-Base und 2 g AKB-48 F gezogen.

a) Hinsichtlich der Grenzwertbestimmung beim MPA bezieht sich die Kammer auf die in ständiger Rechtsprechung vom Bundesgerichtshof angewandte Methode (siehe BGH, Urteil vom 14.1.15 – 1 StR 302/13 m. w. N.).

Danach ist der Grenzwert der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels stets in Abhängigkeit von dessen konkreter Wirkungsweise und -intensität festzulegen. Maßgeblich ist zunächst die äußerst gefährliche, gar tödliche Dosis des Wirkstoffs. Fehlen hierzu gesicherte Erkenntnisse, so errechnet sich der Grenzwert als ein Vielfaches der durchschnittlichen Konsumeinheit eines nicht an den Genuss dieser Droge gewöhnten Konsumenten. Das Vielfache ist nach Maßgabe der Gefährlichkeit des Stoffes, insbesondere seines Abhängigkeiten auslösenden oder sonst die Gesundheit schädigenden Potentials zu bemessen. Lassen sich zum Konsumverhalten keine ausreichenden Erkenntnisse gewinnen, so entscheidet ein Vergleich mit verwandten Wirkstoffen.

Vorliegend war der Vergleich mit verwandten Substanzen bestimmend.

Die Kammer wurde auch bei der Frage der Beurteilung der nicht geringen Menge bei MPA sachverständig beraten durch die beim LKA Baden-Württemberg mit langjähriger Berufserfahrung tätige Diplom-Chemikerin Dr. J.

Die Sachverständige legte zunächst dar, der unter dem Trivialnamen Methiopropamin oder der Abkürzung MPA bekannte der Wirkstoff N-Methyl-1(thiopen-2yl)propan-2-amin werde von der seit 17.7.2013 gültigen Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG erfasst. MPA sei mit einem Thiophenring eine strukturanaloge Verbindung zum Methamphetamin, chemisch gesehen aber kein Phenylethylamin und somit auch kein zur Gruppe dieser chemischen Verbindungen gehörendes Amphetamin. Die Substanz sei 2010 auf den Markt gekommen. Sie ähnele chemisch zwar mehr dem Methamphetamin, sei in der Anwendung und Wirkung aber mit Amphetamin zu vergleichen. Dabei lägen zwar keine gesicherten pharmakologischen Daten vor, zumal der Stoff für die Pharmaindustrie uninteressant sei und nicht erforscht werde. Die toxische Dosis oder therapeutisch effektive Einzeldosen seien deshalb wissenschaftlich nicht fundiert. Jedoch zeichne sich aus den von ihr und dem LKA laufend ausgewerteten Erfahrungsberichten der „User” in der Breite trotz aller Unsicherheiten bei Einzelberichten ein recht klares Bild zu Konsumform und -menge. MPA werde danach – wie Amphetamin – vorwiegend nasal oder oral konsumiert, wobei die Einzeldosis – wie bei Amphetamin – bei nasaler Applikation bei ca. 20 bis 40 mg, bei oraler Einnahme bei ca. 40 bis 50 mg liege. Die Wirkungsdauer liege ausweislich der Erfahrungsberichte wie bei Amphetamin bei etwa 2 bis 4 Stunden. Die Wirkung werde ebenfalls wie bei Amphetamin beschrieben. Amphetamin wirke stimulierend auf das vegetative Nervensystem. Durch eine hinreichend hohe Dosis Amphetamin werde der Organismus für eine erhöhte Handlungsbereitschaft aktiviert. Dadurch komme es u. a. zu erhöhter Wachheit, Verringerung von Müdigkeit und Schlafbedürfnis und Unterdrückung von Hunger. Es werde auch von schweren Vergiftungen, Halluzinationen, Blutdrucksteigerungen und massiven Unruhezuständen berichtet. Nicht selten erforderten solche Symptome intensive medizinische Krankenhausbehandlungen.

Auch die Entwicklung des Konsums bis zum Eintritt schädlicher Auswirkungen und von psychischer Abhängigkeit werde bei MPA ähnlich wie bei Amphetamin beschrieben.

Angesichts dieser Analogien zu Amphetamin halte sie es für angezeigt, MPA mit Amphetamin zu vergleichen und die Grenze zur nicht geringen Menge wie bei Amphetamin bei 250 Konsumeinheiten mit einer für einen Drogenunerfahrenen anzunehmenden Einzeldosis von 40 mg anzunehmen, somit die Grenze bei 10 g Methiopropaminbase anzusetzen.

Dies hat die Kammer sorgfältig nachvollzogen und danach für richtig angesehen. Auch die Kammer war nicht in der Lage, ohne eine belastbare Datengrundlage die toxische oder gefährliche Menge bei MPA festzulegen. Sie hat deshalb aufgrund der Analogien in Wirkung und Konsum zum Amphetamin die nicht geringe Menge bei MPA wie beim Amphetamin bei 10 g Base festgelegt.

b) Hinsicht des Wirkstoffes AKB-48F wendet die Kammer unter Beachtung der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Festlegung nicht geringer Mengen die zuletzt vom Bundesgerichtshof vorgegebene Methode zur Beurteilung der nicht geringen Menge bei synthetischen Cannabinoiden an (siehe BGH, Urteil vom 14.1.15 – 1 StR 302/13 m. w. N).

Auch zur Wirkung und zur Gefährlichkeit von AKB-48 F wurde die Kammer von Dr. J sachkundig beraten. Diese führte zunächst die Entwicklung des Marktes für synthetische Cannabinoide aus und legte dar, dass die Nachfrage nach synthetischen psychotropen Substanzen boome. Seit 2008 seien rund 400 neue, im Labor erzeugte Substanzen auf den Markt gekommen, die strukturverwandt zu bislang bekannten – bereits unter das BtMG fallenden – Substanzen seien und die ebenfalls psychotrop wirkten, die jedoch aufgrund geringer Abweichungen in der chemischen Struktur (noch) nicht unter das BtMG fielen. Man komme kaum mit der Ermittlung und Untersuchung neuer Substanzen nach. Fast jede Woche „schlage eine neue Substanz auf”. Erst recht hinke der Gesetzgeber diesem Phänomen hinterher, was die Szene genau wisse.

Zu diesen neuen Substanzen gehörten synthetische Cannabinoide, die im menschlichen Organismus dieselben Rezeptoren wie THC nutzen und ähnlich wirken. Allerdings belegten Studien, dass die Stärke der Bindungen an diese Rezeptoren, die nach der Maßeinheit Ki bewertet werde, bei synthetischen Cannabinoiden teils erheblich höher als bei THC sei, was zu einer deutlich stärkeren Rauschwirkung führe.

Pauschal lasse sich zwar nicht sagen, um wie viel die Rauschwirkung eines synthetischen Cannabinoids höher sei als bei THC. Die Wirkungsstärke variiere. In der Regel seien die synthetischen Cannabinoide aber deutlich wirksamer als THC.

Diese synthetischen Stoffe zeichneten sich dadurch aus, dass sie in chemischen Syntheselaboren ohne großen technischen Aufwand mit Hilfe leicht zu beschaffender Bestandteile kostengünstig hergestellt werden könnten und zum Verkauf mit Pflanzenmaterial vermischt werden. Man müsse die Stoffe nur auflösen und z. B. durch Aufsprühen auf Pflanzenteile applizieren und könne diese Pflanzenteile dann wie Tabak rauchen.

Diese Kräutermischungen würden dann als sogenannte „Legal Highs” zur Herbeiführung eines Rauschzustandes – häufig als Ersatz für Cannabis – mit dem Ziel der Entspannung, der Stimmungsregulation oder der Intensivierung von Sinneseindrücken konsumiert.

In der Konsumform und der Wirkungsweise seien synthetische Cannabionoide ohne weiteres mit THC vergleichbar. Anderes gelte für die Wirkungsintensität. Dann erläuterte sie, wie sich die Wirkung von AKB-48 F im Vergleich mit der von THC oder anderen synthetische Cannabionoide darstelle. Sie führte aus, dass die Datengrundlage auch hier gering sei, da es keine weitreichende Forschung gebe. Bisherige Forschungen an Zellkulturen seien nur bedingt aussagekräftig. Zu AKB-48 F sei der Ki – Faktor nicht bekannt. Bekannt sei aber die Wirkungsstärke des seit 2009 dem BtMG unterfallenden synthetischen Cannabinoids JWH-018, mit dessen Wirkung sich der BGH in der Entscheidung vom 14.1.15 befasst habe. Dort sei wegen der Wirkung und Gefährlichkeit – die Substanz wirke mindestens dreimal so stark wie THC – der Grenzwert der nicht geringen Menge auf 2 g festgelegt worden.

Aus Ermittlungen sei ihr bekannt, dass AKB- 48 eher stärker wirke, als JHW-018, AKB-48 F wirke sogar noch stärker aufgrund der darin enthaltenen Fluorverbindung. Beschrieben würden als Konsumfolgen z. B. nicht kontrollierbare Veränderungen des Gemütszustandes, Angstzustände, Panikattacken, Halluzinationen, Desorientiertheit, kardiale Risiken wie Tachykardie, Übelkeit, Erbrechen, Muskelspasmen und Koordinationsverlust. Teils seien schwere Vergiftungen aufgetreten, die notfallmedizinisch behandelt hätten werden müssen.

Es werde wie THC konsumiert. Es werde hier schon ab einer Menge von 1 mg von deutlichen Wirkungen berichtet. Die Wirkung setze innerhalb weniger Minuten ein, dies führe dazu, dass ein Konsument, der die Wirkung falsch einschätzt, u. U. bis zum Einsetzen der Wirkung zuviel raucht. Zudem sei die Wirkung mit 1-2 h kürzer, als bei THC, dessen Rauschzustand 2 -3 h dauere, was zu häufigem Nachkonsum führe. Das Abhängigkeitspotential entspräche dem von THC.

Dies hat die Kammer sorgfältig nachvollzogen und war schließlich überzeugt, dass AKB-48F ähnliche Wirkungen erzielt wie THC und von den Konsumenten hierzu auch in derselben Konsumform genutzt wird. Sie war überzeugt, dass das Rauschgift – wie JHW 018 – mindestens dreimal stärker wirkt als THC, aber weitaus gefährlicher ist als THC, da es starke – auch lebensbedrohliche – Nebenwirkungen hat, die zudem wahrscheinlich sind, da die Substanz leicht überdosiert werden kann.

Letztlich war das Gericht deshalb davon überzeugt, dass die Grenze zur nicht Geringen Menge wie bei JHW-018 auf 2 g festzusetzen ist. Dabei wurde zwar die Möglichkeit gesehen, dass wegen noch nicht bekannter Langzeitwirkungen die Gefährlichkeit u. U. noch deutlich höher liegt. Diese Unwägbarkeiten durften sich aber nicht zu Lasten des Angeklagten auswirken.

2.

Tat 2 ist strafbar rechtlich selbständiges Verbrechen der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmittel an Minderjährige in 16 tateinheitlichen Fällen gem. § 30Abs. 1 Nr. 2, 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG, 52 StGB, das ist Tateinheit steht mit einem Vergehen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Dabei sind die einzelnen Abgabehandlungen untereinander und mit dem vorausgegangenen Erwerb des Rauschgiftes zum anschließenden Absatz in einer Bewertungseinheit zusammengefasst.

3.

Tat 3 ist strafbar als rechtlich selbständiges Vergehen des vorsätzlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, das gem. § 52 StGB in Tateinheit steht mit einem Vergehen des Besitzes von Betäubungsmittel gem. § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG.

4.

Tat 4 ist strafbar als rechtlich selbständiges Verbrechen der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 2 tateinheitlichen Fällen gem. § 30Abs. 1 Nr. 2, 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG, 52 StGB, und in Tateinheit mit einem Vergehen des vorsätzlichen Handeltreibens mit Betäubungsmittel gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, 52 StGB. Dabei sind auch hier die einzelnen Abgabehandlungen untereinander und der vorausgegangene Erwerb des Rauschgiftes zum anschließenden Absatz in einer Bewertungseinheit zusammengefasst.

V.

Strafzumessung:

1.

Zu Tat 1:

Die Kammer war bei Gesamtbetrachtung aller objektiver und subjektiver Tatumstände und der Persönlichkeit des Angeklagten überzeugt, dass trotz gewichtiger schuldmindernder Umstände und trotz des Vorliegens des vertypten Milderungsgrundes gem. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB in Anbetracht der letztlich bestehenden Schuldschwere das Unrecht der vorliegenden Tat nicht von dem Unrecht erfahrungsgemäß vorkommender, auf nicht geringe Mengen bezogener Einfuhrhandlungen in einer Weise nach unten abwich, die die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 30 Abs. 2 BtMG geboten hätte.

Dabei hat die Kammer neben der Einschränkung der Steuerungsfähigkeit zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass das Rauschgift zu einem nicht gänzlich unerheblichen Teil sichergestellt werden konnte. Strafmildernd wurde auch das Geständnis gesehen, wenngleich dem Geständnis hier angesichts der auch im Übrigen erdrückenden Beweislage zu Tat 1 keine überragende Bedeutung beigemessen werden konnte. Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer auch gewürdigt, dass die Tat der Befriedigung eigener Abhängigkeit diente und dass der Angeklagte sowohl als Erstverbüßer als auch aufgrund seiner Erkrankung erhöht strafempfindlich ist.

Dennoch kam diesen Aspekten auch zusammen mit dem vertypten Milderungsgrund nach § 21 StGB nicht ein solches Gewicht zu, das die erheblichen schulderhöhenden Aspekte ausgeglichen oder gar überstiegen hätte. So waren insgesamt drei Verbrechenstatbestände erfüllt. Dabei hat die Kammer hinsichtlich der Abgabe an Jugendliche zwar gesehen, dass die Abgabe an einen durchaus im Umgang mit Betäubungsmittel erfahrenen Jugendlichen erfolgte. Auf der anderen Seite verkaufte der Angeklagte einen hochgefährlichen Stoff. Der Angeklagte konnte deshalb in keiner Weise erwarten, dass der Jugendliche mit dem Rauschgift sicher umgehen konnte und keinen Schaden erleiden würde.

Der Angeklagte hat zudem bei der Einfuhr hinsichtlich zweier Substanzen die Grenze zur nicht geringen Menge um ein Vielfaches überschritten. Er hat mit AKB-48 F eine gefährliche Droge ins Land und in den Verkehr gebracht. Auch der Umstand, dass er durch eine wenige Monate vor der Tat gegen ihn verhängten Geldstrafe nicht beeindruckbar war, sprach, wenngleich in eher geringem Umfang, klar gegen ihn.

Die Kammer hat es deshalb wegen der Schwere der Tat für angemessen angesehen, den Normalstrafrahmen anzuwenden und diesen gem. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu mindern. Innerhalb des nach dieser Strafrahmenverschiebung eröffneten Rahmens hat die Kammer die bereits ausgeführten Aspekte erneut gegeneinander abgewogen.

Letztlich erschien ihr auch unter nochmaliger teilweiser Berücksichtigung der Erkrankung des Angeklagten für diese Tat eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren als tat- und schuldangemessen.

Zu Tat 2:

Zwar reichen weder der vertypte Milderungsgrund des § 21 StGB allein noch die allgemeinen Strafmilderungsgründe aus, einen minder schweren Fall zu bejahen. In der Summen wirkte sich bei der Strafzumessung für Tat 2, da die schulderschwerenden Faktoren geringeres Gewicht hatten, das Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes nebst den weiteren schuldmindernden Umständen aber insoweit aus, als das Gesamtunrecht letztlich als unterdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Fällen der gewerbsmäßigen Abgabe zu bewerten war. Um dem Rechnung zu tragen, hat die Kammer einen minder schweren Fall bejaht und den Ausnahmestrafrahmen des § 30 Abs. 2 BtMG angewandt.

Dabei wog das Geständnis in diesem Fall erheblich. Auch waren die Abnehmer, was zu Gunsten des Angeklagten sprach, schon Jugendliche, die alle bereits Konsumerfahrung mit THC hatten. Die Initiative zur Abnahme ging durchgehend von den Abnehmern aus. Zudem handelt es sich bei Cannabis um eine weiche Droge von eher geringer Gefährlichkeit, die teils in sehr kleinen Menge abgeben wurde.

Dennoch lagen auch hier erhebliche schulderhöhende Aspekte vor. So hatte der Angeklagte zahlreiche Abgabehandlungen begangen, die sechs Jugendliche betrafen. Zwei vorausgegangene Durchsuchungshandlungen ließen ihn – ebenso wie die Vorstrafe – unbeeindruckt

Deshalb erschien der Kammer trotz nochmaliger teilweiser Berücksichtigung der Erkrankung des Angeklagten für diese Tat eine Freiheitsstrafe von 1 Jahren als mindestens erforderliche, tat- und schuldangemessene Strafe.

Zu Tat 3:

Die Kammer hat die Strafe dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 gemilderten Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG entnommen.

Zu Gunsten des Angeklagten sprachen die Sicherstellung des Rauschgifts und sein Geständnis, bei allerdings klarer Beweislage. Zu seinen Lasten sprach seine deutlich reduzierte Beeindruckbarkeit.

Der Kammer erschien auch bei nochmaliger teilweiser Berücksichtigung der Erkrankung des Angeklagten für diese Tat eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten als mindestens erforderliche, tat- und schuldangemessene Strafe. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe erschien der Kammer dabei gem. § 47 StGB unerlässlich zur Einwirkung auf den Angeklagten. Dieser ist aufgrund seiner krankheitsbedingten Haltung nur schwer zu beeindrucken. Eine – erneute – Geldstrafe würde ihn auch diesmal nach Überzeugung der Kammer nicht ansatzweise zu einer Verhaltensänderung bewegen können.

Zu Tat 4:

Bei der Strafzumessung für Tat 4 wirkte sich ebenso wie bei Tat 2 aus, dass die schulderschwerenden Faktoren geringeres Gewicht hatten, weil das gehandelte Cannabis von eher geringerer Gefährlichkeit war und nur kleine Mengen abgegeben wurden. Deswegen ließ das Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes nebst den weiteren schuldmindernden Umständen das Gesamtunrecht letztlich als unterdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Fällen der gewerbsmäßigen Abgabe erscheinen. Um dem Rechnung zu tragen, hat die Kammer auch hier das Vorliegen eines minder schweren Falls bejaht und den Ausnahmestrafrahmen des § 30 Abs. 2 BtMG angewandt.

Innerhalb des Ausnahmestrafrahmens hat die Kammer das auch in diesem Fall erhebliches Gewicht habende Geständnis zu Gunsten des Angeklagten gewürdigt. Auch hier sprach für ihn, dass die Abnehmer schon Jugendliche waren und alle bereits Konsumerfahrung mit THC hatten. Zudem ging auch hier die Initiative von den Abnehmern aus. Zu Gunsten des Angeklagten wurde auch hier gewürdigt, dass Cannabis eine weiche Droge von geringer Gefährlichkeit ist und geringe Mengen abgeben wurden. Zudem handelte der Angeklagte auch zur Befriedigung der eigenen Abhängigkeit.

Zu seinen Lasten sprach, dass auch hier mehrere Jugendliche betroffen waren. Vor allem aber zeigte der Angeklagte, dass er durch staatlichen Verfolgungsmaßnahmen nicht beeindruckbar ist. Drei vorausgegangene Durchsuchungshandlungen innerhalb von 3 Monaten ließen ihn – ebenso wie die Vorstrafe – völlig unbeeindruckt.

Letztlich erschien der Kammer auch unter nochmaliger teilweiser Berücksichtigung der Erkrankung des Angeklagten für diese Tat eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten als tat- und schuldangemessen.

2.

Bei der hieraus zu bildenden Gesamtstrafe hat die Kammer nochmals alle die Tat begleitenden, ihr vorausgehenden oder folgenden objektiven und subjektiven Tatumstände und die Täterpersönlichkeit miteinander abgewogen.

Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer in den Vordergrund gestellt, dass er, was zusammen mit seiner Suchtproblematik den eigentlichen Tathintergrund bildet, durch eine schwere Krankheit massiv belastet ist und noch lange sein wird. Die Strafhaft wird ihn als Erstverbüßer auch angesichts seiner Erkrankung schwer treffen.

Zu seinen Lasten sprachen die Vielzahl strafbarer Handlungen, die sich über einen Zeitraum von mehreren Monaten erstreckten, und ihr doch beträchtliches Gesamtgewicht.

Letztlich erschien der Kammer eine – im untersten Bereich noch angemessener Strafen liegende Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten als dem Gesamtunrecht der Taten angemessen und als gerechter Schuldausgleich.

Die Kammer hat dabei die Überlegung angestellt, ob eine aussetzungsfähige Strafe verhängt werden kann. Sie hat dies trotz der persönlichen Situation des durch eine schwere Krankheit geschlagenen Angeklagten letztlich angesichts des von ihm verwirkten Unrechts jedoch nicht als vertretbar angesehen.

Zudem hätte eine günstige Sozialprognose nicht gestellt werden können.

Zwar hat die Kammer erkannt, dass der Angeklagte unter dem Druck drohender Strafvollstreckung möglicherweise bereit wäre, über seine bisherige Haltung nachzudenken. Dies stützt die Erwartung, er werde künftig straffrei bleiben, allerdings nicht.

Grund zur Annahme, dass allein die Angst des Angeklagten vor dem Strafvollzug zu einer dauerhaften Verhaltensänderung und zu einem verantwortungsvollen Umgang mit seiner Erkrankung führen wird, hat die Kammer nicht. Der Angeklagte hatte mehr als einmal die Chance, seine Krankheit in den Griff zu bekommen. Genützt hat er keine dieser Chancen. Die nunmehr vor kurzem ins Auge gefasste Therapie verspricht angesichts des bisherigen Verhaltens des Angeklagten, angesichts seiner Persönlichkeit und angesichts seiner Erkrankung keinen Erfolg. Die Kammer hat deshalb keine Zweifel, dass der Angeklagte ohne den Vollzug der Strafe weiter machen würde, wie bisher.

3.

Von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz hat die Kammer gem. § 73 c Abs. 1 S. 2 1. Alt. StGB abgesehen.

Die wirtschaftliche Lage des Angeklagten lässt die Anordnung nicht als sachgerecht erscheinen.

Die wirtschaftliche Situation des Angeklagten ist desolat. Die Einnahmen aus den Drogenverkäufen sind nicht mehr vorhanden; ebenso kein Gegenwert. Die Einnahmen wurden zur Befriedigung der Abhängigkeit verbraucht. Der Angeklagte hat kein Vermögen. Einkommen erzielt er gegenwärtig nicht. Künftige Einkünfte sind zumindest für absehbare Zeit unwahrscheinlich. Vor diesem Hintergrund erscheint es trotz der überschaubaren Höhe des Wertersatzes unbillig, beim Angeklagten – nicht vorhandenes – Vermögen abzuschöpfen.

VI.

1.

Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB war nicht anzuordnen.

Zwar lagen ein für die Taten symptomatischer Hang zu übermäßigem Drogenkonsum in Form des polytoxikomanen Missbrauchs und die Gefahr der Begehung ähnlicher, schwerer Taten bei dem – anzunehmenden – Fortbestehen der Suchterkrankung auf der Hand. Allerdings besteht keine Aussicht auf einen Erfolg einer Heilbehandlung. Die Kammer hat auch hierzu den Sachverständigen Dr. A angehört. Dieser legte auch anhand des bisherigen Verlaufs von Behandlungsversuchen anschaulich dar, eine Heilbehandlung erfordere neben einer gewissen Belastbarkeit und Introspektionsfähigkeit auch die Fähigkeit, sich konstruktiv mit konfrontativ vorgetragenem Fehlverhalten auseinanderzusetzen. Diese Fähigkeiten seien beim Angeklagten nicht einmal ansatzweise vorhanden. Aus den bisherigen Behandlungsverläufen ergäben sich ausgeprägte Bagatellisierungstendenzen des Angeklagten. Eine Behandlungs- und Krankheitseinsicht sei nie erzielt worden. Es sei geradezu erstaunlich, dass trotz aller von ärztlicher Seite gezeigten Mühe beim Angeklagten im Grunde nichts zur Krankheit und der Behandlungsnotwendigkeit präsent sei. Brächen schon die Hälfte der Menschen, die von ihrer Persönlichkeit und ihren Fähigkeiten her zu einer erfolgreichen Therapie in der Lage seien, angesichts der damit verbundenen Belastungen die Behandlung ab, so könne man bei dem Angeklagten, der weder diese Fähigkeiten noch diese Belastbarkeit habe, eine Erfolgsaussicht der Therapie klar verneinen.

Dies hat die Kammer sorgfältig nachvollzogen und auch aus eigenem Eindruck vom Angeklagten für richtig erachtet.

2.

Eine Unterbringung gem. § 63 StGB wegen der – ohnehin eingestellten – Gewalttätigkeit des Angeklagten gegenüber … B kam nicht in Betracht. Eine erhöhte Wahrscheinlichkeit ähnlicher Taten war nach dem Bericht des Sachverständigen Dr. A nicht gegeben.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 StPO.

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