Skip to content

Mündliche Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung nur im Ausnahmefall

Videoüberwachung überführt Mitarbeiter beim Diebstahl eines Silberrings – doch die anschließende Hausdurchsuchung sorgt für Wirbel. Das Landgericht Fulda erklärt die Durchsuchung für rechtswidrig, da der zuständige Richter die Anordnung lediglich mündlich und ohne ausreichende Begründung erteilte. Obwohl der Tatverdacht durch die Aufnahmen eindeutig belegt war, fehlte es an der notwendigen Eile für ein solches Vorgehen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Fulda
  • Datum: 15.02.2018
  • Aktenzeichen: 2 Qs 26/18
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren gegen eine mündliche Durchsuchungsanordnung
  • Rechtsbereiche: Strafprozessrecht, Grundrechtsschutz

Beteiligte Parteien:

  • Beschuldigter: Arbeitnehmer bei der Firma L & M, dem vorgeworfen wird, einen Silberring gestohlen zu haben. Der Beschuldigte legte Beschwerde gegen die mündliche Durchsuchungsanordnung ein, um deren Rechtswidrigkeit feststellen zu lassen. Er argumentierte, dass die Gründe für die Eilbedürftigkeit der mündlichen Anordnung nicht ausreichend dokumentiert waren.
  • Staatsanwaltschaft: Beantragte mündlich beim Amtsgericht Fulda die Wohnungsdurchsuchung des Beschuldigten zur Auffindung eines Silberrings aufgrund eines Diebstahlverdachts. Sie trägt die Kosten und notwendigen Auslagen des Beschuldigten im Beschwerdeverfahren.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Ein Zeuge erstellte eine Anzeige per E-Mail bei der Staatsanwaltschaft, dass der Beschuldigte aus einer Retoursendung einen Silberring entnommen habe. Die Staatsanwaltschaft beantragte am Amtsgericht Fulda eine mündliche Anordnung zur Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten, die auch erlassen und vollstreckt wurde. Der Beschuldigte legte Beschwerde ein, in der er die fehlende Dokumentation der Eilbedürftigkeit der mündlichen Anordnung rügte.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die mündliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung gerechtfertigt war und ob eine ausreichende Dokumentation der Eilbedürftigkeit für diese Anordnung vorgelegen hat.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht Fulda stellte fest, dass die mündliche Anordnung der Durchsuchung rechtswidrig war, da keine ausreichende Eilbedürftigkeit festgestellt werden konnte und es an einer hinreichenden Dokumentation der Anordnung fehlte. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.
  • Begründung: Es bestand keine besondere Eilbedürftigkeit, die eine mündliche Anordnung gerechtfertigt hätte, da der Diebstahl drei Tage vor der Anordnung gemeldet wurde. Eine schriftliche Anordnung hätte zu keiner relevanten Verzögerung geführt, die den Erfolg der Untersuchung beeinträchtigt hätte. Zudem waren die Gründe für die Eilbedürftigkeit nicht dokumentiert.
  • Folgen: Der Beschuldigte trägt keine Kosten des Verfahrens; diese werden von der Staatskasse übernommen. Der Beschluss ist unanfechtbar und verdeutlicht die Wichtigkeit einer ausreichenden Dokumentation bei Fällen dringender Maßnahmen im Strafprozessrecht.

Wohnungsdurchsuchung ohne richterliche Genehmigung: Wann ist sie zulässig?

Die Wohnungsdurchsuchung ist ein zentraler Bestandteil polizeilicher Ermittlungsverfahren und muss strengen rechtlichen Voraussetzungen genügen. In der Regel ist eine richterliche Genehmigung erforderlich, um die Grundrechte der Bürger, insbesondere den Schutz der Privatsphäre, zu wahren. Nur in Ausnahmefällen kann die Polizei auf eine mündliche Anordnung zurückgreifen, um schnell zu handeln und potenziellen Schaden abzuwenden.

Die Verhältnismäßigkeit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Bei der Durchführung von Durchsuchungen müssen die Einsatzkräfte der Polizei die Balance zwischen der Gefahrenabwehr und den Rechten der betroffenen Personen wahren. Im folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der aufzeigt, unter welchen Umständen eine mündliche Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung zulässig ist und welche rechtlichen Konsequenzen daraus resultieren können.

Der Fall vor Gericht


Mündliche Durchsuchungsanordnung ohne Eilbedürftigkeit rechtswidrig

Mitarbeiter steckt Silberring an Verkaufstheke heimlich in Hosentasche
(Symbolfoto: Flux gen.)

Das Landgericht Fulda hat eine mündliche Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Fulda für rechtswidrig erklärt. Der Fall betraf einen Diebstahlsverdacht bei der Firma L & M, bei dem ein Mitarbeiter laut Videoaufzeichnung einen Silberring aus einer Retoursendung entnommen haben soll.

Ablauf der umstrittenen Durchsuchung

Nach einer E-Mail-Anzeige vom 16. August 2017 ersuchte die Staatsanwaltschaft den Ermittlungsrichter am Amtsgericht Fulda um einen Durchsuchungsbeschluss. Der Richter ordnete die Durchsuchung am 18. August 2017 um 11:30 Uhr mündlich an. Die Anordnung wurde lediglich durch einen Vermerk des Staatsanwalts dokumentiert, der den Durchsuchungszweck – das Auffinden eines silbernen Damenrings – festhielt. Eine eigene richterliche Dokumentation erfolgte nicht.

Rechtswidrige Form der Anordnung

Das Landgericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass die Voraussetzungen für eine Durchsuchung nach § 102 StPO zwar vorlagen, da aufgrund der Videoaufzeichnung ein erheblicher Tatverdacht bestand. Jedoch hätte die Anordnung nicht mündlich ergehen dürfen. Grundsätzlich muss eine Durchsuchungsanordnung schriftlich erfolgen, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen. Eine mündliche Anordnung ist nur in Eilfällen zulässig, wenn durch die Verzögerung einer schriftlichen Ausfertigung ein Beweismittelverlust droht.

Fehlende Eilbedürftigkeit im konkreten Fall

Im vorliegenden Fall lagen zwischen der Tat und der Durchsuchungsanordnung bereits drei Tage. Das Gericht betonte, dass die mit einer schriftlichen Anordnung verbundene Verzögerung von wenigen Stunden den Durchsuchungserfolg nicht gefährdet hätte. Die Durchsuchung wäre auch bei schriftlicher Anordnung noch am selben oder spätestens am Folgetag möglich gewesen. Die allgemeine Gefahr, dass Diebesgut verkauft werden könnte, reiche nicht aus, um von einer schriftlichen Anordnung abzusehen.

Mangelhafte Dokumentation der Anordnung

Das Landgericht kritisierte zudem die unzureichende Dokumentation der Durchsuchungsanordnung. Zwar muss die Dokumentation nicht zwingend durch den Richter selbst erfolgen, jedoch müssen bei einer mündlichen Anordnung die Gründe für die angenommene besondere Eilbedürftigkeit angegeben werden. Diese Dokumentationspflicht leitet sich aus dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes ab, da nur bei entsprechender Dokumentation eine nachträgliche gerichtliche Überprüfung möglich ist. Eine Heilung des Dokumentationsmangels im Abhilfeverfahren erfolgte nicht.

Das Landgericht gab der Beschwerde des Beschuldigten statt und auferlegte die Kosten des Verfahrens der Staatskasse.


Die Schlüsselerkenntnisse


Eine Wohnungsdurchsuchung muss grundsätzlich schriftlich angeordnet werden – eine mündliche Anordnung ist nur bei echter Eilbedürftigkeit zulässig, wenn der Durchsuchungserfolg durch die Verzögerung einer schriftlichen Anordnung konkret gefährdet wäre. Die bloße Möglichkeit, dass Beweismittel beseitigt werden könnten, reicht dafür nicht aus. Bei mündlichen Durchsuchungsanordnungen müssen die Gründe für die Eilbedürftigkeit dokumentiert werden, damit die Rechtmäßigkeit später überprüft werden kann.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn die Polizei Ihre Wohnung durchsuchen will, müssen Sie darauf bestehen, dass Ihnen ein schriftlicher Durchsuchungsbeschluss vorgelegt wird. Eine rein mündliche Anordnung ist nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt – etwa wenn die Beweismittel unmittelbar zu verschwinden drohen. Liegt zwischen der vermuteten Tat und der Durchsuchung mehr als ein Tag, muss die Polizei einen schriftlichen Beschluss haben. Wird Ihre Wohnung nur aufgrund mündlicher Anordnung durchsucht, können Sie dagegen Beschwerde einlegen und die Rechtswidrigkeit feststellen lassen. Die Behörden müssen dann die Verfahrenskosten tragen.


Benötigen Sie Hilfe?

Wenn Ihre Wohnung ohne schriftlichen Durchsuchungsbeschluss durchsucht wurde, stehen Ihnen konkrete rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Unsere erfahrenen Rechtsanwälte prüfen die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen und setzen Ihre Interessen mit fundierter Expertise durch. Wir kennen die rechtlichen Feinheiten bei Wohnungsdurchsuchungen und unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte effektiv wahrzunehmen. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche formalen Anforderungen gelten bei einer Durchsuchungsanordnung?

Eine Durchsuchungsanordnung muss grundsätzlich in schriftlicher Form erfolgen und vom zuständigen Richter unterschrieben sein.

Inhaltliche Pflichtangaben

Der Durchsuchungsbeschluss muss folgende konkrete Angaben enthalten:

  • Den Tatvorwurf mit Bezeichnung der Straftat und einer Beschreibung des konkreten Sachverhalts
  • Ziel und Zweck der Durchsuchung, also ob sie der Ergreifung des Beschuldigten oder dem Auffinden von Beweismitteln dient
  • Eine präzise Bezeichnung der zu durchsuchenden Räumlichkeiten
  • Eine möglichst genaue Beschreibung der gesuchten Beweismittel

Begründungsanforderungen

Die Anordnung muss eine ausreichende Begründung enthalten, die folgende Aspekte abdeckt:

  • Den konkreten Anfangsverdacht, der auf tatsächlichen Anhaltspunkten basiert und nicht auf bloßen Vermutungen
  • Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, die in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat und zur Stärke des Tatverdachts stehen muss

Zeitliche Gültigkeit

Ein Durchsuchungsbeschluss ist nicht unbegrenzt gültig. Die Durchsuchung muss innerhalb von sechs Monaten nach Erlass des Beschlusses durchgeführt werden.

Ausnahme bei Gefahr im Verzug

Nur bei Gefahr im Verzug kann die Staatsanwaltschaft oder die Steuerfahndung eine Durchsuchung auch mündlich anordnen. Dies ist ausschließlich dann zulässig, wenn das Einholen einer richterlichen Anordnung den Durchsuchungszweck gefährden würde.


zurück

Welche Rechte habe ich bei einer mündlichen Durchsuchungsanordnung?

Eine mündliche Durchsuchungsanordnung ist nur in dringenden Ausnahmefällen zulässig, wenn Gefahr im Verzug besteht. Auch bei einer mündlichen Anordnung haben Sie grundlegende Rechte, die Sie kennen und wahrnehmen sollten.

Überprüfung der Voraussetzungen

Sie können verlangen, dass Ihnen die Gründe für die Eilbedürftigkeit genannt werden. Die Beamten müssen Ihnen erklären können, warum keine Zeit für einen schriftlichen Beschluss war. Die mündliche Anordnung muss von einem Richter, bei Gefahr im Verzug auch von der Staatsanwaltschaft oder ihren Ermittlungspersonen ausgesprochen worden sein.

Dokumentation und Protokollierung

Die Durchsuchung muss exakt dokumentiert werden. Sie haben das Recht, dass der zeitliche Ablauf, die Gründe für die Durchsuchung und alle wichtigen Vorkommnisse protokolliert werden. Diese Dokumentation ist wichtig für eine spätere gerichtliche Überprüfung der Maßnahme.

Widerspruchsrecht

Sie können gegen die Durchsuchung Widerspruch einlegen. Dieser Widerspruch muss im Durchsuchungsprotokoll vermerkt werden. Der Widerspruch hat zwar keine aufschiebende Wirkung, sichert aber Ihre Rechte für eine spätere rechtliche Überprüfung.

Verhältnismäßigkeit

Die Durchsuchung muss auch bei einer mündlichen Anordnung verhältnismäßig sein. Sie können verlangen, dass die Maßnahme auf das notwendige Maß beschränkt bleibt. Bei offensichtlich unverhältnismäßigen Handlungen können Sie Einwände erheben.

Nachträgliche Dokumentation

Die mündliche Anordnung muss zeitnah schriftlich dokumentiert werden. Sie haben das Recht, diese Dokumentation später einzusehen. Eine fehlende oder stark verspätete Dokumentation kann die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung in Frage stellen.


zurück

Wie muss eine mündliche Durchsuchungsanordnung dokumentiert werden?

Eine mündliche Durchsuchungsanordnung muss unverzüglich und vollständig in den Ermittlungsakten dokumentiert werden. Die Dokumentation muss dabei folgende wesentliche Elemente enthalten:

Inhaltliche Anforderungen

Der dokumentierte Inhalt muss den konkreten Sachverhalt und die Gründe für die Eilbedürftigkeit präzise wiedergeben. Dabei sind insbesondere festzuhalten:

  • Der zugrundeliegende Tatvorwurf
  • Die Begründung für die Dringlichkeit
  • Der genaue Durchsuchungsumfang
  • Die zu suchenden Beweismittel
  • Zeitpunkt und Ort der Anordnung

Zeitliche Vorgaben

Die Dokumentation muss zeitnah erfolgen. Eine nachträgliche Dokumentation im Rahmen einer späteren Nichtabhilfeentscheidung ist regelmäßig nicht ausreichend.

Rechtliche Bedeutung

Eine fehlende oder mangelhafte Dokumentation kann zur Rechtswidrigkeit der Durchsuchung führen. Dies gilt besonders dann, wenn kein echter Eilfall vorlag und eine schriftliche Anordnung möglich gewesen wäre.

Praktische Durchführung

Die Dokumentation erfolgt durch einen Aktenvermerk in den Ermittlungsakten. Dieser muss für das Beschwerdegericht nachvollziehbar machen, von welchem Sachverhalt der Ermittlungsrichter zum Zeitpunkt der Anordnung ausgegangen ist.


zurück

Was kann ich gegen eine rechtswidrige mündliche Durchsuchungsanordnung unternehmen?

Eine mündliche Durchsuchungsanordnung ohne entsprechende Dokumentation ist grundsätzlich nur in absoluten Eilfällen zulässig. Gegen eine möglicherweise rechtswidrige mündliche Durchsuchungsanordnung stehen mehrere Rechtsmittel zur Verfügung.

Beschwerde nach StPO

Die Beschwerde nach §§ 304 ff. StPO ist das zentrale Rechtsmittel gegen rechtswidrige Durchsuchungsanordnungen. Diese ist beim Gericht einzureichen, das die Durchsuchung angeordnet hat. Wichtig: Die Beschwerde ist nicht fristgebunden und verursacht keine Kosten.

Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Bei Beanstandungen bezüglich der Art und Weise der Durchsuchungsdurchführung kann ein Antrag nach § 23 EGGVG gestellt werden. Dieser muss innerhalb eines Monats beim zuständigen Kammergericht eingereicht werden.

Dokumentation während der Durchsuchung

Während der Durchsuchung sollten Sie:

  • Den Widerspruch gegen die Durchsuchung im Durchsuchungsprotokoll vermerken lassen
  • Alle relevanten Informationen sammeln und dokumentieren
  • Bei Beschlagnahmen einen Widerspruch einlegen und keine Dokumente unterschreiben

Nachträgliche Überprüfung

Wurde die Durchsuchung ohne ausreichende Dokumentation durchgeführt, kann die nachträgliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit beantragt werden. Das Gericht prüft dann, ob ein die mündliche Anordnung rechtfertigender Eilfall vorlag und ob die erforderliche Dokumentation ordnungsgemäß nachgeholt wurde.

Bei erfolgreicher Beschwerde müssen eventuell sichergestellte Beweismittel ohne vorherige Einsichtnahme durch die Behörden zurückgegeben werden. Die Durchsuchung kann nachträglich für rechtswidrig erklärt werden, wenn die mündliche Anordnung nicht ausreichend begründet oder dokumentiert wurde.


zurück


Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Durchsuchungsanordnung

Eine richterliche Verfügung, die Polizei und Staatsanwaltschaft ermächtigt, private Räume zu durchsuchen. Sie muss grundsätzlich schriftlich erfolgen und konkrete Angaben zu Ort, Zeit und Zweck der Durchsuchung enthalten. Die Anordnung basiert auf § 105 StPO und darf nur bei begründetem Verdacht einer Straftat erfolgen. Nur in dringenden Fällen („Gefahr im Verzug“) ist eine mündliche Anordnung zulässig. Beispiel: Bei Verdacht auf Drogenhandel könnte eine schnelle Durchsuchung nötig sein, um die Vernichtung von Beweismitteln zu verhindern.


Zurück

Eilbedürftigkeit

Ein juristischer Begriff, der eine besondere Dringlichkeit beschreibt, bei der sofortiges Handeln erforderlich ist. Im Strafprozessrecht (§ 105 StPO) rechtfertigt sie ausnahmsweise vereinfachte Verfahren wie mündliche statt schriftliche Anordnungen. Die Eilbedürftigkeit muss konkret begründet werden. Ein klassisches Beispiel ist die unmittelbar drohende Vernichtung von Beweismitteln. Die bloße Vermutung einer möglichen Beweismittelvernichtung reicht nicht aus.


Zurück

Verhältnismäßigkeit

Ein fundamentales Rechtsprinzip, nach dem staatliche Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen müssen. Bei Durchsuchungen bedeutet dies die Abwägung zwischen dem Strafverfolgungsinteresse und den Grundrechten des Betroffenen. Geregelt in Art. 20 Abs. 3 GG. Beispiel: Eine Hausdurchsuchung wegen eines geringwertigen Diebstahls könnte unverhältnismäßig sein, wenn weniger einschneidende Ermittlungsmaßnahmen ausreichen würden.


Zurück

Dokumentationspflicht

Die rechtliche Verpflichtung, wichtige Entscheidungen und deren Grundlagen schriftlich festzuhalten. Bei Durchsuchungen müssen insbesondere die Gründe für die Anordnung und bei mündlichen Anordnungen die Eilbedürftigkeit dokumentiert werden. Dies dient der Nachvollziehbarkeit und ermöglicht eine spätere gerichtliche Überprüfung. Basiert auf dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG).


Zurück

Beschwerde

Ein Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen, geregelt in §§ 304 ff. StPO. Ermöglicht die Überprüfung einer Entscheidung durch ein höheres Gericht. Bei Durchsuchungen kann der Betroffene damit die Rechtmäßigkeit nachträglich überprüfen lassen. Die Beschwerde muss innerhalb bestimmter Fristen eingelegt werden. Beispiel: Ein von einer Durchsuchung Betroffener kann durch Beschwerde die Rechtmäßigkeit der Maßnahme gerichtlich prüfen lassen.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 102 StPO (Strafprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für die Anordnung einer Durchsuchung. Eine Durchsuchung ist zulässig, wenn sie zur Auffindung von Beweismitteln erforderlich ist und ein erheblicher Tatverdacht besteht. Im vorliegenden Fall wurde die Durchsuchung auf der Grundlage konkreter Beweismittel, wie der Videoaufzeichnung und dem Vorwurf des Diebstahls, angeordnet, wodurch die Voraussetzungen des § 102 StPO erfüllt waren.
  • § 98 StPO (Strafprozessordnung): Dieser Paragraph bespricht die Dokumentationspflicht bei mündlichen Anordnungen. Er besagt, dass die Gründe für die mündliche Anordnung von Ermittlungsmaßnahmen nachträglich dokumentiert werden müssen, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Im Fall wurde gerügt, dass die Gründe für eine mündliche Anordnung nicht ausreichend dokumentiert wurden, was zu einer Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung führte.
  • Art. 13 GG (Grundgesetz): Der Artikel schützt die Unverletzlichkeit der Wohnung und besagt, dass eine Durchsuchung nur mit einem richterlichen Besch oder in besonderen Ausnahmefällen zulässig ist. Diese Grundrechtsgarantie ist im vorliegenden Fall relevant, da ohne eine gültige Dokumentation und korkte Anordnung der Durchsuchung ein schwerwiegender Eingriff in die Bürgerrechte stattfand, was die Rechtswidrigkeit der mündlichen Anordnung untermauerte.
  • § 105 StPO (Strafprozessordnung): Dieser Paragraph behandelt die Voraussetzung für Durchsuchungen von Wohnungen und die Erhebungen zur Vorbereitung solcher Maßnahmen. Er hebt hervor, dass eine Durchsuchung eine gravierende Maßnahme darstellt, die sorgfältig vorbereitet werden muss. Die Entscheidung des Gerichts stellte fest, dass trotz der hohen Bedeutung der zu beschaffenden Beweismittel die mündliche Anordnung nicht der Sorgfaltspflicht entsprach, wodurch die Rechtswidrigkeit bewiesen wurde.
  • BVerfG, Beschluss v. 05.07.2013 (Az.: 2 BvR 370/13): Dieser Beschluss des Bundesverfassungsgerichts behandelt die Anforderungen an die Eilbedürftigkeit bei mündlichen Durchsuchungsanordnungen. Er betont, dass das Gericht in Fällen, in denen eine Eilbedürftigkeit angenommen wird, die Gründe hierfür ausreichend dokumentieren muss. Im betrachteten Fall wurde bereits 48 Stunden nach der Anzeige keine Eilbedürftigkeit festgestellt, was die Entscheidung des Gerichts unterstützt, dass die Durchsuchung rechtswidrig war.

Das vorliegende Urteil

LG Fulda – Az.: 2 Qs 26/18 – Beschluss vom 15.02.2018


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Strafrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Strafrecht und Verkehrsstrafrecht. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Strafrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!