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Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr – Nachtrunk und Tatzeit-Blutalkoholkonzentration

Strafrecht: Analyse von Nachtrunk in Fällen von Fahrlässiger Trunkenheit

Die Beurteilung von Fällen, die sich mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr befassen, stellt oft eine Herausforderung dar, insbesondere wenn Aspekte wie Nachtrunk und die genaue Bestimmung der Tatzeit-Blutalkoholkonzentration ins Spiel kommen. Die zentrale Rechtsfrage dreht sich um die korrekte und gerechte Bewertung der Fahrtüchtigkeit einer Person zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Straftat. Dabei ist es entscheidend, den Einfluss von Alkohol, der nach der Fahrt konsumiert wurde, korrekt zu berechnen und zu berücksichtigen.

Das Strafrecht sieht vor, dass bei der Berechnung des Alkoholgehalts im Blut verschiedene Faktoren, wie der Trinkverlauf und medizinische Erkenntnisse, berücksichtigt werden müssen. Die Prüfung von Rechtsmitteln und die genaue Analyse der Revisionsbegründung sind ebenfalls wesentliche Elemente, um sicherzustellen, dass die Rechte des Angeklagten gewahrt bleiben. In diesem Kontext spielt die Rechtsprechung eine wichtige Rolle, um Klarheit und Konsistenz in der Beurteilung solcher Fälle zu gewährleisten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 203 StRR 317/23   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hebt das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth auf, da die Berechnungen zur Tatzeit-Blutalkoholkonzentration und zum behaupteten Nachtrunk unzureichend und fehlerhaft waren.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Der Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt, behauptet jedoch einen Nachtrunk.
  2. Das Gericht muss prüfen, ob die Nachtrunkbehauptung glaubhaft ist und welche Alkoholmenge nach der Tat konsumiert wurde.
  3. Bei der Berechnung des Nachtrunks muss zugunsten des Angeklagten mit dem niedrigsten Abbauwert gerechnet werden.
  4. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth wird aufgehoben und der Fall zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.
  5. Die Berechnungen des Landgerichts zur Tatzeit-Blutalkoholkonzentration und zum Nachtrunk waren fehlerhaft.
  6. Es wurden keine genauen Angaben zum Alkoholgehalt des BiersKörpergewicht des Angeklagten und zum Trinkverlauf gemacht.
  7. Das Urteil betont die Notwendigkeit, Nachtrunkbehauptungen sorgfältig und genau zu prüfen.
  8. Das BayObLG empfiehlt, bei Unsicherheiten bezüglich des Nachtrunks einen Sachverständigen hinzuzuziehen.

Ein komplexer Fall: Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr

Der Fall dreht sich um einen Angeklagten, der wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr vor Gericht stand. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte den Angeklagten ursprünglich verurteilt, da es der Meinung war, dass er zur Tatzeit aufgrund von Alkoholkonsum absolut fahruntüchtig gewesen sei, mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,8 Promille. Der Angeklagte behauptete jedoch, nach der Fahrt noch Alkohol konsumiert zu haben, was als Nachtrunk bezeichnet wird.

Die rechtlichen Herausforderungen des Nachtrunks

Was sind die rechtlichen Konsequenzen einer fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB?
(Symbolfoto: tawanroong /Shutterstock.com)

Die rechtliche Auseinandersetzung entstand, weil das Gericht die Behauptung des Nachtrunks prüfen musste, bevor es die Tatzeit-Blutalkoholkonzentration rückrechnen konnte. Das rechtliche Problem bestand darin, dass das Gericht sicherstellen musste, dass die Nachtrunkbehauptung glaubhaft bewertet wurde und dass bei der Berechnung des Nachtrunks zugunsten des Angeklagten mit dem niedrigsten Abbauwert, Resorptionsdefizit und Reduktionsfaktor gerechnet wurde.

Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) entschied, dass das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth aufgehoben und der Fall an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen werden muss. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Annahmen des Landgerichts bezüglich des Alkoholgehalts des Biers, des Körpergewichts und der Konstitution des Angeklagten sowie der Alkoholabbauwerte nicht nachvollziehbar und somit rechtsfehlerhaft waren.

Auswirkungen und Fazit des Urteils

Die Auswirkungen dieses Urteils sind signifikant, da es die Notwendigkeit betont, bei der Prüfung von Nachtrunkbehauptungen sorgfältig und genau vorzugehen. Es unterstreicht die Bedeutung von genauen und nachvollziehbaren Berechnungen bei der Bestimmung der Tatzeit-Blutalkoholkonzentration.

Das Fazit des Urteils ist, dass Gerichte bei der Prüfung von Fällen von fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und bei der Berücksichtigung von Nachtrunkbehauptungen äußerst sorgfältig und detailliert vorgehen müssen. Sie müssen sicherstellen, dass alle relevanten Faktoren, wie der Alkoholgehalt der konsumierten Getränke, das Körpergewicht des Angeklagten und der Trinkverlauf, in ihre Berechnungen einbezogen und im Urteil dargelegt werden.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was sind die rechtlichen Konsequenzen einer fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB?

Gemäß § 316 des Strafgesetzbuches (StGB) in Deutschland, wird eine Person, die unter dem Einfluss von Alkohol ein Fahrzeug führt und dadurch nicht mehr in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft. Dies gilt unabhängig davon, ob die Trunkenheit vorsätzlich oder fahrlässig war.

Die genauen rechtlichen Konsequenzen hängen jedoch vom Einzelfall ab und können eine Geld- oder Freiheitsstrafe, den Eintrag von Punkten in Flensburg und den Entzug der Fahrerlaubnis umfassen. Bei einem ersten Verstoß gegen die 0,5-Promille-Grenze droht beispielsweise ein Bußgeld von 500 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein einmonatiges Fahrverbot. Bei wiederholten Verstößen erhöhen sich das Bußgeld und die Dauer des Fahrverbots.

Bei einem Alkoholgehalt im Blut ab 1,1 Promille wird grundsätzlich von einer absoluten Fahruntüchtigkeit ausgegangen. In diesem Fall handelt es sich nicht mehr um eine Ordnungswidrigkeit, sondern um eine Straftat. Die Folgen können eine Anzeige, eine Geld- oder Freiheitsstrafe und der Entzug der Fahrerlaubnis sein.

Für Fahranfänger in der Probezeit und Fahrer unter 21 Jahren gilt in Deutschland eine Promillegrenze von 0,0. Bei Überschreitung dieser Grenze drohen ebenfalls rechtliche Konsequenzen.

Es sollte auch beachtet werden, dass bei einem Unfall während der Trunkenheitsfahrt zusätzlich eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung möglich ist.


Das vorliegende Urteil

BayObLG – Az.: 203 StRR 317/23 – Beschluss vom 15.08.2023

Leitsätze:

1. Wird vom Angeklagten ein Nachtrunk behauptet, hat das Gericht – vor der Rückrechnung – zunächst zu prüfen, ob die Nachtrunkbehauptung als glaubhaft zu bewerten ist. Kann die Behauptung eines Nachtrunks nicht mit der erforderlichen Sicherheit widerlegt werden, so muss es klären, welche Alkoholmenge der Angeklagte maximal nach der Tat zu sich genommen haben kann.

2. Bei der Berechnung des Nachtrunks ist zugunsten des Angeklagten mit dem nach medizinischen Erkenntnissen jeweils niedrigsten Abbauwert, Resorptionsdefizit und Reduktionsfaktor zu rechnen.


1. Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Februar 2023 auf seinen Antrag und auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30. Mai 2023, mit dem die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil als unzulässig verworfen wurde, ist gegenstandslos.

3. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth mit den Feststellungen aufgehoben.

4. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht ist – in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil – in der Berufungsinstanz zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der Angeklagte einer fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr strafbar gemacht hätte. Es hat die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 16. November 2022 mit der Maßgabe einer Verkürzung der Sperrfrist als unbegründet verworfen. Die hiergegen gerichtete und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist – nach Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist – zulässig und begründet.

I.

Dem Angeklagten ist auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung seiner fristgerecht eingelegten Revision zu gewähren. Er hat binnen der in § 45 Abs. 1 StPO genannten Frist dargetan und glaubhaft gemacht, dass ihn an der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist kein Verschulden trifft. Damit ist der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30. Mai 2023, mit dem die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen wurde, gegenstandslos.

II.

Die Revision des Angeklagten hat Erfolg. Die Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 und 2 StGB) kann nicht bestehen bleiben. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte sei zur Tatzeit infolge vorangegangenen Alkoholgenusses, welcher zu einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,8 Promille geführt hätte, absolut fahruntüchtig gewesen, ist mit den Feststellungen im Urteil nicht in Einklang zu bringen. Die unzureichenden Angaben in den Urteilsgründen lassen entgegen der Rechtsauffassung der Generalstaatsanwaltschaft auch keine Korrekturberechnung zu.

1. Die Strafkammer ist von einer Tatzeit gegen 22.55 Uhr, zwei Blutentnahmen am Folgetag um 1.58 Uhr und 2.28 Uhr und von Blutalkoholkonzentrationswerten von 2,03 Promille (erste Probe) und 1,94 Promille (zweite Probe) ausgegangen. Sie hat zugunsten des Angeklagten unterstellt, er hätte nach der gegen 22.55 Uhr beendeten Fahrt „möglicherweise noch zwei Flaschen Bier“ getrunken. Ohne weitere Feststellungen zum Gebinde, zum Alkoholgehalt, zum Trinkbeginn, zum Trinkende, zum Beginn und zum Ende des Nachtrunks sowie zum Körpergewicht und zur Konstitution des Angeklagten hat die Strafkammer das Resümee gezogen, dieser Nachtrunk habe zu einer Erhöhung der Blutalkoholkonzentration von 0,65 Promille führen können. Da zwischen der Fahrt und der ersten Blutentnahme jedoch ein Zeitraum von drei Stunden liegen würde und der Angeklagte halbstündlich „0,9“ Promille (gemeint ist wohl 0,09 Promille) abgebaut habe, ergäbe sich eine Tatzeit-Blutalkoholkonzentration von 1,8 Promille.

2. Diese Ausführungen sind, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zu Recht hinweist, nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Anders als bei der Frage der Schuldfähigkeit ist zur Ermittlung der Fahrtüchtigkeit zugunsten des Täters die zur Tatzeit geringstmögliche Blutalkoholkonzentration zu berechnen (vgl. Fischer, StGB, 70. Aufl., § 316 Rn. 16).

aa) Eine Rück- oder Hochrechnung vom Blutproben-Mittelwert auf die Tatzeit-Blutalkoholkonzentration ist zur Ermittlung der Fahrtüchtigkeit grundsätzlich möglich, jedoch unter Berücksichtigung rechtsmedizinischer Erkenntnisse nur für die Zeit der im Anschluss an den Zeitpunkt der vollständigen Resorption beginnenden Abbauphase (st. Rspr., vgl. bereits BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1973 – 4 StR 130/73 –, BGHSt 25, 246-252; BayObLG, Beschluss vom 29. November 1994 – 2St RR 212/94 –, juris Rn. 17). Will der Tatrichter rückrechnen, muss das Ende der Resorptionszeit (und somit das Trinkende) feststehen (BayObLG, Beschluss vom 2. Juli 2001 – 1St RR 68/01 –, juris Rn. 5; BayObLG, Beschluss vom 29. November 1994 – 2St RR 212/94 –, juris Rn. 17; König in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl. § 316 Rn. 30). Die Dauer der Resorptionsphase ist unter anderem von persönlichen konstitutionellen und dispositionellen Faktoren des Kraftfahrers, vor allem aber von der Trinkintensität (Alkoholmenge pro Zeiteinheit) während der Gesamttrinkzeit abhängig (BGH; Beschluss vom 11. Dezember 1973 – 4 StR 130/73 –, BGHSt 25, 246-252, juris Rn. 7). Die Resorption kann bis zu zwei Stunden dauern.

bb) Nach der gefestigten Rechtsprechung sind daher bei einem normalen Trinkverlauf ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen bei der Berechnung der Tatzeit-Blutalkoholkonzentration die ersten beiden Stunden nach Trinkende grundsätzlich von der Rückrechnung auszunehmen (BGH, Beschluss vom 25. September 2006 – 4 StR 322/06 –, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1973 – 4 StR 130/73 –, BGHSt 25, 246-252 juris Rn. 10; BayObLG, Beschluss vom 29. November 1994 – 2St RR 212/94 –, juris Rn. 17; König a.a.O. § 316 Rn. 30; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. § 316 StGB Rn. 14; Fischer, a.a.O., § 316 Rn. 19). Will der Tatrichter in einem konkreten Fall aufgrund besonderer Anknüpfungstatsachen von dieser Zeitspanne der rückrechnungsfreien Zeit zum Nachteil des Angeklagten abweichen, bedarf es dazu in der Regel der Anhörung eines Sachverständigen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1973 – 4 StR 130/73 –, BGHSt 25, 246-252 juris Rn. 10). Der Umstand, dass eine zweite Blutentnahme einen niedrigeren BlutalkoholkonzentrationsMittelwert ergeben hat, lässt hingegen keine Rückschlüsse auf die Resorptionsdauer zu (BayObLG, Beschluss vom 29. November 1994 – 2St RR 212/94 –, juris Rn. 22).

cc) Nach dem Resorptionsende darf nach den maßgeblichen forensisch-medizinischen Erkenntnissen bei der Rückrechnung (Hochrechnung) für die gesamte Dauer der Eliminationsphase nur ein gleichbleibender Stundenwert von 0,1 Promille angewendet werden. Dieser Wert stellt den statistisch gesicherten Mindestabbauwert dar, der jede Benachteiligung eines Kraftfahrers ausschließt und von dem ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht abgewichen werden darf (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1973 – 4 StR 130/73 –, BGHSt 25, 246-252, juris Rn. 11; Hentschel/Krumm, Fahrerlaubnis-Alkohol-Drogen, 8. Aufl., Erster Teil A III Rn. 40; König a.a.O. Rn. 32, 33, 35). Aus der zweiten Blutprobe lässt sich nach rechtsmedizinischen Erkenntnissen kein individueller Abbauwert bestimmen (Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 10. Aufl., Rn. 1850h; König a.a.O. Rn. 33).

b) Wird vom Angeklagten ein Nachtrunk behauptet, hat das Gericht – vor der Rückrechnung – zunächst zu prüfen, ob die Nachtrunkbehauptung als glaubhaft zu bewerten ist. Kann die Behauptung eines Nachtrunks nicht mit der erforderlichen Sicherheit widerlegt werden, so muss es klären, welche Alkoholmenge der Angeklagte maximal nach der Tat zu sich genommen haben kann (OLG Hamm, Beschluss vom 17. März 2009 – 5 Ss 71/09 –, juris Rn. 22). Geht der Tatrichter von Nachtrunk aus, wird die dem nach der Tat konsumierten Alkohol zuzuordnende Blutalkoholkonzentration in der Weise berechnet und in Ansatz gebracht, dass die Menge des „nachgetrunkenen“ Alkohols in Gramm durch das mit dem sogenannten Reduktionsfaktor multiplizierte Körpergewicht in Kilogramm geteilt wird (Widmark-Formel). Danach wird von diesem Wert das sogenannte Resorptionsdefizit abgezogen und ein möglicher Alkoholabbau nach Beginn des Nachtrunks berücksichtigt. Der dadurch ermittelte Wert wird anschließend von der mittels Blutprobe ermittelten Blutalkoholkonzentration abgezogen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17. März 2009 – 5 Ss 71/09 –, juris Rn. 22, 23; Fischer a.a.O. § 316 Rn. 19; Eisenberg a.a.O. Rn. 1850h). Bei der Berechnung des Nachtrunks ist zugunsten des Angeklagten mit dem nach medizinischen Erkenntnissen jeweils niedrigsten Abbauwert, Resorptionsdefizit und Reduktionsfaktor zu rechnen (OLG Hamm a.a.O. Rn. 23 m.w.N.; Eisenberg a.a.O.).

c) Das Tatgericht ist grundsätzlich verpflichtet, die Tatzeit-Blutalkoholkonzentration nachvollziehbar zu errechnen und im Urteil darzulegen (BGH, Urteil vom 30. Mai 1996 – 4 StR 109/96 –, juris Rn. 16; BayObLG, Beschluss vom 14. September 2000 – 5St RR 154/00 –, juris Rn. 9). Die Anknüpfungstatsachen für die Berechnung, nämlich Alkoholmenge, Körpergewicht, Trinkende, Mengenangaben und Messergebnisse sowie die der Berechnung zugrundeliegenden Rechnungswerte, also Resorptionsdefizit, Resorptionsfaktor und Abbaugeschwindigkeit sind dazu im Urteil wiederzugeben (BGH, Urteil vom 6. März 1986 – 4 StR 48/86 –, BGHSt 34, 29-34, juris; BayObLG, Beschluss vom 14. September 2000 – 5St RR 154/00 –, juris Rn. 9; Fischer a.a.O. § 20 Rn. 16; § 316 Rn. 16a; König a.a.O. Rn. 43).

d) Diesen Anforderungen der Rechtsprechung genügen die Ausführungen der Strafkammer nicht.

aa) Bereits die Annahme des Landgerichts, der Konsum von zwei Flaschen Bier hätte beim Angeklagten zu einer Blutalkoholkonzentration von 0,65 Promille geführt, ist für den Senat nicht nachzuvollziehen. Denn der Alkoholgehalt von Bier lässt sich nicht auf einen vertypten Wert festlegen. Vielmehr weist dieses Getränk je nach Marke und Brauart einen unterschiedlichen Alkoholgehalt auf, der allgemeinbekannt auch über 5 Volumenprozent liegen kann. Das Landgericht hätte zudem nicht auf Feststellungen zum Körpergewicht und zur Konstitution des Angeklagten verzichten dürfen.

bb) Wie das Landgericht zu der weiteren Annahme kommt, ungeachtet des Abzugs des Nachtrunks in Höhe von 0,65 Promille (2,03 Promille minus 0,65 Promille, also 1,38 Promille) führe die Zeitspanne von drei Stunden zwischen Fahrt und erster Blutentnahme bei „großzügiger Abrundung nach unten“ zu einer Tatzeit-Blutalkoholkonzentration von 1,8 Promille, leuchtet ebenfalls nicht ein. Sollte das Landgericht einen individuellen Abbauwert von stündlich 0,18 Promille auf drei Stunden (0,54 Promille) hochgerechnet, dem Wert von 1,38 Promille hinzugerechnet (1,92 Promille) und anschließend einen erneuten Sicherheitsabschlag von 0,12 Promille vorgenommen haben, hätte es übersehen, dass mangels Feststellungen zum Trinkende, zum Beginn und Ende des Nachtrunks und zum Trinkverlauf keine verlässliche Aussage zur Tatzeitalkoholisierung getroffen werden kann.

cc) Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass auch die weitere Annahme des Landgerichts, es dürfe seiner Rückrechnung einen aus den zwei Blutentnahmen ableitbaren individuellen Abbauwert zu Grunde legen, den gesicherten forensischen Erkenntnissen widerspricht und sich somit ebenfalls als rechtsfehlerhaft erweist.

3. Mangels Feststellungen zum Alkoholgehalt der nach der Tat konsumierten Getränke, zu den Trinkverläufen und zum Körpergewicht kann der Senat daher nicht ausschließen, dass bereits der Konsum von zwei Flaschen Bier unbekannter Marke nach der Fahrt je nach dem Gewicht des Täters zu einem unter dem Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit liegenden Promillewert zum Tatzeitpunkt geführt hat.

III.

Wegen des aufgezeigten Mangels ist das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Zur Klärung der in der Regel komplizierten Frage des Nachtrunks darf sich der neue Tatrichter, soweit er den Angaben des Angeklagten Glauben schenkt, durchaus der Hilfe eines Sachverständigen bedienen.

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