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Billigung Angriffskrieg bei Beschriftung eines Fahrzeugs mit Z auf Heckscheibe

AG Hamburg – Az.: 240 Cs 121/22 – Urteil vom 25.10.2022

1. Der Angeklagte wird wegen Billigung von Straftaten zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt.

2. Ein Tagessatz wird auf 50,- Euro festgesetzt. Dem Angeklagten wird gestattet, die Geldstrafe in monatlichen Raten von 150,- Euro, beginnend am Ersten des auf die Rechtskraft folgenden Monats, zu zahlen. Diese Vergünstigung entfällt, wenn der Angeklagte mit einer Rate mehr als zwei Wochen in Rückstand kommt.

3. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt der Angeklagte.

Angewendete Vorschriften: §§ 140 Nr. 2 StGB i.V.m. § 138 Abs. 1 Nr. 5, 42 StGB

Gründe

I.

Der Angeklagte wurde am […] in Boizenburg geboren und ist deutscher Staatsangehöriger. Er ist bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Weitere Angaben zu seiner Person wollte der Angeklagten nicht machen.

Die Feststellungen zur Person beruhen auf der gemäß § 249 StPO verlesenen Auskunft des Bundeszentralregisters vom 18.05.2022.

II.

Aufgrund der in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts folgender Sachverhalt fest:

Der Angeklagte brachte ein weißes DIN-A4-Blatt mit einem aufgemalten großen blauen „Z“ gut sichtbar in der Heckscheibe seines Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen […] an. Am 29.03.2022 bewegte er sein Fahrzeug mit diesem Blatt in der Heckscheibe im öffentlichen Verkehrsraum in Hamburg, unter anderem hielt er sich mit dem Fahrzeug gegen 18.30h in der Grindelallee und im weiteren Verlauf des Abends in der Stresemannstraße auf. Durch die Verwendung des Buchstabens „Z“ billigte er hierbei öffentlich den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in einer Weise, die geeignet ist, das Vertrauen der Bevölkerung in die öffentliche Rechtssicherheit zu erschüttern und potentielle Täter durch Schaffung eines Klimas, in dem Taten wie die gebilligten begangen werden können, aufzuhetzen.

Der Angeklagte wusste und wollte, was er tat.

III.

Der Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass er sein Fahrzeug zwar mit dem beschriebenen DIN-A4-Zettel bewegt habe. Für ihn handele es sich aber bei der Beschriftung „Z“ allein um den letzten Buchstaben des Alphabets.

Dass der Angeklagte das Fahrzeug mit dem mit einem „Z“ beschrifteten Blatt in angeklagter Weise bewegt hat, ergibt sich zudem aus den in Augenschein genommenen Lichtbildern auf Bl. 5 und 9 d.A., auf die gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Weiterhin hat auch der Zeuge M. angegeben, dass der Polizei von zwei unabhängigen Personen die besagten Lichtbilder übersandt und die Meldung über eine Entdeckung des Fahrzeuges am 29.03.2022 gemacht worden seien.

Das Gericht erachtet die Angaben des Zeugen als uneingeschränkt glaubhaft. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen hatte es nicht.

Das Verhalten des Angeklagten ist strafbar als eine öffentliche Billigung von Straftaten gemäß § 140 Nr. 2 StGB.

Die Invasion Russlands in der Ukraine erfüllt den Tatbestand des Angriffskrieges nach § 13 Abs. 5 VStGB und stellt damit eine taugliche Vortat nach § 138 Abs. 1 Nr. 5 StGB dar (vgl. Beschluss des LG Hamburg vom 10.10.2022, 619 Qs 27/22, Beschluss des OVG Magdeburg vom 27.04.2022, 3 M 45/22).

Die Tathandlung des § 140 Nr. 2 StGB ist das Billigen einer tauglichen Vortat. Ein Billigen liegt vor bei einem Gutheißen der Tat, also einer Kundgabe der Zustimmung dazu, dass die Tat begangen worden ist. Dabei ist dieses Tatbestandsmerkmal insbesondere im Hinblick auf die Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 GG eng auszulegen. Irrelevant für die Bewertung ist dabei die tatsächliche innere Haltung des Äußernden. Vielmehr ist auf einen durchschnittlichen Verständnishorizont abzustellen.

Danach ist die Verwendung des Buchstabens „Z“ in der hier genannten Weise als eine Billigung des Angriffskrieges zu verstehen. Zwar sind grundsätzlich auch Gestaltungen und Verwendungen des Buchstabens denkbar, die in keinem Zusammenhang mit dem Angriffskrieg stehen, etwa wenn ein sachlicher Zusammenhang zu anderen Themengebieten hergestellt wird (“Generation Z“) oder eine Bezugnahme auf einen Namen deutlich wird.

Wird das „Z“ aber wie hier ohne Rücksicht auf Gestaltung und Ästhetik und ohne weitere Bezugnahme auf andere Umstände abgebildet, kann dieser nur als eine Billigung des russischen Angriffskriegs verstanden werden. Der Buchstabe „Z“ wurde ab Beginn des Krieges und insbesondere in dessen erster Phase umfassend als einigendes und plakatives Symbol für die russische Kriegsführung verwendet. Das russische Verteidigungsministerium erklärte hierzu wenige Wochen nach Kriegsbeginn, das „Z“ stehe für die Parole „Za Pobedu“, übersetzt „Auf zum Sieg“, bzw. „für den Sieg“. Auch wenn später weitere Deutungsmöglichkeiten angeboten wurden, ist das „Z“ weiterhin als das Unterstützungssymbol für die Kriegsführung eingesetzt worden, worüber auch in Deutschland intensiv medial berichtet wurde. Insofern hat das Gericht keine Zweifel daran, dass eine durchschnittlich informierte Person das verwendete „Z“ so versteht, dass der Verwender desselben damit seine Unterstützung des Angriffskrieges zum Ausdruck bringen möchte.

Die Billigung geschah auch öffentlich, da sie im öffentlichen Verkehrsraum von einer nach Zahl und Zusammensetzung unbestimmten Mehrheit von Personen zur Kenntnis genommen werden konnte.

Des Weiteren erfolgte die Billigung auch in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu gefährden. Da es sich bei § 140 StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, ist hier bereits eine konkrete Besorgnis ausreichend, dass es zu einer Gefährdung kommen könnte; einer konkreten Störung oder konkreten Gefährdung bedarf es nicht.

Das Landgericht Hamburg führte in seinem Beschluss vom 10.10.2022 (a.a.O.) hierzu aus:

„Das öffentliche Billigen der russischen Aggression durch das Verwenden des „Z“-Symbols ist in mehrfacher Hinsicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu gefährden. Es ist geeignet, den Friedenszustand und das Vertrauen in seinen Fortbestand zu erschüttern. Das „Z“ ist bzw. war Teil der russischen Staatspropaganda für den Ukraine-Krieg. Es diente der Mobilisierung der eigenen Bevölkerung aber auch von Unterstützern in anderen Ländern. Ein breiter Erfolg und eine breite Unterstützung der Kampagne gerade in westlichen Ländern ist geeignet, die russische Staatsführung in ihrer Haltung zu bestärken, die Aggression fortzuführen oder gar im Vertrauen auf eine Unterstützung in der westlichen Bevölkerung noch auszuweiten. Schon dadurch ist die Verwendung des „Z“ geeignet, hier den Friedenszustand zu erschüttern und die Angst vor einem Angriffskrieg zu schüren. Hinzu kommt, dass eine breite Verwendung des „Z“-Symbols in der hiesigen Öffentlichkeit geeignet ist, Unsicherheit und Ängste bei den Teilen der Bevölkerung vor den Mitbürgern hervorzurufen, die den russischen Angriffskrieg befürworten und damit innerstaatliche Konflikte zu provozieren“.

Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen vollumfänglich an.

Zuletzt handelte der Angeklagte zumindest auch bedingt vorsätzlich bezüglich aller genannten Tatbestandsmerkmale.

IV.

Damit hat sich der Angeklagte wie tenoriert schuldig und strafbar gemacht.

Der Strafrahmen folgt aus § 140 Nr. 2 StGB und beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat das Gericht strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte die objektiven Umstände der Tat eingeräumt hat und bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Ferner hat das Gericht berücksichtigt, dass die Tat ca. ein halbes Jahr zurückliegt.

Unter Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte wird daher auf eine tat- und schuldangemessene Geldstrafe von 80 Tagessätzen erkannt.

Da der Angeklagte keinerlei Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen machen wollte, musste das Gericht diesbezüglich gemäß § 40 Abs. 3 StGB eine Schätzung vornehmen. Ausgehend von dem deutschen Durchschnittseinkommen im Jahr 2022 schätzt das Gericht das Einkommen auf mindestens 1.500,- Euro monatlich und setzt damit die Tagessatzhöhe auf 50,- Euro fest.

Weiterhin hat das Gericht dem Angeklagten eine Ratenzahlung gemäß § 42 StGB bewilligt.

V.

Die Kosten- und Auslageentscheidung folgt in Bezug auf das Vorstehende aus § 465 Abs. 1 StPO.

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